25. Kapitel

Seitdem wir das Badezimmer verlassen haben, haben wir Nicks Zimmer nur für das allernötigste verlassen. Und das nicht mal vollständig bekleidet. Schließlich hatten wir einiges nachzuholen. Und Gott. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr mir das gefehlt hat.

Und das Beste ist, die nächsten Wochen gehören nur uns.

Wenn wir nicht wollen, müssen wir die Wohnung und vor allem das Bett nicht verlassen. Aber wir können es! Wir können gemeinsam vor die Tür gehen. Hand in Hand oder küssend und das in aller Öffentlichkeit.

Aber das kann warten. Heute steht das nicht auf der Tagesordnung. Denn wenn ein solch überaus durchtrainierter Körper einem liegt, der einem das Wasser im Mund zusammen laufen lässt, verlässt man das Bett nicht. Und schon gar nicht, wenn der Mann, der zu dem Körper nackt ist und sich von hinten an einen schmiegt.

Das einzige, dass die ganze Sache noch perfekter machen könnte, wenn wir die Wohnung nicht mit zwei weiteren Männern teilen müssten, die seit Stunden an der Tür vorbeischleichen würden. Unten am Türschlitz sieht man sie für ein paar Sekunden verharren, aber keiner von ihnen traut sich zu klopfen. Besser so für sie. Bei diesem Gedanken muss ich grinsen.

Ich mag die beiden wirklich gerne und ihnen und Natalie verdanke ich, dass Nick und ich wieder da sind, wo wir hingehören, doch ich bin noch nicht bereit Nick zu teilen. Ich will unsere Blase nicht verlassen, die aus Kuscheln, Liebesbekundungen und Sex besteht.

Und wieder erscheinen Schatten.

„Meinst du, die zwei wollen, dass wir aus dem Zimmer kommen?", kichere ich, während ich mit dem Kopf auf Nicks Brust liege und mit den Fingern Kreise ziehe. Nick tut es mir gleich auf meinem Rücken. Seine Haare sind so zersaust, wie schon lange nicht mehr. Es sieht nach Spaß aus und das gefällt mir gut.

„Scheint ganz so", grinst Nick und sieht an mir vorbei zur Tür. „Aber sie trauen sich nicht zu klopfen", stellt er das offensichtliche klar und erhebt sich langsam unter mir.
„Was hast du vor?", will ich wissen und ziehe die Decke hoch, um alle wichtigen Stellen meines nackten Körpers zu verdecken.

„Ich will wissen, was sie wollen", sagt Nick und zieht seine Boxershorts über. Leicht bekleidet läuft er durch das kleine Zimmer und horcht mit dem Ohr an der Tür.

„Hörst du etwas?", nagt es nun auch an meiner Neugier und ich schnappe mir ein T-Shirt von Nick, samt meiner Unterwäsche und schleiche mich auf leisen Sohlen zu ihm.

„Ich finde, wir sollten einfach klopfen und das Zimmer stürmen", hören wir Fredie auf der anderen Seite der Tür flüstern.
„Ja, immerhin ist es schon 19 Uhr, sie sollten fertig sein", kommt es von Kilian.
„Aber Toni ist erst 18, sie hat längeres Durchhaltevermögen, als die Alten, die du abschleppst", lacht Fredie, gefolgt von einem dumpfen Schlag.
„Du bist so ein Idiot, weißt du das?", beleidigt Kilian ihn. Dem zum Urteil muss er Fredie eine gescheuert haben.
„Das tat weh!", beschwert sich Fredie. Nick und ich können uns nur schwer ein Lachen verkneifen.
„Gut so!"
„Ihr seid solche Kinder. Weg da, ich klopfe jetzt", mischt sich eine weibliche Stimme ein, die eindeutig zu Natalie gehört. Ihre zarten Schritte kommen näher und klopft zaghaft an die Tür.

„Nick? Toni?", ruft sie durch die Tür, doch öffnet sie nicht. Nick legt mir einen Finger auf den Mund, um mir zu symbolisieren, ihr nicht zu antworten.
„Wollt ihr was mit uns bestellen? Wir dachten an Sushi."

