28. Provocative


♪ Have a nice day – Bon Jovi


Niall

Tatsächlich gewann ich die erste Runde. Es fühlte sich an, als ob Honey mir wirklich Glück gebracht hätte.

„Siehst du", flüsterte sie, als ich das Geld zusammenraffte, „ich habe dir gesagt, ich bin heute deine Glücksfee."

„Schauen wir mal, wie es weitergeht", meinte ich grinsend und schaute zu Nicholas, der jedoch keine Miene verzog.

Die zweite Runde startete und Toba war mit dem Geben dran. Sorgsam nahm ich meine Karten auf, doch das Blatt war nicht so gut, wie das erste. Ich tauschte zwei Karten, aber helfen tat es nicht.

„Was meinst du?", flüsterte ich Honey zu, die mir über die Schulter schaute.

„Steig aus", kam es leise aber dennoch sehr bestimmt.

„Sicher?"

„Sehr sicher."

Als ich meinen Ausstieg verkündete, zog Suka gleich mit. Der Rest spielte weiter, mit dem Ergebnis, dass Daniel verlor. Zum ersten Mal, wohlbemerkt. Da er jedoch schon jede Menge Geld bei unseren vorherigen Treffen eingesackt hatte, sollte das kein Problem für ihn ein. Es sei denn, er hätte die Kohle sinnlos verprasst. Allerdings machte er nach wie vor einen sehr biederen Eindruck auf mich, aber man konnte sich täuschen. Bei Nicholas würde man auch nicht den Gedanken kommen, dass es sich bei ihm um ein Mitglied der Mafia handelte.

Die dritte Runde startete und mein Blatt sah wieder etwas besser aus. Unentschlossenheit breitete sich in meinem Innersten aus. Sollte ich bis zum Schluss mithalten oder vorher aussteigen? Drei Karten hatte ich bereits getauscht, aber sicher war ich mir nicht. Als Honeys und meine Blicke sich kreuzten, schüttelte sie leicht den Kopf, was ich mit einem leisen Seufzen quittierte. Das hieß dann wohl, dass ich erneut aussteigen sollte.

„Ok, ich bin raus, Leute", ließ ich meine Mitspieler wissen.

Ich schien die richtige Entscheidung getroffen zu haben, denn Nicholas präsentierte uns allen ein Full House und gewann somit. Daniel hatte zwar fünfzig Dollar verloren, doch in Anbetracht der Tatsache, dass er zuvor immer gewonnen hatte, fiel diese Summer überhaupt nicht ins Gewicht.

Ich hingegen konnte mich glücklich schätzen, der Mafia keinen neuen Schuldschein ausstellen zu müssen, sondern tilgte stattdessen einen kleinen Teil meiner Schulden.

Sorgfältig wurde dies notiert, denn selbst die Mafia achtete bei solchen Dingen stets auf Korrektheit.

Zum Abschluss des Pokerspiels wurde noch eine Runde Wodka ausgeschenkt, der wie üblich auf Ex ausgetrunken werden musste. Honey bildete da keine Ausnahme. Ohne mit der Wimper zu zucken leerte sie ihr Glas, dennoch wirkte diese Geste anmutig und edel, wie alles, was sie tat.

Als wir uns von den Plätzen erhoben, stellte ich fest, dass sie vermutlich genauso groß war wie ich, denn mit den hohen Absätzen ihrer Pumps überragte sie mich um einige Zentimeter.

„Es hat mich gefreut, deine Glücksfee sein zu dürfen, John."

Zum Abschied hielt sie mir ihre Wange hin, die ich ohne zu zögern küsste.

„Danke, meine Glücksfee, du hast mich vor dem Bankrott bewahrt", säuselte ich zuckersüß, jedoch laut genug, dass Nicholas es zu hören vermochte.

Der Duft ihres Parfums stieg kurz in meine Nase. Es roch angenehm, nicht zu aufdringlich und erinnerte mich an eine Sommerbrise. Ein Schmunzeln zierte mein Gesicht, denn dieser Duft stand ihr sehr gut.

Einer nach dem anderen verabschiedete sich von Nicholas, der mich jedoch noch nicht gehen lassen wollte.

„Wir haben noch etwas zu besprechen", sagte er, was ich mit einem gleichgültigen Blick sowie einem Schulterzucken quittierte.

