- Kapitel 33 -

Erledigt und mit schmerzenden Gliedern schreite ich den langen Korridor des Stahlklotzes entlang. An meiner Seite General Kalen sowie Arryn, der Kairyan eher neben sich her schleift, als dass er ihn stützt. Dieser hatte sich nach der Eröffnung der Feierlichkeiten noch einige Bierkrüge gegönnt, was ihn in ein lallendes und wankendes Häufchen verwandelt hat. Kalen empfand es als äußerst amüsant wohingegen Arryn und ich bereits Nackenschmerzen vom endlosen Kopfschütteln bekamen.

„Wie konnte er sich nur so volllaufen lassen?", seufze ich – erneut kopfschüttelnd.
„Das fragst du mich? Ich habe ihm mehr als einmal gesagt, dass er lieber auf Wasser umsteigen soll aber dieser Trottel wollte ja nicht hören", kontert Arryn genervt und zieht sich Kairyans schlaff herabhängenden Arm weiter über seine Schulter. „Wer ist hier ein Trottel?", lallt besagter Blondschopf mit halboffenen Augen und entlockt Kalen ein erneutes Grinsen.
„Ach, das hast du gehört, ja? Aber als ich dir sagte, du sollst den letzten Krug stehen lassen warst du taub?", zetert Arryn gereizt, woraufhin eine weitere Diskussion zwischen den beiden ausbricht.

„Den beiden zuzusehen ist wahrlich unterhaltsam", meint Kalen an mich gerichtet, während er aus dem Augenwinkel zu Arryn und Kairyan schielt.
„Das ist nicht ihr ernst, Sir..", murmle ich ungläubig und fasse mir seufzend an die Stirn.
„Doch doch, wer hätte gedacht, dass der braunhaarige Muskelprotz solch eine unbändige Geduld besitzt", entgegnet er mir schmunzelnd und mit erhobener Braue. Meine Hand ruht auf seinem Unterarm während er mich durch die Gänge führt. Dabei hat er seine freie Hand hinter seinem Rücken positioniert. Bei genauerem Betrachten fällt mir auf, dass er dieses Mal keine Handschuhe trägt. Leider habe ich seinen Händen den gesamten Abend über recht wenig Aufmerksamkeit geschenkt, was ich nun etwas bereue. Ich erinnere mich daran, dass sie warm und rau waren, als ich sie während des Tanzes auf meinem Rücken spürte.

Während ich in Gedanken versunken bin wirft Kalen mir ein verschmitztes Lächeln zu, schweigt allerdings.
„Nun hör schon auf zu zappeln!", entkommt es Arryn mürrisch. Ich werfe einen Blick über meine Schulter und reiße überrascht meine Augen auf, ehe ich ein lautes Lachen unterdrücke.
„Lass mich runter du riesen Affe!", zetert Kairyan mit hochroten Wangen und schlägt dabei wild um sich. Zugegeben, seine Wangen waren bereits rot, noch bevor wir überhaupt in Erwägung zogen die Festlichkeiten zu verlassen. Dennoch gibt die Szene ein recht amüsantes Bild ab. Arryn hat scheinbar beschlossen, dass es eine bessere Idee sei, Kairyan tatsächlich zu tragen anstatt ihn kontinuierlich auf sich hängen zu haben.
„Schnauze du Saufnase, wenn es so weitergeht brauche ich ewig bis ich dich vor deinem Zimmer abladen kann. Wenn es dir nicht passt, dann lass dir das eine Lehre sein und trink nächstes Mal eben nicht so viel", kontert Arryn entspannt und hält Kairyans Handgelenke fest umschlossen, während der Rest des Blondschopfs schlapp über seinem Rücken hängt und mit den Füßen nach ihm tritt. „Ich habe dich auch nicht darum gebeten mich auf mein Zimmer zu bringen! Für wie alt hältst du mich? Fünf?", lallt er erbost, woraufhin Arryn genervt mit den Augen rollt und sich jeglichen Kommentar spart.

