- Kapitel 151 -
Die Umgebung zieht langsam an ihr vorbei, während sie ihr Zepter heraufbeschwört. Unzählige Gedanken und Begegnungen huschen durch ihren Kopf.
Ember, ihre Eltern, der Schattenpanther, Midan und Moran, der Älteste der Kestrels und Setto. Sie kann nicht mit leeren Händen zurückkehren. Lieber lässt sie hier und jetzt ihr Leben in dem Wissen, alles getan zu haben, was in ihrer Macht stand.
Sie beißt die Zähne zusammen und umklammert ihr Zepter.
„Ich werde deinen Bruder mit meinem Leben beschützen. Das verspreche ich dir", hallen ihr ihre Worte wieder, woraufhin ihre neongelbe Aura sie umgibt.
„Wenn du nur einen von ihnen retten kannst..wirst du dich immer noch für meinen Bruder entscheiden?", erklingen Midans skeptische Worte, woraufhin sie in die Knie geht. Sie kann ihr Versprechen nicht brechen.
Auch wenn sie es anfangs in Betracht zog. Sie kann Moran nicht einfach sterben lassen. Das kann sie Midan nicht antun. Er ist doch alles, was er noch auf dieser Welt hat.
Sie selbst hat nichts mehr.
Ihre Ehre, ihr Ansehen, ihre Familie..sie hat nichts mehr zu verlieren.
Anstatt Moran sollte lieber sie sterben.
Ja, so ist es richtig.
Das ist das Beste.
Wieder einmal schämt sie sich.
Dass sie Midan dieses Versprechen mit Hintergedanken gab, quält sie. Sie wollte Setto unbedingt wiederfinden. Sie wollte ihn Ember so sehr zurückgeben, dass sie bereit war einen unschuldigen jungen Magier zu opfern.
Würde sie es denn nie lernen?
Würde Ember stolz auf sie sein, wenn sie das zulassen würde?
Mit Sicherheit nicht.
Sie muss Moran um jeden Preis beschützen. Midan wird sich um alles weitere kümmern. Das weiß sie. Sie ist sich sicher, dass er das tun wird. Er hat es ihr versprochen.
Und genauso wie sie nun ihr versprechen hält, so wird er auch seines halten.
Eliana blendet den Kodona, der Moran um Griff hat und lockert seinen Griff, weshalb dieser sich befreien kann und ungeschickt zu Midan stolpert. Es folgen mehrere Blitzattacken seitens der Magierin.
„Lauft!", brüllt sie den beiden zu, die sich für wenige Sekunden in den Armen liegen.
„Beeilt euch! Ich werde sie aufhalten solange ich kann!", schreit sie aus vollem Leib, während sie eine weitere Attacke vorbereitet.
„Werde ja nicht übermütig", zischt einer der Rotschöpfe und feuert einen Strahl aus Feuer auf die dunklen Magier. Hastig wirft Eliana sich vor die beiden und schreit schmerzverzehrt auf.
„Na los!", brüllt sie erneut und sieht Midan mit Nachdruck in die Augen.
„Geh und bringe alle in Sicherheit", fügt sie ächzend hinzu, ehe sie sich wieder aufrappelt. Der Blauhaarige fasst sich schockiert an den Mund. Er kann nicht fassen, dass sie sich selbst opfert. Gibt es denn keine Lösung? Keinen Ausweg?
Erbittert kneift er die Augen zusammen und packt Moran am Arm.
„Du bist mir eine", lacht der andere Feuermagier auf und stürmt mit gezückter Klinge auf sie zu. „Eliana!", entkommt es Moran, der wiederwillig von seinem Bruder davongezerrt wird.
„Schnell! Soll ihr Opfer etwa umsonst gewesen sein? Wir müssen zurück!", murrt er und rennt so schnell ihn seine Beine tragen können. Seine Gedanken überschlagen sich, während er mit Setto auf dem Arm und Moran im Schlepptau durch das Geäst hechtet.
„Wir müssen zurück! Wir müssen sie retten!", schreit Moran und zappelt wild umher. Midan kann nicht klar denken. Die Ereignisse überschlagen sich in seinem Kopf.
„Erinnerst du dich an dein Verpsrechen?", hallen ihm Elianas Worte wieder. „Sorge dafür, dass Setto nach Hause kommt. Bring ihn zurück!", erklingen ihre letzten Worte in seinen Gedanken. Wütend ballt er seine Faust.
