*9*

"Wo bringt ihr mich hin?" fragt Simon. Auf eine Antwort kann er lange warten. Die gesamte Fahrt über schweigen Jace und ich. Aber Simon redet. Er redet fast ununterbrochen und es nervt mich tierisch.
"Sei still." sage ich leise und funkel Simon wütend an. Sofort verstummt er. Diese Ruhe ist himmlisch.

Nach einer Weile kommen wir am Hafen an und Jace steuert den Wagen auf das alte Lagerhaus zu was unser Großvater schon benutzte um Waren zu verschiffen. Illegal natürlich.
"Aussteigen." Simon zittert, er ist kurz vorm durchdrehen.
"Übernehm du." flüstere ich meinem Bruder ins Ohr. Jace bringt Simon in die Lagerhalle. Ich war länger nicht hier, aber es hat sich nichts verändert. Wie auch. Die Halle steht seit Jahren leer. Es gibt nur einen Tisch und einen Stuhl. Auf den Stuhl sitzt mittlerweile Simon mit gefesselten Händen und Füßen. Auf dem Tisch steht ein Koffer mit ein paar Utensilien die ich ab und an benötige. Allerdings hoffe ich, dass ich heute nicht zu solch drastischen Mitteln greifen muss.

"Also Simon. Lass uns etwas plaudern." beginnt Jace und Simon weint. "Worüber?" fragt er unter Tränen. "Woher kennst du Magnus Bane?" Aus weinen wird schluchzen. "Warum willst du das wissen?" fragt er und ich entferne mich. Langsam gehe ich an Simon vorbei, streife dabei seinen Arm mit meiner Hand und er zuckt schreckhaft zusammen. Ich grinse und bleibe vor dem kleinen Tisch stehen. Mit geübten Handgriffen öffne ich den Koffer, meine Finger gleiten über das blanke kalte Metall der verschiedenen Messer. Heute soll es nur ein kleines sein. Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit wird es nicht lange dauern bis Simon einknickt und und alles sagt was wir wissen wollen.

Das er auf jede Frage mit einer Gegenfrage antwortet nervt gewaltig. "Das geht dich nichts an." höre ich Jace sagen und dann wie er den ersten Schlag platziert. Das knacken der Knochen schallt durch die Halle. "Antworte einfach. Dann hast du es hinter dir." redet er weiter. "Ich kenne ihn seit seinem sechsten Lebensjahr. Wir gingen zusammen zur Schule." sagt Simon und an der Art wie er redet erkenne ich, dass seine Nase gebrochen ist. "Das kann nicht sein. Ich kenne deinen Lebenslauf Simon Lewis. Du warst nie in Japan." sagt Jace wütend und ich gehe langsam mit dem Messer in der Hand zurück. Dabei streife ich wieder ganz beiläufig seinen Arm. Er zuckt wie auch beim ersten Mal zusammen und atmet schwer.

"War ich nie. Das stimmt." sagt er leise. Ich gehe in die Hocke, lege das Messer unter sein Kinn und drücke somit seinen Kopf nach oben. Er sieht in meine Augen und blickt in das innerste meiner Seele. Eisblau und kalt funkeln meine Augen. Er senkt seinen Blick, aber ein Druck mit dem Messer gegen seine empfindliche Haut lässt sein Vorhaben in Rauch aufgehen. Noch immer starre ich ihn an und schüttele dann leicht den Kopf. "Mein Befehl lautet Tod für den Verräter." sage ich kalt und Simon schluckt schwer.

Simon ist nicht mein Erster. Und er wird auch nicht mein Letzter sein. Es ist meine Berufung, das töten. Ich bin gut in dem was ich tue. Ich bin eine perfekt ausgebildete Maschine. Kein Schmerz, keine Fragen. Mein Gehirn kennt nur eine Programmierung, Tod.

Nachdem Vater mein Potenzial erkannt hatte, legte er großen Wert darauf, dass ich jeden Tag mit Luke zum Schießtraining ging. Und Vater engagierte einen Mann, der mir den Umgang mit Messern und anderen Gegenständen beibrachte. Jedes Detail dieser Unterweisungen habe ich aufgesaugt wie ein Schwamm, jedes Wort prägte ich mir ein und höre ihn noch manches mal reden. Und manchmal erinnere ich mich an das Gefühl von seiner Haut auf meiner. Seinem Atem in meinem Nacken wenn er mir zeigte das es okay ist einen Mann zu lieben und sich den Gefühlen die tief in mir schlummerten hinzugeben. Das es keine Schande, keine Sünde ist den Penis eines anderen Mannes in sich zu spüren. Sondern das es befreiend und erregend ist. Normal.

