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Bild → Lee
Ich sah dem letzten Kunden hinterher, wie er aus der Tür ging und schlenderte darauf zum Tresen.
Lyss stand dahinter und sortierte die Kasse.
Sie hob ihren Kopf und lächelte mich an, was ich erwiderte.
»Eins muss man dir lassen, Marshall... Du bist der einzige, der so ein Trinkgeld verdient.« Sagte die junge Frau amüsiert und gab mir 200$ aus der Kasse - mein heutiges Trinkgeld.
Sicher klingt das jetzt als Trinkgeld ziemlich viel und ich verdiene zusätzlich ja auch noch meinen ganz normalen Stundenlohn, jedoch war das alles andere als viel.
Die Wohnungen in Nebraska sind teuer... Verdammt teuer und auch wenn ich nur eine kleine Einzimmerwohnung hatte und hier in einem Blutshaus arbeitete und dort bei weitem am besten verdiente, hatte ich am Ende nicht mehr so viel Geld um mich zu versorgen.
Aber ich hatte Glück einen sehr guten Freund zu haben, der oft für mich auf seine Kosten einkaufen ging, auch wenn ich das nicht immer gut hieß.
Und er ist ein Vampir.
Aber würde man das nicht wissen, würde man nie damit rechnen, dass er einer war.
Er glich eher einem californischen Sunnyboy, war jedoch auf keinen Fall zu unterschätzen, wie jeder Vampir!
Einmal hatte ich Nicolas, meinen besten Freund, 'aufgebracht' erlebt, weil ich von einem anderen Vampir etwas blöd angemacht wurde und wenn ich ehrlich war... Wenn es sich vermeiden lässt, würde ich das nicht nochmal erleben wollen!
Aus dem Personalraum, hinter dem Tresen, kam Lyss' Zwillingsschwester Tess und gesellte sich zu Lyss.
Tess war mit Logan, dem Besitzer diesen Ladens, liiert und arbeitete eigentlich nur an der Kasse und hat es absolut überhaupt nicht gern, wenn jemand ihre Arbeit übernahm.
Dementsprechend schlug Tess ihrer Schwester auf ihre rot lackierten Finger, die darauf erschrak, während ich das ganze mit einem kurzen Lachen kommentierte.
Die Blicke der beiden jungen Frauen glitten zu mir und kurz darauf fingen die beiden auch an zu lachen.
Es war ziemlich interessant die beiden Schwestern zu beobachten.
Obwohl Tess und Lyss Zwillinge waren, waren sie grundlegend unterschiedlich.
Und damit meinte ich nicht nur ihr Aussehen.
Tess war ein bisschen... Ich glaube man könnte es 'wild' nennen, während Lyss eher ein bisschen schüchtern und somit ziemlich interessant für die Kunden war.
Es arbeiteten auch noch mehr junge Frauen hier, aber mit Lyss und Tess verstand ich mich irgendwie am besten und obwohl die beiden Schwestern ein bisschen älter als ich waren, hatte man oft das Gefühl zwei Kinder vor sich zu haben, was manchmal ziemlich lustig, aber auch ziemlich anstrengend sein konnte.
Ich sah, wie Logan aus dem Personalraum kam, seine Arme um Tess' Taille schlang und sein Kinn auf ihre Schulter ablegte.
Logan war ein braunhaariger Vampir mit ebenfalls braunen Augen.
Er war durchschnittlich groß und ziemlich nett, nur manchmal etwas komisch.
»Gehst du jetzt, Lee?« Fragte mich Logan und ich nickte.
»Ja, ich hatte jetzt vor zu gehen, es sei denn, man braucht mich noch.« Antwortete ich und Logan schüttelte den Kopf.
»Nein. Tess wird hier die Sachen weg räumen, Lyss einmal kurz sauber machen und ich werde dann abschließen.« Erklärte mir der Vampir, der wie Mitte, Ende 30 aussah.
»Na dann... Bis morgen.«
»Äh, Marshall.« Hielt mich Logan noch auf, als ich die Tür aufgemacht hatte und gerade gehen wollte.
Ich drehte mich nochmal um und sah den Vampir fragend an.
»Könntest du morgen Abend eventuell eine Stunde früher da sein?« Fragte er mich und ich nickte.
»Klar.« Antwortete ich und Logan fing darauf an zu grinsen.
»Das ist gut, danke. Dann bis morgen und komm gut nach Hause.« Verabschiedete er sich und ich winkte den drei Verbleibenden nochmal zu.
Es war halb 6 Uhr morgens.
Meine Abend Schicht ging in der Regel von 23:45 Uhr bis 05:30 Uhr morgens.
Zusätzlich arbeitete ich nachmittags von 15 Uhr, bis 17:45 Uhr.