Vielleicht wollte er mir eine Szene machen, aufgrund der Unverschämtheit, die ich besaß; weil ich sein Betthäschen angebaggert hatte. Mit dieser Annahme lag ich allerdings daneben.

„Niall, wir haben mit unserem Spion Kontakt aufgenommen. Die Schüsse im Barclays Center galten dir. Sie wurden durch einen übereifrigen Kolumbianer ausgelöst. Ein neues Mitglied der Mafia. Wenn die Sicherheitskräfte ihn nicht niedergemetzelt hätten, dann wäre er durch die Männer aus seinen eigenen Reihen gestorben. Es ist sehr wohl bekannt, dass niemand, außer dem Prinz selbst, dich töten darf."

„Gut zu wissen", erwiderte ich mit klopfendem Herzen.

Mein Mund wurde leicht trocken, als ich daran dachte, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis ich endlich meinen richtigen Auftritt als Lockvogel hatte. Aber der Gedanke daran, dass nur er mich hinrichten wollte, dass er es keinem anderen erlaubte, beruhigte mich auf eine seltsame Art und Weise. Solange er nicht in meiner Nähe verweilte, brauchte ich mich vorerst nicht zu fürchten.

„Gibt es schon Neuigkeiten bezüglich des Prinzen? Wurde er schon in New York gesichtet?", lautete meine Frage, die Nicholas mit einem Kopfschütteln beantwortete.

„Wir wissen aber, dass seine Vorhut bereits die Fühler ausstreckt. Doch die haben wir im Griff, sie werden stets beschattet, damit dir keiner zu nahe kommen kann. Allerdings werden wir gewisse Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen."

In aller Seelenruhe goss er sich noch einen Wodka ein, während ich argwöhnisch fragte: „Welche Vorsichtsmaßnahmen?"

„Nun, soweit ich weiß, drehst du jeden Morgen eine Laufrunde durch die Straßen, um dich fit zu halten. Aus Sicherheitsgründen müssen wir dir das bis auf weiteres untersagen."

„Was?", platzte ich wütend heraus. „Und mit welcher Begründung? Die Kolumbianer wissen doch gar nicht, wo ich wohne, oder?"

„Nein, das nicht, aber stelle dir bitte mal vor, sie würden per Zufall bei deiner Laufrunde auf dich aufmerksam werden und dich verfolgen. Ruck zuck hätten sie herausgefunden wo du lebst und das willst du sicher nicht."

So schwer es mir auch fiel, ich musste Nicholas Recht geben. Zufälle gab es wirklich genug im Leben und warum sollte ausgerechnet ich weiterhin von ihnen verschont bleiben?

Es gefiel mir jedoch gar nicht, dass ich Harry dann nicht mehr regelmäßig sehen würde. Dementsprechend mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen, wo und wann unsere Treffen stattfinden sollten.

Weiterhin machte ich mir Gedanken um meine körperliche Fitness. Das Laufen tat mir ausgesprochen gut, meine Kondition war fast wieder auf dem Level von vor sechs Jahren. Es schien mir geradezu sträflich zu sein, jetzt wieder damit aufzuhören.

Seufzend kreuzte ich die Arme vor meine Brust und schaute zu Nicholas, der mir prompt noch einen Wodka anbot.

„Nein, danke, ich habe morgen einen langen Arbeitstag vor mir", erwiderte ich.

„Stimmt, die Obdachlosenspeisung, das hätte ich fast vergessen."

Sein Wissenstand bezüglich meiner Aktivitäten befand sich nach wie vor auf einem sehr hohen Level, was ich jedoch als positiv wertete. Somit konnte man mich besser schützen.

„Also, Nicholas, wie stellst du dir das vor? Du treibst sicher auch Sport und ich kann und möchte nicht darauf verzichten", legte ich ihm meine Meinung dar. „Schließlich will ich nicht als Fettsack enden, falls das dein Plan sein sollte."


In Gedanken setzte ich hinzu: „Damit du dich an meine Frau heranmachen kannst."

Meinen Sarkasmus konnte ich mir einfach nicht abgewöhnen und in seiner Gegenwart schon gar nicht. Er forderte diesen geradezu heraus.

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht legte der Mafia Boss eine Plastikkarte auf den Tisch.

