10. Waiting

Das kleine Mädchen ist Tia, wie ich sie mir vorstelle.

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♪ Just in Case – Conor Maynard


Sienna

Mit einem leichten Stöhnen legte ich die Füße auf den kleinen Hocker, der direkt neben der Couch im Wohnzimmer stand. Am heutigen Tag hatte ich mir praktisch die Haken wund gelaufen und das alles nur wegen eines Jobs, den es anscheinend für mich nicht gab. So schwer hatte ich mir das Ganze nicht vorgestellt.

Immerhin befanden wir uns hier in einer Weltmetropole, da sollte es eigentlich kein Problem sein, eine annehmbare Tätigkeit die finden, die einigermaßen Spaß machte. Doch Sophia und ich gaben für heute auf. Sie hatte mich zu jedem Gebäude begleitet, in welchem ich ein Vorstellungsgespräch absolvierte.

Mal hieß es ich sei überqualifiziert für den Job, ein anderes Mal passten meine Vorstellungen der Arbeitszeiten nicht und beim dritten und letzten Gespräch des heutigen Tages bekam ich zu hören, dass man doch lieber einen Mann einstellen wollte, da dieser nicht schwanger werden könnte.

Mein Frustrationsbarometer stieg somit ins Unermessliche.

Ich kam mir vor, wie nach einem Marathonlauf, den ich in Rekordzeit hinter mich gebracht hatte und wollte mich jetzt nur noch ausruhen. Zum ersten Mal seit Langem fühlte ich Erleichterung in mir aufsteigen, weil ich Kieran nicht vom Kindergarten abholen musste. Der Service, den Alistair uns in New York zuteilwerden ließ, war wirklich durch nichts zu toppen.

Sophia, die neben mir saß, schenke sich von der Limettenlimonade ein, die ich gestern gekauft hatte.

„Prost! Auf das Wochenende!"

Als sie ihr Glas in meine Richtung hob, tat ich es ihr gleich.

„Du hast ja Recht, ich sollte mir meine Laune nicht verderben lassen", seufzte ich.

Nachdem ich den ersten Schluck der kühlen Flüssigkeit getrunken hatte, fühlte ich mich ein wenig besser.

„Gott sei Dank ist heute Freitag", merkte ich an und angelte nach einer Modezeitschrift, die auf dem Tisch vor dem Sofa lag.

„Habt ihr etwas Bestimmtes vor?", erkundigte sich Sophia liebenswürdig.

„Heute nicht, denn Niall ist mit der Obdachlosenspeisung beschäftigt. Er wird erst zwischen sieben und halb acht nach Hause kommen. Aber eigentlich wollten wir irgendwann mal wieder Essen, und ins Kino gehen. Doch ohne Babysitter geht das leider nicht."

„Falls das ein Wink mit dem Zaunpfahl sein sollte, Liam und ich sind zu allen Schandtaten bereit", erklärte meine Freundin lachend.

„Das wäre super. Weißt du, wie lange Niall und ich keinen richtigen Abend mehr für uns hatten? Ich meine, in Barrow konntest du fast gar nichts machen, außer immer in das gleiche Restaurant zu gehen. Einmal sind wir nach Fairbanks geflogen, das war cool. Oh Gott, ich sehne mich so nach allem, was die Großstadt zu bieten hat."

Die Worte sprudelten nur so aus meinem Mund, was Sophia zum Lachen reizte. Lässig warf sie ihre langen, braunen Haare zurück, bevor sie einen Satz heraushaute, der mich fast von der Couch fliegen ließ.

„Liam und ich haben echt überlegt, mal in Nord Alaska Urlaub zu machen."

„Das ist nicht dein Ernst", prustete ich los, während ich verzweifelt mit den Beinen strampelte, um den Lachanfall irgendwie verarbeiten zu können.

Keine zehn Pferde würde mich jemals wieder dorthin bringen und die Vorstellung, seinen Urlaub freiwillig in der Eiswüste zu absolvieren, grenzte beinahe an eine filmreife Komödie.

Letztendlich war es das Läuten der Türglocke, das uns wieder in die Normalität zurück katapultierte.

„Das wird Marx sein, er bringt Kieran", erklärte ich und wischte mir die letzten Lachtränen aus den Augen, bevor ich durch den Flur lief.

Als ich die Haustür öffnete, war die Überraschung allerdings auf meiner Seite, denn ich blickte in ein blaues Augenpaar. Nicht Marx stand davor, sondern Nicholas Romanow. An seiner linken Hand hielt er Tia, an der rechten Kieran.

