(Part 2) Icy Waters (Teil 1/7)
d/V = dein Vorname
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Der dumpfe Knall ließ dich kurz aufblicken, erschütterte leicht die rostigen Wände der Kabine, ließ die Vibration über das Bettgestell dein Rückgrat hinabwandern. Ein kühles Kribbeln, so wie die Angst, die einem in die Knochen kroch, wenn in der Dunkelheit plötzlich Schritte hinter einem hallten. Es ließ dich unbewusst die Hände in das Nylon deines Schlafsacks krallen, doch du konntest das unkontrollierte Zittern kaum unterdrücken. Dein Blick zuckte zu der schmutzig gelben Tür mit dem mächtigen Drehrad, matt beleuchtet vom kalten Licht deiner Laterne. Du hattest keinen Grund so nervös zu sein. Das Versteck der Abweichler war nur für Androiden auffindbar, Markus sicherer Hort für die Verirrten im Kampf um Freiheit. Der Kampf, für den du deine verloren hattest. Du solltest dich inzwischen daran gewöhnt haben. Das metallische Ächzen und Stöhnen der sterbenden Schiffshülle, die dich umgab, war schon seit einer Weile zur Hintergrundmusik deines Lebens geworden. Deines Alltags im Verborgenen. Aber noch immer ließ jedes Knacken deinen Puls von einem Moment auf den anderen in die Höhe schnellen, dich immer wieder über deine Schulter blicken, wenn du das Gefühl hattest, etwas würde sich im Schatten bewegen. Nicht etwas, er. Das Bild seines hämischen Lächelns über dir in dein Gedächtnis gestochen wie ein entzündetes Tattoo, das auf der Haut brannte und juckte, einfach nicht verblassen wollte. Wieder dieses dumpfe, scharfe Knallen, diesmal kurz hintereinander. Das Metall des schiefen Bettgestells quietschte, als du dich ruckartig aufsetztest. Du spürtest das Ziehen in deinen Rippen, zischtest, während du versuchtest deinen Atem zu beruhigen, der in hastig hervorgestoßenen Wolken in der Luft kondensierte. Plötzlich meintest du eine Spannung zu fühlen, wie ein elektrostatisches Knistern. Waren das Schreie? Du rolltest deine Schultern, als könntest du die Gänsehaut einfach abschütteln, doch dann sprangst du aus dem Schlafsack, warfst deine Jacke über und schlüpftest in deine Stiefel. Jake! Warum war er noch nicht da? Dabei verbrachte er praktisch jede Nacht bei dir, legte seine Arme beruhigend um dich, wenn die Alpträume dich schweißgebadet aus dem Schlaf rissen. „Nichts kann dich zerbrechen." hatte er liebevoll gewispert und über dein Haar gestreichelt. Richtig, weil du schon gebrochen warst. Dein Körper notdürftig zusammengeflickt mit Nadel und Faden und doch hattest du nicht das Gefühl, dass er wieder ganz war, ganz dein. Nicht mehr sein wehrloses Spielzeug. Leere Blechdosen fielen klappernd zu Boden, als du hastig nach der Waffe griffst, die auf dem rostigen Klapptisch neben deinem Bett lag. Dein Blick blieb kurz an einem roten Etikett für „Raviolis" hängen. Jake hatte einen ganzen Lieferwagen voller Campbell's geklaut, weil er ja nicht wusste, wie lange du bleiben würdest, wie er grinsend erklärte. Du warst so dankbar für die Wärme in diesen blauen Augen. Sie war es, die dich davon abhielt, den Verstand zu verlieren. Mit einem tiefen Atemzug wanderte die Pistole in den Bund deiner Jeans, diktiertest du rasch eine Nachricht an Jake in deine Smartwatch. Das Knallen kam näher, drang schärfer durch die dicken Metallwände, gepaart mit stolpernden Schritten, Rhythmus deines adrenalingetriebenen Herzens. Du schlucktest. Es wäre besser, sich zu verstecken, die schwere Tür nicht aufzuziehen. Doch als du auf das Display an deinem Handgelenk blicktest, sahst du keine Antwort. Jake musste nicht tippen, er meldete sich immer umgehend. Fuck. Beherzt griffst du die rostigen Streben des Rades, entriegeltest mit einem metallischen Ächzen den Durchgang. Deine Rippen teilten dir sofort mit, dass die Brüche noch nicht ganz verheilt waren, ließen ein gepresstes Stöhnen über deine Lippen kommen. Kaum sahst du durch den Spalt, der sich geöffnet hatte, taumelte eine Androidin an dir vorbei, panisch hinter sich sehend, blaue Flecken, die ihre helle Uniform sprenkelten. Dann hallten Schüsse, ein dumpfer Fall. Hart bisst auf deine Lippe, um nicht aufzuschreien. Jake, Jake, Jake. Du hörtest, wie sich eilig schwere Schritte entfernten, ein statisches Knistern, undeutliches Flüstern, als eilig Statusberichte durchgegeben wurden. Du lugtest vorsichtig in den Gang, dunkel, in der Ferne nur das Leuchten des „Detroit Police" Schriftzugs auf breiten Rücken sichtbar. Gottverdammt. Die Erkenntnis ließ deinen Atem stocken. Die Hand um den Griff der Pistole in deinem Bund gekrampft, schlüpftest du nach draußen, folgtest hastig den Adern aus Metallstreben und rostigen Rohren, die dich direkt zum Herzen des alten Frachters führen sollten. Dem Maschinenraum. Jake war immer dort. Wenn auch er auf der Flucht war, musstest du ihm zumindest auf dem Weg dorthin begegnen. Du ranntest schneller, hieltst kaum inne, pressest dich in Nischen, gegen Wände, wichst stolpernden Androiden aus, wie bei einem