- Kapitel 118 -

Der Abend hat sich in eine gemütliche Richtung entwickelt. Beide Trupps sitzen versammelt im Speisesaal und begießen die heutigen Trainingskämpfe mit Alkohol.
Bilder von Kayrian und Arryn kommen mir in Erinnerung.
Auch mit ihnen habe ich solche Situationen bereits erlebt und auch mit ihnen fühlte sich alles so unbeschwert an. Eine Schande, dass ich die Momente nicht zu würdigen wusste, als ich sie durchlebte. Chronus erinnert mich stark an Arryn, was sein Trinkverhalten angeht. Auch der Duttträger genießt den Abend lieber mit Wasser, als mit Bier. Ich hingegen habe mich von Dewi und Darko dazu hinreißen lassen mir ein Glas Wein zu genehmigen. Die beiden haben bereits ein wenig zu tief in den Krug geschaut, weshalb sie bei jeder Kleinigkeit in Gelächter ausbrechen. Salem unterhält sich derweil ebenfalls mit einem Glas Wein in den Händen mit einem schwarzhaarigen Magier aus Levions Trupp. Wenn ich mich korrekt erinnere lautet sein Name Chrom. Die beiden sprechen über die letzten Vorkommnisse und Aufträge der Truppen, weshalb ich mich galant anderen Gesprächen widme.
Als ich mich so umsehe fällt mein Blick auf den braunhaarigen Magier, den ich noch vor wenigen Stunden im Trainingskampf besiegte. Sicheren Schrittes kommt er auf mich zu und bleibt neben Dewi, Darko und mir stehen.
„Willst du nicht anstoßen?", richtet er ebenfalls bereits beschwipst die Frage an mich, weshalb ich irritiert die Brauen hebe.
„Gerne doch", entgegne ich und hebe mein Glas. „Du bist die Feuermagierin, die das Duell dieses Jahres gewonnen hat, richtig?", hält er das Gespräch am Laufen, woraufhin ich nicke. „Ich habe ein paar deiner Kämpfe während der Etappen verfolgt", meint er grinsend, ehe sein Ausdruck sich erneut ändert. „Auch da warst du schon so hinterhältig", zischt er angesäuert und wendet eingeschnappt den Blick ab. „Hätte ich dich heute Nachmittag schon erkannt, wäre es mein Sieg geworden, klar!", fügt er murrend hinzu, woraufhin ich mich nicht länger halten kann und leise auflache.
„Mit Sicherheit", presse ich zwischen zwei Lachern hervor und werde mit verengten Augen gemustert.
„Ich will eine Revanche!", meint er und pickst mir mit dem Zeigefinger gegen die Schulter. Chronus tritt hinzu und umgreift seine Schulter, woraufhin der Braunhaarige sich überrascht nach hinten wendet.
„Du hattest deine Chance, Kilan", meint der Blondschopf, woraufhin Kilan das Gesicht verzieht.
„Tch, du willst doch nur nicht noch länger warten ehe du gegen sie antrittst", entgegnet er mit erhobenem Finger.
„Unsere Ember ist wahrlich ein Talent. Kein Wunder, dass sich jeder um sie streitet", lallt Dewi kichernd und lehnt sich an meine Schulter. „Ganz recht. Es ist ein Privileg gegen sie antreten zu dürfen", pflichtet Darko ihm bei und schürzt spitzbübisch die Lippen. „Gegen eine kleine Gebühr lässt sich da allerdings ganz gewiss etwas einrichten", raunt er ihnen zu, woraufhin sich nicht nur ihre Brauen vor Verwunderung heben. „Hey, ich bin doch keine Ware, die man auf dem Basar versteigert", zische ich und verschränke meine Arme vor der Brust. Die beiden verfallen erneut in Gelächter und auch Kilans Mund verzieht sich zu einem unterdrückten Lächeln. „Kilan hat nicht unrecht. Ich freue mich wirklich auf unseren Kampf", wirft Chronus nun ausdruckslos ein und zieht somit alle Augenpaare auf sich.
„Pfft, solange es nur der Kampf ist auf den du dich mit ihr freust", kontert Darko, als auch Dewi zustimmend nickt.
„Solltest du dich aber auf irgendetwas anderes freuen..", fügt der kleine Blondschopf hinzu, während sich sein und Darkos Gesicht verdunkeln. Chronus hebt abwehrend eine Hand vor sich und schüttelt den Kopf.
„Ich weiß ja nicht, was ihr für Gedanken habt, doch ich bin keineswegs so ehrlos, wie ihr. Ich erkenne lediglich ihre Stärke als Magierin an und möchte mich mit ihr messen", erklärt er mit ausladender Handbewegung. Entspannt lehnen sich die beiden Trunkenbolde wieder nach hinten, ignorieren unerwarteterweise die Beleidigung und zucken beide mit den Schultern. „Dann ist ja gut. Wir wollten nur sichergehen, dass ihr wisst, was passiert sollte jemand unserer Ember zu nahe kommen", erklärt Darko und verschränkt seine Hände hinter dem Kopf.
