Chapter 7

Harrys POV:

Ich konnte einfach nicht anders, als ihn zu küssen. Seine Lippen waren schmal und sein Bart kitzelte leicht an meinem Kinn. Ich schloss die Augen, auch wenn es eigentlich keinen Unterschied machte, doch ich fand es romantischer. Als erstes war Louis wie erstarrt und rührte sich keinen Millimeter, aber ein paar Sekunden später hielt er mein Gesicht in seinen kleinen Händen und seine Zunge glitt in meinen Mund und schlang sich um meine. Er war ein ziemlich guter Küsser und ich merkte, dass sich sowohl in meiner, als aber auch in seiner Hose etwas regte, was ich zu ignorieren versuchte, da es mich leicht verunsicherte. Vorsichtig suchten meine Hände seine nackte Brust und legten sich auf sein wild pochendes Herz. Er tat es mir gleich und sofort verschnellerte sich auch mein Puls um einiges. Als wir uns lösten, vernahm ich seinen Atem dicht an meinem Ohr. „Harry“, murmelte er und legte seine Arme um meine Taille, ich meine Hände auf schmalen Schultern. „Wir sollten das nicht tun“, flüsterte er, wozu ich mit einem Seufzen zustimmte. „Tut mir leid, das war mein Fehler“, wisperte ich und rollte mich von ihm runter. Als ich zurück in mein Zimmer schlurfen wollte, ergriff er meinen Arm und ich knallte mit einem Ruck gegen seinen Oberkörper. Er zog leicht an meinen Haaren und lehnte seine Stirn gegen meine Stirn, wobei ich mir sicher war, dass er sich auf die Zehenspitzen stellen musste, weshalb ich mich ein bisschen bückte. „Ich bin müde“, sagte er nach einer Weile Schweigen und ich nickte, erneut in Zustimmung. Unsere Finger verzweigten sich und langsam schob er mich zu meinem Zimmer, bis auf mein Bett. Ich kuschelte mich in mein Kissen und spürte, wie er sich neben mich an meinen Rücken legte und die Decke über uns ausbreitete. „Wir sind böse.“ Ich lachte bei seiner Bezeichnung. „Ja sehr“, beteuerte ich und drückte seine Hand an meinen Bauch.

Total gerädert wachte ich auf, durch das offene Fenster konnte ich die fahrenden Autos auf der Straße hören. „10:30“, verriet mir mein Handy. Da Louis noch zu schlafen schien, entschied ich, uns Frühstück zu machen und bei der Uni anzurufen. Und natürlich bei meiner Mutter. Meine Dozentin war mittelmäßig geschockt über meinen Unfall, wünschte mir gute Besserung und verbat mir sogar, bis nächste Woche zu den Lesungen zu kommen. „Ruhen Sie sich schön aus. Wir sehen uns dann.... ach nein... hören.“ Ich nahm ihren Faux Pas mit Humor, da sie eine so nette Lady war. Meine Mutter allerdings bekam einen Herzkasper, als ich ihr erzählte, was passiert war. „Oh mein Gott, mein armer Schatz! Warte nur, ich komm zu dir und bringe Pancakes mit, die ich gerade frisch gebacken habe. Gib mir eine halbe Stunde!“, rief sie und hatte aufgelegt, bevor ich überhaupt irgendetwas erwidern konnte. Also gut. Als erstes musste Louis aus meinem Bett verschwinden, sonst würde das zu mittleren Schwierigkeiten führen. „Louis?“ Ich schüttelte seinen Körper und haute ihm dabei aus Versehen gegen die Nase, was ihn augenblicklich weckte. „Harry? Was ist los?“, fragte er panisch und ein leichter Luftzug verriet mir, dass er hochfuhr. „Meine Mutter kommt zum Frühstück. Ich dachte, ich sollte dich vorher wecken“, meinte ich. Er hustete und stand auf. „Ich glaube, ich sollte gehen. Wann soll ich wiederkommen?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Zum Abendessen reicht auch. Ich wette, Mum rückt mir erst mal nicht von der Pelle. Um sechs?“ „Okay, hört sich gut an. Ich zieh mich nur kurz um.“