Je nach Absprache variierten die Zeiten.
Also einfach gesagt: Ich hatte keine festen Arbeitszeiten.
Manchmal musste ich auch gar nicht kommen, was meinem kleinen Sparschwein zwar nicht wirklich gut tat, aber akzeptierte.
In Nebraska war es am regnen.
Jedoch war es dadurch nicht kalt, sondern schön angenehm lau warm.
Jetzt war noch niemand richtig wach.
Höchstens die wenigen Menschen, die jetzt zur Arbeit gingen.
Aber die meisten, die um diese Zeit wach waren, waren Vampire, die von A nach B schlenderten.
Einige sahen wie 'richtige' Vampire und mehr oder weniger gefährlich aus und einige erinnerten mich an Nicolas, da sie nicht dem typischen Vampir Bild entsprachen.
Meine Wohnung lag ein paar Straßen von meinem Arbeitsplatz entfernt in einem Mehrfamilienhaus, wo ich jedoch der einzige Mieter war. Bis jetzt zumindest, man weiß ja nicht, was die Zukunft so mit sich brachte.
Mit meinem ganzen Gewicht stemmte ich mich gegen die Haustür, während ich meinen Schlüssel in das Schloss gesteckt und zur Seite gedreht hatte.
Verdammt... Jemand musste dringend die Haustür reparieren!
Als ich drin war, stellte ich fest, dass der Flur leicht unter Wasser stand.
Leicht genervt stöhnte ich auf und entschied mich, das Wasser nachher weg zu wischen, wenn es aufgehört hatte zu regnen.
Dann nachdem ich die Post aus dem Kasten genommen hatte, da ich die vorhin nicht raus nehmen wollte, ging ich die Treppe hoch zu meiner Wohnung.
Ich schloss meine Wohnungstür auf und sah Nicolas, der gerade zu auf meiner Couch saß und sich irgendwas im Fernsehen an sah, der zu den Dingen gehört, die ich von Nicolas habe.
Der Vampir hatte mich natürlich gehört als ich rein gekommen bin und schaltete die Flimmerkiste ab, blieb aber auf der Couch sitzen.
»Na, wie war's?« Fragte mich der Sunnyboy Vampir, wie eigentlich jedes Mal, wenn ich von der Arbeit kam.
Ich ging zu ihm, ließ meine Tasche beim Laufen fallen und setzte mich neben ihn auf die Couch.
»Wie immer.« Antwortete ich und bekam ein amüsiertes Schnaufen zu hören.
»Weißte du, Lee... Ich warte echt auf den Tag, wo du mir ausführlich erzählst, was du gemacht hast und wie es war.« Ich lachte kurz auf.
»Du weißt doch, was ich da mache, warum sollte ich es dir dann noch erklären?!« Ich sah Nicolas in die Augen.
»Hm... Da hast du recht. Aber darüber wollte ich auch eigentlich nicht mit dir reden.« Der Vampir erhob sich von der Couch und ging gerade zu in die offene Küche.
»Ich bitte dich, Nico... Du sollst mir nicht immer was kaufen.« Nörgelte ich und Nicolas machte, obwohl er mit dem Rücken zu mir stand, zu mir eine wegwerfende Handbewegung.
»Entspann' dich.« Erwiderte er nur darauf und kam dann mit einer runden Metalldose wieder.
Er ließ sich neben mir auf die Couch fallen und gab mir die Dose, die ich leicht zerknirscht entgegen nahm.
Nicolas stöhnte laut auf.
»Man, Lee! Das sind nur Kekse! Und selbst wenn nicht... Das ist mein Geld und es steht mir frei damit zu tun, was ich für richtig halte.« Meinte er mit einer erhobenen Augenbraue.
Ich seufzte.
»Es tut mir leid... Aber ich fühle mich immer total unwohl, wenn du mir was kaufst. Ich habe selber Geld.« Darauf fing Nicolas laut an zu lachen.
»Das bisschen Geld, was du hast, solltest du zurück legen, damit du immer was in Reserve hast, auch wenn es nicht viel ist. Mach dir keine Sorgen, ich übernehme hier und du brauchst dich dabei auch nicht unwohl zu fühlen. Du bist mein bester Freund und was soll ich mit all dem Geld.« Ich sah Nicolas unsicher an, der nur zustimmend nickte.
»Okay... Wenn du meinst.« Murmelte ich leise.
»Na dann hätten wir das ja geklärt. Aber jetzt probier mal die Kekse!« Forderte mich der Vampir auf und ich öffnete die Dose.
Darin befanden sich ein gutes Dutzend Schoko Cookies.
Ich spürte, wie sich meine Augen weiteten und ich nahm mir einen heraus um ihn zu probieren.