„Ich habe bereits vorgesorgt. Das ist dein Mitgliedsausweis für das Fitnessstudio, welches ich ebenfalls besuche. Dort kannst du das Laufband und alle anderen Geräte auch, nutzen. Marx wird dich hinfahren, wann immer du es willst. Das Studio hat 24 Stunden am Tag geöffnet."

„Na super, und wie soll ich das Sienna erklären?"

„Schiebe es auf das Wetter. In den nächsten Tagen soll es noch ungemütlicher draußen werden. Sag einfach, du möchtest dir keine Erkältung holen. Außerdem kannst du noch hinzufügen, dass ich ins gleiche Fitnessstudio gehe und dir dieses quasi vorgeschlagen hätte."

Seine selbstgefällige Erklärung brachte mich schon wieder auf die Palme. Sienna fraß ihm buchstäblich aus der Hand, eine Tatsache, die mich immer mehr störte.

Als es an der Tür klingelte, kam ich nicht mehr dazu, darauf zu antworten, denn Nicholas schickte sich an, den Besucher hineinzulassen. Wie zu erwarten, handelte es sich um Marx, der mich abholte und sogleich nach Hause brachte.

Während der Fahrt schwiegen wir einträchtig vor uns hin und als er mich absetzte, bedankte ich mich kurz.

In unserem Haus war es vollkommen dunkel, was darauf schließen ließ, das alle bereits tief und fest schliefen. Spät genug war es ja. Selbst Myles, der zwar ein Auge öffnete, als ich durch den Korridor ging, war zu müde, um aufzuspringen und mich zu begrüßen. Allerdings wedelte er im Liegen mit seinem Schwanz, um zu demonstrieren, dass er sich über mein Kommen freute.

Vorsichtig öffnete ich die Tür zu Kierans Zimmer. Unser Sohn lag in seinem Bett, vollkommen im Reich der Träume versunken. Lächelnd zog ich mich zurück ins Schlafzimmer, in welchem Sienna bereits ebenfalls im Bett verweilte. Für einige Sekunden betrachtete ich ihren wundervollen Körper, der durch die Bettdecke umhüllt wurde. Morgen Nacht würde ich sie wieder im Black Room genießen. Der Freitagabend gehörte uns, da konnte Mr Romanow nicht mithalten.

Allerdings hatte ich vorher einen anstrengend Arbeitstag zu bewältigen.

Wie mit Nicholas besprochen, suchte an am Freitagmorgen zum ersten Mal das Fitnessstudio auf und wie zu erwarten, kam es Sienna nicht im Mindesten komisch vor, als ich erwähnte, dass Nicholas mir dieses Studio empfohlen hätte.

„Das ist aber nett von ihm", kam es von ihr.

„Ja, das finde ich auch."

Harry würde sich Sorgen machen, doch immerhin hatte Sophia mich aufgrund der Handy-Software im Blick. Sie konnte mühelos feststellen, wo ich mich befand und würde Harry sicher beruhigen, wenn dieser mit ihr Kontakt aufnahm. Außerdem sahen wir uns später während der Obdachlosenspeisung.

Dass ich auf Sophia zählen konnte, bemerkte ich, als sie plötzlich im Pfarrhaus vor mir stand. Unsere Assistentin hatte sie hereingelassen, da sie vorgab, etwas Geschäftliches mit mir besprechen zu wollen.

Da Kevin sich bereits in Harlem befand, konnten wir uns ungestört miteinander unterhalten.

„Was ist passiert, Niall?", fragte sie erstaunt.

Sogleich klärte ich sie über alles auf, was Sophia mit einem Nicken hinnahm.

„Ok, das klingt sogar logisch und macht uns eine Sorge weniger. Romanow ist tatsächlich in diesem Fitnessstudio angemeldet, das hat Liam gerade überprüft", erzählte sie.

„Ok, gibt es sonst noch Neuigkeiten?"

„Ja. Dieser Daniel, der übrigens mit vollem Namen Daniel Baldwin heißt, arbeitet bei diesem Versicherungsunternehmen, das du uns genannt hast, Niall."

„Und?" Grinsend wartete ich auf weitere Informationen und Sophia enttäuschte mich nicht.

