- Kapitel 159 -
Eliana POV:
Wieder einmal erwacht Eliana im Hospital. Seufzend schließt sie ihre Augen und versucht sich daran zu erinnern, was geschehen ist, bevor sie ihr Bewusstsein verloren hat. Midan hat sie aus dem Wald getragen. Sie spürt noch immer seine Hände an ihrem Körper. Er hat sie schon wieder gerettet. Mittlerweile scheint es schon fast zur Gewohnheit geworden zu sein. Genervt fasst sie sich an die Stirn. Ember wäre sicherlich nicht auf Hilfe angewiesen gewesen. Sie hat noch einen weiten Weg vor sich, denkt sie und hört die Tür des Patientenraumes aufgehen. Ein bekannter dunkelblauer Schopf schiebt sich vorsichtig und auf leisen Sohlen hinein, ehe sein Blick den ihren trifft.
„Du bist wach", entkommt es ihm mit erhobenen Brauen. Mit frischer Kleidung auf den Armen kommt er langsam auf sie zu und sieht ihr von oben herab entgegen. „Wie geht es dir?", fragt er ausdruckslos.
„Es geht mir besser. Vielen Dank, dass du mich wieder einmal gerettet hast", seufzt sie ergeben und schüttelt den Kopf dabei.
„Irgendwann werde ich stark genug sein, um mich selbst zu retten", fügt sie eisern hinzu und ballt ihre Faust. „Bis dahin..", seufzt sie und drückt ihren Kopf noch fester in ihr Kissen. „Ich danke dir von Herzen, Midan", fügt sie seicht lächelnd hinzu und schielt zur Seite. Ihr Panther sowie Setto liegen dösend auf dem Boden, was ihr ein enormes Gefühl der Erleichterung verschafft.
Sie hatte es tatsächlich geschafft.
Sie hat Setto gefunden.
Sie ist ihrem Ziel einen großen Schritt näher gekommen. Ihre Freude darüber ist grenzenlos, doch sie versucht sich zu zügeln. Eliana starrt auf die Kleidung in Midans Hand und seufzt.
„Ich habe wohl schon wieder meine Kleidung ruiniert, nicht wahr?", jammert sie beschämt und schlägt sich die Hand über die Augen.
„Sie ist nicht beschädigt, lediglich schmutzig. Mach dir also keine Gedanken darüber", entgegnet Midan grinsend und setzt sich auf den Stuhl neben ihrem Bett.
„Dennoch..ich bereite dir immer nur Umstände", murmelt sie und sieht betreten zur Seite.
„Das ist wahr", bestätigt Midan mit gesenktem Blick, woraufhin die Blondine die Lippen schürzt. „Weißt du, normalerweise hättest du auch das verneinen sollen wenn du mich hättest aufmuntern wollen", nörgelt sie, was ihn schmunzeln lässt.
„Wäre dir eine Lüge also lieber gewesen?", fragt er spitz, was sie die Brauen zusammenziehen lässt.
„Nein, natürlich nicht", murrt sie und verschränkt die Arme vor ihrer Brust.
„Wie geht es jetzt weiter?", wechselt Midan das Thema und sieht sie nachdenklich an die Decke starren.
„Ich werde meine Schwester suchen. Sie ist hier im Königreich Trios, doch..", spricht sie ihre Gedanken laut aus.
„Doch Trios ist groß und du weißt noch immer nicht, wie man eine Karte liest, nicht wahr?", beendet er ihre Aussage lachend, was ihm einen Schlag gegen die Schulter einbringt.
„Mach dich nicht lustig über mich! Euer System der Kartographie ist ja auch wirklich kompliziert", kontert sie und schlägt ihm noch weitere Male gegen die Schulter.
„Ich werde schon irgendwie zurechtkommen. Ich habe schließlich den Schattenpanther an meiner Seite. Er wird sie finden", fügt sie nach ein paar Minuten der Stille hinzu.
„Sobald ich entlassen werde mache ich mich auf den Weg", meint sie und sieht Midan lächelnd entgegen, der betreten auf die Laken sieht.
„Ich habe ein wenig mehr Begeisterung erwartet. Schließlich wirst du mich dann endlich los sein. Sollte dich das nicht ein wenig mehr freuen?", lacht sie und sieht ihm fragend entgegen.