»Oh mein Gott!« Sprach ich mit vollen Mund, hinter vorgehalten Hand.
»Die sind ja mega!« Sagte ich, nachdem ich den Keks aufgegessen hatte und Nicolas lachte leise.
»Na dann bin ich ja froh. Aber da gäbe es etwas, worum ich dich bitten würde...« Murmelte Nico und zerrte ein bisschen am Kragen meiner Arbeitskleidung herum.
Ich nickte und öffnete die ersten drei Knöpfe meines Hemdes und streifte den Stoff über meine Schultern, damit er keine Flecken bekam.
Nicolas schluckte nervös und leicht ungeduldig und seine duklen Augen wurden leicht grünlich, was an seinen Fähigkeiten lag, die er mir noch nie verraten hatte.
Der Vampir rutschte näher zu mir und beugte sich etwas runter.
Sein kalter Atem streifte über die Haut an meinem Hals und ich sah aus dem Augenwinkel, wie sich die Reißzähne von Nicolas schärften.
Ich schloss die Augen.
Komischerweise mochte ich es bei ihm nicht, wenn er 'zeigte', was er war.
Bei jedem anderen Vampir war es mir ziemlich egal, ob er sein wahres Ich zeigte oder nicht, nur bei Nicolas mochte ich es irgendwie nicht und schloss deswegen auch jedes Mal meine Augen, wenn er mich biss.
So konnte ich mir vorstellen, er wäre ein anderer Vampir.
Ich spürte Nicolas' Lippen, die einen leichten unbedeutsamen Kuss auf meinen Hals drückten, eh seine Fangzähne genau dort meine Haut durch stießen.
Kurz stöhnte ich leise auf - Berufskrankheit - als Nicolas anfing mir das Blut aus seinem Biss zu saugen.
Er genoss mein vollstes Vertrauen und das wusste er.
Und ich wiederum wusste, dass er mir niemals schaden würde, ob physisch oder psychisch.
Nach einigen Augenblicken lösten sich Nicolas' Lippen von meinem Hals und er leckte über den Biss um ihn zu verschließen.
Genau die Pflicht galt für alle Kunden bei uns im ›Bloody‹.
Jeder Vampir musste, nachdem er einen von uns gebissen hat, die Wunde wieder mit seinem Speichel verschließen.
Nachdem das geschah, lehnte sich Nicolas wieder nach hinten.
»Danke, Kurzer.« Bedankte er sich und ich zog mich wieder richtig an.
Ich stand auf und spürte sofort, dass mir etwas schwindelig war.
Nico sprang alarmiert auf und drückte mich sanft zurück auf die Couch.
»Das tut mir leid. Ich habe anscheinend ein bisschen zu viel-« Ich unterbrach meinen Freund mit einer Handbewegung.
»Ist schon in Ordnung... Es liegt nicht an dir, es war heute einfach ein bisschen anstrengend für mich.« Erklärte ich leicht erschöpft und fasste mir an die Schläfe.
Nicolas nickte verstehend und ging in die Küche.
Dort öffnete er den Kühlschrank und nahm eine Flasche mit Cranberry Saft heraus.
Dann nahm er ein Glas von der Spüle, füllte es mit dem Saft und kam wieder zu mir.
Er hielt mir das Glas entgegen und ich nahm es an.
Ich mochte Cranberry Saft nicht wirklich. Er machte die Zähne irgendwie stumpf.
Cranberries als Frucht esse ich dagegen sehr gerne.
Ich trank den Saft dennoch ohne Einwände aus und brachte das Glas zurück in die Küche.
Dort spülte ich es wieder aus und stellte es in das Regal.
»Ich geh dann mal schlafen. Du kannst noch so lange bleiben, wie du meinst. Bis später dann.« Verabschiedete ich mich und Nicolas nickte.
»Bis nachher.« Sagte er und ich ging in mein 'Schlafzimmer', was genau genommen kein Schlafzimmer war, sondern eine Tür lose Kammer, in dem sich ein von mir aus Paletten zusammen gebautes Bett und eine Matratze befand.
Und da ich keine Lust hatte jedesmal die Paletten sauber zu machen, habe ich darüber ein dünnes Laken fest getackert. Auf den Paletten hatte ich dann die Matratze gelegt und benutzte das ganze als Bett.
Es war ziemlich gemütlich und dazu noch fast umsonst.
Nachdem ich mich gewaschen und umgezogen hatte, ging ich nochmal zu Nicolas.
»Gute Nacht.« Sagte ich nochmal zu ihm und legte mich danach schlafen.
So... Das ist erstmal der Anfang von Lee's Geschichte.
Ich hoffe sehr, dass es euch gefällt!
LG Ju ★
~1934~ Wörter
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