(Part 1) Renn (Teil 4/ 4 )
Deine Kehle war staubtrocken. „Es... es ist..." Du spürtest den Stich in deiner Magengrube, das Brennen in deinen Augen, sahst Jakes Gesicht vor dir. Tu es, sagtest du dir. Du bist nur ein Mensch. Zerbrechlich. In diesem Moment bemerktest du am Rande deines Blickfeldes eine Bewegung vor dem Fenster. Es musste der letzte verzweifelte Versuch deines Hirns sein, dir Hoffnung einzuhauchen. Du spürtest den Zug seines eisernen Griffs an deinem Kragen, atmetest flach, vorsichtig. „Sie sind..." Der Schmerz ließ dich zusammenzucken. „Lass...erst...los." fügtest du mit gepresster Stimme hinzu. Seine Augen verengten sich, doch er ließ locker und du sankst auf die Tischplatte. Was du sahst, als das Fenster in dein Blickfeld rückte, ließ dich an deinem Verstand zweifeln. Hinter dem Androiden zeichnete sich deutlich eine Gestalt im Rahmen des zerbrochenen Fensters ab. Hochgewachsen, Jeansjacke, ein Sweatshirt der Detroit Pistons darunter. Dein Herzschlag schien einen Moment auszusetzen. Als ob Jake so irre wäre, dir zu Hilfe zu kommen. Es war dein verdammter Job gewesen, IHN zu retten. Doch das schien deinen Schützling nicht zu interessieren, als er im nächsten Moment den Fensterrahmen griff und in einer fließenden Bewegung in den Raum glitt. Kaum hatten seine Füße den Boden berührt, drehte der RK800 sich ruckartig um. Du rappeltest dich sofort hoch, deinen Arm auf deine stechenden Rippen gepresst, als der Abweichlerjäger plötzlich hart gegen dich prallte. Gerade als du vor Schmerz aufschriest, wurde er schon wieder zurückgerissen und gegen eines der Fenster geschleudert, das laut klirrend brach. Noch ehe die Glassplitter auch nur den Boden berühren konnten, war der Android schon wieder auf den Beinen. Jake warf dir nur einen kurzen Blick zu, wieder diese Furcht in seinen blauen Augen, als der RK800 ihn an der Taille packte. Du hörtest ein Knacken, als die Androiden hart aufeinander trafen und gegen den Schrank hinter ihnen prallten. Holz knirschte und brach, dann drang plötzlich Jakes Stimme an dein Ohr. „Renn." Das hervorgepresste Wort brauchte einen Moment, bis es zu dir durchdrang. Bis du verstandst, wem die Angst in seinen Augen gegolten hatte. Ein harter Ellenbogenschlag in sein Gesicht enthüllte die glatte weiße Oberfläche unter Jakes künstlicher Haut. Auch wenn er sich mit einer Faust in die Rippen seines Angreifers zur Wehr setzte, mehr als ein Keuchen entlockte er dem Abweichlerjäger nicht. Du spürtest, wie das Adrenalin durch deine Adern pumpte, einen Moment den Schmerz unterdrückte, der dich kaum atmen ließ. Jake war der Schnelligkeit und Kraft des RK800 viel eher gewachsen als du, doch er war nicht für Kämpfe programmiert, im Gegensatz zu seinem Kontrahenten. Er würde ihm nicht lange standhalten. Als Jake wieder zuschlagen wollte, blockte der RK800 und konterte, traf wieder hart den Kopf deines Schützlings. Die Mütze verrutschte und enthüllte seine LED, die jetzt in rascher Folge zwischen gelb und rot wechselte. „Renn." Jakes Aufschrei riss dich aus deiner Starre. Dein Gewissen schrie in deinen Gedanken, wie falsch das hier war. Hattest du dir nicht geschworen, dass sich so etwas nie wiederholen würde? Der RK800 presste Jake gegen den Schrank und du sahst, wie sich die künstliche Haut auf seiner Hand zurückzog, als er den Arm deines Schützlings packte. Er versuchte Kontakt herzustellen, würde seinen Speicher auslesen. Geschockt beobachtest du, wie Jakes Widerstand erstarb, sein Gesicht eine erstarrte Maske, nur beleuchtet vom steten Rot seiner LED. Der Stich in deiner Brust ließ dich die Zähne zusammenbeißen. Wieder wallte diese Wut in dir auf, die dich einen Moment jeden Schmerz vergessen ließ. Du hüpftest vom Tisch, brauchtest nur einen Schritt, ehe deine Hand unter das Jackett des RK800 glitt und den Griff der Waffe in seinem Gürtel packte. Du sprangst zurück, keuchtest, als deine Rippen dir wieder stechend mitteilten, dass du deinen Arm besser nicht so rasch gehoben hättest. Der Android konnte sich nur halb umdrehen, als du auf seinen Rücken zieltest und abdrücktest. Doch statt eines Knalls, hörtest du nur ein hohles Klicken. Panisch stelltest du fest, dass der Abzug sich nicht durchziehen ließ. Du sprangst zurück, als der RK800 versuchte, nach der Pistole zu greifen, ohne dabei Jakes Arm loszulassen. Dein Hirn brauchte einen Moment, um einen klaren Gedanken zu fassen, dann legtest du endlich deinen Finger auf den kleinen Hebel am Lauf und drücktest ihn nach unten. Das nächste Klicken entsicherte die Waffe. Diesmal zieltest du direkt auf die Stirn des RK800. „Lass ihn los." Deine Stimme zitterte wie die Pistole in deiner Hand, doch du warst nah genug dran, um ihn nicht