04. Heaven and hell
„Der Schnee wird im neuen Jahr fallen, es sind 40 Inches vorhergesagt. Es ist noch unbekannt, wie lange die Frostperiode dauern wird und wann der Schnee wieder schmilzt."
Mein Herzschlag beschleunigte, als ich seinen Atem in meinem Nacken spürte. Seine Hände, die gerade eben noch so fest zugepackt hatten, fuhren nun sanft an meinem Rücken entlang und tasteten nach dem Verschluss meines BHs.
„Welche Farbe?", hörte ich Niall flüstern.
„Rot", stieß ich hervor, wobei meine Stimme leicht zitterte.
Ich hatte mich noch immer nicht von dem Schock des auf die Matratze Werfens erholt. Nicht, dass es mir nicht gefiel, ich hatte es ihm einfach nicht zugetraut. Umso gespannter war ich nun darauf, wie unser heutiges Date verlaufen würde.
„Baby", flüsterte Niall mit rauer Stimme, die mich fast schon wieder durchdrehen ließ. „Weißt du, dass mich rote Unterwäsche total anmacht?"
Ich hatte es irgendwie gehofft und freute mich nun, dass ich ausgerechnet diese Unterwäsche angezogen hatte, obwohl ich sie mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr lange anbehalten würde. Sekunden später befreite Niall mich nämlich von dem Oberteil, welches sich hoffentlich später wieder in der vollkommenen Dunkelheit fand.
Einstweilen kümmerte ich mich jedoch nicht weiter um diesen Gedanken, sondern genoss es, von Nialls Lippen, sowie seiner Zunge verwöhnt zu werden, die gerade meine Brustwarze umkreiste. Mir wurde unendlich heiß dabei.
Mittlerweile lag ich auf dem Rücken, entspannt und gleichzeitig erregt. Irgendwie spürte ich, dass dies heute meine Nacht war, dass er mich verwöhnen und meinen Körper erforschen wollte. Ein wohliges Stöhnen entwich meiner Kehle, als seine Lippen den Weg nach unten antraten, in Richtung meines Bauchnabels. Seine Hände wanderten mit und zogen langsam meinen String aus. Automatisch hob ich den Po an, damit es schneller und besser ging.
Früher hatte ich mir niemals vorstellen können, in völliger Dunkelheit Sex zu haben. Ich empfand es als spießig und prüde, doch gerade erfuhr ich, wie erotisch und aufregend es sich anfühlte, wenn man sich nur auf die anderen Sinne verließ, und nicht auf seine Augen. Es war eine völlig neue Welt, die sich mir gerade öffnete. Ich konnte nicht sehen, was er tat, nur spüren wie seine Hände und seine Lippen meinen Körper verwöhnten; und genau das machte mich unglaublich an.
„Niall", stöhnte ich leise, als er seine Zunge sanft über meinen Venushügel gleiten ließ.
Ich spürte, dass er seinen Kopf anhob. „Ja, Baby?"
Der Klang seiner Stimme löste ein Kribbeln in meinem gesamten Körper aus, vom Kopf, bis zu den Fußzehen. Aber nicht nur das. Mein Unterleib zog ich schon beinahe schmerzhaft zusammen, vor lauter Vorfreude auf das, was bald passieren würde.
Niall verstand es wirklich, mich in einen Zustand zu versetzen, der mehr als fragwürdig zu bezeichnen war. Ich schwebte irgendwo in diesem schwarzen Raum und spürte gleichzeitig die Matratze unter mir.
Es gab kein Oben und es gab kein Unten, es gab nur ihn und mich, sowie die vollkommene Dunkelheit, die im ersten Moment alles zu verschlucken schien. Auf den zweiten Blick jedoch, brachte sie alles hervor, was in uns lauerte. Vorfreude, Erregung, Lust und die Gewissheit, dass wir tun konnten, was uns beliebte, ohne es morgen zu bereuen.