„Wir können wirklich zwei sehr ungemütliche große Brüder sein, wenn ihr versteht", fügt Dewi mit engelsgleichem Lächeln hinzu und zieht mich zu sich während er einen Arm fest um mich legt. Seufzend schüttle ich den Kopf und fasse mir mit zwei Fingern an die Stirn.
„Dewi..ich bin älter, als du", murmle ich, was den Blondschopf wieder unkontrolliert lachen lässt. Chronus Gesichtszüge hingegen sind sanfter geworden, während er seine Hände hinter seinem Rücken verschränkt.
„Es freut mich, dass du so gute Kameraden an deiner Seite hast", meint er und räuspert sich schnell. „Auch wenn ich eine so begabte Magierin lieber in unserem Trupp gehabt hätte", fügt er hastig hinzu und schreitet mit genervtem Blick davon. Dewi streckt ihm die Zunge raus und Darko äfft den Duttträger lächerlich schlecht nach.
„Ihr zwei..", seufze ich kopfschüttelnd und kann mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Kann ich euch für einen Moment allein lassen? Ich möchte mir noch etwas einschenken", richte ich die Frage an die beiden, woraufhin sie mir ihre leeren Krüge entgegenstrecken.
„Kannst du uns auch Nachschub bringen?", lallen sie mir synchron entgegen, woraufhin ich meine Augen verdrehe und auch ihre Krüge an mich nehme.
Diese Saufbolde..die sind ja noch schlimmer, als Kairyan.

Als ich durch den Speisesaal schreite fällt mein Blick auf Hera, die sich anzüglich an einen Magier schmiegt, während auch ihr Blick bereits ein wenig trüb vom Alkohol geworden ist. Seine Wangen erröten und er wagt es einen Arm um sie zu legen. Auch einige andere Magier richten ihre Blicke auf sie. Hera ist zugegebenermaßen eine Schönheit. Doch gerade deshalb sollte sie sich vielleicht nicht so anbieten.
Zunächst verziehe ich peinlich berührt mein Gesicht, doch schnell fallen mir Salems Worte wieder ein. Sie hatte es nicht leicht im Leben. Jahrelang so bevormundet und kontrolliert zu werden hinterlässt eben einen Drang zur Rebellion. Sie soll ihr Leben genießen und wenn das ihre Art und Weise ist will ich nicht über sie urteilen. Schließlich habe auch ich einige Eigenschaften an mir, die ich aufgrund meiner Vergangenheit entwickelt habe. Alles hat eben seine Schattenseiten.
Jasper sitzt unweit von ihr am Tisch und spielt mit seinem Glas, während zwei junge Magierinnen um seine Gunst kämpfen. Irritiert hebe ich eine Braue, da es ihn absolut nicht zu kümmern scheint. Sein Blick huscht lediglich immer wieder zu Hera, ehe er erneut ausdruckslos auf sein Glas starrt. Meine Augen weiten sich ein Stück, als ich verstehe, was das zu bedeuten hat. Ich presse meine Lippen aufeinander und schlendere weiter in die Küche. Armer Kerl, denke ich kopfschüttelnd und greife mir die gläserne Karaffe, die man mit Wein befüllt hat, um ihn atmen zu lassen. Die Krüge stelle ich neben mich auf den Tisch, als Salem den Raum betritt.
„Spielst du heute die Kellnerin für unsere zwei Sauf-Weltmeister?", erklingt sein melodisches Lachen woraufhin ich seufzend nicke.
„Die beiden sind wirklich wie ein Fass ohne Boden", entgegne ich lachend.
„Schenkst du mir auch noch ein Glas Wein ein?", bittet er und hält mir sein Glas entgegen. „Natürlich", meine ich und befülle auch sein Glas mit der roten Flüssigkeit.
„Du scheinst dich prächtig zu amüsieren", werfe ich nun in den Raum, da er anfangs nicht sonderlich begeistert von der Idee war, Levions Einladung anzunehmen.
„Überraschenderweise amüsiere ich mich tatsächlich, danke der Nachfrage", kontert er grinsend und lehnt sich an den Tisch hinter mir. „General Sorins Männer sind in der Tat sehr angenehm wenn man Chronus mal außen vor lässt", fügt er scherzend hinzu, weshalb ich ihm einen Schlag gegen die Schulter verpasse.
„Auch Chronus ist sympathisch sobald man ihn versteht und sich an seine Art gewöhnt hat", kontere ich lachend und ernte ein Grinsen seinerseits.
„Du verstehst dich von uns wirklich am besten mit ihm. Ich habe euch mehrmals auf dem Trainingsareal gesehen. Trainiert ihr zusammen? Muss ich mir Gedanken machen, dass du deinen Lehrmeister auswechseln willst?", fragt er gespielt theatralisch, woraufhin ein erneuter Schlag gegen seine Schulter folgt.
„Mach dich nicht lächerlich. Ich würde dich gegen niemanden auf der Welt eintauschen wollen", entgegne ich mit einer Selbstverständlichkeit in der Stimme, die ihn sprachlos werden lässt. Seine Wangen färben sich rötlich ehe er zur Seite blickt.
