(Part 2) Icy Waters (Teil 3/7 )

d/V = dein Vorname

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Der RK800 sah dich nur an, zuckte nicht einmal mit einer Wimper. „Töte mich, wenn du es für richtig hältst. Oder rette Jake. Deine Wahl." sagte er dann tonlos. Fuck. Wieder dieses Vibrieren, ein ächzendes Knacken, als würde das Schiff versuchen, seine steifen Gelenke zu strecken. Dein Blick zuckte kurz zur Decke, suchend, was das Geräusch verursachte. Als hätte es etwas an der rasenden Angst geändert, die deine Kehle zuschnürte. Die Gestalt des Androiden vor dir gespannt wie ein Bogen, die Hände an seiner Seite zu Fäusten geballt. „Du hast keine verdammte Ahnung, wo Jake ist." fauchtest du. Erinnerungen an Jakes ermutigendes Lächeln kämpften sich unweigerlich nach oben, brachen durch die Oberfläche deines Bewusstseins und sogen tief Luft in ihre Lungen. Die Wärme seiner innigen Umarmung. Sanfte Worte. „Nichts kann dich zerbrechen.". Du versuchtest das Brennen in deinen Augen mit einem raschen Blinzeln zu unterdrücken. Der RK800 beobachtete dich, eine tiefe Furche zwischen seinen Augenbrauen. Kaum sichtbar unter dem Saum seiner Mütze, die er tief in sein Gesicht gezogen hatte. „Ich habe eine Ahnung, wie ich es sofort erfahren kann, d/V." meinte er dann, sein Timbre ruhig und warm. Ganz im Gegensatz zu den Fingern, die sich harsch in seine Handflächen pressten. „Fuck you, RK..." Deine Stimme nur ein kaltes Zischen, dass sich mit dem Kreischen von Stahl vermischte. „Natürlich hast du gelogen. Ich hätte es wissen sollen." Die eisige Luft stach in deiner Nase, als du scharf einatmetest. Wie hattest du nur einen Moment glauben können, dass er dir helfen würde? Wieder presste sich diese unbändige Wut durch deine Adern. Schien sich bis zu deinem Herzen vorzuarbeiten, dass hart gegen deine Rippen schlug. Als wollte es endlich der Enge entkommen, in die es Angst und Alpträume seit Wochen gezwängt hatten. Es wartete sehnsüchtig auf den Schuss, der es aus dem eisernen Griff der Erinnerung befreien, das Gefühl der Hilflosigkeit mit einem Mal sprengen würde. Jetzt hattest du die Kontrolle. Über ihn. Wie von selbst begann dein Finger, langsam den Abzug durchzuziehen. Der RK800 blinzelte plötzlich einige Male hastig, ehe er hervorstieß: „Deck 2, Abschnitt C, Aufgang C2." Du schnauftest verächtlich, doch dein Finger hielt inne. Wusste er tatsächlich, wo Jake war? Flüchtig sahst du dich um, als du erneut ein Zittern spürtest, das vom Boden deine Beine nach oben kroch, begleitet von einem leisen Knacken. Eine Erinnerung daran, dass dir nicht mehr viel Zeit blieb. Du bisst auf deine Unterlippe. Selbst wenn der Android die Wahrheit sagte, die „Jericho" war über 150m lang. Bis du Jake gefunden hattest, würdest du schon Wasser atmen. Das wusste er. Umso weniger überraschend waren seine nächsten Worte, mit einer beruhigenden Geste seiner Hände gesprochen. „Ich habe die Pläne der „Jericho". Ich kann dich zu ihm führen." Deine Augen schlossen sich einen Moment, als du langsam den Kopf schütteltest, dann ein leises „Er lebt?" durch deine Zähne presstest. Der RK800 hob an etwas zu sagen, doch dann blickte er nur zur Seite bis er endlich seine Stimme wiederfand. „Ich... weiß es nicht. Jake wurde be... verletzt. Seine Kommunikation funktioniert nicht. Er wurde zurückgelassen." - „Bastarde." fluchtest du leise, deine Augen kurz zu deiner Smartwatch streifend. Keine Nachricht. Die Pistole in deiner Hand sank mit deinem Blick nach unten. Du fühltest Hoffnungslosigkeit, gekettet an eine Verzweiflung, deren Schwere in deinem Inneren alles mit sich in die Tiefe zu reißen schien. Konntest du ihm vertrauen? Nein. Aber woher wusste er von Jake? Und welche andere Option hattest du noch? Plötzlich schien sich die Kälte der „Jericho", die du bis auf deine Knochen fühltest, wie Morgenfrost über deinen Hass zu legen. Bildete eine raue, glitzernde Schicht, die nichts mehr durchdringen ließ. Keine Angst vor ihm. Keine schmerzhaften Erinnerungen. Du strafftest dich, atmetest tief ein. Das Brennen in deinen Rippen interessierte dich nicht mehr. Dein ganzer Körper vibrierend vor Entschlossenheit, als du mit belegter Stimme hervorstießt: „Die Waffe bleibt in meiner Hand, RK... und ich werde sehr vorsichtig sein." Er sah dich nur mit schiefgelegtem Kopf an. Kein Wort kam über seine zusammengepressten Lippen. Ausgerechnet der verdammte RK800 war deine letzte Chance. Dein Pistolenlauf wies in den Gang zu seiner Linken, leer, keine Schreie mehr, die ihn füllten. Die Ruhe konnte nur bedeuten, dass die Ratten das sinkende Schiff verließen. „Run, boy, run." fügtest du rau hinzu. Der Android blickte dich kurz an, ehe er sich ruckartig umwandte und in die Dunkelheit des Flurs sprintete.

