35. #Stexpert ist real

Inzwischen waren drei Tage vergangen, seitdem ich mit Tim gesprochen hatte und es waren die drei glücklichsten Tage in meinem Leben gewesen. Am Anfang hatte ich Angst gehabt, dass das Verhältnis zwischen uns jetzt komisch und gezwungen werden würde, hatte nicht gewusst, wie ich mich verhalten sollte, doch Tim hatte sich einfach wie immer benommen. Also fast. Vielleicht nahm er mich inzwischen noch ein bisschen häufiger in den Arm als zuvor schon und wir küssten uns... Aber ansonsten war er immer noch der gleiche liebe Tim wie in den letzten Wochen. Der Tim, in den ich mich verliebt hatte. Und es war perfekt. Obwohl mir mit meiner Blindheit doch ein großer Teil meines Lebens genommen worden war, schaffte es Tim, mich zum glücklichsten Menschen dieser Welt zu machen. Tim. Mein Tim. Mein Freund. Immer noch begann alles in mir zu kribbeln, wenn ich diese Worte dachte. Mein Tim. Gerade lag ich mal wieder einfach nur im Bett, ich hatte die Wohnung seit meinem Einzug nur einmal verlassen, um zur Therapie zu gehen. Die Therapeutin war freundlich, ihrer Stimme nach noch recht jung und hatte es tatsächlich geschafft, dass die Stunde nicht ganz so schlimm war wie sonst. Ja, vielleicht würde ich mich da dran gewöhnen können.

Gerade war Tim im Wohnzimmer, ich hatte mich geweigert, um neun Uhr morgens schon aufzustehen, also lag ich nun seit zwei Stunden alleine in Tims Bett. Da mein Magen inzwischen aber verdächtig zu rumoren begann, beschloss ich, dass es nun tatsächlich an der Zeit war, aufzustehen und wälzte mich aus dem Bett. Schnell schnappte ich mir einen Pulli aus Tims Schrank, weil ich zu faul war, in mein eigenes Zimmer zu gehen. Da ich nur Boxershorts trug, zog ich ihn mir über, wobei es mich nicht im geringsten störte, dass ich regelrecht versank und gerade mal meine Fingerspitzen aus den Ärmeln schauten. Im Gegenteil, ich fand das cool, wer träumte nicht davon, die viel zu großen Klamotten seines Freundes anzuziehen, und außerdem war es gemütlich. Als ich mich durch den Flur zum Wohnzimmer tastete, hörte ich bereits Tims Stimme, die mit irgendwem zu sprechen schien. Stumm betrat ich den Raum und ging Tims Stimme zum Esstisch hin nach, bis ich direkt neben ihm stand.

»Morgen, Dino«, begrüßte er mich und ich spürte seine Hand in meinem Nacken, die mich zu sich runterzog, bevor er seine Lippen kurz auf meine legte. Er zog mich auf seinen Schoß und legte seine Arme um meine Hüfte.

»Mit wem redest du?«, fragte ich nach und drehte meinen Kopf in seine Richtung.

»Tobi und Palle sind gerade im Skype. Wart, ich mach laut. Jungs, Stegi hört mit.«

Der letzte Satz galt ganz eindeutig unseren Youtube-Freunden im TS und als Tim seine Kopfhörer ausstöpselte und stattdessen die Lautsprecherboxen einschaltete, hörte ich sofort die Beiden, die mich gerade fröhlich begrüßten.

»Moin, Stegi! Ich dachte schon, dich gibts gar nicht mehr und die anderen haben gelogen. Tut mir leid, dass ich letztens keine Zeit hatte fürs TS«, fing Paluten an, doch auch Tobi schien sich zu freuen, von mir zu hören:

»Hi, Stegobert«, begrüßte er mich.

»Hallo, Leute«, murmelte ich ungewohnt schüchtern.

»Ich hab gehört, dass bei euch eine #Stexpert-WG am Start ist?«

»Jup«, bestätigte Tim, »Stegi ist diese Woche bei mir eingezogen«

»Nice«, freute Palle sich, während Tobi nur anzüglich pfiff.

»Jo Leute, Veni und Smurf wollen auch gleich noch kommen. Hab ihnen grad geschrieben, dass Stegi hier ist und das wollen sie sich nicht entgehen lassen«, erklärte auf einmal Tobi. In mir verkrampfte sich etwas und Tim schien es zu bemerken, denn er drückte mich beruhigend etwas fester an sich.

»Mute uns mal«, flüsterte ich, anscheinend aber nicht leise genug, denn sofort begannen Tobi und Palle, Kommentare darauf abzugeben:

»Genau, Tim, mute euch doch mal«

»Huiuiui, gehts jetzt ab bei #Stexpert oder was?«

Ich spürte, wie ich schon wieder rot wurde, doch Tim schien es gelassen zu nehmen:

»Idioten. Sind gleich wieder da«, verkündete er seelenruhig, bevor er sowohl uns als auch die beiden Anderen mutete.

»Was ist los, Stegi?«, fragte er mich sofort.

»Was... Sollen wir es ihnen erzählen?«, erkundigte ich mich zögerlich, »also das mit uns. #Stexpert und so...«

»Wenn du willst gerne«

Ich überlegte kurz. Wollte ich? Eigentlich schon. Die Jungs waren sowohl meine besten Freunde, als auch Tims und sie hätten es verdient, es zu erfahren. Wahrscheinlich würden sie sich mit uns freuen. Ich atmete tief durch, bevor ich nickte.

