12. Kapitel

„Oh Gott!“, flippe ich aus und laufe panisch in meinem Zimmer auf und ab. Dass ich noch keinen Pfad in meinem Boden eingelaufen habe, grenzt an ein Wunder. „Was habe ich mir dabei gedacht? Es ist viel zu früh!“, spreche zu mir selbst und gerate in einen Tunnelblick. „Ich kann das nicht. Ich kann Nick nicht so hintergehen!“, wiederhole ich das Mantra in meinem Kopf, dass ich mir seit Stunden einrede und halte meine Kette dabei fest umklammert. Diese Kette habe ich, seitdem sie mir Nick geschenkt hat, nicht einmal abgenommen. „Wo ist mein Handy? Ich sage Tim ab.“ Wild geworden, wirbele ich herum und entdecke mein Handy auf meinem Nachtisch.

„Du wirst jetzt kurz vor knapp nicht absagen!“, kommt mir Thea zuvor und reißt sich mein Handy unter den Nagel. „Ich habe aus dir ein Meisterwerk geschaffen. Du musst in die Öffentlichkeit!“, sieht sie mich bestimmend an und versteckt mein Handy hinter ihrem Rücken. Und immer wenn ich es ihr entreißen will, rückt sie ein Stück von mir ab.

„Aber ich bin noch nicht so weit“, jammere ich und werfe einen Blick in den Spiegel.

Thea hat wirklich eine Meisterleistung an den Tag gelegt. So zu recht gemacht, war ich schon lange nicht mehr. Ein aufregendes Auge Make-Up, einen dezenten Lippenstift, Wellen in den Haaren und einem schwarzen Trägerkleid, auf dem viele kleine weiße Blumen verteilt sind und einem tiefen Ausschnitt.

„Das hast du letzte Woche auch gesagt und du hattest jede Menge Spaß auf der Party“, erinnert mich Thea. Nur leider kann ich mich noch immer nur Bruchteilhaft an die Party erinnern. Woran ich mich allerdings noch erinnere, ist das Trinkspiel, kurz bevor mich Marlon evakuiert hat. „Es ist doch nur ein Essen. Nichts Verpflichtendes.“

„Es ist mehr als nur ein Essen und das weißt du!“, pflichte ich ihr zu. „Du hast gesagt, er mag mich.“
„Und du magst ihn, wo ist das Problem?“
„Ich mag ihn aber nicht auf diese Weise“, beharre ich und ich spüre, wie ich von Minute zu Minute unruhiger werde.
„Was soll schon passieren? Vielleicht magst du ihm am Ende des Abends ja auch und dann, dann mag Junge Mädchen und Mädchen den Jungen. Könnte gut werden. Tim ist ein toller Kerl“, will mich Thea überreden, aber ich bin nicht überzeugt. Als ob es so einfach wäre.

„Aber Tim ist ein guter Freund von Bruno. Man fängt nichts mit einem Freund des Exfreundes an“, beteure ich und suche eine Ausrede nach der anderen heraus.
„Davor hat Bruno aber auch keinen Halt gemacht“, entkräftet sie meine Ausrede. Sie hat recht. Verdammt.
„Aber..“
„Nichts aber. Toni, komm schon. Gib ihm eine Chance. Gib euch eine Chance“, fleht sie und setzt ihren Hundeblick auf. „Ich weiß, dass du Nick noch immer liebst, aber er kommt nicht wieder und du musst nach vorne sehen.“

Und genau in diesem Moment ertönt der Benachrichtigungston von meinem Handy. Thea ist so frei und schaut für mich nach. „Tim ist da.“ Verdammt.

Die überaus hübsche Kellnerin bringt unser Essen. Zuerst stellt sie mir meinen Teller vor und dann Tim. Während sie mir meinen Teller lieblos vorstellt, lässt sie sich bei Tim besonders viel Zeit, jedoch ignoriert Tim das gekonnt. Höflich bedankt er sich bei ihr und widmet seine Aufmerksamkeit wieder mir.

Thea hatte recht, der Abend könnte so schön sein. Tim bringt interessante Themen zutage und hört mir aufmerksam zu. Zugegebenermaßen kann ich das nicht von mir behaupten. Meine Gedanken sind überall, aber nicht hier.

Ich fühle mich miserabel. Tim hat sich solch eine Mühe gegeben. Er hat einen Tisch für uns zwei reserviert, mich von zu Hause abgeholt, obwohl ich ihm versichert habe, dass er nicht den Umweg fahren muss, um mich zu holen, er spricht Themen an, zu denen ich normalerweise immer meinen Senf dazugeben muss. Aber heute nicht. Das hat er nicht verdient.