Er war schnell, du hattest Mühe, ihm durch die korrodierenden Gedärme der „Jericho" zu folgen. Seine Gestalt nur ab und zu im Flackern der Deckenlampen aufleuchtend, während er rannte, sich vor jeder Abzweigung kurz gegen die Wand presste, ehe er weiterpreschte. Eure Schritte ein rasches Staccato auf dem schwankenden Boden, der nach und nach begann, Schlagseite zu bekommen. Dein Eispanzer hielt. Nichts kam an dich heran. Nicht die leblosen Gestalten der Abweichler, über die er so geschickt sprang, nicht das blaue Blut, dass auf eure Stiefel spritze, wenn ihr in einer Thyriumlache landetet. Dein Atem hatte begonnen in deinen Lungen zu stechen, als dein Blick endlich an einem abblätternden „Deck 2" hängenblieb, dass in großen Lettern auf die Stahlwand gemalt worden war. Ihr musstet nah sein. Der Android bewegte sich zielsicher, nur ab und zu kurz innehaltend, um einen Blick über seine Schulter zu werfen. Ein flüchtiger Blick auf dich. Als wollte er sichergehen, dass du ihm noch folgtest. Ihr ranntet einen schmalen Gang entlang, der in einen schummrig beleuchteten Raum führte. Dieses eine Mal war der RK800 zu schnell hinein geprescht, schien der Anblick, wie du deinen Arm auf deine stechenden Rippen presstest und keuchend dein Gesicht vor Schmerz verzogst, einen Moment seine Aufmerksamkeit zu sehr in Anspruch genommen zu haben. Der Klang eurer Schritte auf dem Gitterrost der Galerie hallte in dem weiten Lagerraum unter euch nach. Große Wasserlachen auf dem Boden, durchbrochen von rostigen Containern und geborstenen Kisten, ein scharfer Geruch nach Moder und Schimmel in der Luft. Ein harsches „Keine Bewegung!" hatte euch abrupt innehalten lassen. Eine raue weibliche Stimme, verzerrt von elektronischer Statik. Ihr standet wie festgefroren vor den zwei gepanzerten Gestalten, die Gesichter vollständig verdeckt von ihren Helmen, das „U.S. Army" auf ihren Oberkörpern leuchtend im Schatten. Du meintest ein Brennen zu spüren, wo das rote Licht eines Leuchtpunktvisiers auf dein Herz traf. „Nicht schießen. Ich bin ein Mensch." stießt du eilig hervor und hobst die Arme, spreiztest die Finger vom Abzug der Pistole in deiner Hand. Deine Brust hob und senkte sich rasch mit deinen gepressten Atemzügen. „Waffe fallen lassen!" hörtest du nur einen harschen Befehl. Mit zitternden Händen tatst du, wie dir geheißen. „Und er? Arbeitet ihr für die Polizei?" Du blicktest zu dem Androiden neben dir, der ebenfalls seine Hände gehoben hatte, sein Blick kühl, ausdrucklos. Für einen Moment spürtest du den Riss in der eisigen Oberfläche in dir, wie etwas Dunkles herausquoll. Blaues Blut. Wie es dir dieses eine Mal Befriedigung verschaffen würde, es fließen zu sehen. Sein Blick zuckte kurz zu dir, du schlucktest, versuchtest mit einem tiefen Atemzug deine Emotionen zu unterdrückten, deine rasenden Gedanken zu sortieren. Es gelang dir nicht. Dein Mund war staubtrocken, als nichts als ein panisches „Ja. Wir...Er..." über deine Lippen stolperte. Noch ehe du den Satz beenden konntest, rollte der RK plötzlich nach vorne, stieß die Soldatin zu Boden, die gerade gesprochen hatte, ihr Gewehr in seinem eisernen Griff. Du sahst den schwarzen Lauf einer Pistole in der Hand des Androiden aufblitzen, die er in der Bewegung aus seinem Bund gezogen hatte, wie ihr Partner mit einem Knall