„Du hast Recht. Das sollte es wirklich", entgegnet er kopfschüttelnd, ehe er sich erhebt. Verwirrt sieht sie ihm dabei zu, wie er die frische Kleidung auf dem Regal ablegt.
„Der Älteste wünscht dich zu sehen, sobald es dir ein wenig besser geht", informiert er sie, woraufhin sie stumm nickt. „Solltest du etwas brauchen dann lasse nach mir rufen", fügt er hinzu und hebt zum Abschied winkend die Hand, als er auch schon aus der Tür schreitet. Skeptisch starrt sie auf die Holztür.
Ein seltsames Gefühl beschleicht sie. Sie kennt Midan noch nicht lange, doch irgendetwas scheint anders an ihm zu sein. Fast so, als würde ihn etwas beschäftigen.
Seufzend zuckt sie mit den Schultern.
Das ist nichts, was sie interessieren sollte. Er hat schließlich ein eigenes Leben. Sicher hat auch er ganz eigene Probleme.
Sie schlägt die Bettlaken zur Seite und steht vorsichtig auf. Sie hat die Geschehnisse des letzten Mals noch zu gut in Erinnerung, daher ist sie bemüht es langsam anzugehen. Auf wackeligen Beinen läuft sie auf das Regal zu und nimmt die Wechselkleidung in die Hand. Sie begutachtet die dunkelbraune Leinenhose, die in etwa den gleichen Schnitt hat, wie die Letzte, die sie trug. Auch das weiße Oberteil scheint dem alten zu ähneln. Sie fragt sich wirklich, wo Midan nur all die Frauenkleider hernimmt. Angestrengt schlüpft sie in die Leinenhose und bindet die Hosenbeine erneut eng zusammen. Das Oberteil stopft sie wieder in die Hose, da es sonst zu sehr umherflattert. Die Sandalen sind noch dieselben. Sie sehen ein wenig abgenutzt aus, doch sie waren erstaunlich bequem. Fertig angezogen kommt sie auf die beiden magischen Wesen zu, die nach wie vor die Augen geschlossen haben. Sachte streicht sie ihrem Begleiter über den Kopf, der augenblicklich beginnt laut zu Schnurren. „Du bist wirklich eine zu groß geratene Katze, nicht?", flüstert sie lachend und legt auch Setto eine Hand auf den Rücken. „Setto..bist du bereit Ember wiederzusehen?", fragt sie und sieht ihm dabei zu, wie er sich aufsetzt. „Habe noch ein wenig Geduld. Wir werden sie finden", fügt sie hinzu und erhebt sich wieder.
Sie steht neben dem Ältesten auf der altbekannten Sanddüne und sieht der Mittagssonne entgegen.
„Es freut mich, dass es dir besser zu gehen scheint", meint der Bärtige und hat die Hände hinter seinem Rücken verschränkt.
„Vielen Dank. Ich habe euch erneut Umstände bereitet und dennoch wurde ich wieder einmal versorgt", seufzt sie und verneigt sich schuldbewusst.
„Nun..es hat sich doch gelohnt, oder nicht? Du hast wonach du gesucht hast", entgegen er ihr lachend, woraufhin sie nickt. „Was hast du jetzt vor? Wirst du die Heimreise antreten?", fragt er interessiert.
„Nein, noch nicht. Ich muss meine Schwester finden. Sie ist eine Magierin des schwarzen Rings und befindet sich derzeit hier in Trios. Ich muss ihr von Prinz Karems Vorhaben berichten. Vielleicht ist sie genau deshalb hier, doch..ich muss ihr dennoch alles erzählen, was ich aufschnappen konnte. Es besteht die Möglichkeit, dass sie nicht ganz im Bilde ist. Ich kann nicht zulassen, dass ihr etwas zustößt", erklärt sie und starrt dem Horizont entgegen. „Ich verstehe. Es gibt nichts wichtigeres, als die Familie, nicht wahr? Gib gut acht auf sie", meint der Alte und sieht ihr lächelnd von der Seite entgegen.
„Das werde ich", murmelt sie und ballt ihre Hand zur Faust.
„Sobald du sie gefunden und ihr Bericht erstattet hast, kannst du gern bei uns in der Siedlung vorbeischauen. Auch dann muss es kein Abschied sein, Eliana. Du magst keine gebürtige Kestrel sein, doch wir heißen dich jederzeit herzlich willkommen bei uns", spricht er seine Gedanken laut aus, was Eliana ergriffen die Brauen heben lässt.
