13「Sehyoon」

"Beruhige dich, Sehyoon. Du kannst es nicht ändern.", sprach Donghun beruhigend auf mich ein, doch beruhigen konnte ich mich nicht mehr.
Tränen liefen über meine Wangen, verschleierten meine Sicht. Ich hatte Byeongkwan verloren.
Meine Hände zitterten. Der Mensch, der mir Alles bedeutete. 
Das Atmen tat weh. Was hatte ich falsch gemacht?
Donghuns Worte drangen nicht mehr zu mir durch. Wann hatte es angefangen?
Ich spürte seinen Griff an meinen Oberarmen. Hatte ich Fehler gemacht?
Mein Körper zitterte. Ich hätte es verhindern können.
Ein stechender Schmerz breitete sich in meinem Kopf aus. Irgendwie.
Ich schloss die Augen. Es gab sicher einen Weg.
Wir waren doch eine Familie.
Hatte er das je so gesehen?
Nachdem seine eigene Familie ihn so im Stich gelassen hatte?
Hatte er uns nun durch Einheit V ersetzt?
Bedeuteten ihm all die Jahre nichts mehr?

Das starke Gefühl von Übelkeit holte mich in die Realität zurück. Donghun hockte vor mir, redete auf mich ein, stoppte, als er sah, dass ich ihn ansah. ich presste meinen Handrücken gegen meine Lippen, kroch zur Toilette und spuckte hinein. Ein widerlicher Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. 
"Jun, bring uns bitte eine Wasserflasche hoch!", rief Donghun nun, es dauerte nicht lange, bis der Braunhaarige mit einer großen Wasserflasche nach oben gestürmt kam. "Brauchst du Hilfe?", fragte er mit einem besorgten Blick auf mich, den ich gar nicht mitbekam. Donghun verneinte, worauf Jun jedoch antwortete: "Wenn du irgendetwas brauchst, dann ruf mich.". 
Donghun flüsterte ihm etwas zu, daraufhin verließ der Braunhaarige das Badezimmer und ließ und alleine, was mir in diesem Moment ehrlich gesagt auch ganz Recht war. Der Ältere gab mir die Wasserflasche, welche ich mit einem knappen Nicken annahm und öffnete. Donghun sah mich mit einem mehr als besorgten Blick an. Er hatte mich noch nie so gesehen, tatsächlich wusste ich nicht einmal ob ich jemals annähernd so am Ende war, wie jetzt. 

Nach einigen Augenblicken, in denen ich tief durchatmen und mich beruhigen konnte, erhob Donghun wieder die Stimme. "Etwas besser?", fragte er, ich bestätigte es mit einem Nicken, fuhr mir durch die weiß gefärbten Haare. "Gut, dann erzähl mir, was in deinem Kopf vorgeht. Es ist egal, ob irgendwas keinen Sinn macht, sag mir einfach, was du denkst und fühlst."
Ich sah ihn an, sein Blick ruhte auf mir, abwartend, jedoch nicht bedrängend. 

"Es tut einfach verdammt weh, den Menschen zu verlieren, den man am meisten liebt. Ich frage mich, was ich hätte Besser machen können, welche Fehler ich hätte vermeiden können, oder ob er irgendwelche Anzeichen gemacht hat, dass es soweit kommen würde. Ich frage mich, ob ihm die ganzen Jahre nichts mehr bedeuten, ob er uns jemals als Familie gesehen hat, oder mich geliebt hat. Ich weiß nicht einmal, wann er angefangen hat, Hanse so sehr zu vertrauen, dass er mich dafür in Japan angelogen und ohne zu zögern verlassen hat. Er hat sich nun offiziell gegen mich entschieden, ich habe gesehen, wie er und Hanse... naja rumgeknutscht haben. Ich weiß nicht, was Hanse ihm geben kann, was ich nicht kann, ich war immer für ihn da, und auf einmal hat er mir den Rücken zugekehrt. Ich wünschte nur, ich hätte mich mehr angestrengt."

Das fasste wohl so ziemlich das zusammen, was in mir vorging. 
"Bist du sauer auf dich selbst, weil du denkst, du hast nicht genug gegeben?", fragte er. "Schon, ja." 
"Kannst du ändern, was passiert ist?", war Donghuns nächste Frage. "Die Vergangenheit kann ich nicht ändern, ich wünschte, ich könnte es.", antwortete ich nun. Was sollten diese Fragen?
"Gut, komm mit.", sagte er, stand auf, zog auch mich auf die Füße und ging zur Treppe. Dort drehte er sich noch einmal um, sah mich an. "Vertrau mir, vielleicht hilft es dir.". 