Zehn Minuten später standen wir im Treppenhaus und er umarmte mich. „Mach es gut Großer.“ Ich wollte ihn eigentlich küssen, traute mich aber nicht. Er hatte einen Freund. Das nachts war bestimmt nur ein Ausrutscher gewesen, zumindest in seinen Augen. Ich hatte es hingegen sehr genossen. Seine Nähe. Seine Wärme. Und seine aufbauenden Worte. Noch nie hatte ich seit der Krankheit gesagt bekommen, ich sei hübsch. Das hatte gut getan. Sehr. Kaum dass er weg war und ich mühselig den Tisch gedeckt hatte, klingelte meine Mutter. Sie begutachtete mich ausgiebig, küsste meine Stirn und bemitleidete mich immer wieder. Nachdem wir gegessen hatten, räumte sie die Küche auf, während ich mich umzog. Während ich das sonst immer ohne Bedacht machte, schenkte ich heute das erste Mal seit langem meinem Körper Aufmerksamkeit. Mein Bauch wölbte sich leicht, doch meine Hüftknochen stachen leicht hervor. Meine Oberschenkel waren das, was man, glaube ich, als normal bezeichnete. Ich zog eines von meinen Hemden an und eine schwarze Hose. Um zu wissen, was ich anzog, hatte ich meine Kleidung akribisch genau in meinem Kleiderschrank gestapelt, damit es nicht passieren konnte, dass ich plötzlich grüne Hosen und pinke Hemden trug. Auch wenn ich so etwas nicht besaß. Hübsch. Er fand mich also hübsch. Okay, ich konnte ihn zwar nicht sehen, aber das, was ich gefühlt hatte, war das Schönste, was ich je ertastet hatte. Seine Haut war warm gewesen und er hatte schön geschwungene Kurven und er roch einfach wahnsinnig attraktiv. Ich erschauderte bei dem Gedanken an seiner nackten Haut gegen meinen Lippen. Das musste ein fantastisches Gefühl sein. „Harry! Dein Kühlschrank ist fast leer, soll ich dir beim Einkaufen helfen?“, riss mich Mum aus meiner Trance. Ich lief zu ihr in die Küche, wo sie den Kühlschrank zu begutachten schien, ich spürte seine Kühle auf meinen Armen. „Gerne.“ Also fuhren wir zum Supermarkt und kauften ein. Oder besser gesagt Mum, denn das war eines der wenigen Dinge, die ich beim besten Willen nicht allein bewältigen konnte. Zu Mittag nahm sie mich mit zu sich und Robin in die Wohnung, wo wir aufgewärmte Pasta aßen und auch Robin es sich nicht nehmen ließ, mich ausgiebig zu bemitleiden und ich hatte keine andere Wahl, als es über mich ergehen zu lassen. Nachmittags saß ich in der Sonne auf der Terrasse meiner Eltern und dachte an Louis. Was er jetzt wohl gerade tat? Wahrscheinlich hatte er sich zum Essen mit seinem Freund getroffen. Was zum Teufel hatte ich mir in der Nacht dabei gedacht, ihn zu küssen? Klar, er hatte mitgemacht und wir hatten danach sogar im selben Bett geschlafen, doch garantiert hatte er das aus Mitleid gemacht. Er war schließlich mein BETREUER. Mehr als nur einen x-beliebigen Patienten konnte er doch gar nicht sehen... Hübsch hin oder her. „Hey Liebling.“ Mum trat nach draußen und drückte mir eine Tasse in die Hand. Ihr Inhalt roch verdächtig nach Kaffee mit Milch. Ich trank einen Schluck. Ja eindeutig Kaffee. Er brannte leicht in meinem Rachen, aber das störte mich nicht. Mum setzte sich neben mich und strich über meinen Arm. „Und verstehst du dich mit Louis?“ Ich biss mir auf die Zunge. Ja, besser als du vielleicht denkst. Stopp, halt. Er war immer noch vergeben. „Ja, passt schon“, sagte ich so gleichgültig wie möglich. Mum drückte meinen Arm. „Das ist doch schön, oder?“ Ich seufzte. „Ja.“ Ich wusste, worauf sie hinaus wollte. „Hast du ihm schon erzählt von...?“ Sie brach ab und seufzte. Meine Muskeln spannten sich an und ich rutschte unsicher auf meinem Stuhl herum. Bitte sprich es nicht laut aus. „Na ja, ein bisschen schon“, antwortete ich nach einer halben Ewigkeit des Schweigens. Ich hörte sie aufatmen. „Das ist gut Schatz.“ Mir fiel gerade auf, dass sie mich in letzter Zeit am laufenden Band Schatz nannte, was mich nervös machte. Sie sollte nicht so sein! Warum konnte sie meine Entscheidung nicht einfach akzeptieren? „Willst du immer noch.... dass ich dort anrufe?“ Ihre Stimme zitterte und ich hörte, dass sie um Fassung rang. Langsam nickte ich. Nur weil ER da war, änderte ich nicht so einfach mirnichtsdirnichts meine Meinung. Sie schniefte und verlor ihre Fassung. „Bitte Harry...“, wisperte sie und krallte sich nun an meinen Arm, sodass ich bestimmt hübsche Überbleibsel von ihren Fingernägeln davontragen würde. Eine Träne entwich auch meinen Augen, aber wischte sie schleunigst wieder weg. Wenigstens ich musste noch bei klarem Verstand bleiben. „Harry... aber ich werde noch warten bis... du weißt schon...“ Ich nickte und sie ließ endlich meinen Arm los.

„Wann triffst du ihn wieder?“, fragte sie dann, um vom Thema abzulenken, wofür ich ganz dankbar war. „Er kommt um sechs zum Abendessen und bleibt über Nacht“, erklärte ich und Mum kicherte. „Das nenne ich mal Einsatzbereitschaft!“ Ich verdrehte die Augen, musste aber auch in mich hinein grinsen. Wer weiß, vielleicht... Ach nein, das war dämlich, sowohl das eine, als auch das andere. Ich schüttelte mich, trank den Rest Kaffee und stand auf.

Robin brachte mich kurz danach samt meinen Einkäufen nach Hause. Als er vor der Wohnung hielt, erfasste er kurz meine Hand, ehe ich ausstieg. „Pass auf dich auf Junge. Und bitte... überdenk nochmal deine Entscheidung. Du weißt, dass du damit deiner Mutter das Herz brichst.“ Ich nickte und drückte seine Hand. „Ich weiß. Aber wer weiß, vielleicht... vielleicht klappt es gar nicht. Es gibt schließlich viel schlimmere Fälle als mich.“ Er seufzte. „Weißt du Harry, ich glaube, wenn man das wirklich will, dann....“ Er hörte auf zu sprechen und ließ mich los. „Machs gut. Ich hab dich lieb.“ Er drückte mir ein Küsschen auf die Stirn, dann verschwand ich nach oben, wo ich anfing, zu kochen, ohne nochmal einen Gedanken an Mums Wunsch zu verschwenden. Es brachte doch nichts. Wenn ich ihr gehorchte, würde ich nie glücklich werden. Doch wenn ich meinen Willen durchsetzte, würde ich sie in eine grenzenlose Depression schicken.

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