Sekundenlang stockte mein Atem, als ich spürte, wohin seine Finger, die gerade noch die Innenseiten meiner Oberschenkel gestreichelt hatten, langsam hinwanderten. Genüsslich drangen diese in mich ein und erforschten mein Inneres.
„Baby, du bist schon mächtig heiß auf mich", vernahm ich sein Flüstern in der Dunkelheit.
Ich glaubte zu spüren, dass er jetzt süffisant grinste. Oh Gott, wie ich diese Einbildungskraft liebte, welche der Black Room hervorbrachte.
„Ja", presste ich leicht gequält hervor. „Also bitte halte mich nicht zu lange hin."
Ein leises, erotisches Lachen drang durch den Raum.
„Macht es dich an, wenn ich dich hinhalte?"
Wieder presste ich ein „Ja", hervor, dieses Mal jedoch gefolgt von einem heftigen Keuchen, da seine Finger gerade einen empfindlichen Punkt berührten.
Und er wusste es, denn sie sanfte und gleichermaßen heftige Tortur ging weiter. Niall ließ mir keine andere Wahl, als meinen Unterleib nach oben zu bäumen, um die Berührung seiner Finger voll und ganz auszukosten. Es schien, als würde er genau spüren, was ich mochte und wie ich es mochte.
Heftige Wellen durchzuckten mein Innerstes und Sekunden später überschritt ich den Punkt der vollkommenen Erlösung. Mein Keuchen war in der Dunkelheit stärker zu hören, als in einem normalen Raum, zumindest kam es mir so vor.
Das Blut pulsierte noch immer durch meine Adern, während mein Herzschlag sich nur sehr zögerlich normalisierte. Doch ich bekam nicht die Chance, mich auszuruhen, oder auch nur eine kleine Verschnaufpause einzulegen. Und um ehrlich zu sein, wollte ich das auch gar nicht. Niall puschte meine Emotionen dermaßen in die Höhe, dass ich nur noch eines wollte: Heftigen Sex mit ihm zu haben.
„Sienna", als er meinen Namen wisperte, ergriff er meine Hände und führte diese zu seiner Boxershorts, die bereits mächtig spannte.
Ich richtete mich langsam auf, immer darauf bedacht, den Kontakt zu ihm nicht zu verlieren. Vorsichtig strichen meine Hände über den Stoff, was ihm ein Stöhnen entlockte, und ebenso behutsam befreite ich ihn von dem Kleidungsstück.
Niemals hätte ich gedacht, dass dies im Dunkeln so gut vonstattengehen würde. Aber wir beide hatten uns vollkommen darauf eingestellt, dass wir nichts mehr sehen, sondern nur noch hören, fühlen und riechen konnten.
Selbst das Pochen unserer Herzen schien aus der Dunkelheit hervorzustechen. Es erreichte meine Ohren und ließ mich glauben, eine Stecknadel fallen hören zu können, obwohl der gesamte unter Bereich des Raumes aus einer Matratze und Teppichboden bestand.
Mein Brustkorb hob und senkte sich durch die beschleunigte Atmung, sowie die innere Erregung, welche sich von Sekunde zu Sekunde vergrößerte. Gleich würde es passieren.
Mit dem nächsten Wimpernschlag wurde ich so hart in die Matratze gedrückt, dass mir fast schwindelig wurde und ich spürte das Gewicht seines Körpers, jedoch in angenehmer Art und Weise und nicht als Last.
Als ich kurz den Atem anhielt, weil mir gerade ein Gedanke durch den Kopf schoss, umfasste Niall meine Hand und führte diese plötzlich zu seiner deutlich spürbaren Erektion. Ich konnte das Kondom ertasten und hörte ihn auch schon wispern: „Das war es doch, was du wissen wolltest, oder?"
Fast mutete es schon gespenstisch an, wie er meine unausgesprochenen Worte zu erraten schien. Natürlich wollte ich wissen, ob er das Gummiteil übergezogen hatte.