„Mami! Nick hat uns vom Kindergarten abgeholt!", rief Kieran begeistert. „Und er hat gesagt, wir gehen Eis essen und in den Park."

Diese Flut an Informationen musste ich zunächst verarbeiten, denn darauf war ich nicht vorbereitet gewesen. Allerdings gehörte Spontanität zu meinen Stärken, weswegen ich nur erwiderte: „Dann mal reinspaziert. Ich habe noch Besuch von einer Freundin, aber sie bleibt nicht mehr lange."

Sophia hatte mich bereits darüber informiert, dass sie spätestens gegen halb drei verschwinden würde, um sich mit Liam zu treffen. Da die Uhr im Moment kurz nach zwei Uhr anzeigte, konnten wir noch einige Minuten miteinander verbringen.

„Möchten Sie etwas trinken?", erkundigte ich mich, nachdem Nicholas die beiden Kinder losgelassen hatte.

Sie waren kreischend im Wohnzimmer verschwunden und ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Kieran sich gerade auf Sophia stürzte, um sie zu begrüßen.

„Ja, gerne, ein Wasser wäre nicht schlecht", erwiderte Nicholas.

„Ich könnte die Limettenlimonade empfehlen."

Die Stimme hinter uns gehörte Sophia, die sich auf leisen Sohlen in den Flur geschlichen hatte.

„Na, wenn das so ist, dann nehme ich die Limonade", ließ Nicholas sich mühelos überzeugen.

Im Wohnzimmer angekommen, nahm sich unser Vermieter auf einem der Sessel seinen Platz ein, während ich ein Glas organisierte.

„Eiswürfel?"

„Nur, wenn es keine Umstände macht."

„Aber nicht doch."

Mit schnellen Schritten suchte ich den Kühlschrank auf, der stets Eiswürfel auf Vorrat produzierte und ließ zwei davon in das Glas purzeln. Anschließend kehrte ich wieder ins Wohnzimmer zurück.

Die Kinder saßen auf dem Boden, vor dem Sofa und grinsten sich an. Kieran versuchte Tias Haarschleife zu öffnen, was jedoch misslang. Die Kleine kicherte andauernd und zog die Schleife letztendlich selbst aus ihren langen, dunklen Haaren.

„Sie wird mal eine kleine Schönheit werden", meinte Sophia grinsend, worauf ich zustimmte.

„Oh ja, und die Jungs werden ihr hinterher rennen."

„Aber ich bin doch ihr Freund!", kam es entrüstet von Kieran.

„Natürlich bist du das", grinste Nicholas, bevor er einen großen Schluck von seiner Limonade nahm. „Die schmeckt wirklich gut", lautete sein Urteil.

Als ich den Blick seiner blauen Augen auf mir fühlte, begann ich zu lächeln. Er war ein unglaublich netter, zuvorkommender Mensch. Und Niall würde sicher nichts dagegen haben, wenn ich einen Nachmittag mit ihm und den Kindern verbrachte. Es war auf jeden Fall besser, als alleine hier herumzusitzen.

„Habt ihr euch eigentlich schon einander vorgestellt?" Fragend richtete ich meine Augen auf Sophia, die mit dem Kopf schüttelte.

„Nein, noch nicht."

„Ok, dann mache ich das. Nicholas, das ist meine Freundin Sophia, Sophia, das ist Nicholas unser Vermieter."

„Es freut mich, Sie kennenzulernen." Lächelnd reichte er der Dunkelhaarigen die Hand, welche sie sogleich ergriff.

„Freut mich ebenfalls."

„Wohnen Sie schon lange in New York?", erkundigte sich Nicholas mit einem Lächeln.

„Nein, wir sind gerade hierher gezogen, weil mein Mann dienstlich versetzt wurde."

Wie immer setzte sie ihr Pokerface auf, wenn man sie nach solchen Dingen fragte. Alles war perfekt einstudiert, genau wie ihr falscher Lebenslauf, den sie im Schlaf vorbeten konnte. Ich beneidete Sophia um ihre Coolness, obwohl ich im Laufe der letzten Jahre natürlich viel dazu gelernt hatte.

„Ich glaube, es wird Zeit, dass ich mich verabschiede", erklärte sie und erhob sich. „Wir sehen uns."

Zum Abschied reichte sie Nicholas die Hand, anschließend geleitete ich sie zur Tür.

„Wir melden uns morgen, Sienna", flüsterte sie mir ins Ohr.

„Grüße an Liam", flüsterte ich zurück, bevor ich die Haustür hinter ihr schloss.

Wie zu erwarten, quengelten die Kinder bereits, als ich in das Wohnzimmer zurückkehrte.

