- Kapitel 8 -
Eine flache, erdige Ebene erstreckt sich kilometerweit vor uns. Keine Bepflanzung, keine Felsen, keine thermalen Flächen sind vorhanden. Lediglich zwei Schluchten auf der jeweils linken und rechten Seite des erdigen Streifens sind zu erahnen. Der Rest liegt hinter einem magischen Schleier, der den Schauplatz eingrenzt.
Einige Seufzer der Verzweiflung sind zu vernehmen wohingegen andere jubelnd in die Hände klatschen. Vermutlich sind einige Erdmagier anwesend, weshalb diese natürlich allen Grund zur Freude haben. Die restlichen Teilnehmergruppen sind ebenfalls bereits anwesend oder erscheinen nach und nach auf den jeweiligen Teleportationsflächen und geben ähnliche Reaktionen von sich.
Mit zusammengeschobenen Brauen mustere ich die Umgebung genauer und befehle Agira erneut meinen Fokus zu vergrößern, doch selbst dadurch kann ich das Ende der ersten Etappe nicht sehen. Ich verziehe meine Lippen und fasse mir nachdenklich ans Kinn, während bereits Geflüster um mich herum ausbricht.
„Verdammt, was soll das?",
„Wollen die uns verarschen? Was um alles in der Welt ist unsere Aufgabe bei solch einem Schauplatz?!",
„Das ist der Wahnsinn! Bei so viel Erdfläche haben wir leichtes Spiel", schnappe ich verschiedene Gesprächsfetzen auf während ich mich weiterhin umsehe. Ich stelle fest, dass es sich bei den zwei vermeintlichen Schluchten auf den Seiten tatsächlich um tiefe Abgründe handelt. Genau kann ich das leider nicht sagen, da die magischen Barrieren die Schwingungen trüben und kein klares Bild ermöglichen.
„Wir werden die Fläche einfach überfliegen. Vermeidet Bodenkontakt. In der Luft haben wir die größten Chancen zu gewinnen", höre ich derweil eine Gruppe Luftmagier diskutieren, die sich scheinbar zusammengeschlossen haben, um die erste Etappe für sich zu entscheiden.
„Soll das ein Scherz sein?!", knurrt der braunhaarige, muskelbepackte Kerl neben mir woraufhin ich zu ihm rüber schiele. Er scheint sichtlich unzufrieden über den Schauplatz zu sein, was man ihm allerdings auch nicht sonderlich verübeln kann. Auch ich hätte mir eindeutig etwas anderes gewünscht.
„Bist du etwa enttäuscht?", trieze ich grinsend und ernte ein zorniges Schnauben seinerseits.
„Das ist noch untertrieben. Weißt du überhaupt was uns erwartet? Vor uns befindet sich nichts außer einer riesigen Fläche voll Dreck", spottet er gereizt und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Daraus schließe ich, dass du immerhin schon einmal kein Erdmagier bist", stelle ich nachdenklich fest und vernehme erneutes Schnauben.
„Nein, bin ich nicht", blafft er und weckt damit meine Neugierde.
„Zu welcher Klasse Magier zählst du dann, wenn ich fragen darf?", hake ich nach und gehe dabei in die Knie, um mir den Untergrund genauer anzusehen und ihn auf aussagekräftigere Schwingungen zu prüfen.
„Ich beherrsche die Magie des Eises", erklärt er woraufhin ich verdutzt zu ihm aufsehe.
„Dann hast du auch eine Veranlagung dir Wasser zu nutze zu machen", meine ich und sehe ihn verneinend den Kopf schütteln.
„Nein, ich kann nur mit Eis arbeiten. Es erschaffen, es verschwinden lassen, es in den verschiedensten Formen und Größen erscheinen lassen. Sobald es schmilzt und zu Wasser wird kann ich damit nichts mehr anfangen", entgegnet er woraufhin ich stumm nicke.
„Das ist schade, es hätte dir hier sicherlich von Nutzen sein können", murmle ich und erhebe mich wieder, da ich mit meiner Analyse des Bodens fertig bin.
„Pfft, wie kommst du denn darauf? Hier ist nichts, absolut rein gar nichts. Kein Wasser, kein Ökosystem, nichts was Wasser enthält", spottet er woraufhin ich den Finger hebe und in die Luft zeige. „Achja? Gibt es am Himmel etwa keine einzige Wolke?", frage ich und grinse dabei verschmitzt, da ich die Antwort bereits kenne.
