•70• Gefühle? (Merrit)

Unruhig tigerte ich durch mein Anwesen.
Irgendwas machte mich nervös, doch ich hatte absolut keine Ahnung was es war.
Es fühlte sich wie ein elektrisierendes Kribbeln auf der Haut an und schien mich warnen wollen, vor was auch immer.

Während ich meine Hand um ein Glas gefüllt mit Blut der Gruppe 0 negativ verkrampft hatte lief ich mit strammen aber geschmeidigen Schritten in mein reichlich möblierten Wohnbereich.

Perplex hielt ich mitten in meiner Bewegung dann aber inne als ich die Person erblickte, die es sich auf meiner großen Couch bequem gemacht und die Füße auf den dunklen Beistelltisch abgelegt hatte.
Deswegen fühlte ich mich also so unruhig.
Mein Körper wollte mich vor einer potentiellen Gefahr warnen, die diese Person auf meiner Couch unter anderen Umständen durchaus für mich darstellen würde.

Ein ehrliches Lächeln zierte meine Lippen.
Diese Person die da auf der Couch saß war die einzige die ich irgendwie mochte.
Oder wenigstens duldete und nicht verabscheute.

Mit eleganten Schritten näherte ich mich dieser Person und blieb vor ihr stehen.
»Und?« Fragte ich. 
Mein Gegenüber grinste schief und entblößte ein Paar verdammt scharfer Reißzähne.
»Du hattest recht.« Würde man zum aller ersten Mal diese dunkle Stimme von ihrem Besitzer wahr nehmen, wäre man ziemlich überrascht, denn sie passte nicht ganz zum Rest des Erscheinungsbildes meines Gesprächspartners.
Er war groß, aber sehr schlank gebaut und man würde nicht davon ausgehen dass seine Stimme sich so anhörte wie sie es nun mal tut.

Ich grinste und nippte an meinem Glas.
»Das war mir schon klar. Wenn der Junge gut schmeckt, tut es der Rest in Normalfall auch.«
Ich ließ mich neben meinem Gast auf die Couch fallen.
»Das stimmt wohl. Aber dennoch bin ich überrascht dass du wolltest, dass ich das mache. Obwohl du ja weißt, dass das sonst eigentlich nicht so... mein Geschmack ist.« Ich lachte kurz auf.
»Ach weißt du... Weil es vorhersehbar wäre, wenn ich es getan hätte und ich habe mir gedacht dass du da eine Ausnahme machen würdest.« Mein Sitznachbar nickte.
»Ich denke dir! Dennoch hoffe ich sehr, dass ich in Zukunft das trinken kann was meinem Geschmack etwas näher kommt.« Ich schmunzelte.
»Bestimmt... Schließlich habe ich dich ja nicht einfach so dahin geschickt. Es hatte schon seine guten Gründe!« Mein Gesprächspartner war so klug nicht weiter nachzufragen, denn er wusste dass er keine Antwort bekommen würde.
Ich behielt meine Pläne immer für mich, auch das wusste er und machte mich etwas stolz, was eigentlich unbegründet war.

Ich hatte den Vampir geschaffen und das auf einer anderen Art als alle andere Vampire einen ihresgleichen schufen.
Ich hatte den Vampir gezüchtet.
Es hatte einige Jahrzehnte gedauert, aber letztendlich hatte ich es geschafft.
Ich hatte ihn an mich gebunden.
Er war mir verfallen und würde keine meiner Wünsche und Forderungen ausschlagen.
Er gehörte ganz und gar mir.
Er war mein Joker.
Und niemand wusste von seiner Existenz.

Na ja, das dachte ich zumindest bis jetzt.
»Aber es gibt ein Problem...« Überrascht zog ich eine Augenbraue hoch.
»Ach ja!? Und was für eins?« Mein Gesprächspartner wirkte plötzlich ungewöhnlich nervös, so kannte ich ihn gar nicht.
»Was ist los?« Verlangte ich zu wissen.
»Es ist so... Ihr Ältester hatte eine Waffe...« Wurde mir langsam offenbart.
»Jaa?« Verlangte ich daraufhin aber nach mehr.
»Nun ja... Er hat auf mich geschossen. Drei mal sogar. Tat verdammt weh und ich musste daraufhin verschwinden, da ich nicht wusste ob die Schüsse für die anderen zu hören waren.« Meine Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Es hört sich stark danach an dass das noch nicht alles ist.« Knurrte ich.
»Ja... Er war nämlich noch nicht tot als ich das Haus verließ.«
Ich verschluckte mich an dem Blut als ich gerade an meinem Glas nippte.
»WAS?!« Mein Gesprächspartner zog den Kopf eingeschüchtert ein, was ich ziemlich amüsant fand.
Schließlich war er aufgrund seines speziellen Ernährungsplans um einiges stärker als ich, obwohl er fast drei Jahrhunderte jünger war als ich.