»Ja. Erzählen wir es ihnen. Aber bitte erst, wenn Veni und Sturmi da sind.«

Sofort spürte ich Tims verständnisvolles Nicken.

»Okay. Kopf hoch, sie werden sich freuen. Soll ich uns wieder entmuten?«, versuchte er, mir Mut zuzusprechen. Ich nickte und keine zwei Sekunden darauf hörte ich wieder die Stimmen, die aus den Lautsprechern drangen. Gerade begrüßten alle, auch Smurf, Veni, der gerade hinzugekommen zu sein schien.

»Sind wieder da«, erklärte Tim, woraufhin jetzt Veni und Sturmi an der Reihe waren, uns zu begrüßen.

»Na, zu Ende rumgeturtelt, ihr zwei?«, fragte Smurf lachend und sofort verschnellerte sich mein Herzschlag. Wenn er nur gewusst hätte, wie richtig er doch eigentlich lag. Jetzt schien der perfekte Zeitpunkt gekommen, es anzusprechen und auch Tim schien so zu denken, denn schon ergriff er das Wort.

»Nee, mit turteln sind wir nie fertig. Nicht wahr, Süßer?«, flötete er übertrieben mir zu und ich stieg darauf ein:

»Natürlich, Schatz«, erwiderte ich grinsend.

»Was' jetzt los? Habt ihr auf einmal beschlossen, schwul zu werden oder was?«

»Korrekt«, bestätigte Tim nur, während ich verschämt meinen Kopf in seiner Schulter vergrub.

»Noch schwuler als sonst? Ihr seid doch eh schon das Traumpärchen für alle!«, lachte Tobi und auch die anderen stimmten mit ein.

»Glaubt ihr uns etwa nicht?«, grinste Tim hörbar und ich wäre am liebsten im Nichts verschwunden. Die Situation war mir einfach viel zu peinlich. Im Versuch, mich unsichtbar zu machen, zog ich die Kapuze des Hoodies, den ich Tim geklaut hatte, über meinen Kopf und verschwand so ganz darin.

»Sag mal, warum trägst du eigentlich meine Klamotten?«, empörte Tim sich gespielt und ich schüttelte bloß meinen Kopf, ohne das Gesicht aus seiner Schulter zu heben.

»Jungs, ihr solltet das mal sehen gerade. Mein kleiner Stegi schämt sich hier gerade zu Tode.«, lachte er und ich spürte leicht den Druck seiner Lippen über der Kapuze.

»Petze«, murmelte ich.

»Leeeeute, heut ist aber mal wirklich #Stexpert angesagt bei euch, oder?«, lachte Smurf.

»Ich sag euch doch, ab jetzt ist #Stexpert Programm«, bestätigte Tim, doch die Anderen schienen es immer noch nicht zu glauben.

»Jungs, gebt uns nochmal eine Minute, sind gleich wieder da«, lenkte Tim ein und mutete uns erneut.

»Kann ich die Kamera anmachen?«, flüsterte er mir sanft zu und zog mir die Kapuze vom Kopf.

»Die glauben uns sonst nie. Du musst dich ihnen nicht zeigen, bleib einfach, wie du bist und sei werden nichts sehen außer einen riesigen wandelnden Pulli.«, schlug er vor und ich willigte zögernd ein. Sanft zog er mir wieder die Kapuze über die Haare und ich vermummte mich erneut, bevor ich mich erneut an ihn kuschelte. Dann hörte ich die Stimmen der Anderen erneut.

»Leute, ich mach eben Kamera an.«, kündigte Tim hörbar grinsend an und auch mich erfüllte eine merkwürdige Mischung aus Vorfreude und Aufregung. Die Anderen bestätigten und erklärten, auch sie würden ihre Facecam anmachen.

»3...2...1«, murmelte Tim an mich gewandt, und ich spürte, wie er eine Hand von der Kamera nahm.

»Hi«, grinste er und den anderen schien es die Sprache verschlagen zu haben.

»Ihr verarscht uns, oder?«, fragte Palle nach, doch ich schüttelte hastig den Kopf.

»Ihr zwei... Neee, oder?«

Auch ich konnte mir inzwischen ein leises Lachen nicht mehr verkneifen.

»Glaubt ihr uns nicht, oder was?«, nuschelte ich in Tims Brust.

»Neee... Ihr verarscht uns doch!«

»Tun wir das?«, mischte sich nun auch Tim ein. Ich war auf einmal fest entschlossen, ihnen das Gegenteil zu beweisen und hob langsam den Kopf. Sofort spürte ich Tims Hand auf meinem Scheitel, der mein Gesicht unten hielt.

»Stegi. Man sieht dich«, warnte er mich leise und als ich mit den Schultern zuckte, schien er verwirrt, hob jedoch seine Hand. Aus dem Drang heraus, es den Anderen zu beweisen, streckte ich mein Gesicht Tim entgegen und suchte seine Lippen, bevor ich ihn sanft küsste. Er zog mich vorsichtig zu ihm heran.

»Whaaaaat«, kam es aus den Lautsprecherboxen und irgendwer schien zu applaudieren. Veni schien als erstes die Fassung wiedergefunden zu haben und fasste das ganze ziemlich treffend zusammen:

»#Stexpert ist real«

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Hayho Leute!

Danke für das viele Feedback zum letzten Kapitel!

Ich freue mich über jede Stimme, die zu mir spricht. :)

Ich hoffe, das »Geständnis« den anderen Youtubern gegenüber hat euch gefallen und ihr habt euch gefreut, mal wieder etwas mit ihnen zu lesen.

Ich würde mich über Meinungen freuen!

Liebe Grüße, minnicat3

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