55. Abreise

»Tiiiim! Timiii!«

»Was denn los, Kleiner?«

»Hast du meine Shorts eingepackt?«

Tim zog mich an sich.

»Keine Sorge, Dino. Es ist alles in der Tasche. Ich hab an alles gedacht. Und wenn etwas fehlt, dann kaufen wir es, okay? Mach dir keine Gedanken um sowas!«

Ich nickte, jedoch ging ich in Gedanken noch einmal die Liste der Sachen durch, die wir mitnehmen mussten. Kleidung, Badesachen. Shampoo, Duschgel, Deo, Zahnbürste und so einen Kram. Handy, Kamera und anderes Technikzeug mitsamt Ladekabeln. Papiere.

»Unsere Pässe hast du, oder?«, vergewisserte ich mich erneut. Im nächsten Moment spürte ich, wie Tims Hände sich zu beiden Seiten meines Gesichts legten und mich festhielten. Er war mir so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte.

»Stegi. Ganz ruhig. Ich habe alles. Vertrau mir.«

»Ich vertraue dir!«, protestierte ich, »Aber nicht mir. Ich vergesse ganz sicher irgendetwas!«

Tims tiefe und melodische Lache drang an meine Ohren.

»Komm her, Kleiner. Beruhig dich. Ich habe alles im Griff. Entspann dich einfach und lass mich machen.«

Mit diesen Worten zog er mich in seine beruhigende Umarmung und tatsächlich ließ ich mich etwas in die Ruhe fallen, die er verströmte.

»Danke«, murmelte ich leise, bevor ich mich zu meinem Freund hochstreckte, um ihn in einen Kuss zu verwickeln. Tim zog mich noch näher an sich. In diesem Moment hörte ich, wie die Tür hinter uns aufflog.

»Jungs, habt ihr... Naaaaaaaw!«, hörte ich meine Schwester sofort quietschen. Verschämt versenkte ich mein Gesicht in Tims T-Shirt.

»Okay, Jungs. So süß das auch ist und so gerne ich euch einfach weiter machen lassen würde... Das Taxi ist da.«

»Sind schon unterwegs«, hörte ich die tiefe Stimme meines Freundes grinsen.

Sanft löste Tim mich von sich und ignorierte dabei den Widerstand, den ich leistete. Ich versuchte, mich weiterhin an ihn zu klammern, jedoch vergeblich.

»Stegi, so gerne ich dich auch nie wieder loslassen würde, es geht nicht. Ich würde dich ja tragen, aber ich hab schon unsere Taschen. Jetzt komm.«

Murrend ließ ich ihn dann doch los und tatstete mich aus dem Zimmer auf den Flur. Tim folgte mir mit unserem Gepäck. Ich konnte hören, wie er fester als normal aufstampfte und leicht aus dem Schritt kam.

»Na, schwer?«, zog ich ihn auf, wofür ich nur ein Schnauben erntete.

»Du kannst deine Tasche gleich selber tragen!«, drohte er mir, aber ich konnte das Lächeln aus seiner Stimme hören.

»Würdest du nie machen«, behauptete ich.

»Stimmt.«, bestätigte Tim lachend. Meine Schwester unterbrach in diesem Moment unsere Kabbelei jäh:

»Jetzt kommt! Wir haben nicht ewig Zeit!«

»Schon gut. Wir sind schon fast unterwegs.«, beruhigte Tim sie lachend, während ich mir meine Jacke von der Garderobe angelte. Jacken. Tim hatte bestimmt nicht an eine zweite Jacke gedacht.

»Tim, hast du...«, setzte ich an, wurde jedoch sofort von ihm unterbrochen.

»Stegi!«, mahnte er mich streng und ich kauerte mich entschuldigend ein Stück zusammen. Sofort legte Tim seine Arme um mich.

»Ich hab an alles Gedacht, Kleiner. Beruhig dich, schalt einfach ab. ich kümmere mich um alles«, murmelte er beruhigend, Ich nickte zögerlich.

»Mach dir keine Gedanken jetzt mehr, okay?

»Okay«, gab ich nach. Tim schien mir jedoch nicht zu glauben.

»Versprochen?«

Ich grummelte etwas unverständliches vor mich hin, bevor ich ihm zähneknirschend antwortete:

»Versprochen.«

»Gott, Jungs. Was genau an ›Ihr verpasst euer Taxi‹ versteht ihr nicht? Ich nehme schonmal euer Zeug. Beeilt euch!«, mahnte meine Schwester in diesem Moment laut. Ich hörte, wie sie zu den Taschen ging, sie raschelnd anhob und im nächsten Moment wieder abstellte.

»Verdammt, sind die schwer!«, beschwerte sie sich lauthals, was Tim zum Lachen brachte.

»Lass nur, ich nehme sie schon.«, lenkte er ein, doch meine Schwester protestierte lautstark und begann, die Taschen die Treppen runter zu schleppen.