„Schattenpanther!", ruft er und rennt dabei noch immer ziellos durch den Wald. „Schattenpanther!", brüllt er erneut und hört bekanntes Fauchen neben sich. Augenblicklich bleibt er stehen und setzt Setto auf seinen Rücken.
„Hör mir zu!", raunt er dem Panther entgegen, der seine Augen nach oben richtet.
„Bring den Fuchs zurück in die Siedlung! Nimm Moran mit und blicke nicht zurück! Hast du verstanden?", murrt er wütend und sieht dem edlen Tier tief in die Augen.
„Du musst dafür sorgen, dass die Beiden sicher in der Siedlung ankommen! Sobald du das geschafft hast..warte bis zum Morgengrauen. Sollten Eliana und ich bis dahin nicht zurück sein..lauf! Lauf mit dem Fuchs los, zurück nach Hause! Hast du gehört? Lass dich von nichts und niemandem aufhalten! Du musst ihn unbedingt nach Hause bringen", entkommt es ihm hektisch, während er seinen Dolch zieht.
„Ich werde Eliana retten", fügt er entschlossen hinzu.
„Hast du verstanden?", hakt er aufgebracht nach, woraufhin der Panther ergeben den Kopf senkt. „Gut, dann verliert keine Zeit! Moran, lauf!", befiehlt der Blauhaarige und rennt bereits los. „Aber..Midan!", ruft Moran ihm hinterher, doch dieser ist bereits zu weit entfernt.
Nichts könnte ihn mehr stoppen.
Eliana hat ihr Versprechen tatsächlich gehalten. Sie hat Moran gerettet und ihr Leben dafür aufs Spiel gesetzt.
Dass es soweit kommen musste..
Er beißt die Zähne zusammen. Sie hat seinem Clan bereits einmal das Leben gerettet. Dieses Mal ist er an der Reihe sie zu retten. Er würde Himmel und Hölle dafür in Bewegung setzen. Dunkle Schleier entkommen seinem Körper, umhüllen ihn gänzlich. Wütend zieht er die Brauen zusammen.
„Eliana..bitte..sei noch am Leben", flüstert er und beschleunigt sein Tempo.
Währenddessen wird Eliana hoch durch die Luft geschleudert.
„Von einer Energiemagierin Adarons habe ich weitaus mehr erwartet", lacht einer der Rotschöpfe und feuert eine weitere Attacke auf sie, der sie nur knapp ausweichen kann. Erschöpft kauert sie am Boden und verkneift sich ihre Tränen. Ihr ganze Körper schmerzt, doch sie kann es sich nicht leisten ernst zu machen. Sie muss den anderen einen Vorsprung verschaffen. Sollten noch mehr Konoda hierauf aufmerksam werden, werden sie Setto zurückholen. Auch wenn einige von ihnen als Eskorte des Prinzen aus dem Dorf gingen..der Rest wird Midan und Moran töten.
Das darf sie nicht zulassen.
Deshalb lässt sie sich von den beiden Möchtegernmagiern so zurichten. Sie muss verhindern, dass man die anderen schnappt. Ächzend quält sie sich zurück auf die Beine und schwingt ihr Zepter. Es gibt nichts, was sie seit ihrer Läuterung bereut. Nichts, was sie seither anders machen würde. Natürlich würde sie die Zeit gern zurückdrehen und Ember von Anfang an eine gute Schwester sein. Sie würde ihr zur Seite stehen und sie unterstützen.
Doch das tat sie nicht.
Und wenn das nun die Strafe hierfür ist, begrüßt sie sie mit einem Lächeln. Wenn sie hiermit auch nur einen kleinen Teil ihrer Gräueltaten wiedergutmachen kann, dann lässt sie sich gern von den Konoda vernichten. Sie verzieht die Augen und spürt einen Stich im Herzen. Es ist nur..sie wäre gern diejenige gewesen, die Setto zurück nach Hause gebracht hätte. Sie wäre gern diejenige gewesen, die Ember reuevoll entgegentritt. Sie hätte sie gern persönlich um Vergebung gebeten. Auch wenn sie weiß, dass sie ihr das niemals verziehen hätte. Dennoch..sie wollte sich all dem stellen. Sie wollte die Konsequenzen wirklich übernehmen. Sie wollte nicht mehr davonlaufen, ihrer Schwester beweisen, dass sie es bereut. Doch scheinbar ist ihr das nicht vergönnt. Alles, was sie jetzt noch tun kann ist so würdevoll zu sterben, wie es ihr möglich ist. Den anderen dabei soviel Zeit zu verschaffen, wie es geht.