„Gehen wir bald Eis essen?", fragte Kieran sofort und auch Tia stimmte mit ein.

„Oh ja, Eis essen!"

„Ich ziehe mir nur andere Schuhe an, ok?"

In meinen Sneakers lief es sich noch immer am bequemsten, denn von Pumps hatte ich heute die Schnauze gestrichen voll.

Nachdem ich Kierans kleinen Rucksack in die Hand genommen hatte, konnte es losgehen.

„Ich kenne einen hervorragenden Eissalon, dort könnten wir hingehen. Er ist nicht weit von hier und liegt sogar auf dem Weg zum Park", schlug Nicholas vor.

„Klar, das klingt gut."

Zu viert machten wir uns auf zu unserem Ziel. Die Sonne strahlte mit uns um die Wette, die Temperaturen waren noch immer mild, eigentlich viel zu warm für den Monat Oktober. Doch mich störte das keineswegs. Gut gelaunt schritt ich neben Nicholas her, die Kinder liefen direkt vor uns, Hand in Hand, was süß anzuschauen war. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass Tia Kierans Ersatz für Freddie war. Er vermisste seinen Freund schmerzlich, obwohl sie schon miteinander geskypt hatten. Aber die beiden waren noch viel zu klein, um diesen Unterhaltungen die Bedeutung beimessen zu können, welche sie verdienten. Sie wollten viel lieber miteinander spielen, als nur reden und Faxen vor der Kamera machen.

Am Eissalon angekommen, ergatterten wir einen Tisch für vier Personen und gaben unsere Bestellung auf. Nicholas lud uns ein, worauf ich mich höflich bedankte.

„Das ist aber nicht nötig", erklärte ich.

„Ach Unsinn, ich mache das gerne."

Das Eis schmeckte hervorragend, Kieran verputzte seine Portion in Rekordzeit und begann sich anschließend umzuschauen.

„Mami! Da ist ein schöner Hund!" Er zeigte mit dem Finger auf die gegenüberliegende Straßenseite.

„Das ist ein irischer Setter, im Kurzhaarformat", erklärte Nicholas sofort.

Er schien sich gut mit Hunden auszukennen.

„Mami, wann kann ich einen Hund haben?"

Seufzend schaute ich zu meinem Sohn, dessen Augen nicht von dem edlen Tier glitten.

„Er ist so schön! Ich möchte so einen haben, Mami! Bitte! Anana kann nicht herkommen und ich habe Hunde so lieb."

„Also wenn du unbedingt einen möchtest und deine Eltern das erlauben, besorge ich einen für dich. Ein Freund von mir züchtet diese Rasse", erklärte Nicholas mit einem Blick auf mich.

„Wirklich? Und Sie hätten nichts dagegen, wenn wir einen Hund im Haus halten?"

„Nicht im Mindesten. Ich finde es wichtig, dass Kinder mit Tieren aufwachsen. Anastasia besitzt eine Katze, an der sie unwahrscheinlich hängt."

„Das ist schön. Und ja, eigentlich bin ich auch dafür, dass Kinder mit Tieren aufwachsen sollten."

Mit einem Augen auf den Hund schielend, sagte ich: „Allerdings muss ich das erst mit meinem Mann klären."

„Das verstehe ich vollkommen."

Nachdem wir alle aufgegessen hatten, spazierten wir in Richtung Park. Dort ließen wir uns auf einer Bank nieder, während Tia und Kieran zum Spielen abdampften. Der Spielplatz lag genau in unserer Blickrichtung, sodass wir die beiden nie aus den Augen verloren.

„Es ist toll, wie Sie sich um ihre Tochter kümmern", sagte ich anerkennend.

Insgeheim fragte ich mich, ob Nicholas heute nicht arbeiten musste und warum er seine Frau niemals erwähnte.

„Danke, als alleinerziehender Vater hat man es oft nicht leicht."

Seufzend waren diese Worte über seine Lippen gekommen, sie forderten mich geradezu auf, eine Frage zu stellen, die äußerst prekär war. Doch seine Aussage ließ mir keine Ruhe.

„Sie haben sich getrennt?"

Zu meiner Überraschung schüttelte er seinen Kopf. Seine klaren, blauen Augen begegneten meinen, als er antwortete: „Sie ist vor zwei Jahren gestorben. Anastasia war nicht mal drei Jahre alt."

In diesem Moment kam ich mir vor wie eine Idiotin. Alles an was ich dachte, war eine normale Trennung, doch es war der Tod, der diese in seinem Fall hervorbrachte. Eine wahrhaft schreckliche Vorstellung, die mir sehr ans Herz ging.