Diese Situation machte mir auf jeden Fall eines bewusst: Im Black Room ging es nicht nur um den Nervenkitzel, sondern auch um Vertrauen. Man begab sich praktisch in die Hände des Partners, ohne zu wissen, was einem blühte.
Ich hatte mit Niall echtes Glück, denn für ihn schien es selbstverständlich zu sein, solche Dinge vorher zur Sprache zu bringen, und nicht erst dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen war, wie man so schön sagte.
Nachdem wir diese essentielle Sache erfolgreich geklärt hatten, konnte der Spaß beginnen. Es war krass, welch schnellen Rhythmus er sofort anschlug, doch es war auch genau das, nach was ich mich im Augenblick sehnte. Ich brauchte keine kitschigen Liebesschwüre, oder ein ellenlanges, zärtliches Vorspiel, sondern nur heißen Sex. Und Niall gab mir genau das, wonach ich verlangte.
Jeder einzelne Nerv meines Körpers wurde durch seine Bewegungen stimuliert und irgendwann setzten meine Gedanken einfach aus. Hemmungslos ließ ich mich von der Welle treiben, die uns beide fast gleichzeitig erfasste. Ein synchroner Höhepunkt mit einem Fremden, wenn das mal kein Erfolg war.
Schwer atmend lagen wir beide nebeneinander, ich fühlte den Schweiß auf meiner Stirn. Obwohl es kühl in diesem Raum war, marschierte ich gerade durch die Glut der Hölle und schwebte gleichzeitig auf einer Wolke im Himmel.
„Wow", hörte ich Niall flüstern. „Das war Mega."
„Das fand ich auch", gab ich, noch immer ein wenig außer Atem, zu.
Schade, dass er mein zufriedenes Lächeln in jenem Moment nicht sehen konnte. Er würde es niemals zu Gesicht bekommen, aber er durfte es fühlen. Ohne darüber nachzudenken, griff ich nach seinen Händen und führte diese zu meinem erhitzten Gesicht. Sein leises Lachen erklang in der Dunkelheit.
„Da strahlt aber jemand. Heißt das, das wir uns hier wieder treffen werden?", meinte er mit seiner erotisch klingenden Stimme, die bewirkte, dass sich jedes einzelne Härchen an meinem Körper aufrichtete.
„Ja, die Frage ist nur, wann. Denn am nächsten Freitag hat der Swinger Club zu, weil Weihnachten ist", sagte ich fast schon traurig.
„Das stimmt wohl."
Im Geiste ging ich meinen Kalender, sowie die Öffnungszeiten des Swinger Clubs durch.
„Aber sie haben an Christmas Eve geöffnet. Vielleicht könnten wir uns an diesem Tag, um Mitternacht treffen. Die meisten Pubs schließen um diese Uhrzeit sowieso."
Es war Tradition, dass ich mich an Christmas Eve mit Gwenny in einem Pub traf, damit wir unsere Geschenke austauschen und ein wenig feiern konnten, bevor jeder den Weihnachtstag und den anschließenden Boxing Day im Kreise seiner Familie verbrachte.
So gesehen schien es mir ein guter Zeitpunkt zu sein, Niall noch einmal im Black Room zu treffen, bevor die Feiertage starteten. Zu meiner Überraschung sagte Niall jedoch: „Das tut mir echt leid, ich arbeite an Christmas Eve."
„Um Mitternacht?" Halb entsetzt, halb verwundert setzte ich mich auf und hörte, dass Niall nun das Gleiche tat.
„Ja, stell dir vor, es gibt Menschen, die an diesem Tag, zu dieser Uhrzeit auch einer Arbeit nachgehen müssen", antwortete er mit einem leisen Lachen.
Das wusste ich zwar, aber er weckte mit seiner Bemerkung meine immense Neugierde. Die Gedanken ratterten unaufhaltsam in meinem Kopf und ich versuchte herauszufinden, welchen Beruf er wohl ausübte.