„Ich danke dir. Das bedeutet mir viel", murmelt er verlegen und kratzt sich am Hinterkopf. Verwirrt über seine plötzliche Scheuheit schiele ich zu ihm herüber.
„Nun das freut mich, doch ich bin wohl kaum die erste Magierin, die du unterrichtest. Deine Lehrmethodik ist zu ausgereift, als dass du es zum ersten Mal tun würdest", meine ich und überreiche ihm sein Glas, ehe ich mein eigenes befülle.
„Dein Scharfsinn ist wirklich bemerkenswert", lacht er auf und starrt auf den Inhalt seines Glases. „Dennoch bist du die Erste, die mir lobende Worte entgegenbringt", offenbart er und sieht mir von unten herab entgegen.
„Ist das wahr? Das kann ich mir kaum vorstellen", halte ich dagegen und fasse mir nachdenklich ans Kinn.
„Es mag stimmen, dass man sich an deine Art zu unterrichten erst gewöhnen muss. Vor allem wenn man zuvor von jemand anderem unterrichtet wurde, doch sobald man deine Lehren versteht ist es kein großes Problem deine Anweisungen umzusetzen", füge ich hinzu und lehne mich an die Theke gegenüber von ihm. „Erinnerst du dich an unser Gespräch heute Nachmittag?", fragt er plötzlich aus heiterem Himmel, weshalb ich stumm nicke.
„Nun..auch ich habe einige unschöne Erfahrungen mit meiner Familie gemacht. Wie du bereits weißt habe ich noch drei Brüder. Alle ebenfalls sehr talentiert auf ihrem Gebiet. Als derjenige unter uns, der die größte Affinität zum Kampf entwickelt hat war es meine Aufgabe sie zu unterweisen. Ich muss gestehen, dass ich in jungen Jahren wirklich nicht sonderlich gut in Worte fassen konnte, was ich von ihnen verlangt habe. Jedes Mal wenn ich zur Rechenschaft gezogen wurde, weshalb meine Brüder nach wie vor keine Erfolge erzielen konnten, schob ich es auf ihre Unfähigkeit. Bitte versteh mich nicht falsch. In dem Moment empfand ich es wirklich so. Erst Jahre später verstand ich, dass nicht sie unfähig waren, sondern ich. Die Einsicht kam allerdings reichlich spät. Aufgrund der Situation wurde ich als schwarzes Schaf der Familie angesehen. Ich würde meinen Brüdern nicht helfen wollen, ich sei neidisch auf ihre Fähigkeiten, hieß es. Angst hätte ich gehabt..Angst davor, dass sie mich abhängen würden sollten sie zusätzlich auch noch hervorragende Kämpfer werden. Ich wäre nichts weiter, als der hirnlose Sprössling, der sich den ganzen Tag nur prügeln wollte. Viele unserer Bediensteten zeigten mir aufgrund dessen ihre Abneigung. Auch unsere Eltern sahen mich in Momenten, in denen sie sich unbeobachtet fühlten, mit Argwohn an. Meinen Brüdern entging dies selbstverständlich nicht. Mit der Zeit wurden sie immer unverschämter, in dem Wissen sich mehr erlauben zu dürfen als ich. Ich glaube das gesamte Haus Raion war erleichtert, als ich mich dem schwarzen Ring anschloss, da sie mich nicht länger erdulden mussten", weiht er mich in seine Geschichte ein, woraufhin sich meine Augen weiten. „Deshalb verstehe ich dich auch so gut. Du hast es ebenfalls nicht leicht mit deiner Schwester. Ich kann deine Gefühle durchaus nachvollziehen, da es mir nicht anders erging, als dir", fährt er fort und lacht im nächsten Moment leise auf. „Wobei ich zugeben muss, dass deine Schwester auf einer ganz anderen Ebene zu stehen scheint, als meine Brüder", fügt er lachend hinzu und vollführt eine abtuende Handbewegung.
Stumm senke ich den Blick und lasse mir seine Worte durch den Kopf gehen.
„Salem es tut mir sehr leid zu hören, wie ungerecht du behandelt wurdest. Auch wenn du wahrlich kein sonderlich talentierter Lehrmeister gewesen sein magst, so ist das noch lange kein Grund dir solche Dinge zu unterstellen", beginne ich und komme ein paar Schritte auf ihn zu, während sein Lachen verstummt.
„Ich habe vieles von dir gelernt und bin dir sehr dankbar für deine Zeit. Dank dir habe ich eine neue Angriffstechnik entwickeln können. Deine Geduld mit mir ist ebenfalls nicht außer Acht zu lassen. Du gibst dein Bestes und versuchst mich wirklich weiterzubringen Das allein macht dich zu einem guten Lehrmeister", fahre ich fort und lege aufmunternd meine Hand auf seine Schulter. Fassungslos blickt er auf mich herab, da er mich um einiges überragt, während sein Mund sich einen Spalt weit öffnet.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top