Mit 16 tötete ich das erste Mal. Es zerriß einen Teil meiner Seele und ich erinnere mich noch genau an das Gefühl. Mein Körper brannte und innerlich schrie ich mir die Seele aus dem Leib. Es war furchtbar. Seltsamerweise war es aber auch befriedigend. Nachdem der erste Schock darüber das gerade ein Mensch sein Leben verloren hatte abgeklungen war, legte sich Zufriedenheit über mich. Denn Vater war so unglaublich stolz. Und das erfüllte mich mit einer unbändigen Freude. Ich machte Robert Lightwood, meinen Vater und gefürchtetes Oberhaupt des New Yorker Clans stolz. Dieser Tag war der Anfang meines neuen Lebens. Ich wurde von dem unschuldigen Jungen der stundenlang im Büro seines Vaters saß und in eine andere Welt abtauchte, nur durch die Kraft der Worte, zu einem Mann mit schwarzen Haaren und blauen Augen, Augen so blau und kalt wie ein Wintersee. Aus Alexander Gideon Lightwood wurde Alec, oder wie die Unterwelt sagt, Dark Angel.

"Also Simon." sage ich ruhig und mit leiser Stimme. Ich weiß das es mein Gegenüber verunsichert. Denn normalerweise brülle alle immer in solchen Situationen. Aber ich nicht. Auch das brachte er mir bei. Ruhig bleiben, die Kontrolle bewahren. "Noch einmal von vorne. Woher kennst du Magnus Bane?" Simon zittert und weint, bringt kaum ein vernünftiges Wort zustande. Er kennt meinen Ruf und möchte eine Vorführung meiner Talente ungerne am eigenen Leib erfahren.
"Magnus... er w-war m-mein Freund. Er ist mein Freund. A-also ein Freund. I-ich ich stehe nicht auf Männer. Ich bin nicht schwul." redet er daher und Jace tritt neben mich.
"Weiter." sage ich. "Wir gingen zusammen zur Schule. Fünf Jahre lang. Auf die St. Adams Brooklyn School." sagt er in schnellen Sätzen hintereinander und ich nicke zufrieden.

"Und ihr habt den Kontakt nie abbrechen lassen." schlußfolgere ich und Simon nickt. "Was wolltest du in dem Cafè? Worüber habt ihr geredet?" fragt Jace und Simon atmet erleichtert aus.
"Über früher. Wir treffen uns seit seiner Rückkehr regelmäßig. Und dann reden wir über früher und was wer in den letzten Jahren erlebt hat. Über jetzt, was gerade so in unseren Leben passiert. Ich habe ihm gesagt das ich für euren Vater arbeite. Er war sauer. Aber nicht weil ich für euren Vater arbeite und nicht für seinen. Nein, er war sauer weil ich überhaupt für die Unterwelt arbeite. Wir haben beide einen enorm hohen IQ. Daher verstanden wir uns in der Schule auch von Anfang an gut..." Simon redet ohne Punkt und Komma. Vergessen ist die Tatsache das er gefesselt auf einen Stuhl sitzt. Vergessen ist das Messer unter seinem Kinn. Er schaut zwischen Jace und mir hin und her und redet und redet und... warte was hat er gerade gesagt?

"Autsch." zischt er und ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Was hast du gerade gesagt?" Jetzt wird Simon wieder nervös.
"Wir kennen uns von früher."
"Ja das habe ich verstanden. Danach." sage ich ungeduldig.
"Ähm... Schule? W-wir sind beide hochbegabt?" stammelt er und ich verliere allmählich die Geduld.
"Nein das über mich."

"Oh." Jetzt lacht er auch noch. Ob er sich der Tatsache, dass ich ihn in weniger als zwei Sekunden töten könnte bewußt ist?
"Magnus redet viel über dich." sagt Simon. Also habe ich mich doch nicht verhört.
"Und was?" Er presst die Lippen zusammen und schaut verlegen zu Jace.
"Eigentlich darf ich darüber nicht reden." höre ich ihn sagen. Ich stehe auf, lege das kleine Messer in Jace Hand und ziehe meine Waffe aus dem Holster.
"Eigentlich habe ich den Befehl dich zu töten." antworte ich und richte den Lauf der Waffe auf seinen Kopf.

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