„Bist du vielleicht bei der Feuerwehr? Ich meine, das Spritzenkommando würde gut zu dir passen, du kannst es ja auf Abruf, wie ich heute feststellen durfte."
Zu gerne hätte ich jetzt sein Gesicht gesehen, denn er begann schallend zu lachen.
„Nein, Sienna, ich bin nicht beim Spritzenkommando, wie du es nennst."
„Hm", machte ich nachdenklich. „Lass mal überlegen, was mir sonst noch so in den Sinn kommt."
Inzwischen war er näher an mich herangerückt, unsere Haut berührte sich leicht, was sofort ein angenehmes Ziehen in meinem Unterbauch auslöste.
„Lass deine Fantasie spielen." Seine Lippen berührten sachte mein linkes Ohr, als er dies aussprach, worauf sich das Ziehen prompt verstärkte. Meine Einbildungskraft gaukelte mir vor, dass seine blauen Augen gerade funkelten. Als ich fast unmerklich einatmete, durchzuckte es mich wie ein Blitz.
„Ich hab's. Du bist bestimmt einer diese jungen Assistenzärzte, die, weil sie ledig sind, an Weihnachten zum Arbeiten verdonnert werden", brachte ich schlagfertig hervor.
„Nicht schlecht, aber wie kommst du darauf?"
„Weil deine Finger mich haben spüren lassen, wie gut du dich mit der Anatomie des weiblichen Körpers auskennst", erwiderte ich im Brustton der Überzeugung.
Das tat er wirklich und demnach war es naheliegend, dass er den Beruf eines Arztes ausübte. Vielleicht handelte es sich sogar um einen angehenden Gynäkologen. Der Gedanken daran ließ mich plötzlich kichern, jedoch nur für eine kurze Zeitspanne.
Niall drehte meine Welt blitzartig auf den Kopf, als er mit dunkler Stimme wisperte: „Sicher? Ich könnte auch so etwas wie Jack the Ripper sein. Der kannte sich nämlich auch mit der Anatomie seiner weiblichen Opfer aus, die er dann ermordet und verstümmelt hat."
Ein Schauer jagte über meinen Rücken, vor allem als ich die Tonlage seiner Stimme verinnerlichte. In jenem Augenblick fühlte ich mich ihm beinahe hilflos ausgeliefert. Aber anstatt mich mit Worten zu beruhigen, setzte er noch eins obendrauf.
„Ich könnte dir zum Beispiel vor dem Swinger Club in der Seitenstraße auflauern, du würdest gar nicht wissen, dass ich es bin, und dich dann überfallen."
Mein Herz pochte wie wahnsinnig. Dieser Black Room und auch Niall, spielte so sehr mit meinen Gedanken und Gefühlen, dass es schon nicht mehr feierlich war. Verzweifelt versuchte ich die Oberhand in diesem Meer der Schwärze zu gewinnen.
„Nein", stieß ich hervor, wobei ich versuchte, meiner Stimme einen gefestigten Klang zu verleihen. „Das würdest du nicht tun."
„Sicher?"
Schließlich sprach ich es aus. „Niall, bitte hör auf, ich fühle mich gerade sehr unwohl."
Sekunden später spürte ich seine Lippen, die sanft meinen Nacken küssten, sowie seine starken Arme, die mich vorsichtig und gleichzeitig fest umschlangen.
„Du brauchst keine Angst zu haben, Baby. Ich werde dir niemals wehtun", vernahm ich sein heiseres Flüstern, welches mich beinahe durchdrehen ließ.
Als seine Lippen entlang meiner Wirbelsäule weiter nach unten wanderten, wurde es zunehmend heißer in meinem Innersten. Vor zehn Sekunden hatte ich noch vor Angst beinahe gezittert und nun bebte ich bereits wieder vor Erregung. Er spielte so sehr mit mir, wie es noch nie zuvor einem Mann gelungen war.