Nicks Grinsen wird immer breiter und noch bevor sich Natalie an der Tür zu schaffen machen kann, greift Nick nach der Türklinke und hält sie fest. „Was machst du da?", wispere ich trotz Nicks Finger an den Lippen und wandere zwischen dem fetten Grinsen und seiner Hand hin und her. Soll das ein Spiel werden? Mit einem „Psscht", gibt er mir nochmal zum Verstehen, still zu bleiben.

Wie aufs Stichwort, will Natalie die Klinke herunterdrücken, doch Nicks Hand leistet Widerstand. Wieder versucht es Natalie, doch keine Chance. Nick hält fest, bis sie so heftig an der Tür zieht und er die Tür öffnet.
„Buuh!", erschreckt er sie und Natalie lässt einen lauten, quietschenden Schrei los.

„Boar Nick! Jedes Mal wieder, was soll das?", macht sie ihn an und der Schreck steht ihr noch immer ins Gesicht geschrieben.
„Und jedes Mal, fällst du aufs Neue hinein", lacht sich Nick kaputt und ein schallendes Lachen erklingt, in das Kilian und Fredie mit einsteigen.
„Toll, vielen Dank auch und so was nennt sich Lehrer", verdreht sie die Augen. „So dankst du mir, dass ich dir Toni wieder zurückgeholt habe", belehrt sie ihn und boxt ihm gegen die Brust. Doch anstatt ihm wegzutun, prallt der Schlag einfach an ihm ab. Natalie ist noch ein ganzes Stück kleiner als ich und es gleicht einem Witz.

„Ach Natalie, sei kein Spielverderber", hält er sie am Arm zurück. „Ich bin die unsagbar dankbar, dass du den Schritt gegangen bist und Toni hier hergebeten hast, das weißt du doch", erklärt er sich und das Lachen wandelt sich in ein ehrliches Lächeln. „Aber du fällst wirklich jedes Mal darauf rein, ich konnte nicht anders." Gespielt beleidigt streckt Natalie ihm die Zunge raus und dampft ab. Als sie an der Küche ankommt, dreht sie sich jedoch wieder um. „Wollt ihr jetzt auch was essen oder nicht?"

Nun kann auch ich nicht mehr anders und muss über diese absurde Aktion schmunzeln. Und ich glaube, die Zeit hier in der WG wird unvergesslich.

„Ich bin noch gar nicht richtig dazu gekommen, mich bei dir zu bedanken, Natalie", beginne ich und setze mich mit meinem Teller voll Sushi aufs Sofa. Zwar war ich letztes Wochenende bereits hier, doch an meinem kurzen Besuch hatte ich völlig andere Sorgen im Kopf, als mich bei ihr oder Kilian und Fredie zu bedanken. Wären sie nicht gewesen, dann wäre ich jetzt womöglich in einer Beziehung mit Tim und alles andere als glücklich. Aber jetzt bin ich glücklich. Mehr als das. Überglücklich.

„Keine Ursache", tut sie die Sache ab, als wäre es eine Leichtigkeit gewesen. „Und ich habe das nicht nur für dich getan. Nick war wirklich fertig und alles andere als gut gelaunt. Diese Scherze von eben, die stammen aus Uni Zeiten und davon war in den ganzen Monaten, seit dem er wieder hier ist keine Spur. Sie haben erst wieder vor einer Woche angefangen, seitdem du an seinem Geburtstag hier warst", erklärt sie mir und nimmt ein Stück ihres rohen Fisches mit den Stäbchen auf und schiebt es sich in den Mund.

Verletzt und zutiefst erleichtert, lasse ich die angestaute Luft aus meinem Mund entweichen. Wir haben beide so sehr unter dieser Trennung gelitten, wie es scheint, Nick noch mehr als ich. Ich hatte zumindest, eine kleine Ablenkung, die sich als gigantischer Fehler entpuppte.

„Als ihr an Neujahr hier ward und wir dich unter deiner falschen Identität kennengelernt haben, war ich mehr als skeptisch, dir gegenüber und als Nick sich wie ein Haufen Elend verhalten hat, war ich mir mit dir noch unsicherer. Klar, er hat uns alles erzählt, aber dennoch. Nick ist einer meiner besten Freunde und ihn so zusehen, war alles andere als einfach", erzählt sie weiter.

