Kapitel 4

October 8, 2012

»Wo hast du sie denn gefunden?«, fragte David mit verschränkten Armen, während er die Hexe beobachtete, die gerade den Schutzzauber vorbereitete.
»Ach, in so 'ner Bar«, gab Damon zurück.
David und Jeremy beäugten den Vampir kurz, der triumphierend grinste.
»Ich find sie seltsam«, meinte Jeremy, als er wieder zu der Frau blickte. »Und sie sieht eher aus wie 'ne Irre als 'ne Hexe.«
David nickte. »Ja.«
»Hey, kommt. Gebt ihr 'ne Chance. Sie hat Qualitäten.«
»Du meinst im Bett«, stellte David fest.
»Ich meine im Bett, ja«, stimmte Damon zu.
Fassungslos verdrehte David die Augen.
»Von 'ner Skala eins bis zehn, wie war sie?«, wollte Jeremy wissen, wofür er einen mahnenden Blick von David kassierte und ein Lachen von Damon.
»Ich kann euch übrigens hören«, sagte die Hexe auf einmal. Sie hatte einen schottischen Akzent. Ihre roten langen Haare reichten ihr über die Schulter, und ihr bodenlanges Kleid betonte ihre schlanke, hochgewachsene Gestalt.
Ich glaube, ihr wisst, wer das war.
»W-Wir wollten nur fragen, wie lange Sie schon dabei sind?«, wollte Jeremy wissen.
Fragend sahen Damon und David ihn an, und er zuckte nur mit den Schultern.
»Wo dabei?«, hakte die Frau nach, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen.
»Bei der Hexerei.«
»Schon viele hundert Jahre«, erklärte sie. »Ich bin eine der Besten.«
»Das glaube ich erst, wenn ich's sehe«, gab David mit ernster Miene zurück.
»Wie heißen Sie?«, wollte Jeremy auf einmal wissen.
»Mein Name ist geheim, genauso wie mein Aufenthalt«, gab die Frau zurück. »Kommen wir also zur Bezahlung.«
»Ich dachte, sie wollte keine Bezahlung«, flüsterte David Damon zu.
»Ich möchte Immunität«, sprach die Hexe weiter.
Abwartend sah David sie an. »Und weiter?«
»Nichts weiter.«
»Wir sollen einfach stillschweigen darüber bewahren, dass Sie diesen Zauber ausführen?«
»Ja.« Die Frau sah die Männer auffordernd an.
»In Ordnung«, sagte David.
»Und ich hätte gerne noch etwas.«
Der Mann seufzte. »War ja klar.«
»Etwas mehr Respekt gegenüber einer alten Damen.« Die Hexe straffte ihre Haltung. »Eine Phiole von Ihrem Blut, Mr.«
»Entschuldigung?«
»Haben Sie wirklich gelaubt, ich wüsste nicht, wer Sie sind? Der berüchtigte Supervampir, wie er gekannt wird. Sie geben sich nicht mal die Mühe, das zu verstecken. Eine Phiole von Ihrem Blut, und wir sind im Geschäft.«
»Wenn du nicht von hier weg willst, solltest du darauf eingehen«, raunte Damon David zu.
Zähneknirschend betrachtete dieser die Frau. »Ja ... Gut, in Ordnung. Sie kriegen es. Aber wenn ich merke, dass Sie etwas damit anrichten -«
Die Hexe hob die Hände hoch. »Beim Hexenkodex verspreche ich, dass ich keine bösen Absichten damit vorhabe.«
»Dann nehmen Sie mein Blut und sprechen Sie den Zauber.«
Die Frau lachte. »Ich liebe dominante Männer.« Sie ergriff eine Phiole, die etwas groß zu sein schien, und ein Messer und schnitt David das Handgelenk auf. Das Blut lief in das Gefäß, und als es voll war, steckte die Frau einen Korken rauf und steckte sie in ihre Tasche mit all den Zutaten, nachdem sie einen Tropfen davon in die Schüssel getan hatte.
Dann sprach sie den Zauber. Es waren bizarre Worte, die weder Jeremy noch Damon und David jemals gehört hatten. Dennoch fand der Junge sie wohl am seltsamsten, und als der blau-weiße Rauch emporstieg und sich zu einem Schutzwall um die Hütte entfaltete, war es Erstaunen und Angst zugleich, was Jeremy verspürte.
»Das wär's dann«, sagte die Frau. »Damon, wenn Sie mich nach draußen geleiten könnten.«
»Natürlich, Miss.« Damon trat nach vorn, während die Frau ihre Sachen zusammenpackte und zur Tür ging. »Am besten, Sie verlassen nicht das Haus. Der Zauber wirkt nur, wenn derjenige, an den dieser gebunden ist, nicht den Schutzkreis verlässt. Noch einen schönen Tag.« Sie winkte mit einem entzückenden Lächeln auf den Lippen und verließ mit Damon die Hütte.
»Sie ist verrückt«, meinte David.
»Sie ist cool«, erwiderte Jeremy.
»Vorhin fandest du sie noch seltsam ...«
Jeremy wandte sich zu dem Mann um, der in diesem Moment die Schüssel wegräumte. »Wie lange halten deine Vorräte?«
»Ein, zwei Wochen. Vielleicht auch drei.«
»Dann hoffen wir mal, dass das den Alpha so lange abhält.«
David beäugte den Jungen kurz, der sich auf den Stuhl setzte und das Jägerbuch zur Hand nahm, welches er ihm gegeben hatte. Jeremy geriet immer mehr in die Welt des Übernatürlichen hinein, und David war sich nicht sicher, ob ihm das gefiel.