Niall drückte mich ganz leicht in die Matratze und ehe ich mich versah, lag ich auf dem Rücken. Als ich spürte, was er vorhatte, spreizte ich automatisch meine Beine und dann ertönte das bereits bekannte Summen.
„Oh nö, nicht schon wieder", brachte er fast schon schmollend hervor.
„Wir scheinen uns verquatscht zu haben", seufzte ich.
Sein tiefes Durchatmen war zu vernehmen, während ich hörte, wie er sich aufsetzte.
„Ok, Sienna, wann wollen wir uns wieder hier im Black Room treffen?"
„Ich fürchte, wir werden auf einen anderen Tag ausweichen müssen, wenn wir nicht bis zum achten Januar warten wollen", seufzte ich leicht genervt.
Diese ganzen Feiertage gingen mir im Moment wirklich gehörig auf den Geist. Mussten in diesem Jahr alle ausgerechnet auf einen Freitag fallen? Auch der erste Januar war nämlich ein Freitag und zerstörte somit unsere Chance auf ein Date, da der Swinger Club an diesem Tag selbstverständlich seine Pforten geschlossen hielt.
„Wie wäre es mit Sonntag?", schlug ich vor.
„Hm, dann aber nicht um Mitternacht", meinte Niall. „Geht es bei dir auch früher?"
„Ja, das ist mir sogar Recht, denn ich muss montags ja früh aufstehen", antwortete ich.
„Gut, dann versuchen wir es einfach."
„Welcher Sonntag würde dir denn besser passen? Der siebenundzwanzigste Dezember oder der dritte Januar", erkundigte ich mich.
„Das ist egal, die passen beide."
„Kein Dienst im Krankenhaus?", zog ich ihn mit neckisch klingender Stimme auf.
„Nein, und im Übrigen habe ich nie behauptet, dass ich Arzt bin, meine Liebe", erklärte er, begleitet durch sein ansteckendes Lachen.
„Ich wette, du bist es trotzdem und willst mich jetzt auf eine falsche Fährte locken."
„Wenn du meinst."
Fünf Minuten später stand ich vor dem Angestellten des Swinger Club, der nun versuchte, einen neuen Termin für Niall und mich zu finden.
„Also, das mit dem siebenundzwanzigsten Dezember wird schwierig, da sind wir vollständig ausgebucht, aber der dritte Januar würde gehen. Passt dir neun Uhr abends?"
„Ja, das ist perfekt", sagte ich schnell.
„Gut, deinem Partner scheint dieser Termin ebenfalls zuzusagen, also trage ich die Reservierung ein."
Er tippte auf der Tastatur des Computers herum, während ich die Uhrzeit checkte. Es war bereits viertel nach eins, und das bedeutete, dass ich die U-Bahn um zwanzig nach eins nicht mehr erreichen würde, sondern auf die nächste warten musste. Innerlich seufzend zählte ich die Minuten, bis der Bedienstete endlich sagte: „So, der Termin geht klar, es wurde eben vom System bestätigt. Sollen wir dafür den Termin am achten Januar canceln, oder möchtet ihr den beibehalten?"
Darüber hatte ich natürlich nicht mit Niall gesprochen, also antwortete ich: „Von mir aus kann er stehenbleiben."
„Gut, dann checke ich das auch."
Es war kurz vor halb zwei Uhr nachts, als ich schließlich mit zwei neuen Dates in der Tasche, den Swinger Club durch den hinteren Zugang verließ. Außer mir befand sich kein Mensch auf der Straße und die einzige Lichtquelle ging von der diffusen Beleuchtung einer alten Straßenlaterne aus. Zögernd trat ich auf den Bürgersteig, Nialls Worte in meinem Kopf. „Ich könnte dir auflauern und dich überfallen."