Ihre Worte sind hart und verletzten mich, aber sie sind wahr.

„Aber wie er in der letzten Woche aufgeblüht ist, weil die Hoffnung bestand, dass du und er wieder zusammenfindet, das hat mir bewiesen, dass es richtig war, dir zu schreiben. Du tust ihm so gut und er scheint seine Freude am Leben wieder gefunden zu haben. Ich meine, schau dir die drei doch mal an", deutet sie mit einem Schmunzeln auf den Lippen zu Kilian, Fredie und Nick, deren Blicke starr auf den Fernseher gerichtet sind und sich über einen Witz nach dem anderen von einer Serie lauthals wegwerfen. „Das sehe ich zum ersten Mal wieder an ihm."

„Ich..ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, außer vielleicht.."
„Du musst gar nichts dazu sagen. Ich bin mir zu 100% sicher, dass es dir in der Zeit eurer Trennung ebenfalls schlecht ging und da du jetzt bei seinem Anblick, wie ein Honigkuchenpferd grinst, überglücklich bist", vollendet sie meine Gedanken und mehr als ein leichtes Nicken bringe ich nicht hervor.

„Ich wünsche euch zwei nur das Beste, ehrlich", beteuert sie und legt mir bestätigender Weise eine Hand auf die Schulter.

Und ich sollte Recht behalten. Die Wochen, die ich mit Nick und seinen Freunden hier in Köln verbringen durfte, waren der reinste Wahnsinn und werden niemals in Vergessenheit geraten.

Ich durfte so viel von Köln sehen, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich von Berlin, in dem ich schon mein Leben lang lebe, so viel erlebt habe.

Es wurde zu unserer Routine, dass wir Donnerstag nach der Arbeit von Kilian und Fredie uns in der Boulderhalle getroffen haben, in der sie schon seit je her Stammkunden sind. Nach kürzester Zeit, konnte ich Kilian und Fredie sogar in den Routen schlagen, an denen sie schon seit Wochen verzweifeln. Wie man sich vorstellen kann, haben sie sich grün und blau geärgert. Sie schoben es darauf, dass ich deutlich kleiner, zierlicher und leichter war als sie. Einen anderen plausiblen Grund, konnten sie sich nicht vorstellen. Nick und ich, hatten ihnen allerdings verschwiegen, dass wir zusätzlich dienstagmorgens bouldern gehen und ich geübt bin.

Immerhin haben sie sich darüber lustig gemacht, dass sie nachts durch gewisse Geräusche wach gehalten werden. Das konnte ich schlecht auf mir sitzen lassen.

Nick und ich haben es in vollen Zügen ausgenutzt, dass wir die Wohnung, ohne Einschränkung haben verlassen können. Ohne ungutes Gefühl Zeit in der Öffentlichkeit zu verbringen, war eines der schönsten Gefühle. Das uns keiner bei etwas Verbotenem erwischte.

Obwohl es, zugegebenermaßen, mehr als reizvoll war, im Kino, in einem dunklen Saal, mit vielen Menschen, zu fummeln. Wie zwei verliebte Teenager, die die Finger nicht voneinander lassen können. In gewisser Hinsicht, stimmt es wohl, dass das verbotene reizvoll ist. Von den Filmen haben wir leider sehr wenig mitbekommen, aber das war es alle mal wert.

Doch noch reizvoller ist es, nach dem Aufstehen, wenn Nick nicht gerade seine Pfannkuchen Skills auspackt, ein Café, nach dem anderen zu testen. Und wenn wir nicht gerade den Abend im Bett oder gemütlich mit den anderen gemütlich auf der Couch ausklingen lassen, besuchen wir Restaurants.

An den Wochenenden werden wir die meiste Zeit von Kilian und Fredie eingespannt. Freitags fallen wir in der Regel, in einem Club bis zum Sonnenaufgang herum. Der Samstagvormittag wird von Kopfschmerzen und Übelkeit begrüßt. Und weil das nicht reicht, werden Samstag Abend Leute in die WG eingeladen. Dabei ist der Vorteil, wenn es uns zu bunt wird, uns einfach in Nicks Zimmer zurückziehen. Denn ein Glück hat sein Zimmer ein Schlüssel.