November 2, 2012

Seit drei Wochen hatten Jeremy und David nicht die Hütte verlassen. Zwischendurch war Damon vorbeigekommen, um tierische Blutkonserven und, wie er es nannte, Fraß für den Menschenjungen zu bringen. Seit drei Wochen saßen also die beiden aufeinander, hatten nicht wirklich viel Freiraum und nicht wirklich viel zu tun. Jeremy hatte das Jägerbuch mittlerweile zweimal durch und somit irgendwann angefangen, in der Hütte Messer gegen die Wand zu werfen - ganz zur Missbilligung Davids.
»Weißt du, ich hätte nicht die ganze Zeit in diesem engen Ding ausharren müssen«, meinte Jeremy, als er das Messer erneut aus der Wand zog.
»Das sagst du bereits zum dreihundertsten Mal.« Genervt atmete David aus. »Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du das nicht machen sollst?«
»Dreihundert Mal?« Das Messer schlug in das Holz ein.
Tief atmete der Mann durch. Er stützte seine Hände an der Lehne eines Stuhls ab. Langsam zog Jeremy das Messer heraus und wandte sich um.
»Alles in Ordnung?«, fragte er vorsichtig.
»Ich ... Ich kann nicht mehr ...« Seine Hände begannen zu zittern. »Ich muss hier raus.« Auf einmal richtete er sich auf und lief zielstrebig auf die Tür zu, und bevor er diese öffnen konnte, stellte Jeremy sich ihm in den Weg.
»Woah, woah, woah, was soll das?«
»Lass mich vorbei, Jeremy!« Davids Stimme war nur noch ein Knurren.
Anklagend hob Jeremy die Augenbrauen. »Verlierst du jetzt ehrlich die Nerven? Jetzt?«
»Ich sage das nicht noch einmal.«
Jeremy verschränkte die Arme vor der Brust. »Du müsstest mich schon zwingen, damit ich dich rauslasse. Und im Ernst, ich fänd's wirklich unfair, wenn du jetzt durchdrehst und nach drei Wochen entscheidest, den Zauber fallenzulassen. Ich musste deinetwegen drei Wochen in dieser Hütte bleiben, obwohl der Zauber nur auf dich gelegt wurde!«
David fasste sich an den Kopf. »Ich brauche ... ich brauche frische Luft ...«
»David, nein!« Mahnend sah Jeremy ihn an. Er wollte noch etwas hinzufügen, doch da brach David auf einmal zusammen. »David?« Sofort kniete Jeremy sich neben ihn und rüttelte verzweifelt seine Schulter. Da erkannte er den grünlichen Dunst, der sich in der Hütte erhoben hatte. Er kam durch den Türspalt und durch die Löcher in Wänden. Hilflos sah der Junge sich um, als auf einmal die Tür aufgetreten wurde.
»Hallo, Süßer«, sagte eine Frau, die gefolgt von zwei Männern im Türrahmen stand, und Jeremy war sich sicher, dass die drei ihm nicht nur einen Besuch abstatten wollten.

»Was ist passiert?« Davids Stimme zerschnitt die kalte, modrige Luft wie eine Klinge und ließ Jeremy zum ersten Mal, seitdem er hier war, erleichtert aufatmen. Er wandte sich ihm zu und klammerte sich an die Gitterstäbe.
»Wir wurden von drei irren Vampiren entführt, um dann in diesen stinkenden Käfig gesperrt zu werden.« Sein Gesicht berührte die kalten Stäbe. Bei den Wangenknochen kam er nicht weiter. Sie waren einfach zu dicht. David saß in einer Zelle neben ihm, doch im Gegensatz zu ihm war er an der Wand angekettet. »Die haben dir irgendwas gespritzt.«
»Eisenkraut ...« David klang schwach. »Das Einzige, was mir meine Kräfte nimmt.«
Jeremy wich zurück und begann wieder ruhelos durch seine Zelle zu laufen.
»Wie lange sind wir schon hier?« Davids Ketten klirrten, als er sich etwas bewegte.
»Keine Ahnung. Fünf Stunden? Man verliert hier das Zeitgefühl. Die haben mir einen Sack über den Kopf gebunden. Das sind Vampire, und sie haben mich nicht getötet. Seltsam, oder?«
»Sie nehmen dich als Geisel«, meinte David.
»Da hast du recht.«
Es war, als würde sich Davids bereits totes Herz noch einmal extra zusammenziehen, als Damon aus dem Schatten trat. Erst musterte er ihn einige Sekunden ungläubig, dann lachte er lauthals auf.
»Du verfickter Mistkerl!«
»Du hast uns verraten«, stellte Jeremy fassungslos fest.
Damon breitete lachend die Arme aus. »Der Alpha ist mein Vater. Ihn zu verraten, wäre unmöglich gewesen - euch stattdessen war mir eine Freude.«
»Fick dich, Damon!«, spie David aus.
»Na, na, na. Behalten wir doch unsere Höflichkeit.«
»Ich dachte, der Zauber hält uns versteckt«, meinte Jeremy.
»Jeder Zauber hat irgendwann sein Ende. Immer das Schwarzgedruckte lesen.« Damon zwinkerte schelmisch.
»Wenn ich hier rauskomme«, sagte David, »bring ich dich um.«
»Gut, gut, aber zuerst will dich der Alpha sehen.«

1403 Wörter

Damon ein abtrünniger Freund? Anscheinend schon xD

Lasst gerne eure Meinung da ❤

Ich wünsche Frohe Weihnachten 🎄🎅

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