„Seth hat sich überall eingehackt. Daniel ist ein Gutachter. Also jemand, der nach draußen geht und abschätzt, ob der Schaden durch die Versicherungen übernommen werden kann oder nicht. Er verdient zwar nicht überragend aber auch nicht schlecht. Allerdings hat er jede Menge Schulden bei seiner Hausbank. Die Vermutung liegt nahe, dass er diese durch die Spielegewinne ausgleichen will. Wir denken aber, dass die Mafia andere Pläne hat."

Sofort wurde ich hellhörig. Bevor unsere Konversation jedoch weiterging, orderte ich zunächst zwei Kaffee bei unserer Assistentin.

„Du sollst schließlich nicht verdursten. Außerdem machen wir das immer bei unseren Klienten", erklärte ich der Brünetten, die mir daraufhin zuzwinkerte.

„Du bist mittlerweile mit allen Wasser gewaschen", komplimentierte sie mich.

„Keine Ahnung, ob ich das bin."

Kaum hatte ich den Satz zu Ende gesprochen, trat unsere Assistentin ein, um den Kaffee inklusive der leckeren Kekse, die wir immer vorrätig hatten, zu servieren. Sophia langte sofort zu und wir setzten unsere Plauderstunde fort.

„Also, wie kommt ihr darauf, dass die Mafia andere Pläne hat?", wollte ich wissen, während ich Milch in den Kaffee goss.

„Die russische Mafia besitzt mehrere Firmen. Zwei davon sind bei der CSA Associates versichert, wobei eine davon nicht mehr so gut läuft."

Ich platzte mit einem lauten Lachen heraus.

„Gibt es das auch? Eine Firma, die der Mafia gehört und die langsam aber sicher bankrottgeht?"

Das Schmunzeln der Brünetten nahm kein Ende.

„Ja, das gibt es. Es handelt sich dabei um ein Unternehmen, dessen Lukrativität aufgrund des unaufhaltbaren technischen Fortschrittes nie wieder nach oben gelangen wird. Eine Druckerei."

„Oh." Scheinbar gespielt zog ich die Augenbraunen nach oben. „Lohnt sich das Falschgelddrucken also nicht mehr?"

„Es gibt zu viele Kreditkarten", lautete Sophias flapsige Antwort, die mich erneut zum Lachen reizte.

Aber ich konnte mir denken, worauf das Ganze hinauslief.

„Lass mich raten, sie werden den Laden abfackeln und Daniel wird bestätigen, dass alles seine Richtigkeit hat, damit die Mafia ihr Geld ausgezahlt bekommt."

„Genau das denken wir."

„Und wenn er es nicht tun will, erpressen sie ihn mit seinen Spielschulden, die er noch nicht hat."

„Wirklich, Niall, wenn das Ganze hier vorbei ist und du vielleicht einen neuen Job suchst, könntest du dich bei Alistair bewerben", stichelte Sophia lachend. „Man muss dir ja kaum noch was erklären, du blickst bei allem gleich durch."

„Tja, ich habe zu viel Umgang mit der Mafia, glaube ich."

Der Gesichtsausdruck der hübschen Frau wurde ein wenig ernster.

„Pass auf, Niall, bei allem was du tust und bei allem, was die Mafia tut."

„Das werde ich, keine Sorge."

„Gut. Und achte bei den nächsten Pokerspielen auf Daniel. Er wird immer öfter verlieren."

Sophia trank den restlichen Kaffee aus, um sich dann zu erheben. Bevor ich ihr in den Mantel half, sagte sie: „Ich soll dich übrigens von Harry grüßen."

„Nur grüßen?"

„Nein, auch in den Hintern treten, weil er vergeblich auf seinen Bagel gewartet hat."

Mein schlechtes Gewissen kam zum Vorschein, obwohl es keinen Grund gab, dieses aufzuwecken. Es war nicht meine Schuld, dass die Mafia mir die morgendlichen Joggingrunden versaut hatte. Zu Sophias Belustigung zeigte ich jedoch auf mein Hinterteil.

„Tritt zu, wenn du willst. Ich kann es verkraften."

Grinsend piekte sie mir in die Seite.

„Nein, das soll er schön selbst machen. Ich bin nicht sein Handlanger. Es reicht, wenn ich Liam zurzeit bemuttern muss."