Nein, er war nicht Jack the Ripper, er war ein junger Assistenzarzt, der mir ein bisschen Angst einjagen wollte, das versuchte ich mir zumindest einzureden. Leider klappte es nicht, denn bei jedem Geräusch, welches ich vernahm, zuckte ich nervös zusammen.
Der Weg zur U-Bahn schien ellenlang zu werden und mein Herz rutschte immer tiefer in die Hose. Plötzlich fühlten sich meine Beine wie Blei an und ich fragte mich, wie ich einem etwaigen Verfolger wohl entkommen sollte.
Als ich die Lichter eines Wagens auf mich zukommen sah, begann mein Herz förmlich zu rasen. Doch dann erkannte ich, dass es sich um ein Taxi handelte, und fällte binnen Sekunden einen Entschluss. Ich winkte das Taxi heran, stieg ein und sagte: „Nach Greenwich, ins Millennium Viertel, bitte."
Es war mir egal, was diese Fahrt nun kostete, ich wollte nur unbeschadet nach Hause gelangen, und mit einem Taxi schien dies auf jeden Fall gewährleistet zu sein.
Je näher wir meinem Heim kamen, desto entspannter wurde ich, obwohl ich die Gedanken an Niall nicht abstellten konnte. Was würde bei unserem nächsten Treffen im Black Room passieren? Auf was hatte ich mich da nur eingelassen? War er vielleicht ein Psychopath, der sich am Anfang verstellt hatte und nun sein wahres Gesicht zeigte? Oder handelte es sich bei ihm um einen Menschen, der gerne Grenzen testete und zwar in jeglicher Beziehung?
Als ich in dieser Nacht gegen drei Uhr einschlief, hatte ich immer noch keine Antwort auf diese Fragen befunden. Hinzu kam, dass ich in dieser Nacht zum ersten Mal von Niall träumte, es handelte sich jedoch nicht um einen bösen Traum. Wir hatten lediglich super guten Sex und somit verschwendete ich keinen weiteren Gedanken daran. Schließlich verarbeiteten wir das in unseren Träumen, was uns beschäftigte.
Sowohl das Wochenende, als auch die darauffolgende Tage vergingen rasend schnell. Da Weihnachten kurz vor der Tür stand, stürzte ich mich am Sonntag ins Getümmel, um die Geschenke für Seth, Harvey und Gwenny zu kaufen.
Für meine beste Freundin erstand ich ein wunderschönes, silbernes Armband mit kleinen Herzchen. Es sollte sie immer an unsere Freundschaft erinnern und ich wusste, das Gwenny auf solche Sachen total abfuhr.
Um Harvey Geschenk auszuwählen, durchforstete ich die komplette Auswahl an Kochbüchern, die das Harrods aufzuweisen hatte. Er besaß schon so viele unterschiedliche Werke, doch dann fiel mir eines ins Auge, das sich hundertprozentig nicht in seiner Sammlung befand: Ein irisches Kochbuch.
Komischerweise musste ich sofort an Niall denken und prompt kaute ich erneut an den Gedanken, die mich noch immer beschäftigten.
Vielleicht sollte ich mit Gwenny darüber reden, um eine neutrale Meinung einzuholen. Immerhin war sie die Anstifterin der ganzen Sache und kannte Niall zudem nicht. Wenn man es genau betrachtete, kannte ich ihn auch nicht, denn um jemanden wirklich zu kennen, reichte es nicht aus, sich zweimal in einem Black Room zu treffen und einmal Sex zu haben. Ich wusste bisher nicht einmal, wie alt er war, das fiel mir gerade auf. Also würde meine erste Tat bei unserem nächsten Treffen sein, ihm diese Frage zu stellen.
Nachdem ich das Kochbuch bezahlt, und noch eine große Packung edler Pralinen in der Feinkost Abteilung des Kaufhauses erstanden hatte, machte ich mich auf die Suche nach einem Geschenk für Seth.