„Ich weiß eure Geste zu schätzen, aber-", beginnt sie, wird jedoch von seiner Handbewegung zum Schweigen gebracht.
„Dessen bin ich mir bewusst. Ich weiß um deine Ziele Bescheid. Auch, was du vorhast auf dich zu nehmen, sobald du wieder in deiner Heimat angekommen bist. Ich habe es dir bereits einmal gesagt..es erfordert ein hohes Maß an Selbstreflexion sich den Konsequenzen seiner Taten zu stellen. Nicht nur das..es braucht Mut dazu. Deine Absichten sind edel und ich werde jede deiner Entscheidungen unterstützen, völlig gleich, wie sie aussehen werden. Ich biete es dir lediglich an..nur für den Fall, dass du deine Meinung änderst", grätscht er dazwischen, was Eliana den Mund einen Spalt weit aufklappen lässt.
„Ich danke euch. Euer Angebot bedeutet mir viel, doch..ihr habt mir auch gesagt, dass der einfache Weg nie der Richtige sein kann. Um zu wachsen muss ich mich den Herausforderungen stellen. Ich habe noch viel vor mir. Ich muss noch vieles lernen, noch vieles verstehen", kontert die Blondine, was dem Alten ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen zaubert.
„Gebe gut acht auf dich, Eliana. Folge dem Weg, den du soeben angefangen hast zu beschreiten. Er wird wahrlich nicht leicht werden. Er wird steinig und voller Hürden, doch..wenn du dir diesen Moment im Herzen behältst kannst du alles schaffen, was du dir vorgenommen hast. Erinnere dich gut an dieses Gefühl. Es wird dir Hoffnung geben, sollte es einmal ausweglos erscheinen", meint er und beschwört ein Schattenloch neben sich. Wortlos zieht er einen braunen Lederrucksack hervor und drückt ihn ihr in die Hände. „Es schadet jedoch nicht ein wenig Hilfe für den Anfang zu haben", fügt er lachend hinzu, woraufhin er mit dem Finger schnippt. Midan erscheint aus den Schatten und verneigt sich tief. Verwirrt sieht sie zwischen den beiden her.
„Bringe sie in die Hauptstadt", weist der Alte Midan an, der stumm nickt. Eliana hingegen zieht scharf die Luft ein und hebt abwehrend die Hände vor sich.
„Nicht doch..ihr habt schon mehr als genug für mich getan. Midan sollte hier bei euch bleiben. Bei seinem Clan..bei seinem Bruder", stammelt sie.
„Es war Midans Wunsch dich zu begleiten. Ich habe dem nichts entgegenzusetzen. Dank dir haben die Kestrels nichts mehr vor den Konoda zu befürchten. Momentan brauchst du ihn mehr, als wir", erklärt der Älteste lächelnd, was Eliana entsetzt die Brauen heben lässt.
„Aber-", beginnt sie zu protestieren, als plötzlich Moran aus den Schatten springt. Auch er hat einen Rucksack auf den Schultern und stützt sich schwer atmend auf den Oberschenkeln ab.
„Ich will dich auch begleiten! Ich will mit euch kommen", presst er hervor und sieht ihnen mit glasigen Augen entgegen.
„Moran, ich bin stolz auf dich", richtet sein Bruder sein Wort an ihn und legt ihm eine Hand auf die Schulter, ehe er in die Knie geht. „Du bist tapfer und stark..doch..du bist noch zu jung, um uns zu begleiten. Es ist noch zu gefährlich für dich. Daher..bleibe hier. Werde größer und stärker. Trainiere dein Talent und zeige mir, was du kannst wenn ich wieder zurückkomme", fährt er fort und sieht ihm eindringlich in die Augen. Noch immer überrumpelt starrt Eliana auf die Szene vor sich. Seufzend rauft sie sich die Haare. Sie kann Midan nicht von seinem Vorhaben abbringen, dass ist auf Anhieb ersichtlich. So ernst hat sie ihn noch nie erlebt. Sie verspürt Erleichterung bei dem Gedanken Midan weiterhin an ihrer Seite zu haben, doch..wie könnte sie ihn von seinem Bruder trennen? Es stimmt, dass sie wohl bessere Chancen hätte..der Weg leichter wäre, wenn er bei ihr wäre, doch Moran ist noch so jung. Er braucht seinen Bruder.