„D-Das tut mir leid. Ich wollte nicht-.", stammelte ich verlegen und senkte meinen Blick zu meinen Händen hinab.

„Es ist ok, Sie konnten es ja nicht wissen."

„Trotzdem, ich hätte diese Frage nicht stellen sollen."

„Warum nicht? Ich kann mittlerweile darüber reden, obwohl es noch immer wehtut", gestand er freimütig.

Wenn ich eines mochte, dann war es die Tatsache, dass ein Mann Gefühle zeigen konnte und auch zu diesen stand. Niall tat dies regelmäßig und es war einer der Gründe, weswegen ich ihn aufrichtig liebte.

Noch immer stumm saß ich neben Nicholas und lauschte kurzzeitig dem Rascheln der Blätter die sich im Wind bewegten, da richtete er seine Worte an mich.

„So ist nun mal das Leben. Man weiß nie, was es für einen bereithält und deswegen stehe ich auf dem Standpunkt, dass man es genießen sollte, soweit das möglich ist."

„Da haben Sie wohl Recht."

Als wir uns anschauten, lächelte er und machte gleichzeitig einen Vorschlag.

„Sollten wir uns nicht besser mit du anreden? Ich meine, wir sind fast im gleichen Alter, die paar Jahre, die ich älter bin, machen es nicht aus."

„Wie alt sind Sie – bist du denn?"

„Vierunddreißig."

Er lehnte sich auf der Bank zurück und hielt Ausschau nach den Kindern, die weiterhin zusammen tobten.

„Also ich bin neunundzwanzig", erklärte ich schmunzelnd.

„Das sind doch nur fünf Jahre, das ist geschenkt", meinte er, worauf ich lachte.

„Sehe ich auch so."

Ein Schatten glitt plötzlich über mein Gesicht, denn ich dachte unweigerlich an Seth, der im gleichen Alter wie Nicholas war. Wie es ihm wohl ging? Ich sollte Alistair unbedingt danach fragen, ob wir vielleicht in naher Zukunft wieder einmal miteinander telefonieren durften.

Die Stimme meines Bruders vor einiger Zeit zu hören, hatte unendlich viele Gefühle in mir ausgelöst. Erinnerungen aus meiner Kindheit, der Geruch des selbstgebackenen Apfelkuchens unserer Mutter, als wir noch klein waren, und die Welt vollkommen in Ordnung. Nun drehte sich diese in eine andere Richtung, geriet beinahe aus den Fugen und ließ mich oftmals an meinem Verstand zweifeln.

„So nachdenklich, Jennifer?", holte Nicholas mich aus meinen tiefen Gedanken.

Unmerklich zuckte ich zusammen. „Manchmal", erwiderte ich, „und wenn wir schon dabei sind, du kannst mich Jenny nennen."

„Gut, dann also Jenny."

Das Klingeln seines Handys unterbrach plötzlich unsere Konversation.

„Ja? Ich bin mit Anastasia im Park.- Ja, der Termin heute Abend steht. Neun Uhr, wie vereinbart. – Bis dann."

Während der das Handy wieder in seiner Hosentasche verschwinden ließ, sagte er: „Die Geschäfte lassen mich nie zur Ruhe kommen."

„Selbst an einem Freitagabend nicht, was?", warf ich schmunzelnd ein. „Da habe ich mit meinem Mann noch richtig Glück, auch wenn er heute später als gewöhnlich nach Hause kehren wird."

„Wann erwartest du ihn denn?"

„Zwischen sieben und halb acht, was für Kieran nicht so schön ist. Er muss direkt nach dem Abendessen ins Bett und wir essen meist spätestens um sieben."

„Anastasia geht auch immer nach dem Abendessen ins Bett. Ich halte es für wichtig, dass Kinder sich an gewisse Regeln halten und auch daran gewöhnen."

Seine Einstellung gefiel mir, denn auch ich teilte diese Auffassung. Einem inneren Drang folgend, stellte ich ihm eine Frage.

„Was hältst du davon, wenn wir heute alle gemeinsam zu Abend essen? Anastasia und Kieran könnten ein bisschen länger aufbleiben, weil John ja später kommt."

Nachdenklich musterte er mich, bevor er zu einer zögerlichen Antwort ansetzte: „Aber nur, wenn es dir nichts ausmacht. Ich möchte mich nicht aufdrängen, weißt du."

„Das ist doch Unsinn, Nicholas! Du bist unser Vermieter und ein sehr netter noch dazu. Außerdem macht es keinen Unterschied, ob ich für fünf oder für drei Personen koche", versuchte ich seine Bedenken auszuräumen.