Als Computerspezialist besaß er fast keine anderen Hobbys, außer PC's, Laptops und alles, was damit in Zusammenhang stand. Doch vor einiger Zeit hatte er einmal erwähnt, dass er gerne Golf zuhause spielen würde. Also kaufte ich ein Set, welches sich für solche Zwecke bestens eignete.
Heilfroh darüber, alle Präsente zusammen zu haben, lag ich um acht Uhr abends in der Badewanne und trank ein Glas Sekt auf diesen erfolgreichen Tag. Nun konnte Weihnachten kommen und obwohl ich mich auf die Feiertage freute, wünschte ich andererseits, diese würden schnell vorüber gehen, damit ich Niall endlich wieder treffen konnte. Sex im Black Room machte irgendwie süchtig.
In meinem Job gab ich vor Weihnachten noch Mal so richtig Gas. Mein Boss sollte schließlich merken, dass ich die Beförderung absolut verdiente. Er schien auch sehr zufrieden zu sein, jedenfalls verabschiedete er sich am Christmas Eve mit folgenden Worten: „Ich wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest, Sienna, und hoffe, dass dein Christkind brav ist. Verdient hast du es auf jeden Fall."
Mit einem guten Gewissen verließ ich gegen sieben das Büro, um mich geradewegs zu jenem Pub zu begeben, welches Gwenny und ich seit drei Jahren stets am vierundzwanzigsten Dezember aufsuchten, um in Weihnachtsstimmung zu geraten. Dort trafen wir wie jedes Jahr einige Bekannte und die Runden an Bieren, die wir tranken, wollte man besser nicht zählen.
Als ich für einen Moment mit Gwenny alleine am Tisch saß, weil alle anderen zum Rauchen nach draußen verschwunden waren, brachte ich das Gespräch auf mein Date mit Niall. Zwar hatte ich Gwenny am Telefon bereits über unseren erfolgreichen Sex berichtet, doch sie kannte die Story mit Jack the Ripper noch nicht.
„Er hat was gesagt?" Gwenny starrte mich ein wenig fassungslos an, als das düsterte und fast schon beängstigende Gespräch zwischen Niall und mir wiedergab. Als ich seine Worte wiederholte, schüttelte sie leicht den Kopf.
„Also ich weiß nicht, Sienna. Vielleicht solltest du die Finger von der ganzen Sache lassen. Ich habe dich zwar dazu angestiftet, aber ich möchte nicht, dass dir etwas passiert. Womöglich ist er wirklich ein Psychopath, der dir eines Tage in einer Gasse auflauert."
„Das wäre aber nicht logisch, denn er hat ja Sex mit mir. Es besteht kein Grund für ihn, mich zu vergewaltigen."
„Weißt du, was in so einem kranken Hirn vorgeht?"
„Nein, das weiß ich nicht", seufzte ich. „Und was ist, wenn er ein Assistenzarzt ist, wie ich es vermute?"
„Hat er denn darauf eine Antwort gegeben?"
„Kein ja, aber auch kein nein", erwiderte ich, bevor ich mein Glas leerte.
„Also gut, ich denke, du solltest vielleicht noch einmal einen Versuch wagen. Sollte er sich allerdings wieder so komisch verhalten, würde ich mir an deiner Stelle einen neuen Partner für den Black Room suchen", lauteten ihre abschließenden Worte.
Das war jedoch genau das, was ich eigentlich gar nicht wollte, denn der Sex mit Niall war mehr als nur befriedigend. Er wirkte berauschend und genau deswegen war ich nicht dazu bereit, ihn aufzugeben – koste es, was es wolle.
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Ich hoffe, es ist mir gelungen, ein bisschen mit euren Gefühlen zu spielen. Wie denkt ihr über Niall und was könnte sein Beruf sein?
Oh, und bevor ich es vergesse: Ein gutes neues Jahr wünsche ich euch allen! :) Lasst euch nicht von Jack the Ripper ärgern ^^
GLG, Ambi xxx
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