„Amüsant, sagte ich doch", flüstert Kalen mir währenddessen ins Ohr. Sein Atem streift über meine Haut und hinterlässt eine Gänsehaut auf meinem Nacken.
„Ich muss zugeben, dass ich ihnen nicht widersprechen kann", entgegne ich grinsend und schiebe mir dabei meine Brille weiter den Nasenrücken hinauf. Durch die verdunkelten Gläser fällt es mir verhältnismäßig schwer den Weg vor mir zu erkennen. Der Korridor wird lediglich von ein paar schwebenden Leuchtkugeln erhellt, die bereits mit gedimmtem Licht über uns kreisen. Zusätzlich erschweren mir die hohen Schuhe das sichere Gehen, weshalb ich unbewusst meinen Griff um seinen Unterarm verstärke und etwas näher an ihn heran rücke, um mich an seinen Bewegungen zu orientieren und mich an ihm zu stützen.
„Wie mir scheint werde ich dir für die morgige Siegesfeier flachere Schuhe heraussuchen müssen", meint er leise lachend und umfasst dabei meine Schulter, um mir noch mehr Stabilität zu bieten. Beschämt senke ich den Blick und beiße mir auf die Innenseite meiner Wange.
„Nicht nötig, Sir..Nach so einem harten Tag schmerzen meine Füße in den Schuhen eben, doch sie können beruhigt sein. Ich bin weitaus höhere Schuhe gewohnt", entgegne ich und rümpfe meine Nase dabei.
„Ach, ist das so? Soll ich die feine Dame dann vielleicht auch auf ihr Zimmer tragen? Es wäre nicht fair wenn lediglich Kairyan in diesen Genuss käme, oder nicht?", triezt er provokant und hat dabei sein schelmisches Grinsen aufgelegt während er von oben herabblickt. Meine Augen weiten sich bei seinem unverschämten Angebot und mein Herz macht einen unerwarteten Satz.
„N-Nein, das ist sicherlich nicht von Nöten..Sir", druckse ich verlegen, da ich keine bessere Antwort parat habe.

Noch nie fand ich mich in solchen Situationen vor. General Kalen bringt mich wahrlich an meine Grenzen. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich damit umgehen soll, was ich darauf entgegnen soll, wie ich mich verhalten soll. Verärgert schiebe ich meine Brauen zusammen und presse meine Lippen aufeinander. Ich war der festen Überzeugung, dass ich mich nicht weiter verrückt machen lassen würde. Ich dachte, ich hätte mir einen ausreichenden Überblick verschafft, doch immer wieder erwischt er mich kalt und überrumpelt mich mit seiner Direktheit.

„Ich verabschiede mich nun. Schließlich muss ich die Nervensäge noch abladen..Ich wünsche eine gute Nacht", reißt Arryn mich aus meinen Gedanken und nickt uns zum Abschied zu.
„Dein Engagement in allen Ehren mein Lieber. Ich wünsche ebenfalls eine gute Nacht", entgegnet Kalen schmunzelnd.
„Sieh zu, dass du dich gut ausruhst. Wir sehen uns dann morgen", verabschiede auch ich mich, ehe sich unsere Wege trennen und nur noch Kalen und ich übrig sind. Wir schreiten weiter den Korridor entlang, vorbei an etlichen Zimmertüren, die aneinandergereiht sind.
„Bist du aufgeregt?", fragt er aus dem Nichts heraus woraufhin ich zu ihm schiele.
„Bezüglich der morgigen Etappe?", stelle ich die Gegenfrage und ernte stummes Nicken seinerseits. „Noch nicht. Ich denke, die Aufregung wird sich erst morgen, kurz vor Beginn bemerkbar machen", erkläre ich nachdenklich und werde wieder an den Ernst der Lage erinnert. Daran, dass ich nicht zum Vergnügen hier bin, sondern um das Duell zu gewinnen. Ich muss allerdings zugeben, dass der heutige Abend tatsächlich Spaß gemacht hat. Ich glaube ich habe mich noch nie so unbeschwert gefühlt, wie heute neben General Kalen.
„Ich bin froh, dass du so gelassen bist. Dennoch..unterschätze den morgigen Tag nicht", meint er so ernst, wie bislang noch nie. Verwirrt sehe ich zu ihm auf, doch er richtet seinen Blick weiterhin geradeaus.
„Keine Sorge, ich werde sicherlich nicht leichtfertig antreten", entgegne ich versichernd und entlocke ihm ein kleines Lächeln.
„Dessen bin ich mir bewusst..das ist es auch nicht, was mir Sorgen bereitet..", murmelt er leise und fasst sich dabei ans Kinn.