zu Boden sackte, der RK sich blitzschnell umdrehte und wieder abdrückte. Alles innerhalb von zwei Herzschlägen. Du zucktest mit dem zweiten Schuss zusammen. Der scharfe, chemische Geruch nach Pulver stach in deiner Nase, vermischte sich mit dem Moder. Keine Kugel hatte ihr Ziel verfehlt. Du sahst das Blut aus den leblosen Körpern durch das Gitterrost sickern, frisches Rot auf dumpfen Rostbraun. Konntest deinen Puls in deiner Kehle spüren, als du an dir herabschautest. Nichts. Mit einem tiefen Atemzug gaben deine Beine nach. Du sacktest auf die Knie und griffst mit zitternden Händen nach deiner Pistole auf dem Boden. „Du hast eine Waffe?" meintest du dann mit tonloser Stimme und blicktest zu ihm auf. Du spürtest, wie sich die Risse in deinem Eispanzer vertieften. „Wir können das jetzt diskutieren und sterben oder..." Er packte hastig deinen Arm und zog dich hoch. „...wir retten Jake." - „Fuck, RK. Cyberlife hat einen verdammten Terminator gebaut." zischtest du mit einem Blick auf die Leichen zu deinen Füßen und schütteltest seine Hand ab. Er sah dich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Sie hat dir nicht geglaubt. Wir wären beide tot, d/V." flüsterte er dann gepresst. In diesem Moment spürtest du ein Schwanken, als wäre die „Jericho" plötzlich wieder auf hoher See. Ein Zittern, das durch die maroden Wände lief wie ein Schwarm Kakerlaken. Es ließ dich rückwärts taumeln, mit ausgebreiteten Armen dein Gleichgewicht suchen. Dein Schrei mischte sich mit einem metallischen Kreischen, als plötzlich der Boden hinter dir nachgab, Metallstreben aus ihrer Fassung barsten, Bolzen wie Geschosse mit einem ohrenbetäubenden Knall durch die Luft gepeitscht wurden. Du spürtest, wie es dir die Beine wegzog, deine Pistole in den Abgrund fiel, als du hart mit deiner Hüfte auf den Rand pralltest, machtlos an dem Gitterrost nach unten rutschtest, dass plötzlich nur noch lose an einer Verstrebung hing. Wie ein panisches Insekt versuchtest du, das Metallgitter vor dir zu greifen, nach oben zu krabbeln. Doch der nächste Abschnitt begann ebenfalls nachzugeben. Die Haut deiner Fingerspitzen riss auf, als sie von der rostigen Oberfläche abglitten, bis du endlich eine abgebrochene Strebe greifen konntest, die aus einem der Stahlträger stakte, deine Fingerknöchel schneeweiß unter der adrenalingetriebenen Kraft, mit der du dich an dein Leben kralltest. Das höllische Brennen in deinen Schultern ließ dich die Lippen zusammenpressen. Sie würden dein Körpergewicht nicht lange halten können. Dein Blick zuckte reflexartig nach unten, etliche Meter unter dir knochenbrechend harter Stahlboden. Doch soweit würdest du nicht kommen, vorher würdest du wohl an einem der herabgestürzten Metallträger hängenbleiben. Deine Todesangst presste nur ein Wort in einem verzweifelten Aufschrei durch deine Kehle: „Connor!"

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Na, wer kennt „Run, boy, run"?? Und ja...sorry!! Es ist wieder ein ellenlanges Kapitel... >< Seid so lieb und macht mir mit einem Sternchen eine Freude, falls es euch gefallen hat, oder schreibt mir in den Kommentaren eure Meinung. : D Freue mich immer, von euch zu hören. : ) Hier geht es nächste Woche weiter...und bis dahin... Liebe Grüße, eure CrushCon : )

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