VIERUNDVIERZIG

Heute gibt es ein eeeextraaaalaaaanges Kapitel. Eigentlich wollte ich es teilen, aber ich war unschlüssig wo. Logische Konsequenz: es bleibt wie es ist und ihr habt einfach länger Spaß beim Lesen!
Habt ein schönes Wochende und bleibt gesund, munter, immer gut drauf und... genau: viel Spaß mit Anna und Ian!


Ian hatte mir kein Wort verraten, wohin unser Ausflug ging. Er hatte nur gesagt, es könnte kühl werden und ich solle einen seiner Hoodies mitnehmen. Dieser lag zusammengefaltet auf meinen Knien. Marineblau und weich. Am liebsten hätte ich damit gekuschelt und diesen Duft nach Rauch und Ian eingesaugt, der auch aus meiner über dem Ofen getrockneten Kleidung aufstieg.

Fast nicht zu glauben, dass ich neben Ian auf einem butterweichen Beifahrersitz fläzte und hoffte, unser Ausflug war dieses schlechte Gewissen wert. Es verknotete gerade meine Innereien bis mir schlecht wurde. Seit der High-School hatte ich diese Besorgnis, die man empfand, wenn man etwas absolut zu hundert Prozent Falsches tat, nicht mehr gespürt und ich konnte nicht behaupten, die Angst erwischt zu werden, hätte mir gefehlt.

Was ist falsch daran, wenn ich dich noch ein paar Stunden nur für mich will?

Alles. Und nichts.

Aber das hatte ich nicht gesagt, sondern im Stillen beschlossen, das Gleiche zu wollen: eine hauchdünne Scheibe vom großen Glückskuchen abschneiden. Diese Scheibe war so dünn, dass ich durch sie hindurchblicken konnte wie durch einen Schleier. Was ich dahinter sah, gefiel mir nicht. Ich wollte keines dieser Mädchen sein, wie es sie an jeder Ecke gab. Ich wollte nach Nora nicht die nächste Kerbe an Ians Bettpfosten sein. Dennoch saß ich in dem Mercedes, von dem ich inzwischen glaubte, dass er Ian nicht wirklich gehörte, sondern seinem Onkel.

Ian räusperte sich neben mir.

„Wir sind bald da", behauptete er. Er klang aufgeregt und steckte mich damit ein bisschen an.

Wir waren fast eineinhalb Stunden unterwegs. In südwestlicher Richtung. Ich hatte eine Vorstellung, wohin wir gefahren sein könnten, gleichzeitig wagte ich es nicht, zu hoffen. Aus Angst enttäuscht zu werden.

Wir passierten ein Ortsschild, das mir nichts sagte, dann ein weiteres.

„Du musst aus dem Fenster sehen, Anna. Vielleicht erkennst du es dann schon. Dort vorne irgendwo. Man sieht es nur sehr kurz. Vielleicht ist es aber auch zu diesig heute."

Oder meine Augen waren zu schlecht. In der Richtung in die Ian deutete, entdeckte ich nichts als ein grau in grau aus wolkenverhangenem Himmel und einer im Dunst verschwindenden Landschaft.

Ian spürte meine Enttäuschung. Er löste seine Rechte vom Lenkrad, und legte sie auf mein Knie. Vorsichtig drückte er meinen Oberschenkel. Er grinste schief. Mein Herz flatterte wie ein panischer Vogel. Die Enttäuschung wurde von Aufregung verdrängt.

Ein paar Minuten später bog er auf eine leicht abschüssige Straße ab, deren Asphalt so dunkel war, dass er fast schwarz wirkte. Kleine bunt verputzte Häuser kuschelten sich in flauschige grüne Grasdecken. Dann endete die Straße abrupt an einem Sandwall, der von Gras bewachsen war. Ian stellte den Motor ab, öffnete er die Tür. Und nun konnte ich es hören. Konnte es über den Duft nach Reiniger im Inneren des Autos auch riechen.