Nachdem ich mich also überwunden hatte, dem Älteren zu folgen, gingen wir die Treppe herunter, dann in den Keller. Dort kam Jun uns entgegen, sagte, dass irgendetwas fertig sei. Abrupt stoppte ich. Die wollten mich jetzt nicht- "Keine Sorge, es ist nicht das, was du denkst, komm einfach.", sagte Donghun an mich gewandt. 
Im Sicherheitsraum angekommen, wusste ich, weshalb Donghun mich hergebracht hatte. Mitten im Raum hing von der Decke ein Box Sack, den Jun wohl eben dort platziert hatte. 

Fragend sah ich Donghun an. Wie ein Box Sack mir helfen sollte, meine Fragen zu beantworten, verstand ich nicht wirklich, doch Donghun schien mich auch nicht länger auf die Folter spannen zu wollen. "Ich gebe dir fünf Minuten. Schlag auf den da ein, schrei dir die Seele aus dem Leib, sei wütend, frustriert, traurig. Du hast fünf Minuten, um zu bereuen, was du jetzt nicht mehr ändern kannst. Du kannst alles tun, solange du dir nicht selbst schadest, nach diesen fünf Minuten reden wir weiter.", erklärte er. Verstehe, ich sollte mich auspowern, meine Emotionen rauslassen. Warum nicht, was sollte schon schief gehen?

Ich atmete also tief durch, platzierte meine Füße so, wie man mir es in der Mittelschule in einem Kampfsport Kurs gezeigt hatte, oder zumindest so ähnlich. Donghun stellte sich hinter den Box Sack, damit dieser durch meine Schläge nicht zu sehr ins Schwingen geriet. Ein letztes Mal atmete ich durch, bevor ich anfing, auf den Sack einzuschlagen. 
Bereits nach kurzer  Zeit wurden meine Schläge schneller und stärker, ich spürte mehr Kraft in meinem Körper zirkulieren, Donghun stand nun als Vampir da, um meiner Kraft ebenbürtig zu sein. Meine eigene Verwandlung passierte wohl automatisch. Die Geschehnisse der letzten Tage und Wochen, wenn nicht sogar Monate kreisten in meinem Kopf, die Frage "Warum habe ich nicht anders gehandelt?" und die damit verbundenen Schuldgefühle. Hanses Gestalt, die ich deutlich vor mir sah. War es seine Schuld? Oder meine? Weiter schlug ich auf den Sack ein, mein Atem ging schnell und stoßweise. 

"Die Zeit ist um, Sehyoon.", stoppte der Schwarzhaarige mich, noch immer als Vampir. Ich hielt inne, starrte einen Moment auf den demolierten Sack, trat einen Schritt zurück und versuchte, meine Atmung zu normalisieren. Donghun wartete einen Moment, sah mich aus nun wieder ruhigen, braunen Augen an. 
"Und jetzt merk dir genau, was ich sage. Du kannst nicht mehr ändern, was passiert ist. Du warst wütend auf dich, hattest Schuldgefühle, und jetzt ist wieder Zeit, nach vorne zu schauen, und zu überlegen, was wir jetzt machen."

Mit großen Augen sah ich ihn an. "Aber ich kann nicht einfach weiter machen und so tun als wäre nichts gewesen."
"Das habe ich auch nicht gesagt, ich will auch nicht, dass du so tust als wäre nichts gewesen. Ich möchte, dass du akzeptierst, dass es jetzt keinen Weg gibt um das zu ändern, was passiert ist. Es bringt nichts, in Schuldgefühlen zu versinken, oder wütend auf dich selbst zu sein. Das musst du dir merken."
Ich nickte zögerlich und Donghun fing an zu lächeln. "Egal welche Probleme einer von euch hat, wir finden immer einen Weg, und niemand hier muss irgendetwas alleine durchmachen."
Er ging an mir vorbei, wuschelte mir durch die Haare, drehte sich dann noch einmal zu mir um. 

"Immerhin sind wir eine Familie."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top