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Alec's Sicht

Die Sonne hatte noch nicht mal die Hälfte ihres Weges bis zum höchsten Punkt des Himmels erreicht, als mein Wecker klingelte. Es war Montag. Die Sommerferien waren vorbei und somit startete ich mein letztes Schuljahr.

Bis hier her zu kommen war nicht leicht und das meinte ich als normaler Teenager. In all diesen Jahren hatte man so viele Einflüsse, so viele Menschen vor seiner Nase und so viel mit sich selbst zu tun.

Es wurde verlangt gute Noten zu schreiben. Dabei sollte man sich noch normal entwickeln. Seine Gefühle im Griff haben und zeitgleich sich immer mehr von seinen Eltern lösen, damit man nach der Schule auf eigenen Beinen stehen konnte. Man sollte das erste mal lieben und dennoch fein damit sein, wenn diese endete. Das aussehen war ok, aber stimmte das Spiegelbild da auch zu? Die Jugend genießen aber dennoch nicht zu sehr feiern.

All das klang einfach. Doch die Schule verlangte viel von einem. Denn nach den acht oder neun Stunden voller Stoff, den man einmal hörte, musste man meist gleich eine Klausur schreiben. Hausaufgaben kamen hinzu, die die Freizeit nur noch ein kürzten. In diesen wenigen Stunden, versuchte man alle Hobbys, alle Freunde und die ganze Familie unter den Hut zu bekommen. Wäre das schon nicht genug, kamen die Gefühle hinzu, welche durch die Hormone verrückt spielten. Man konnte sie nicht zu ordnen oder gar verstehen.
Der gesellschaftliche Druck auf der richtigen Schiene zu fahren, ein guten Lebensweg zu gehen wurde zu der Pubertät addiert. Seine Eltern stolz machen, war auch ein Ziel. Und nebenbei fühlte sich jeder allein dabei.

Ich könnte noch länger darüber philosophieren, ja vielleicht auch diskutieren, das die Erwartungen manchmal viel zu hoch waren. Doch die Jugendzeit blieb etwas, was komplett eigensinniges.

Die Schlummer Zeit meines Weckers war um. Er klingelte erneut und erinnerte mich daran, das ich vor der Schule noch eine Runde laufen wollte.

Sport war eines meiner Hobbys. Es war egal was. Hauptsache ich konnte mich körperlich anstrengen, nur um den Kopf frei zu bekommen. Dieser schmerzte hin und wieder. Oder die Welt drehte sich manchmal etwas schneller. Alles Langzeit folgen.

Ich versuchte mir nie etwas anmerken zu lassen. Fühlte ich mich deswegen oft schwach.
Es passte nicht zu meinem Erscheinungsbild... dieses Gefühl...diese Verlogenheit der Gesundheit.

Meine wuscheligen, braunen Haare lagen wie sie wollten. Das kantige Gesicht setzte sich immer mehr durch. Der Körper war definiert, aber nicht zu muskulös. Ich war groß und hatte somit meist einen guten Überblick.

Gerade in den Pausen wo das Gewusel groß ist, hat man durch die Höhe einen Vorteil. Vor allem wenn ich meine kleine Schwester Isabelle suchte. Sie war im Gegensatz zu mir eher klein.

Sie verkörperte meine beste Freundin. Ihr konnte ich alles sagen. So wusste sie auch zu erst, das Mädchen mich in keiner Weise interessierten. Ihr musste ich es auch nicht sagen. Sie hat es einfach gewusst und immer hin genommen.

Nur wegen ihr konnte ich das selbst so schnell akzeptieren. Mit Isabelle tratschte ich über die Jungs unserer Schule und so wurde sie nur noch mehr zu einer Freundin.

Ich putzte mir fix die Zähne, wuschelte durch meine Haare und warf mich in meine Sportklamotten.
Als ich aus mein Zimmer trat blickte ich nach links, wo meine Schwester Izzy noch ihren Schönheitsschlaf betätigte. Sie war zwei Jahre jünger als ich. Auch Rechts, wo Jace mein Adoptivbruder schlief, war es noch ruhig.