„Du bist mit deinen Gedanken ganz woanders, oder?“, fragt er mich und berührt mich vorsichtig am Handgelenk. Seine Berührung kommt so unerwartet, dass ich das Messer fallen lasse und es klirrend auf den Teller vor mir fällt. Das Gescheppere lässt nicht nur mich aufschrecken, sondern auch unsere Tischnachbarn, von denen ich vernichtende Blicke zugeworfen bekomme. Ich nuschele ein leises „Sorry“ und hebe mein Messer auf.

„Tut mir leid, dass ich dich in diese Lage gebracht habe. Du bist noch nicht so weit“, sagt Tim verständnisvoll und überrascht mich damit.

„Ich..was?“, stammle ich ratlos, was ich darauf sagen soll und sehe zwischen seiner Hand, die noch immer mich berührt und seinen Augen hin und her. Diese Situation überfordert mich minimal.

„Ich hätte es besser wissen müssen. Zwar hat Thea gesagt, dass zwischen dir und deinem Freund Schluss ist, aber du bist noch nicht über ihn hinweg.“

Er hat recht.

„Du hast recht, ich bin noch nicht bereit für etwas Neues. Tut mir leid, ich hätte hierzu nicht ja sagen dürfen. Du hast dir so eine Mühe gegeben und ich.. ich kann nicht einen klaren Gedanken fassen. Das hast du nicht verdient“, entschuldige ich mich und würde am liebsten im Erdboden versinken.

„Alles gut“, winkt er lächelnd ab. „Ich wollte es nur nicht sehen, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich das schon letztes Wochenende bemerkt. Erst auf der Party und dann beim Frühstück. Willst du lieber gehen?“

„Wenn es dir nichts ausmacht, ja“, erwidere ich erleichtert und fische aus meiner Tasche mein Portmonee. Auch wenn es als „Date“ angedacht war, ist es das Mindeste, dass ich bezahle.

„Pack das Ding weg oder du musst noch einen Nachtisch essen!“, warnt mich Tim scherzhaft und zum ersten Mal, an diesem Abend, muss ich ehrlicherweise lachen.
„Okay okay“, gebe ich klein bei und packe meinen Geldbeutel wieder zurück. „Danke.“

„Also“, beginnt Tim neben mir, während wir zurück zu seinem Auto laufen.
„Also?“, wiederhole ich und sehe zu ihm auf.
„Wir haben zwei Möglichkeiten“, setzt er fort, prüft meinen Blick, ob ich anbeiße.
„Und die wären?“, will ich wissen und der Köder hat angeschlagen.
„Na ja, die erste Möglichkeit ist, dass ich dich jetzt nach Hause fahre.“
„Und die andere?“, bohre ich nach und lasse meinen Blick nicht von ihm weichen.
„Wir fahren in eine Bar und lassen uns volllaufen“, haut er raus, bleibt stehen und beißt sich abwartend auf die Unterlippe.

Ich bleibe stehen.

„Bitte was?“, frage ich geschockt. Wie kommt er darauf, dass ich mich jetzt mit ihm betrinken möchte? Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen, wie soll Alkohol diesen Abend noch retten?

„Sorry, war eine blöde Idee. Komm, ich fahre dich nach Hause“, tut er ab und setzt sich in Bewegung.
„Stopp!“, halte ich ihn auf und Tim dreht sich wieder zu mir um. „Das ist eine gute Idee.“
Habe ich das gerade wirklich gesagt?
„Sicher?“
„Ja, komm. Lass uns gehen, bevor die mich die Vernunft wieder einholt“, bestärke ich mich selbst und kann nicht glauben, dass diese Worte wirklich von mir kommen.

Was ist los mit mir?

Mit dem linken Auge, mit Blick in die rechte Hosentasche, verlassen wir stolpernd die Bar. Weil ich nicht mehr Herr meiner Lage bin, hake ich mich bei Tim ein. Keine Ahnung, wie viel wir getrunken haben, aber definitiv so viel, dass sich meine Zunge gelockert hat und wir eine „vernünftige“ Unterhaltung führen konnten.

Ich würde gerne erzählen, worüber wir gesprochen haben, aber gab so viele Themen, dass ich gar nicht mehr genau weiß, wovon wir es alles hatten. Woran ich mich noch erinnere ist, dass es die gleiche Bar, wie letzte Woche.