„Also gut", ließ er sich schließlich breitschlagen. „Anastasia und ich bleiben zum Essen."

„Ich hoffe, du schaffst es dann auch noch pünktlich zu deinem Termin."

„Mach dir mal keine Gedanken, selbst wenn ich zehn Minuten später auftauche macht das nichts."

„Gut." Aufmunternd lächelte ich ihm zu.

Der Gedanke daran, dass seine Frau verstorben war, ließ mich irgendwie traurig werden und als ich Tia näher betrachtete, kam ich zu der Überzeugung, dass sie ihrer Mutter wohl sehr ähnelte. Die dunklen Augen stammten eindeutig nicht von Nicholas, der sein Töchterchen gerade aus der Ferne betrachtete.

„Sie sieht ihrer Mutter ähnlich, nicht wahr?" Leise stellte ich diese Frage, die er mir sofort beantwortete.

„Ja, viel zu sehr. Und wenn sie einmal älter wird- ich-." Er brach ab und ich sah kleine Tränen in seinen Augen glitzern. „Ich habe sie sehr geliebt."

Einer inneren Regung folgend, ergriff ich seine Hand und drückte diese leicht.

„Es tut mir so leid für dich", hauchte ich, noch immer total aufgewühlt.

Für eine Minute sprach keiner von uns ein Wort, viel zu sehr waren wir damit beschäftigt, unseren Gedanken zu folgen. Ich wurde verrückt werden, wenn Niall etwas passieren würde. Er war der Mann, den ich liebte und mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen wollte. Ohne ihn wäre ich nur halb so stark, ich brauchte ihn, wie die Luft zum Atmen.

„Sollen wir langsam gehen?", unterbrach Nicholas irgendwann die Stille.

Als ich nickte, rief er nach den Kindern, die sofort herbeieilten und sich freuten, als er ihnen erklärte, dass wir zusammen nach Hause gehen, und später gemeinsam essen würden.

Auf dem Weg zu unserem Townhouse kamen wir an einem Obst-und Gemüseladen vorbei, der herrliche Auberginen, Zucchini und Paprika anbot.

„Sollen wir die mitnehmen? Ich könnte eine Gemüsepfanne machen, die liegt nicht so schwer im Magen", schlug ich vor.

„Das hört sich klasse an."

Obwohl ich heftig protestierte, bezahlte Nicholas das Gemüse und trug sogar die Einkaufstüte bis in die Küche. Die Kinder durften noch ein wenig in Kierans Zimmer spielen, während ich bereits die Zutaten klein schnippelte. Ich gab noch eine große Dose Gemüsemais hinzu und überlegte, in welcher Form ich die Kartoffeln zubereiten sollten. Schließlich entschied ich mich für Rosmarinkartoffeln aus dem Backofen. Zu diesem Zweck pinselte ich die Kartoffeln mit Olivenöl ein, dekorierte sie mit frischem Rosmarin, der in einem der Pflanzkästen auf der Terrasse wuchs, und schob das Ganze dann in den vorgeheizten Backofen.

Nicholas durfte den Tisch decken, damit er sich nicht gar so nutzlos vorkam, wie er betonte. Um Punkt halb acht stand das Essen auf dem Tisch, der Einzige der nicht kam, war Niall.

Als er um fünf nach halb acht noch immer nicht aufgetaucht war, nahm ich das Handy, um ihn anzurufen. Doch es meldete sich nur die Mailbox. Also hinterließ ich eine Nachricht, in welcher ich um seinen Rückruf bat.

Da ich den Anruf vom Schlafzimmer aus getätigt hatte, ging ich nun wieder in die Küche zurück, wo Nicholas auf mich wartete.

„Und?"

„Nichts, ich habe ihm eine Nachricht hinterlassen, er geht nicht ran."

„Weißt du, wo er hin wollte?"

„In die 115. Straße, da war heute die Obdachlosenspeisung, wie jeden Freitag."

Nicholas' nächste Worte ließen mein Herz augenblicklich vor Furcht rasen.

„Das ist ein verdammt übles Viertel."

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Da ich das Kapitel schon letzte Nacht fertiggeschrieben habe, dachte ich, ich beglücke euch heute schon damit.

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen.... Sienna und Nicholas, der Mafiosi. Was Niall wohl davon halten würde (vorausgesetzt er kommt wieder heil nach Hause)?

Wie es mit Niall weitergeht, erfahrt ihr im nächsten Kapitel, dass ich vorraussichtlich am Mittwoch hochladen werde.

LG, Ambi xxx

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