Vor meiner Zimmertür angekommen löse ich meinen Griff um seinen Unterarm und falte meine Hände vor mir, während er die seinen hinter seinem Rücken verschränkt.
„Vielen Dank für den heutigen Abend, Sir. Ich habe ihn sehr genossen", meine ich und beginne damit meine Verabschiedung. Er wirft mir einen zufriedenen Blick zu und schließt dabei die Augen. „Sehr gern, den Dank kann ich nur erwidern", entgegnet er mir woraufhin ich bereits zur Klinke meiner Tür greife. „Bevor du gehst habe ich noch etwas für dich", sagt er und greift dabei nach meinem Oberarm. Neugierig wende ich mich ihm zu und sehe ihm wartend entgegen. „Streck deine Hände für einen Moment aus", weist er mich an woraufhin ich tue, wie mir gesagt wurde.
Kalen murmelt einen Zauberspruch und umfasst meine Hände dabei. Kleine schwarze Nebelschwaden entweichen seinen Fingern und schmiegen sich an meine Haut. Nur wenige Sekunden später ist nichts mehr von meinen Händen zu sehen, sie sind völlig umgeben von schwarzen Schwaden. Mit einem Mal pustet Kalen den Nebel weg und enthüllt somit meine Handflächen, die mittlerweile nicht mehr leer sind. Erstaunt starre ich auf den kleinen runden Gegenstand in meinen Händen und verziehe verwirrt mein Gesicht. Zufrieden betrachtet er sein Werk und hat ein teuflisches Grinsen aufgelegt.
„In Ordnung..", murmelt er leise zu sich selbst, ehe er sich erneut aufrichtet und sich räuspert. „Ich möchte dich darum bitten diesen Ring von nun an immer bei dir zu tragen. Ganz besonders morgen", erklärt er während ich noch immer dabei bin den schwarzen Ring zu beäugen.
„Sie haben mir..einen Ring geschenkt?", frage ich perplex und umfahre die Ringschiene.
„Sei unbesorgt, das ist kein Heiratsantrag", scherzt er lachend wobei seine Zähne hervorblitzen. „Es sei denn du möchtest, dass es einer ist", fügt er provokant hinzu und beugt sich schelmisch grinsend zu mir. Augenblicklich schießt mir die Röte ins Gesicht während ich beschämt die Brauen zusammenziehe.
„Können sie auch nur einmal ernst sein?", knirsche ich mürrisch und ernte herzhaftes Lachen seinerseits.
„Bitte verzeih, mir war nicht klar, dass du tatsächlich gern einen Antrag meinerseits wünschst", triezt er weiterhin und hebt dabei eine Braue, während ich wütend und unbeholfen mein Gesicht verziehe. „Wer weiß, vielleicht erfülle ich dir diesen Wunsch ja noch in Zukunft..doch zunächst einmal soll dieser Ring lediglich dazu dienen dich zu schützen", erklärt er mit einem mehr als zufriedenen Lächeln auf den Lippen während ich fragend die Stirn runzle.
„Mich schützen?", wiederhole ich fragend und sehe ihn nicken.
„Ganz recht. Dieser Ring ist mit einem Mondstein bestückt, dessen magische Kräfte seinem Träger Schutz bieten. Die schwarze Ringschiene besteht aus materialisierter Dunkelheit und ermöglicht es dir einen kleinen Teil meiner Kräfte zu nutzen. Er ist also zu gleichen Teilen ein Verteidigungs- sowie auch ein Angriffsmittel", führt er seine Erklärung weiter aus während er nach dem Ring in meiner Handfläche greift. „Es ist mir nicht erlaubt aktiv ins Geschehen einzugreifen, doch ich darf meine Zauberkraft dafür verwenden dich zu schützen. Tu mir also den Gefallen und trage den Ring immer an deinem Finger", fährt er fort und steckt den Ring an meinen Ringfinger. Mit erröteten Wangen lasse ich es zu und wende den Blick ab.
„Er steht dir im Übrigen hervorragend", meint er während er meine Hand sachte umfasst und sie langsam hin und her wiegt. Der Stein funkelt einige Male und schimmert immer wieder bläulich. Je nachdem wie das Licht hineinfällt ist sogar eine violette Färbung zu erkennen. Staunend starre auch ich auf den Edelstein und ertappe mich dabei, wie ich tatsächlich gefallen an diesem Geschenk finde.

„Es freut mich, dass er dir zu gefallen scheint", meint er lächelnd und beugt sich nah zu mir herab. „Ich hoffe meine Wahl des Verlobungsrings wird dein Herz ebenfalls höher schlagen lassen..", flüstert er verheißungsvoll und löst seinen Griff um meine Hand. Ein schelmisches Grinsen umspielt seine Lippen, als er meinen völlig schockierten Gesichtsausdruck bemerkt.

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