„Ich sehe deine Zweifel. Du haderst sehr mit dir. Lass mich dir noch etwas sagen, Eliana", raunt der Älteste ihr zu, während die Brüder noch immer miteinander diskutieren.
„Jeder trifft seine eigenen Entscheidungen. So wie du deine Entscheidung getroffen hast, so hat auch Midan seine Wahl getroffen. Du kannst sie gut heißen oder ihn für töricht halten, doch das ändert nichts an seiner Entscheidung. Ich weiß, dass du Angst hast. Das Band der beiden ist stark. Sie haben das, was du zu erreichen versuchst. Daher..sieh zu und lerne von ihnen. Lerne, was es heißt ein geschwisterliches Band zu haben", fährt er fort, woraufhin die Blondine die Augen weitet. Ihre Gedanken verstummen und sie beginnt zu verstehen. Sie sieht Midans Ausdruck im Gesicht. Sie beobachtet ihn dabei, wie er seine Hand auf Morans Schulter abgelegt hat. Er übt Druck aus, doch es scheint Moran nicht einzuschüchtern. Sie sieht Morans glasige Augen, während er die Träger des Rucksacks enger umfasst. Die beiden haben wahrlich ein starkes Band. Sie sorgen sich umeinander. Sie lieben sich aufrichtig. Es ist, wie der Alte sagte. Sie haben genau das, was sie mit Ember haben will. Dennoch..ihr Herz wiegt schwer in ihrer Brust.
„Moran", wirft sie ein und schreitet auf den jungen Magier zu. Sie geht in die Knie und legt ihre Arme um ihn. Sie drückt ihn eng an sich und schließt die Augen für einen Moment.
„Ich danke dir..du warst mir eine große Hilfe. Ich bin gespannt darauf, was du in Zukunft noch erreichen wirst. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich dir dabei zusehen kann, wie du über deine Grenzen gehst. Doch bis es soweit ist musst du noch viel trainieren. Höre auf deinen Bruder. Ich denke auch, dass er lieber hierbleiben sollte. An deiner Seite. Doch er hat seine Entscheidung getroffen. Darauf haben weder du noch ich Einfluss. Statt uns zu wehren sollten wir uns ebenfalls unseren Zielen widmen", meint sie mit sanftem Blick und öffnet ihren Rucksack. Ein leises Lachen entkommt ihr, als sie ihre reparierte Uniform darin entdeckt.
„Als ich diese Uniform das erste Mal trug hatte ich nichts anderes im Sinn, als meine Schwester zu übertreffen. Ich wollte sie in Grund und Boden stampfen, weißt du. Ich habe nur schlechte Erinnerungen an die Uniform gehabt, bis ich deinem Bruder über den Weg lief", erklärt sie und umklammert den Stoff fest.
„Ich möchte noch viele weitere Erinnerungen sammeln. Ich möchte noch viel schönere Dinge mit ihr Verbinden", fährt sie fort und hält ihm die Uniform entgegen. „Deshalb..bitte ich dich sie für mich aufzubewahren. Der Tag an dem ich zu euch zurückkehren kann wird eine der schönsten Erinnerungen sein, die ich mit ihr verbinden kann. Ich weiß, dass du gut auf sie achtgeben wirst. Und wenn der Schmerz zu groß wird..wenn dich die Wut überkommt..wenn du das Gefühl hast aufgeben zu wollen..dann sieh dir die Uniform an. Erinnere dich daran, dass es noch etwas gibt, worauf man sich freuen kann. Das bessere Zeiten kommen werden", beendet sie ihre Aussage und sieht ihm lächelnd entgegen, während Moran stille Tränen die Wangen entlang rinnen .
„Ich..werde sie mit meinem Leben beschützen! Ich werde auf euch warten", schluchzt er und fällt ihr weinend um den Hals. Eliana weitet ihre Augen und legt zaghaft ihre Arme um den Magier. Fühlt es sich etwa so an, wenn man Kameraden an seiner Seite hat?
„Du wirst sehen..ich werde stark! Ich werde genauso stark, wie mein Bruder! Ich werde dich auch beschützen können!", japst er und vergräbt sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Elianas Sicht verschwimmt vor ihren Augen. Die Worte des Jungen hallen ihr im Ohr wieder. Sie wollte ihn doch nur beruhigen. Wieso also fühlt es sich nun so an, als hätte er sie beruhigt?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top