„Wie geht es seinem Arm?", erkundigte ich mich, wobei mein Gewissen sich erneut meldete.

Schließlich resultierte Liams Verletzung aus dem Umstand heraus, dass man mich hatte beschützen wollen. Sicher, es gehörte zu seinem Job, aber ich sah auch einen Freund in ihm und deshalb machte mir der Gedanke an den Vorfall immer noch zu schaffen.

„Ach, seinen Arm geht es den Umständen entsprechend gut. Allerdings beschwert er sich darüber, dass er das Klopapier so schlecht mir einer Hand abreißen kann."

„Machst du das jetzt für ihn?", konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen.

„Das, mein Lieber, verrate ich dir nicht."

Sie küsste mich sanft auf die Wange, bevor sie ging.

„Mach's gut, Niall. Ich hole jetzt Kieran ab, er schläft ja heute bei uns."

„Stimmt, ich wünsche euch viel Spaß mit ihm."

„Den werden wir sicher haben."

Meine nächste Tat, bevor ich mich auf den Weg nach Harlem machte, war es, eine Nachricht auf einen kleinen Zettel für Harry zu schreiben. Ich schlug ihm vor, dass wir uns zukünftig jeden Tag, außer am Wochenende, in unserer Kirche treffen sollten. Das war praktisch, vor allem, weil ich ihn in die Sakristei entführen konnte, wo wir ungestört sein würden. Das war zehnmal besser, als die paar Sekunden, die wir uns immer nur sahen, wenn er als Penner am Straßenrand hockte. So konnten wir uns wenigstens vernünftig unterhalten.

Da Nicholas angeordnet hatte, dass Marx mich freitags zukünftig nach Harlem fahren und auch wieder dort abholen sollte, konnte ich mir den Weg zur U-Bahn sparen. Zwar empfand ich die verstärkten Sicherheitsvorkehrungen im Moment noch als lächerlich, doch ich fügte mich den Wünschen der Mafia. Kierans Leben hing davon ab und meines immerhin auch.

In Harlem angekommen, ging alles seinen gewohnten Gang. Harry stand in seiner Penner-Verkleidung bei der Essensausgabe an und ich steckte ihm den kleinen, zusammengefalteten Zettel unauffällig in den Ärmel seines ausgeleierten Hoodies, was er mit einem leichten Nicken zur Kenntnis nahm. Für unser Treffen am kommenden Montag hatte ich als Zeit siebzehn Uhr vorgeschlagen. Falls ihm das nicht passte, sollte er Sophia oder Liam Bescheid sagen, die mich dann informieren sollten. So gesehen klappte alles wie am Schnürchen und ich war bester Laune, als ich endlich nach Hause kehrte.

Die Vorfreude auf den Black Room im Swinger Club befand sich schon den ganzen Tag in meinen Gedanken, jetzt würde ich nicht mehr lange warten müssen. Endlich die traute Zweisamkeit mit Sienna genießen, ich konnte nicht beschreiben, wie stark ich mich danach sehnte.

„Baby, ich bin zuhause!", rief ich bereits im Flur, worauf Sienna und der Hund auf mich zustürmten.

Es gab eine große Begrüßung, dann setzten wir uns an den Esstisch. Sofort fiel mein Blick auf einen großen Blumenstrauß, der auf dem kleinen Sideboard stand. Rote Dahlien, Siennas Lieblingsblumen.

„Wo hast du die denn her?", erkundigte ich mich und wies mit dem Kopf in Richtung Blumenstrauß.

Ihre Antwort ließ mich beinahe durch die Decke gehen.

„Nicholas hat sie vorhin vorbeigebracht."

„Was?! Wie kommt er dazu, dir Blumen zu schenken?", polterte ich los. „Und noch dazu deine Lieblingsblumen?!"

Am liebsten hätte ich ihm genau jetzt meine Faust ins Gesicht geschmettert. Was bildete sich dieses arrogante Arschloch eigentlich ein? Wer glaubte er zu sein? Jemand, der sich alles erlauben konnte?

Siennas Erklärung trug nicht dazu bei, mich zu beruhigen; zumindest nicht wesentlich.

„Er wollte sich bei mir für die netten Gespräche bedanken, die wir immer im Park geführt haben. Er ist sehr einsam, weißt du."