„Was? Wolken?..Nun ja..doch es ist etwas bewölkt, doch das bisschen Wasser, welches man aus denen herausholen könnte reicht niemals, um wirklich Angriffe zu starten", tut er es ab während ich mir nicht anmerken lasse, dass ich ihm nicht zustimme.
„Was ist mit dir? Bist du etwa eine Erdmagierin? Du scheinst nicht sonderlich besorgt über dieses Ödland zu sein", wechselt er das Thema woraufhin ich seufze.
„Nein, das täuscht. Auch ich hätte mir etwas anderes gewünscht, doch man muss sich nun eben damit abfinden und es hinnehmen", umgehe ich geschickt die Frage nach meiner Klasse und hoffe, dass er nicht weiter darauf eingehen wird.
„Naja, immerhin befindet sich hier nichts wo du gegen rennen könntest", spottet er leise lachend, woraufhin ich ihm einen genervten Blick zuwerfe, den er natürlich nicht sehen kann, durch meine verdunkelten Brillengläser.
Die Gespräche werden jeher unterbrochen, als sich ein erneuter magischer Übertragungsbildschirm vor uns materialisiert. Er bedeckt eine noch größere Fläche, als der Vorige im Wartebereich und lässt auch den zu uns sprechenden General noch größer wirken. Zu sehen ist General Letro, ein äußerst fähiger Erdmagier und die Nummer sechs unter den zwölf Generälen.
„Herzlich Willkommen auf dem Schauplatz der ersten Etappe! Ich freue mich euch begrüßen zu dürfen und bin schon sehr gespannt darauf, wie ihr euch auf dem eigens von mir entworfenen ersten Ebenenkonstrukt schlagen werdet", beginnt er seine Ansprache und grinst uns breit entgegen.
„Also haben wir diesen Witz ihm zu verdanken", knirscht der Braunhaarige genervt neben mir ohne den Blick von Letro zu nehmen.
„Wie ihr sehen könnt erstreckt sich vor euch eine enorme Erdfläche, die ihr nach Herzenslust nutzen könnt. Es ist euch erlaubt die Oberfläche zu verändern, zu durchbohren, völlig auf den Kopf zu stellen oder sie anderweitig zu verwenden", erklärt er und erntet lediglich bescheidenes Jubeln der vorhandenen Erdmagier. „Aber, aber..nun zieht doch nicht so ein Gesicht. Auch wenn der Schauplatz vermeintlich nicht viel zu bieten hat, so habe ich dennoch auch an die anderen Magierklassen gedacht", versucht er uns schmunzelnd aufzubauen, findet allerdings nur wenig Anklang. „Wie dem auch sei, kommen wir nun zu eurer Aufgabe", kommt er nun endlich zum wichtigen Teil, weshalb alle flüsternden Beschwerdegespräche kurzzeitig eingestellt werden. „Ihr müsst nichts weiter tun, als das Ende des vor euch liegenden Erdstreifens zu erreichen. Markiert ist es durch ein dunkelgrünes magisches Siegel, welches sich unübersehbar auf dem Boden befindet. Demjenigen von euch, dem es gelingt es als erstes zu erreichen und sich in die Mitte des Siegels zu begeben, gebührt die Ehre von einem von uns Generälen auserwählt zu werden. Natürlich ist es möglich von einem General auserwählt zu werden, auch wenn ihr den Etappensieg nicht holt. Ob das geschieht hängt ganz davon ab, wie sehr ihr uns begeistert. Wie euch mein werter und geschätzter Kollege, General Sekurion, bereits mitteilte ist euch alles erlaubt, bis auf verbotene Zauber. Ihr bekommt fünf Minuten Zeit, um euch in Gruppen einzufinden, wenn ihr es wünscht oder euch anderweitig auf die erste Etappe vorzubereiten. Ich wünsche euch allen viel Erfolg!", beendet er seine Erklärung und wird kurz darauf ausgeblendet, woraufhin sich auch der magische Übertragungsbildschirm wieder in Luft auflöst.
„Was? Wir sollen also lediglich spazieren gehen?! Was soll das denn für eine Aufgabe sein?", höre ich hinter mir lautstarkes Genörgel und schürze meine Lippen.
„Ich wusste schon immer, dass General Letro nicht mehr alle Latten am Zaun hat", murmelt der breitgebaute Schrank neben mir, während ich mir ein leises Lachen verkneife.
„Ember! Hey, da bist du ja!", ertönt Kairyans Stimme plötzlich unweit von uns entfernt und lenkt somit unsere Aufmerksamkeit auf sich.