Er war zehn wo er zu uns kam. Das größte Drama hatte der kleine blonde Junge damals nicht mitbekommen. Komisch, hat er mich kennen gelernt. Auf Abstand haben wir uns begutachtet. Nur schneller als man schauen konnte, war die Bruder Liebe aufgebaut.

Schief lächelte ich, als ich nur an die vergangene Zeit dachte. Mein Lippen kräuselten sich sobald ich gerade aus schaute. Nur zwei Schritte von mir entfernt, war das Zimmer unseres Nesthäkchens, Max. Gerade mal neun Jahre alt ist er.

Wenn Mum unsere Kinderbilder nebeneinander legte, konnte keiner sagen, wer wer ist. Erst seit kurzen trägt Max Brille weswegen es mit den nächsten Bildern einfacher werden würde.

Na gut, mit neun sah ich nicht so gesund aus, wie Max jetzt. Aber genau das gönnte ich ihm vom ganzen Herzen.

Gesundheit ist das Reichtum jedes Menschen. Und wenn jeder das lernen würde, wäre selbst ein Lotto Gewinn eine Kleinigkeit, denn nichts konnte das Wohlsein ersetzen. Nichts. Die Gesundheit kann dir keiner wieder geben wenn sie einmal weg war. Sie war dein Gut, dein persönliches Alt werden. Das versteckte Glück des Lebens.

Hinter der eichenhölzernen Tür hörte man bereits das aufgeregte Rascheln. Leise schritt ich an diese heran und klopfte ebenso still, wie es eben nur ging.

Ein schlaksiger Junge mit verwuschelten braunen Haar und schief sitzender Brille öffnete mir die Tür. „Alec, habe ich dich geweckt?" Beruhigend lächelte ich ihn an.

Soviel hat er von meiner Vergangenheit nicht mitbekommen. In meiner schwierigsten Zeit war er ein Embryo. Wir schwiegen ihn an, wenn es um meine Gesundheit ging. Er war zu jung.

„Nein hast du nicht. Aber solltest du nicht noch schlafen?" Er öffnete mir die Tür ganz. Somit zeigte er mir das Chaos. Das hatte er definitiv nicht von mir. Ich mochte die Ordnung.

„Ich kann nicht mehr schlafen und so wollte ich eben in meinen Comics weiter lesen." Etwas geknickt stand er vor mir. Ich kniete mich neben ihn. „Warum kannst du nicht mehr schlafen?"

Er spielte mit dem Saum seines Schlafanzug' Oberteil. „Ich gehe zum ersten Mal mit Brille in die Schule. Was wenn mich die anderen Kinder auslachen?"

Kinder konnten so ehrlich aber auch sehr verletzend sein. Max viel aufgrund seines zierlichen und kleinen Wesens schon immer auf. Vielleicht war er auch ein kleiner Nerd. Aber umso liebenswerter schien er für uns als Familie.

„Wenn irgendjemand etwas sagen sollte, dann denk dran, das du jetzt ein Adler bist. So scharfsinnig und weit schauend. Wer jetzt über dich lacht, wird später über dich staunen."

Ich zog meinen Bruder an mich heran und drückte ihn ganz fest, nur um danach seine Brille zu richten. Somit entlockte ich ihm ein kleines schmunzeln. In dem Augenblick war er mein Spiegel.

Mit einem Kopf voller Gedanken, die sich stapelten ließ ich Max allein zurück in seinem Zimmer. Bis jetzt war es noch still in meinem Elternhaus.

Hier in diesem Haus haben wir schon viel erlebt. Es war ein Ort der Besinnlichkeit. Ein Ort der Sicherheit. Ein Ort in dem das Leben einem nicht so schnell vor kam.

Dieses Haus war nicht immer von Glück geprägt, aber wer hatte das auch schon? Reines Glück, ein Leben lang?

Jeder einzelne trug Gepäck mit sich. Manchmal konnte man es nur nicht sehen. Umso wichtiger war es, freundlich und bedacht mit einander umzugehen.

Mit einem leisen Ruck schloss ich die Tür, atmete die Frische September Luft ein und rannte mit Musik in den Ohren los.