Schwer und salzig lag der Geruch des Meeres in der Luft und untermalte das Heranrollen der Wellen. Tränen stiegen mir in die Augen. Ian war beinahe zwei Stunden Auto gefahren. Ans Meer. Ohne zu ahnen, wie sehr ich das Meer liebte. Wie sehr ich das beruhigende Rauschen der Wellen vermisste. Wie sehr mir der Wind fehlte, der mit ungezähmter Kraft alles fortwehte, das mich bedrückte. Eine Träne kullerte über meine Wange. Ohne Ian hätte ich noch verdammt lange auf das Meer verzichten müssen. Für solch einen Ausflug fehlte mir das nötige Kleingeld. Einen Führerschein hatte ich auch nicht. Der Ozean wäre unerreichbar gewesen. Wie Ian. Und trotzdem war ich hier. Mit ihm.

Verrückter Scheiß!

Ians Beispiel folgend stieg ich aus und folgte ihm über die Kuppe des Walls, der den Parkplatz umgibt. Unauffällig wischte ich die verirrten Tränen aus dem Gesicht, bevor der Wind sie trocknete und Salzränder zurückblieben, die Ian auffallen konnten.

Fröstelnd schlüpfte ich in Ians Pulli. Wie er vorausgesagt hatte, war es kühl. Ein steifer Wind wehte vom Meer her und das Wasser war noch aufgewühlt vom gestrigen Unwetter. Schätzungsweise passte es damit gut zu mir und meinen Emotionen. Weiße Schaumkronen schmückten die Wellen, die an Land rollten und weit über den Sand spülten. Dieses Meer war anders, als ich es gewohnt war. Es war grau.

Schwer.

Wild.

Überspülte mit unbändiger Kraft ein ums andere Mal die Mole, die es bändigen sollte mit Brechern.

Ian griff nach meiner Hand.

„Es ist nicht ganz Irland. Aber ich dachte, es gefällt dir vielleicht trotzdem."

Ohne mich anzusehen, starrte er geradeaus über das Meer. Seine Stimme klang viel angespannter, als sein wehmütiger Blick es vermuten ließ.

„Es ist wunderschön."

Noch immer hielt er meine Hand und ich zog ungeduldig daran, damit wir zum Strand hinunter gingen. Ich wollte den Sand unter den Fußsohlen fühlen und ließ mich auf halbem Wege fallen. Der Sand war an der Oberfläche noch wie erstarrt vom Regen, die Tropfen in die Körnchen geprägt, gefangen in ihrer Form, bis der Wind es mit seiner Kraft schaffte, den Verbund aufzulockern.

Während ich meine Schnürsenkel öffnete, blies der Wind mir immer wieder meine Locken ins Gesicht, die mir die Sicht nahmen. Als ich aufstand, stellte ich fest, dass Ian sehr nahe neben mir stand. So nahe, dass ich wie der Sand erstarrte.

Ian legte seine Hände um meine Wangen, hielt mir so die Haare aus dem Gesicht. Einen Moment musterte er mich nur aus seinen sturmgrauen Augen, die dem Meer und dem dunstigen Himmel so ähnlich waren. Die Welt blieb stehen, mein Atem stockte. Seit gestern hatte er mich nicht mehr geküsst. Also nicht richtig. Die Küsse im Nacken zählten nicht, fand ich.

„Anna", wisperte er leise und erwartungsvoll sah ich ihn an, wartete, ob er weiterredete. Stattdessen küsste er mich.

Seine Lippen auf meinen waren kein bisschen sanft. Hungrig saugte er meine Unterlippe zwischen seine, grub seine Zähne hinein und zupfte daran, bis ich seiner Forderung nachgab. Stöhnend tauchte er seine Zunge in meinen Mund. Ein bisschen so, als würde er mich verschlingen wollen. Und ich war mehr als bereit, mich verschlingen zu lassen. Meine Arme um seinen Hals zu legen, fühlte sich selbstverständlich an und während Ian seinen Kuss intensivierte, mich eng an sich zog, wallten lustvolle Gefühle in mir auf. Ein ungestillter Hunger, nagte an mir und wollte befriedigt werden. Am liebsten hätte ich an Ort und Stelle meine Kleider abgeworfen und Ian in den Sand hinuntergezogen. Plötzlich wünschte ich mir, eine andere zu sein. Eine wirklich mutige, hemmungslose Version meiner selbst. Eine mit mehr Erfahrung, die sich traute, mit Ian zu schlafen, weil es das war, was sie wollte. Selbst wenn ich es schaffen konnte, meine Kleidung abzustreifen, ohne vor Scham im Erdboden zu versinken, konnte ich danach nicht raus aus meiner Haut. Mit Nora und der Art, wie sie sich in der Bibliothek an Ian gedrückt und gerieben hatte, konnte ich nie mithalten.