Am Sonntagmorgen, als Wiedergutmachung, bereiten die beiden und Natalie ein breit gefächertes Katerfrühstück vor. Nach dem zweiten Sonntag in der WG, versicherte ich ihnen, dass sie das nicht jedes Mal zu machen brauchen, kurz darauf erfuhr ich, dass das ihr Ritual sei. Nicks Freunde sind einfach sympathisch.

Und endlich, wurde ich in das Geheimnis eingeweiht, was es mit dem ganzen Sirup neben der Kaffeemaschine auf sich hat. Das scheint ein neues Hobby von Kilian und Natalie zu sein. Nick sagt, sie seien verrückt, dass sie den Kaffee so verunstalten. Natalies und Kilians Aussage, dass sie mit Starbucks in Konkurrenz treten wollen, schien für mich, mit Restalkohol im Blut plausibler. Geschmeckt hat es dennoch nicht. Thea fände die Idee, sicher top. Davon muss ich ihr erzählen.

Darauf folgten meist faule Tage in der Wohnung, bzw. im Bett. Nackt. Mit viel Sex. Was auch sonst?

An den richtig heißen Tagen, haben wir uns eine Tasche gepackt und haben uns, mit so vielen anderen Menschen ans Rheinufer gelegt, das kühle Nass genossen und in der Sonne gebraten.

Eben ganz normale Dinge, die ein Paar unternimmt.

Zur Überraschung an meinem Geburtstag, hat Nick, gemeinsam mit Natalie, meine Lieblingstorte gebacken. Eine Schwarzwälder Kirschtorte. Nicks alleiniger, erster Versuch, ging dermaßen in die Hose, dass Natalie das Spektakel nicht länger mit ansehen konnte und die Küche vor einem Brand bewahren musste.

Tage zuvor fragte mich Nick immer wieder, ob es etwas gäbe, dass ich mir wünsche, aber ich konnte ihm nichts sagen. Ich bin wunschlos glücklich, dass es für andere zum Kotzen sein muss, uns zu sehen.

Wir haben uns einfach einen schönen Tag gemacht. Die letzten Wochen waren Geschenk genug.

Doch eines der größten Herausforderung für mich war es, durch einen unangekündigten Besuch Nicks Familie kennenzulernen. Bereits während unserer ersten Beziehung, stellte ich mir oft die Frage, wie seine Eltern sein würden. Ob Nick viele Eigenschaften von ihnen übernommen hat und was sie davon halten, dass ihr Sohn mit einer seiner Schülerinnen, eine geheime Beziehung einging. Wahrscheinlich nicht viel.

Das war einer der Gründe, warum ich sie in dieser Zeit nicht kennengelernt habe, obwohl sie so nah waren.

Als sie an einem meiner letzten Samstage, plötzlich vor der Tür standen, ging mir so stark die Blutpumpe in meiner Brust, wie schon lange nicht mehr. Doch all die Sorge, dass sie mich nicht leiden könnten, war Umsonst. Ich hatte mir für den Fall, dass es irgendwann zu einem Kennenlernen kommen sollte, schon vor langem eine Geschichte ausgedacht, aber das war Nick egal.

Bei einem Mittagessen, in einem der Restaurants, in dem ich das erste Mal ein Kölch getrunken habe, hat Nick ihnen die Wahrheit über uns erzählt. Sie machten große Augen, aber nur einen kleinen Augenblick später, verflüchtigte sich der geschockte Gesichtsausdruck und schwang um zu einem herzlichen Lächeln. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Sie wollen das ihr Sohn glücklich ist und es sieht laut ihnen ganz danach aus, dass er mit mir an seiner Seite, glücklich ist.

_________________________________

Guten Morgen :)

Ach, gefällt euch der ausgelassene Nick genauso wie mir? Ich finde, man merkt ihm richtig an, dass all die Last und Sorgen endlich von seinen Schulter gefallen sind. 

Und die zwei hatten ganz schön was nachzuholen. Nach einer geheimen Beziehung, haben die zwei sich das richtig verdient :P

Eure Liarie :) 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top