»Na dann komm, bevor sie uns noch die Köpfe einschlägt«, lachte Tim leise, nachdem sie außer Hörweite war. Ich lächelte, stemmte mich jedoch gegen seinen Griff, als er mich in Richtung Tür zog.

»Tim, Schuhe«, erinnerte ich ihm und deutete auf meine Socken, während ich mit den Zehen wackelte. Eine Sekunde später war Tims Berührung verschwunden, nur um kurz darauf wieder aufzutauchen. Ich spürte seine Hände an meinem Hintern und wie er mich schwungvoll hochhob.

»Hab ich«, erwiderte er, während er mit mir auf dem Arm aus der Tür trat und sie hinter sich ins Schloss zog. Ich konnte spüren, wie er mein Gewicht auf seinen Armen verlagerte und einhändig die Tür zusperrte. Lächelnd klammerte ich mich an ihn und ließ ihn auch nicht los, während er die Treppen hinunter zur Haustür ging. Erst als er mich direkt ins Taxi setzte und losließ, löste auch ich meinen Griff.

»Hier«, legte er mir meine Schuhe auf den Schoß.

»Na endlich«, hörte ich meine Schwester von schräg vorne kommentieren.

Während Tim sich neben mich auf die Rückbank setzte und mich, soweit es die Gurte zuließen an sich zog, gab sie dem Taxifahrer die Anweisung, zuerst zum Bahnhof und dann zum Flughafen zu fahren. Wir hatten sie nicht davon abbringen können, unser letztes Wochenende zuhause bei uns zu verbringen und jetzt würde sie mit dem Zog wieder zu meinen Eltern zurück fahren. Von ihnen und Tims Eltern hatten wir uns bereits am Freitag verabschiedet.

Keine zwei Stunden später haben wir meine Schwester am Bahnhof abgesetzt und ihre tausendfachen Beteuerungen, wie sehr sie uns in den nächsten Monaten vermissen würde überstanden, am Flughafen eingecheckt, wobei mir natürlich bei weitem nicht zu spät dran waren wie mir alle weismachen wollten, die Sicherheitskontrolle hinter uns gebracht und uns im Wartebereich einen Burger und Pommes geholt. Gerade saßen wir auf zwei der weniger bequemen Stuhl-Bänke die hier wie auf jedem Flughafen rumstanden, im Hintergrund lief die hundertste Durchsage seitdem wir hier waren und ich schmierte mir, an Tim gelehnt, fröhlich mit meinen Pommes Ketchup ins Gesicht. Ja, blind Pommes zu essen war eine Sauerei. Bei mir zumindest. Tim jedoch schien sich köstlich darüber zu amüsieren.

»Stegi!«, lachte er zum wiederholten Mal gerade, »Du müsstest dich Mal sehen.«

Ich richtete einen grimmigen Blick an ihn.

»Machs besser. Und gib mir lieber Mal eine Servierte anstatt dich hier über mich lustig zu machen.«, jammerte ich.

»Ohhhh... Armes kleines Stegi«, tat Tim nur auf mitleidig, im nächsten Moment spürte ich jedoch den dünnen Stoff einer Papierservierte in meiner Hand. Dankbar versuchte ich, mich von Essensresten zu befreien.

»Mund auf«, befahl Tim mir nur wenige Sekunden später und ohne groß nachzudenken gehorchte ich. Sofort schob er mir eine weitere Pommes zwischen die Zähne, die ich artig kaute. So fütterte Tim mich tatsächlich mit den ganzen restlichen Kartoffelstäben, während ich einfach nur grinste. Aber tatsächlich, er hatte Erfolg, kein einziges bisschen Ketchup oder Majo kam mehr an einen Ort, für den es nicht bestimmt war.«

»Siehst du, geht doch«, grinste Tim und ich konnte den Triumph aus seiner Stimme hören. Ich streckte ihm nur die Zunge raus, bevor ich Sekunden später seine Lippen kurz und sanft auf meinen spürte. Kurz darauf löste Tim sich wieder von mir.

»Das ist unsere Nummer«, meinte er nach kurzem Papierrascheln und ich war irritiert.

»Was?«, fragte ich unwissend.

»Wir wurden gerade zum Boarding gebeten.«, klärte mein Freund mich auf.

»Persönlich?«

»Jap. Mit unserer Nummer.«

Ich runzelte die Stirn.

»Tim, wieso werden wir persönlich zum Boarding gebeten? Wann hat das Boarding überhaupt angefangen?«

»Hat es nicht.«, klärte er mich auf, »Aber da du bei der Fluggesellschaft als blind vermerkt bist werden wir vorzeitig zum Boarding gebeten.«

Ich schnaubte ärgerlich. Ich war nicht doof und nicht hilflos, ich brauchte keine Sonderbehandlung. Natürlich merkte Tim meinen Ärger.

»Hey, Dino, sieh das nicht so ernst. Du musst das positiv betrachten. Du kriegst Vorteile, ohne sie wirklich zu brauchen. Ich wette, jeder von den anderen Passagieren, die jetzt noch in dieser lärmenden Halle warten müssen, beneidet dich gerade. Also komm.«

Ich nickte. Tim hatte recht.