Ian unterbrach den Kuss und sein Daumen strich meinen Kiefer entlang.

„Willst du ein bisschen spazieren gehen?" Sein Lächeln war zurückgekehrt und wärmte mich wie ein Sonnenstrahl, seine Stimme kaum lauter als das Tosen der Wellen.

„Okay", sagte ich und er grinste mich schief an. Ich könnte schwören, er konnte aus diesem einen Wort all meine Ängste und Zweifel heraushören, die ich mühsam zu verbergen versuchte.

Seine warmen Finger umgriffen meine Hand, in die andere nahm ich meine Schuhe und so spazierten wir eine Weile über den feucht-kalten Sand. Immer wieder umspülten Wellen meine Knöchel und fühlten sich auf meinen vom Wind ausgekühlten Füßen unlogisch warm an. Offensichtlich war meine Wahrnehmung heute etwas verzerrt und ein gewisser augenblicklich ungewohnt schweigsamer Typ mit irischen Wurzeln und grauen Augen war daran nicht unbeteiligt.

An einer Hot Dog Bude blieben wir schließlich stehen.

„Hey, Ian", begrüßte der eher korpulente Verkäufer uns. Er war etwa im selben Alter wie wir. Warum er Ian kannte, wo wir beinahe zwei Stunden von zu Hause entfernt waren, ging nicht in meinen Kopf. Still beobachtete ich die beiden, wie sie ein paar belanglose Worte über das Wetter, den Verkehr wechselten, dann fragte mich Ian, was ich gerne essen wollte und gab unsere Bestellung auf. Anschließend setzten wir uns auf eine Bank, die neben der Bude an der Promenade stand und ließen uns die heißen Würstchen in den süßlichen Semmeln schmecken.

„Woher kennt ihr Euch?", erkundigte ich mich bei Ian. Er wusste sofort, wen ich meinte. Sein Gesichtsausdruck verriet ihn. Trotzdem zögerte er mit der Antwort und als er sagte: „Ich hatte mal kurz ein Ding mit seiner Schwester am laufen", war ich überrascht, wie verlegen er klang.

„Blöd, bei einem Date mit dir, ausgerechnet ihren Bruder zu treffen."

Beinahe verschluckte ich mich. Ian sah das hier als...

„Date?", fragte ich dümmlich. „Sicher, dass ich nach dem Sommer nicht auch nur eine von denen bin, mit denen du was laufen hattest?"

Shit. Nicht meine Sternstunde, wenn ich sowas frage!

Aber Ian lachte nur über meine Bedenken und schüttelte den Kopf.

„Ich weiß, dass zwischen uns in absehbarer Zeit nur die Hälfte von dem laufen wird, was sie und ich angestellt haben. So bist du nicht, Rotschopf."

„Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Kompliment oder eine Beleidigung ist", gab ich kauend zurück. Wieder lachte er.

„Es ist eine Feststellung. Du bist keine, die sich mal eben ficken lässt. Zumindest nicht, wenn du nüchtern bist."

Er zwinkerte mir zu, mit diesem wissenden Lächeln, das mich verrückt machte und sofort lief ich rot an, bei dem Gedanken an mein Benehmen im Club. Jetzt oder nie. Wenn ich die Lücken schließen wollte, dann musste ich die Gelegenheit beim Schopf packen.

„An dem Abend... habe ich da... habe ich mich da ... danebenbenommen?"

Unschuldig sah er mich an.

„Du meinst abgesehen davon, dass du stockbesoffen einem Fremden auf den Schoß gekrabbelt bist?" Seine fragend gehobene Augenbraue berührte fast seinen Haaransatz. Peinlich. Aber zumindest bekam ich ein Nicken zu Wege.

„Ein Gentleman schweigt und genießt, Anna", sagte er.