Es lief etwas rockiges. Ich mochte es, konnte ich so am besten abtauchen. Ohne eine Pause, ohne irgendetwas anderes zu beachten blickte ich auf den Weg vor mir, legte mehrere Kilometer zurück. Meine Füße trugen mich.

Solange bis ich wieder vor der Haustür stand. Erst jetzt nahm ich wieder meine Kopfhörer heraus. Ich lauschte.. die Vögel zwitscherten fröhlich.
Zumindest nahm ich es an. Vielleicht stritten sie auch gerade untereinander oder diskutierten welcher Nachbar schlimmer war.

Ich wusste es nicht, für mich selbst klang es nur fröhlich. „Alec, wie lange willst du noch da draußen stehen?" Jace grinste mich an. Ich hatte gar nicht mit bekommen wie er die Tür aufgemacht hatte. „Wie lange hast du mich beobachtet?"

Mit zuckenden Schultern drehte er sich um. „Lang genug um zu wissen das du seltsam bist." Leicht schubste ich ihn. „Nicht frech werden." Wir beide stichelten uns gerne. Deswegen überraschte es mich gar nicht, das er mir die Zunge heraus streckte.

Lächelnd schüttelte ich den Kopf. Geschwisterliebe ist unbezahlbar. Es war ein angenehmer morgen und das blieb er auch. So lange bis wir alle vor der Schule standen.

Ich blickte auf dieses riesige Gebäude, wo ich so viel Zeit verbracht hatte. Und jetzt soll es in einem Jahr aus meinem Leben gestrichen werden. Realisieren konnte ich es nicht. Auch wenn es komisch klang, aber ich würde die restliche Zeit hier genießen. So gut es eben ging.

In der Schule wusste niemand etwas von meiner Vergangenheit. Ausgenommen waren die Lehrer. Von manchen bekam ich bis heute einen besorgten Blick.

Jeden einzelnen Tag versuchte ich das es niemand sonst mit bekam und bis jetzt hat das auch immer geklappt. Selbst Clary, die feste Freundin von Jace und Simon, der meine kleine Schwester glücklich machte, wussten nichts.

Ich verstand mich mit beiden. Ich vertraute ihnen. Wie sollte ich auch nicht? Clary und Simon hatten meine Geschwister erobert. Sie hatten viel mehr als nur mein Vertrauen.

„Alec du träumst schon wieder." Ich zuckte zusammen. Izzy hatte mich in die Seite gepikst. „Manchmal frage ich mich, wie du es schaffst, trotzdem so gute Note zu schreiben."

Mit einem schiefen Lächeln sah ich auf meine Schwester herunter. „Man nennt es ,können'." Ich zwinkerte ihr zu, während ihr Mund vor Empörung aufklappte.

Izzy hatte es nicht leicht in der Schule. Oft saßen wir zusammen und kauten sämtlichen Stoff von ihr durch. „Angeber." Ich schüttelte den Kopf und wollte bereits zum Gegenzug ausholen, als uns Jace daran erinnerte, das wir wohl lieber in unsere Klassen gehen sollten.

Runzelnd sah ich auf meine Armbanduhr. Ihr Band war in einem schönen nussbraun. Während das Zifferblatt in einem charmanten Beige schimmerte. Jace hatte recht. Wir hatten nur noch fünf Minuten.

Zügig gingen wir los und verabschiedeten uns in die jeweiligen Zimmer. Als ich in dem Türrahmen der Abschlussklasse stand, sah ich bereits das nur noch ein freien Platz gab.

Unsere Blicke fanden sich sofort. So lange hatten wir uns nicht gesehen. Warum sollten wir auch? Wir waren nicht befreundet, gute bekannte oder sonstiges. Wir waren einfach nur zwei Schüler in dieser Schule.

Nur das. Mehr würde es nicht geben.

Und dennoch konnte es nur spannend werden.


Hättet ihr wieder Lust auf ein paar Fragen? Das habe ich schon bei "Das Haus der Geschichten" gemacht. Ich fand es interessant. Also dachte ich, fände ich es für die Geschichte auch schön.

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