Sie weicht einigen Feuerbällen aus und landet unsanft auf dem Boden.
Ob es ihrem Panther gut gehen wird?
Ob er sich an Midans Seite wohlfühlen wird? Trauer überkommt sie.
Sie hatte ihm noch nicht einmal einen Namen gegeben.
Nichts von ihr wird übrig bleiben.
Er wird sie vergessen, so als hätte es sie nie gegeben.
Vielleicht ist es besser so.
Er wird ein besseres Leben an Midans Seite haben. Er wird ihn stets mit Futter versorgen. Er wird ihm Schutz bieten können. Schließlich ist er ein dunkler Magier. Schattenwesen spüren eine ganz besondere Verbindung zu ihnen. Anders, als ihre Verbindung zu ihm.
Hustend windet sie sich unter dem Griff des Feuermagiers, der sich bedrohlich über sie beugt. „Bitte..passe gut auf ihn auf", haucht sie und sieht dabei apathisch in den Nachthimmel.
„Sind das etwa deine letzten Worte?", triezt der Rotschopf lachend und lässt einen Feuerball auf seiner Handfläche erscheinen.
„Das ist dafür, dass du Tosan und die anderen getötet hast. Ich hoffe, dass du in der Hölle schmorst", zischt der Feuermagier zornig und holt bereits aus, als ihm plötzlich der Arm abgetrennt wird. Ein unsagbar schmerzverzehrter Schrei erfüllt die nächtliche Stille, als Midan schwer atmend vor Eliana tritt. Breitbeinig steht er vor ihr und sieht den beiden wütend entgegen.
„Die Hölle ist für euch reserviert", murrt er und geht in die Angriffsposition über. Eliana hingegen ringt nach Luft und fasst sich hustend an den Hals.
„Midan..", röchelt sie und sieht ihm fassungslos entgegen.
„Keine Sorge. Den anderen geht es gut. Sie sind schon fast zu Hause", beruhigt er sie, woraufhin sie erleichtert zurück auf den Boden sinkt. „Wieso bist du..", ächzt sie und bringt ihren Puls unter Kontrolle.
„Ich sagte doch..wir werden schon einen Weg finden, wie wir hier alle heil rauskommen. Dich zurückzulassen war nie eine Option", kontert er und sieht den beiden Feuermagiern starr entgegen.
„Du bist ein Idiot..wir haben keine Chance gegen sie..nicht ohne zu viel Aufsehen zu erregen", meint sie und richtet sich allmählich wieder auf. „Hast du vergessen, was sie den Kestrels antun werden, sobald sie wissen, dass ihr damit zu tun habt?", entkommt es ihr fassungslos, doch Midan hat nach wie vor seinen Dolch erhoben.
„Das habe ich nicht. Doch ich kann nicht zulassen, dass du stirbst. Der Älteste wird das sicher verstehen. Wir werden schon mit ihnen fertig. Mach dir darüber keine Gedanken. Steh auf und kämpfe. Kämpfe mit voller Kraft!", brüllt er und sieht ihr eindringlich entgegen.
„Wenn es sein muss vernichte sie alle, doch senke niemals den Kopf. Gib nicht auf. Weißt du nicht mehr? Du hast noch etwas zu erledigen. Soll ich dir das wirklich abnehmen? Ich dachte du willst dich den Konsequenzen stellen..nicht mehr davonlaufen..", entgegnet er ihr ausdruckslos, was ihre Wut entfacht. Grinsend wischt sie sich das Blut aus dem Gesicht.
„Wie könnte ich..", murmelt sie und sieht den beiden wahnhaft grinsend entgegen.
„Lass sie uns gemeinsam fertig machen. Wir beide. Du und ich", meint er entschlossen und umgreift seine Klinge fester. „Egal wie viele sich uns in den Weg stellen werden..wir werden nicht eher ruhen, bevor nicht jeder einzelne von ihnen schweigt", fügt er hinzu, woraufhin Eliana einen tiefen Atemzug nimmt.
„So sei es", haucht sie und ruft ihr Zepter zu sich, welches einige Meter weit neben ihr auf dem Boden liegt.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top