zu verfehlen. Der Abweichlerjäger hielt inne, starrte dich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Da war einen Moment etwas in seinen Augen, als er in den Lauf der Waffe blickte. Eine kurze Bewegung, wie der Schatten eines Fisches unter der Eisdecke eines Sees. Plötzlich ließ er Jake los. Du konntest ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken, als dein Schützling keuchend zu dir stolperte und sich hinter dich stellte. Du zieltest unverändert auf den Kopf des Androiden vor dir, sahst die Spur des Thiriums, die sich über die Lippen des RK800 hinab zu seinem Kinn zog. Die Krawatte verrutscht, ein Knopf des Hemdes abgerissen, der weiße Stoff blau gesprenkelt. Er hatte sich dir inzwischen ganz zugewandt, eine Anspannung in seinen Gesichtszügen, die sich in seiner steifen Haltung fortsetzte. Es war eine Situation, die dir bekannt vorkam. So vertraut wie das Gefühl des stechenden Schmerzes, der dich bei deinem nächsten Atemzug wieder zusammenzucken ließ. Und die glasklare Erinnerung, wem du das zu verdanken hattest. Die Vorstellung einfach abzudrücken, ließ eine widerliche Befriedigung durch deine Adern fließen. „Ich brauche diese Information." stieß der Android plötzlich hervor. Seine Stimme war laut geworden, klang rau. Der Wunsch zu Schießen brannte in dir wie Säure. Das gleiche Brennen, dass du nach jedem Schlag des Androiden auf deinem Gesicht gespürt hattest. Du machtest einen Schritt zurück und drücktest dich gegen Jake, bedeutetest ihm, das gleiche zu tun. „Ich muss diese Mission erfolgreich abschließen." fügte der RK800 aufgebracht hinzu. In seinem Ton schwang jetzt etwas mit, das seine Stimme leicht verzerrte, etwas, dass du nicht benennen konntest. Weiter zurück, vorbei am Sofa. Dein Atem war gepresst, du achtetest unverändert darauf, dass du genau zieltest. Jetzt hörtest du das Knarzen der Dielen im Flur unter deinen Stiefeln. Warum konntest du nicht einfach abdrücken? Doch da war dieser Ausdruck im Blick des RK800, den du schon einmal in anderen Augen gesehen hattest. Ein weiterer Schritt, du hörtest Jakes rasche Atemzüge hinter dir. Plötzlich fügte sich etwas in deinen Gedanken zusammen, rastete ein, Zahnräder, die begannen rasend schnell zu rotieren. Dein Herz schlug dir bis zum Hals, als die Worte über deine Lippen kamen, kaum mehr als ein raues Flüstern. „Es ist nicht der Erfolg der Mission, der dich interessiert." Dein gepresstes Keuchen schien in der angespannten Stille zu hallen. „Du hast Angst. Angst was passiert, wenn du scheiterst." Die eisige Oberfläche seines Ausdrucks schien kurz aufzubrechen, ließ einen Moment tiefe Verwirrung durchscheinen. Er starrte dich nur an, die LED an seiner Schläfe gelb aufleuchtend. Dann wanderte der Blick des RK800 zu Jake hinter dir. „Er ist nur eine defekte Maschine." presste er hervor. „So wie du, Arschloch." antwortest du ohne zu zögern. Holz knarzte, als Jake auf die zerstörte Tür trat. Du straucheltest einen Moment, als du am Rahmen unter deinen Füßen hängenbliebst, doch zwei Hände fingen dich auf und richteten dich sofort wieder auf. Du hattest einen Moment die Waffe sinken lassen, und risst panisch deinen Arm wieder hoch, stöhntest auf, als der stechende Schmerz in deine Rippen fuhr. Doch zu deiner Überraschung hatte sich der Abweichlerjäger nicht gerührt. „Es ist mir scheißegal, ob er eine Maschine ist. Ich werde nie wieder jemanden enttäuschen, der mich um Hilfe gebeten hat." sagtest du mit rauer Stimme. Du sahst ihre leeren Augen wieder vor dir, als du sie gefunden hattest. Das viele Thirium, ihr Haar, wie ein blauer Schleier um ihren Kopf gebreitet. Du ließt die Gestalt des RK800 nicht aus den Augen, als ihr rückwärts in den Hausflur tratet. Er stand noch immer wie erstarrt vor dem zertrümmerten Fenster, die Stirn in Falten gelegt, seine LED in stetigem Gelb leuchtend. Dein Arm sank langsam nach unten, als du ihm ein letztes Mal in die Augen blicktest. Es gab genug Geister der Vergangenheit, die dich in deinen Träumen heimsuchten. Kurz sahst du zu Jake auf, dann drehtet ihr euch auf dem Absatz um und ranntet los. Mit zusammengebissenen Zähnen hastetest du die Treppe hinunter, ein scharfes Brennen in deiner Brust, dein Herz rasend. Doch es waren nur eure Schritte auf dem morschen Bodenbelag, die in dem staubigen Treppenhaus hallten. Er folgte euch nicht.
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Man, habe ich mit dem Kapitel gerungen....OO Ichhoffe, das ich euch nicht enttäuscht habe. > < Ich freue mich, wenn ihr auf das Sternchen drückt, falls es euch gefallen hat oder lasst mich eure Meinung in den Kommentaren hören. : ) Liebe Grüße, eure CrushCon : )
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