„Ich glaube, ich kann uns nicht mehr nach Hause fahren“, gesteht Tim, kneift ein Auge zusammen und lässt seinen Schlüssel vor uns baumeln.

„Nein, das solltest du besser nicht tun“, stimme ich ihm zu und nehme ihm seine Schlüssel aus der Hand und packe sie in seine Jackentasche zurück, bevor ich meinen Kopf an seine Schulter anlehne. Durch die frische Luft, beginnt sich der Boden zu bewegen. Das ist sicher kein gutes Zeichen.
„Soll ich uns ein Taxi rufen?“, lallt Tim. „Oder willst du laufen?“
Mich jetzt in einen geschlossenen Raum zu setzen, der sich bewegt, hört sich gefährlich an. Mir ist jetzt schon schwindelig. „Ich denke, laufen ist eine gute Alternative.“

Während des gesamten Weges, muss ich mich sehr zusammenreißen, nicht einzuschlafen. Denn ich muss gestehen, Tims Schulter ist sehr bequem und einladend. Sicher kann man sich gut an ihn legen und sich wohlfühlen.

Verdammt, wohin schweifen meine Gedanken ab?

„So, da wären wir“, stellt Tim fest und ich erwache aus meinem Delirium aus Laufen und Schlafen. Es wird Zeit, dass ich ins Bett komme.

Nicht gerade freiwillig löse ich mich von Tims Schulter und stelle mich vor ihn.
„Danke für den Abend, es war wirklich witzig“, lächle ich ihn an und lasse meine müden Augen, über ihn wandern. Sieht er schon den ganzen Abend so gut aus? Entsetzt von meinen Gedanken schüttle ich leicht meinen Kopf.

„Der Abend war anders als geplant, aber ja, er war wirklich witzig“, lacht Tim und ehe ich es mir versehe, zieht er mich in eine enge Umarmung. Von seinem unglaublichen Duft eingelullt, schlinge ich meine Arme um ihn. Selbst wenn ich es nicht wollte, würde mir in dieser Sekunde mein Körper nicht gehorchen. Zu sehr erinnert mich sein Duft an ein Gefühl, das es in mir warm werden lässt.

„Irgendwann wirst du über ihn hinweg kommen“, nuschelt Tim nach einer Weile an meinem Ohr. Ich will mich aus der Umarmung winden, doch sein Griff wird fester um mich und mir fehlt die nötige Kraft, um mich zu wehren.
„Da bin ich mir nicht so sicher“, gestehe ich und schließe meine Augen.

„Doch, natürlich!“, ist er sich sicher und rückt mich ein Stück von sich weg, sodass ich ins Wanken komme. Mit dieser schnellen Bewegung habe ich nicht gerechnet.
„Woher bist du dir da denn so sicher?“, frage ich und sehe ihn entgeistert an.
„Weil du auch über Bruno hinweg gekommen bist und ihr wart deutlich länger zusammen, als du und.. Moment, ich weiß gar nicht, mit wem du zusammen warst!?“, stellt er fest und sieht mich empört an. „Wer war es noch gleich?“

„Hmm..“, gebe ich von mir. „Das ist ein Geheimnis“, kichere ich und mir wird bewusst, dass ich nicht einmal jetzt irgendeinem von uns erzählen kann. Mein Kichern verstummt. Vielleicht hatte meine Mutter recht und ich habe wirklich Mist gebaut. Ich kann mich nicht einmal jetzt, zwei Monate, nachdem er verschwunden ist, mich zu ihm bekennen. Wie wäre das geworden, hätten wir unsere Beziehung weiter geführt? Wir hätten auf ewig ein Geheimnis daraus machen müssen.

„Ein Geheimnis? War er älter?“, fragt Tim und zieht seine Augenbraue empor.
„Ja, aber es ist vorbei“, hauche ich, stelle mich auf die Zehenspitzen und lege meine Lippen auf Tims.

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Hallo Leute :)

Ich weiß, ich weiß.. Ich bin mit meinen Upload Tagen etwas durcheinander gekommen :D aber ich denke, ab nächster Woche, wird es immer freitags ein Kapitel geben :)

Aber jetzt zum Kapitel.. was soll ich sagen? Es kam etwas anders als gedacht und Toni hat sich wieder einmal etwas selbstständig gemacht.. ich bin mir selbst noch nicht sicher, was ich davon halten soll.. was sagt ihr? Ist sie schon bereit für etwas neues? Ist es mit Nick jetzt wirklich vorbei??

Lasst mir gerne eure Meinung dazu da :)

Eure Liarie ♡

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