grausamen Hindernislauf. Einem wirren Muster aus Thyrium auf Boden und Wänden folgend, nur unterbrochen von leblosen Körpern, zusammengesunken, wie hingeworfen zwischen verrottenden Kisten und schimmeligen Planen. Leere Blicke, LEDs wie farblose, tote dritte Augen an den Schläfen. Du spürtest den Schweiß auf deiner Haut, eine kribbelnde Spur aus panischer Angst, die deinen Rücken hinabrann, dein Herz hämmernd gegen deinen Brustkorb. Du sahst ruckartig hinter dich, als Schüsse hinter deinem Rücken knallten. Stürztest in den Gang rechts vor dir, immer wieder nervös über deine Schulter blickend, als du plötzlich hart gegen etwas pralltest, dass dich zu Boden gehen ließ. Du stöhntest. Verdammte Rippen. Doch noch ehe du deine vor Schmerz zusammengepressten Lider wieder öffnen konntest, spürtest du, wie du hastig hochgezogen wurdest, eine Hand fest auf deinen Mund gepresst. Jemand schleifte dich in die verlassene Kabine neben euch, so rasch, dass dein Körper vergaß sich zu wehren. Du hörtest das Knirschen von Leder, als dein Angreifer sich gegen die Wand drückte, ein Arm fest um dich geschlungen. Deine Brust hob und senkte sich in einem panischen Stakkato. Schritte näherten sich, begleitet vom Klirren schwerer Ausrüstung und hastig geflüsterten Befehlen. Der Druck der Hand auf deinem Gesicht wurde harscher. „Sei still." Diese Stimme. Adrenalin schoss durch deine Adern, ließ eine Spannung in deine Muskeln fahren, die dich sofort erstarren ließ. Das heisere Timbre war wie eine Nadel, die jemand auf eine rotierende Schallplatte gelegt hatte, unnachgiebig in dein Ohr gezischte Drohungen abspielte. „Lügen werden alles nur schlimmer machen...", „Menschen sind so zerbrechlich...", „Du willst die harte Tour? Ich werde dich nicht enttäuschen.". Reflexartig schriest du auf, auch wenn es nicht mehr als ein ersticktes Keuchen in die Handfläche war, die deine Lippen verschloss. "Schhhhhh. Beruhige dich." hörtest du ihn wieder flüstern. Der warme Hauch an deiner Wange ließ Übelkeit in dir aufsteigen. Stärker an seine Brust gepresst, das Knirschen von Leder in deinem Ohr. Das Gefühl verwob sich zu einer Kaskade von Eindrücken in deinem Kopf. Erinnerungssplitter, die wie durch ein Kaleidoskop ein gebrochenes Bild in deinem Gedächtnis formten. Ein kalter Blick von oben herab, das Gewicht seines Körpers auf dir, sein Atem, widerlich prickelnd auf deiner Haut. Schmerz. Soviel Schmerz. Du würgtest, dachtest, du müsstest dich übergeben. Ehe du wusstest was du tatst, triebst du deine Zähne in die Finger, die deinen Kiefer umklammerten, hörtest ein Zischen. Der kurze Moment, in dem sich sein Griff lockerte, reichte dir. Mit aller Kraft rammtest du deinen Ellenbogen in seinen Bauch und sprangst nach vorne. Du hörtest ein Ächzen, hattest zielsicher seine empfindlichste Stelle getroffen. Mit einem Wimpernschlag drehtest du dich um, griffst unter deine Jacke und zogst die Waffe. Er war auf die Knie gesunken, eine Hand auf seinem Brustbein, der Atem gepresst. Das du einmal seinen Herzschlag stocken ließt, verschaffte dir eine gewisse Befriedigung, als du einen Schritt nach hinten machtest, zieltest, dein Blick auf seiner zusammengekauerten Gestalt. Ein dunkler Hoody unter einer braunen Lederjacke, locker sitzende Jeans, die Mütze tief in die Stirn gezogen. Wohl um die LED zu verstecken. Wie die billige Imitation eines Detroiter Straßendealers. Doch diese Augen, die jetzt zu dir aufblickten, würdest du immer wiedererkennen. Splitter von Karamell, die für dich nur bitter schmeckten. Seine Pupillen weiteten sich, als sie dein Gesicht sahen. „d/V" stieß er hervor. Du schlucktest, als dein Name über seine Lippen kam. Dieselben, die sich zu einem verächtlichen Lächeln verzogen hatten, als sie ihn das letzte Mal ausgesprochen hatten. Natürlich erinnerte er sich. Er konnte nichts vergessen. „Warum wusste ich, dass du etwas damit zu tun hast, Arschloch." spucktest du aus, deine Stimme rau, die Hände so heftig zitternd, dass du dir nicht sicher warst, ob das Projektil überhaupt sein Ziel finden würde. Du konntest wieder das Klacken von Schritten hören, die sich näherten, das flirrende Klingen von Kugeln, die von rostigen Metallwänden abprallten, Schreie, die plötzlich mit einem dumpfen Geräusch verstummten. Er starrte dich nur an, rührte sich nicht. Sein Ausdruck kühl, abgeklärt. „Schieß." sagte er nur, eine raue Entschlossenheit in seiner Stimme.
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So, nach langer Pause endlich mehr „Blue Blood"! Sorry für die lange Wartezeit!! Und ja...wieder zu lang... Ich hoffe, euch hat es gefallen!! Falls ja, freue ich mich riesig über ein Sternchen und natürlich euer Feedback in den Kommentaren. : ) Liebe Grüße, eure CrushCon : )PS: Es gibt auch wieder einen neuen Challenge One-Shot in "Blue Heart", wenn ihr also wissen wollt, wie es nach "Hochgeschlossen" weiter ging, schaut doch mal rein. ; )
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