»Danke.«, lächelte ich ihn lieb an.

»Ich hab dich so lieb, Kleiner«

»Ich dich auch, Tim. Ich liebe dich, Tim. Über alles.«

Erneut spürte ich seine Lippen leicht auf meiner Stirn, bevor er meine Hand nahm und hochzog. Automatisch griff ich neben mich nach dem Langstock, den ich aber nicht dabei hatte. Ja, ich hatte mich tatsächlich dank Tims regelmäßigen und unermüdlichen Mühen dazu aufgerafft, den Blindenstock immer bei mir zu tragen, sobald ich unsere Wohnung verließ. Doch heute reiste er mit unseren Reiserucksäcken zusammen im Bauch unseres Fliegers. Zwar wäre es mit viel Bürokratiekram gegangen, ihn durch die Sicherheitskontrolle zu bringen und im Handgepäck zu haben, aber ich hatte Tim. Und solange mein Freund an meiner Seite war brauchte ich keine andere Hilfe. Auch jetzt zog er mich wieder sicher durch die Menschenmassen und ich schaltete trotz des Trubels um uns herum etwas ab. Ich vertraute Tim im wahrsten Sinne des Wortes blind. Irgendwann blieb er stehen, wir wurden freundlich begrüßt und nachdem Tim mit viel Papiergeraschel unsere Tickets und meinen Blindenausweis hergezeigt hatte, wurden wir persönlich von einer Stewardess an unsere Plätze gebracht. Sie wünschte uns einen angenehmen Flug und war wieder verschwunden. Sofort kuschelte ich mich an Tim, der mich beschützerisch in seine Arme zog. Ich war glücklich. Glücklich wegen dem, was wir hatten und dem, was nun kommen würde. Tatsächlich standen wir kurz davor, einen meiner größten Träume zu erfüllen. In einer Stunde würden wir in der Luft sein, auf dem Weg nach Amerika, nur um uns dort ein Auto zu holen und einfach darauf los zu fahren. Einfach los, wohin der Weg uns führte. Amerika mit dem Auto bereisen, eine Art Abenteuer für sich. Nur Tim und ich, mein geliebter Tim und ich. Ab und zu vielleicht ein paar Dollar mit Saisonarbeit verdienen, aber ansonsten einfach nur das Leben genießen. Je, eines hatte ich in den letzten Monaten gelernt. Auch wenn ich blind war konnte ich das Leben immer noch genießen.

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Hayho, Leute!

Ja, das war das letzet reguläre Kapitel meiner Fanfiktion »Blindes Vertrauen ~ #Stexpert.

Danke an euch alle, die mir jemals ein Kommentar hinterlassen haben, besonders an cantdrownmydemxnsLoraklaasKleinStegiDschokoladenmaedchenWeniliaLiebtTimGleamOfLightsvioletthunterfcknmauzSabinekoeglKruemelwolfjasminbaerLujalawriterin UND ALLE ANDEREN, die regelmäßig kommentiert und meine Fragen beantwortet haben. Tut mir leid, wenn ich jemand vergessen habe. Natürlich auch an JuniesSky, ohne die ich nie bemerkt hätte, dass meine Fanfiktion unter den Top 100 der Kategorie ist...

Außerdem wollte ich noch einmal sagen, wie dankbar und stolz ich bin auf:

-Topplatzierung 70 in Fan-Fiktion

-10,7k Reads und

-1,6k Stimmen auf diese Geschichte sowie

-32 Follower

Ihr seid der Wahnsinn! Damit hätte ich niemals gerechnet. Danke!

Ich werde tatsächlich gerade etwas melancholisch, wenn ich daran denke, dass diese FF jetzt tatsächlich zu Ende ist. Es würde mich freuen, wenn zum krönenden Abschluss noch einmal ganz viele Empfehlungen/Kommentare hinzukämen.

Aber ich kann euch versprechen: GANZ vorbei ist es noch nicht!

Ich werde hier noch mindestens einen OS zu der Geschichte hochladen, voraussichtlich morgen oder übermorgen Abend sowie ein 20Words-Special Außerdem wollte die liebe Cups auch noch einen OS schreiben hierzu, den werde ich euch auf jeden Fall wenn er fertig ist auch noch verlinken bzw. ihn hier hochladen, das spreche ich dann mit ihr ab!

Also, ihr werdet auf jeden Fall von mir hören!

Ansonsten wird die Tage meine neue Geschichte online kommen, ebenfalls eine #Stexpert-Fanfiktion. Ich freue mich über jeden Leser, den ich dort wieder sehe!

Ansonsten Danke an alle, die bis hierhin gelesen haben. Ihr hättet in der Zeit genauso gut ein Buch mit um die 300 Seiten lesen können, so lang ist diese Fanfiktion nämlich in etwa geworden!

Danke, dass ihr dabei gewesen seid!

Liebe Grüße, minnicat3

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