Unfroh schnaube ich. Das klang nicht so unschuldig, wie ich es mir erhofft hatte. Sicher, ob ich alles wissen will, war ich plötzlich auch nicht mehr.

„Du hast meinen Zustand also ausgenutzt?"

„Dass du bewusstlos auf meinem Boden lagst und ich es mit dir hätte treiben können? Nein, das habe ich nicht ausgenutzt, Anna."

Das hätte beruhigend geklungen, hätte er nicht das Gesicht in den Händen verborgen.

„Was?", fragte ich alarmiert und er sah hoch. Sein Blick gefiel mir überraschenderweise, denn er glühte auf meiner Haut. Dass ich der Anlass für dieses dunkle Verlangen in den grauen Tiefen sein könnte, war aufregend. Gleichzeitig war ich sicher, dass ich an dem Abend Mist gebaut hatte.

„Tut mir leid, falls ich dich belästigt habe uns aufdringlich war", entschuldigte ich mich leise.

Er streckte eine Hand aus.

„Nein, Anna, du verstehst nicht. Mir tut es leid. Du warst betrunken. Aber ich nicht. Und es könnte sein..."

Er rieb sich das Kinn.

„Es könnte sein, dass ich dich zu ein paar Dummheiten verleitet habe. An dem Abend, da hatte es sich angefühlt, als sei es okay und... ich dachte, du würdest dabei auch auf deine Kosten kommen. Nur wenn du dich jetzt an gar nichts erinnerst... dann war das, was da zwischen uns lief, vielleicht ein bisschen... drüber."

Der lange Monolog seinerseits war nicht beruhigend. Im Gegenteil.

„Hatten wir Sex?", fragte ich gerade heraus. Dann lachte ich über mich selbst.

„Nein, oder? Du warst mit Nora zusammen. Ich passe nicht in dein Schema."

Er fuhr sich durch die Haare, ließ sich Zeit mit der Antwort.

„Nicht direkt Sex, Anna." Auf die Anspielung, dass ich nicht in seiner Liga spielte, ging er nicht mal ein.

„Ich check gar nichts!", murrte ich.

„Du hattest Bock auf Nutella-Brot und ich hab dir welches gemacht. Dann hatte ich Nutella am Finger, du hast ihn abgeleckt." Er zuckte mit den Schultern. „Das hat mich auf schmutzige Gedanken gebracht und..."

Langsam ahnte ich Schreckliches. Davis hatte es schon immer behauptet. Ich war wie ein verdammter Gremlin. Nur ein wenig anders. Alkohol nach Mitternacht war keine gute Idee. Scheiße. Alkohol war noch zu keinem Zeitpunkt eine gute Idee.

„Was versuchst du mir gerade zu sagen?"

Wieder fuhr Ian sich durch die Haare und hob eine Augenbraue, dann senkte er den Blick zu seinem Schoß.

Nein! Auf keinen Fall. Das hatte ich nicht getan. Noch nie. Im Leben nicht. Er verarschte mich. Aber er sah völlig ernst aus. Mein Magen begann zu rumoren, verknotete sich mit anderen Organen. Anna, kein Alkohol mehr.

Nie wieder!

„Okay, nur damit wir hier von der gleichen Sache reden. Du willst mir weismachen, ich hätte Nutella von deinem..." Ich konnte es gar nicht aussprechen. Er meinte sicher nicht seinen Bauch oder den Oberschenkel, sondern irgendwas dazwischen.

Langsam nickte er.

„Jepp, hast du."

Ich schluckte. Einmal. Dann nochmal. Das war mal eine Entwicklung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Ich war doch kein Pornostar! Was zur Hölle hatte ich mir dabei gedacht?

War nicht mehr zu ändern, stellte ich abwesend fest. Viele Frauen und Mädchen in Amerika taten das. Vielleicht gerade jetzt. Vermutlich sogar weltweit. Naja. Oder auch nicht. Es war halb zwei am Nachmittag und Nutella nicht jedermanns Geschmack. Und nicht jeder Typ so lüstern, dass er ein Mädchen nicht aufhielt!

„Ich war betrunken, Ian! Wie konntest du? Was hast du für eine Entschuldigung?"

„Du meine Güte, jetzt flipp nicht gleich aus! Es war nur ein Blow-Job! Das ist kein Drama. Ich hab dich weder vergewaltigt noch dazu gezwungen!"