„Und wenn er nicht den einsamen Wittwer spielt, dann vögelt er eine hübsche Blondine namens Honey."

Ich sprach diesen Gedanken nicht aus, denn Honey musste sein Schwachpunkt sein. Warum sonst sollte er Sienna Blumen schenken, noch dazu ihre Lieblingsblumen? Nur um mich zu provozieren, das lag klar auf der Hand. Trotzdem fühlte ich mich wie vor den Kopf gestoßen. Nicholas Romanow hatte meiner Frau rote Dahlien geschenkt, soweit war es schon gekommen.

Wie ich ihn dafür hasste! Das musste ich mir wirklich nicht bieten lassen. Ich würde es ihm bei passender Gelegenheit heimzahlen, das schwor ich mir. Am liebsten hätte ich diesen Dahlien die Köpfe abrasiert und postwendend zu ihm nach Hause geschickt!

Schweigend nahmen wir das Abendessen ein und ebenso stumm verzog ich mich nach oben, um zu duschen und mich umzuziehen. Mein Ärger über diese bodenlose Frechheit war noch immer nicht abgeklungen, doch ich wollte mir den Black Room nicht verderben lassen. Es wäre ja noch schöner, wenn Romanow auch noch Einfluss auf unser Sexleben haben würde. Mehr, als es ohnehin schon der Fall war, weil sich überall in unserem Haus diese ekelhaften Wanzen befanden.

Grummelnd schlüpfte ich in meinen Pulli, als sich die Tür zum Schlafzimmer zaghaft öffnete. Sienna trat ein.

„Ich wollte dich fragen, ob unser Date heute Abend noch steht", sagte sie.

„Ja, natürlich. Warum sollte es das nicht, Baby?"

Sie konnte nichts dafür, verdammt!

„Weil du vorhin so aufgebracht warst. Es ist nur ein Blumenstrauß, Niall, eine kleine Aufmerksamkeit, mehr nicht."

Nun musste ich gut schauspielern.

„Das weiß ich, es hat mich nur im ersten Augenblick gewundert."

Ich wollte nicht ausflippen, da man uns abhörte. Vermutlich waren die ersten beiden Sätze vorhin sowieso schon zu viel gewesen. Auf jeden Fall ließen sie Nicholas wissen, dass ich nicht besonders erbaut über das Grünzeug mit den roten Blüten war.

Sienna sollte diesen Mann unbedingt aus ihren Gedanken verbannen. Und es lag alleine an mir, dies möglich zu machen. Im Black Room, heute Nacht.

Pünktlich fuhr das Taxi vor und ebenso zeitig trafen wir vor dem Gebäude ein, in welchem sich das dunkle Paradies gleich auftat. Jeder nahm seinen Eingang und als ich mich in der Schleuse entkleidete, breitete sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus. Fünf Sekunden später betrat ich den schwarzen Raum.

„Baby?" Meine Stimme erklang in der Dunkelheit.

„Niall, ich bin hier."

Langsam tastete ich mich an der Wand entlang, bis ich an Siennas Fingerspitzen stieß. Mit einer schnellen Bewegung umfasste ich fest ihre beiden Handgelenke und zog sie mit einem Ruck zu mir. Unsere Körper berührten sich, ich hörte ihr rasches Atmen und fühlte das schnelle Pochen ihres Herzens.

„Heute Nacht, Baby, spielen wir nach meinen Regeln", flüsterte ich mit rauer Stimme in ihr Ohr.

__________________

Na, seid ihr schon gespannt darauf, was Niall mit Sienna im Black Room anstellen wird?

Wie fandet ihr es, dass Nicholas ihr Blumen und noch dazu ihre Lieblingsblumen geschenkt hat? Konntet ihr verstehen, dass Niall sich darüber aufregt?

Und was haltet ihr von Honey in ihrer Eigenschaft als Glücksfee? Und was sagt ihr zu der Sache mit Daniel? Fragen über Fragen, wie sich wohl alles entwickeln wird...

Ich habe mich mal wieder total über die Kommentare zum letzten Kapitel gefreut. Ihr seid so fleißig, was das Kommentieren angeht, das ist Wahnsinn!

Das nächste Update kommt am Donnerstag.

LG, Ambi xxx

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top