„Na super..da ist ja die Nervensäge schon wieder", spricht der Braunhaarige mir aus der Seele, weshalb ich mir jeglichen weiteren Kommentar dazu spare. „Was soll das denn heißen?! Außerdem was machst du hier neben Emberlein? Komm ihr gefälligst nicht zu nahe", zetert Kairyan gefolgt von einem erstickten Keuchen. Der Schrank neben mir zieht überrascht die Brauen in die Höhe und starrt perplex auf Kairyan, der sich mit schmerzverzehrtem Gesicht die Weichteile hält.
„Ich sagte dir doch, beim nächsten Mal landet mein Schlag eine Etage tiefer", kommentiere ich die Situation und richte meinen Blick wieder nach vorn auf die Ödlandfläche, die noch immer von einer magischen Barriere umgeben ist.
„So ein Schwachsinn",murmelt der Braunhaarige und sieht zu den Luftmagiern rüber, die sich bereits in Formationen aufstellen.
„Wieso? Eine Gruppe zu bilden ist chancenerhöhend", presst Kairyan gequält heraus, da ihm die Schmerzen wohl noch immer zu schaffen machen.
„Pfft, wofür? Am Ende steht man sich dann doch als Gegner gegenüber. Ich halte das für dämlich. Wer nicht in der Lage dazu ist aus eigener Kraft zu gewinnen sollte es gar nicht erst versuchen", kontert der Muskelprotz mit gerümpfter Nase und streckt sein Kinn demonstrativ nach vorn.
„Wie passend..ich wollte sowieso keine Gruppe mit dir bilden", meint Kairyan zufrieden und richtet seinen Blick auf mich. „Aber mit dir Emberl-", stoppt er abrupt und räuspert sich nervös. „Ember", korrigiert er überspitzt lächelnd, woraufhin ich die Augen verdrehe.
„Ich schließe mich der Meinung des Miesepeters an", entgegne ich knapp und sehe, wie Kairyans Gesichtszüge entgleiten und wie sich die Augen des Braunhaarigen weiten.
„Was? Das kann nicht dein Ernst sein Ember", entkommt es Kairyan entsetzt.
„Miesepeter?", wiederholt wiederum der braunhaarige Schrank leise woraufhin ich meinen Kopf in seine Richtung drehe.
„Du hast mir deinen Namen nie verraten. Bitte verzeih mir, sollte ich dich in irgendeiner Form beleidigt haben", entschuldige ich mich höflich und verneige mich erneut dezent vor ihm.
„Naja..du..du hast nie danach gefragt", rechtfertigt er sich und sieht beschämt zur Seite.
„Ja, weil es uninteressant für uns ist, nicht wahr Ember?", mischt sich Kairyan ein, dem es offenbar wieder besser zu gehen scheint.
„Könnt ihr beiden endlich mit dem Kindergarten aufhören?", nörgle ich genervt und verschränke meine Arme vor der Brust. „Bitte, stell dich doch vor", richte ich nun mein Wort an den Miesepeter, der mir mit erröteten Wangen entgegen sieht.
„Mein Name ist Arryn, erstgeborener des Hauses Khione", murmelter verlegen und bemüht sich um einen möglichst neutralen Ausdruck.
„Arryn? Mit Ehre hast du aber nicht viel am Hut mein Lieber", prustet Kairyan lauthals los und erntet einen wütenden Blick seitens Arryn.
„Kannst du mal die Schnauze halten? Du nervst", murrt er woraufhin Kairyan sich die Hand vor den Mund hält aber dennoch weiter in sich hinein lacht. „Ich finde deinen Namen sehr schön. Soweit ich weiß bedeutet er wortgetreu großer Berg, nicht wahr?", frage ich und fasse mir nachdenklich ans Kinn.
„Wow, ich bin beeindruckt. Nur wenige kennen die wahre Bedeutung des Namens. Am weitverbreitetsten ist tatsächlich die Interpretation der Nervensäge", meint er und knirscht beim letzten Teil der Aussage mit den Zähnen.
„Hey, ich bin anwesend, könnten wir die Beleidigungen also zumindest für die Zeitspanne sein lassen?", beschwert der Blondschopf sich und ballt seine Hände zu Fäusten.
„Ach, ist dir Zwerg nun auf einmal doch lieber?", triezt Arryn provokant, woraufhin ich genervt seufze.
Ich muss unbedingt zusehen, die beiden irgendwie los zu werden. Auf Dauer halte ich das Gezanke nicht aus.
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