„Nur? Nur ein Blow-Job? Verdammt! Was stimmt nicht mit dir?"

Tränen schossen in meine Augen. Mein erster Blow—Job und ich konnte mich nicht mal daran erinnern. Wütend sprang ich von der Bank und stürmte den Strand hinunter. Nur brachte mir das nichts und Ian wusste das. Ich ging nirgendwohin ohne ihn, denn er hatte den verfluchten Autoschlüssel und den Führerschein. Gemächlich schlenderte er hinter mir her, die Hände in den Hosentaschen. Er wirkte total entspannt und ich hatte tausend Bilder im Kopf, wie ihn erwürgte. Erdolchte. Schlug. Schüttelte. Ihn ertränkte.

Wie konnte er?

Wie konnte ich? Wenn ich das geahnt hätte! Bestimmt hätte ich heute Morgen keine Pfannkuchen gemacht. Schon gar nicht mit Nutella. Wobei meine Wirkung auf ihn nicht zu verachten war, so wie sein Körper am Herd reagiert hatte. Allzu blöd schien ich mich nicht angestellt zu haben.

Durchatmen, Anna.

Durchatmen!

Du musst nur cool bleiben!

Doch egal wie oft ich atmete- ich glaube ich hyperventiliere langsam- das brennende Schamgefühl blieb und als Ian mich am Auto einholt, will ich mich am liebsten im Sand vergraben gehen. Es war undenkbar ihm wieder in die Augen zu sehen. Irgendjemandem wieder in die Augen zu blicken!

Meine Stimme zitterte, als ich ihn bitte, mir das Auto zu öffnen und mich nach Hause zu fahren.

„Du willst also mal wieder weglaufen?"

Wütend drehte ich mich um.

„Was weißt du denn schon?", feuerte ich giftig. Er zuckte nur mit den Schultern.

„Ich studiere Psychologie, Anna. Und deine Reaktion bestätigt meine Vermutung. Ich verspreche dir, wir fahren nirgendwohin, bevor wir über die Sache gesprochen haben. Und darüber was sie bedeutet. Für dich. Für mich. Für uns."

„Für uns?" Ungläubig starrte ich ihn an. „Es gibt kein uns!"

„Ach nein? Das sehe ich aber anders, Rotschopf. Du hast mir einen geblasen. Ich finde, das ändert zwischen uns manches."

Er stützte seine Hände neben mir auf der Motorhaube ab. Dann streifte er meine Lippen mit seinen. Nur flüchtig, trotzdem wurden meine Knie weich und obwohl ich Angst hatte, den glänzenden Lack zu beschädigen, lehnte ich mich Halt suchend gegen den Wagen.

„Wovor hast du solche Angst, Anna?", raunte er. „Davor, dass ich dich verletzen werde? Das ist sogar sehr wahrscheinlich. Ich bin nicht der Typ für diese ernsten Sachen. Aber ich könnte es versuchen. Für dich. Für uns."

Vielleicht hatte ich ihn über meinen lauten Herzschlag falsch verstanden. Oder er hatte sich nicht genug Gedanken gemacht. Er war Ian. Beliebt und immer im Mittelpunkt. Ich war Anna. Kaputt und eine überzeugte Einsiedlerin.

„Und was ist mit den anderen?"

„Wenn du dir Sorgen um deinen Ruf machst, das versteh ich. Wir müssen es nicht gleich offiziell machen. Ich bin ab sofort dein kleines schmutziges Geheimnis und wir schauen, wie das mit uns klappt."

Bestimmt sah ich ihn völlig entgeistert an.

„Was? Nein! Das meinte ich nicht. Ich dachte eher wegen mir und der Brille und der Narbe und so."

Ian lachte.

„Ist mir egal, Anna. Ich hab genug Selbstvertrauen, um damit zurecht zu kommen."

„Aber ich nicht! Jeder würde uns anschauen und sich fragen, wieso du mit einer wie mir zusammen bist."

„Dann sollen sie sich fragen! Hauptsache ist, dass wir wissen warum."

Fragend zog ich eine Augenbraue hoch.

„Wissen wir es denn?"

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