Ich sprang von der Couch auf.
»Wie konntest du ihn am Leben lassen?!« Fauchte ich und lief abgeregt auf und ab.
»Es war ja nicht mit Absicht.« Versuchte sich derjenige auf meiner Couch zu erklären, doch ich schnaubte verächtlich.
»Außerdem wird er nicht lange am Leben geblieben sein. Ich habe ihm ziemlich zugesetzt und bis jemand dort eintreffen wird ist er längst durch die Folgen des durch mir verschuldeten hohen Blutverlusts gestorben sein.« Ich dachte nach...
»Ich hoffe sehr, dass du recht hast. Es wäre nämlich nicht gerade zu unserem Vorteil wenn jemand von deiner Existenz erfahren würde.« Erklärte ich.

Der Vampir sah mir dann auf einmal in meine eisblauen Augen.
»Ich danke dir, Merrit. Für alles was du für mich getan hast!« Seine dunkle Stimme klang sehr lieblich und sanft als diese Worte seine Lippen verließen.
Niemand wäre jetzt auf den Gedanken gekommen dass der Mann vor mir ein verdammtes Monster in der Gestalt eines Menschen war.
Selbst, oder gerade andere Vampire würden ihn als ein Monster sehen und nicht als den ersten Fortschritt der Welteroberung.
Gäbe es mehr wie ihn wäre es ein leichtes für uns die Menschen in ihre Schranken zu weisen und ihnen vor Augen zu führen, dass sie nur deswegen leben dürfen, weil sie uns als Nahrung dienen und wir es ihnen gestatten zu leben.

Aber bis erkannt wird was ich großartiges geplant und ermöglicht habe wird es bestimmt nicht mehr ganz so lange dauern.
Bis dahin musste ich einfach dafür sorgen dass meine Schöpfung das tat was ich ihr befahl auch wenn es ihr nicht immer gefiel.

Auch wenn ich das tief in meinem Inneren nicht ganz gut hieß war es mir aber im Großen und Ganzen ziemlich egal was meinem Zögling gefiel und was nicht.
Er war Dank mir am Leben und sollte auch gefälligst das machen was ich von ihm verlangte!
Wenn ich von ihm wollte dass er sich wie die anderen Vampire verhielt, sollte er es machen.
Auch wenn ich zu Beginn dafür gesorgt hatte, dass er das in Zukunft ganz und gar nicht mehr toll fand.

»Aber weißt du was...« Fing mein Gegenüber dann nach anhaltender Stille an.
»Da war dieser Geruch... Er war so köstlich und er heftete überall. Zuerst dachte ich der Geruch kam von einem der Menschen dort... Aber der Geschmack ihres Blutes stimmte nicht mit dem Geruch überein!« Ich grinste.
»Ich weiß... Es war SEIN Geruch. Und so wie er riecht schmeckt auch sein Blut!« Offenbarte ich.
»Es schmeckt himmlisch. Wenn du Glück hast und ich dir war übrig lassen bekommst du es auch irgendwann mal zu kosten.« Schwärmte ich.

Ich setzte mich breitbeinig auf den Schoß des anderen Vampirs, was er mit glänzenden Augen genoss.
Dann legte ich mit einem gehässigen Grinsen meine Arme um seinen Hals.
»Soll ich dir mal was ganz tolles sagen? Du gehörst mir! Ich kann mit dir tun und lassen was ich will und du machst ganz genau das was ich dir sage und mir ist ganz egal was du davon hältst. Dein Leben gehört mir!« Schnurrte ich vergnügt und komischerweise spürte ich das ungewohnte und seltene Gefühl der Verzweiflung in meinem Inneren als sich das fröhliche Glänzen in den Augen des Vampirs in Enttäuschung umwandelte.
Wieso konnte ich nichts fühlen?
Wieso konnte ich nicht für jemanden das empfinden was der Vampir für mich empfand?
Wieso konnte ich keine wirklichen Gefühle der Zuneigung für ein anderes Individuum empfinden?
Wieso konnte ich nicht... Lieben?

Ich wusste, dass in meinem Blick ein leichter Glanz der Verzweiflung lag, als ich in die verschieden farbigen Augen des Vampirs vor mir sah.  

Mit diesem kurzen Kapitel wollte ich für einen kleinen Gefühlschaos sorgen und einen verdammt kleinen Einblick in Merrit's Person gewähren.
Ja ja, ich weiß - ist nicht so doll gelaufen wie ich es gerne hätte.
Aber trotzdem existiert dieses Kapitel jetzt und es wird auch hier bleiben.

LG Ju ★
~1298~ Wörter

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