46. Arrangements

Sienna


Keuchend lief ich Fionn hinterher, der mit panischem Gesichtsausdruck auf das Paket starrte, welches er in seinen Händen hielt. Meine Vermutung, dass sich eine Bombe darin befinden könnte, wurde somit untermauert.

„Schmeiß es weg!", flehte ich ihn an.

Doch er bewegte sich nicht. Er schien wie erstarrt zu sein und presste seine Lippen aufeinander. Sekundenlang standen wir beide einfach nur da, ohne ein Wort zu sprechen und ohne uns zu rühren. Erst als das Brummen eines Motors zu vernehmen war, schien Leben in Fionn zu kommen.

„Verdammt!", fluchte er, ganz und gar nicht in der Art eines Pfarrers. „Kyle! Avril! Haltet euch fern!"

Unsere Nachbarn schienen jedoch seinen Rat nicht befolgen zu wollen. Gemächlich stiegen sie aus ihrem Auto aus und schlenderten Hand in Hand auf uns zu.

„Was ist denn los?", fragte Kyle mit hochgezogenen Augenbrauen.

„In diesem Paket befindet sich wahrscheinlich eine Bombe, also geht weg", erwiderte Fionn keuchend.

Ich zitterte wie Espenlaub, als Kyle Avrils Hand losließ, um auf meinen Mann zuzugehen.

„Zeig mal her."

Ohne zu zögern nahm er ihm das Paket aus der Hand, was meinen Atem zum Stocken brachte. Mit dem Rücken an die Hauswand gepresst, verfolgte ich, wie Kyle den braunen Pappkarton gründlich in Augenschein nahm.

„Wie kommst du denn darauf, dass da eine Bombe drin sein könnte, James?", fragte er leicht irritiert.

„Weil wir den Absender nicht kennen", stieß ich hervor, bevor Fionn etwas dazu sagen konnte.

„Aha. Und warum sollte euch ein fremder Mensch eine Bombe schicken?"

Kyle schaute ziemlich belustigt drein, so, als ob wir beide verrückt seien.

„Weil..." Verzweifelt rang ich nach Worten. Keinesfalls durften wir mit der Wahrheit herausrücken, sonst waren wir geliefert.

Zu meiner Überraschung ließ Fionn plötzlich einen Satz los, der meine Gedanken gewaltig ins Schleudern brachte.

„Bevor du uns das fragst, Kyle, hätte ich gerne gewusst, für wen Avril und du wirklich tätig seid."

Stille kehrte ein, zumindest für einen Moment.

Avril war schließlich die Erste, die ihre Sprache wiederfand. „Ähm, wie meinst du das jetzt?", erkundigte sie sich vorsichtig.

Gerade als ich mich fragte, ob ich irgendetwas verpasst hatte, bequemte sich Fionn darauf zu antworten.

„Ich habe in der Firma angerufen, für welche ihr angeblich arbeitet. Man versicherte mir, dass dort weder ein Kyle Waters, noch eine Avril Jones angestellt seien. Entweder, ihr habt uns falsche Namen genannt, oder ihr habt sonst wie Dreck am Stecken. Raus mit der Sprache!" So angepisst hatte ich Fionn noch nie erlebt.

In aller Seelenruhe kreuzte Kyle die Arme vor seiner Brust, nachdem er das Paket an Avril weitergereicht hatte, die dieses relativ entspannt in ihren Händen hielt. Obwohl Fionn die Warnung mit der Bombe losgelassen hatte. Waren die beiden etwa lebensmüde? Und was bitte hatte mein Mann da herausgefunden? Sie arbeiteten nicht für Qualcomm in San Diego?

Mit klopfendem Herzen starrte ich die beiden an, unfähig, etwas von mir zu geben.

„Um mal eines klarzustellen", unterbrach Kyle das konstante Schweigen, „Avril und ich laufen auf keinen Fall mit falschen Namen durch die Gegend."

Er senkte seine Stimme, als er die nächsten Worte aussprach, die mir fast den Boden unter den Füßen wegzogen. „Im Gegensatz zu euch."

Während ich nach Luft schnappte, fasste Kyle mich am Arm und sagte: „Lasst uns ins Haus gehen, denn dieses Gespräch wird jetzt privater als gedacht."

Zu viert versammelten wir uns um den Esstisch und das Paket lag noch immer unberührt in der Mitte.

„Ok", sagte Fionn, „wer fängt an?"

„Ich", kam es von Kyle, der sich anschickte, den braunen Karton so zu drehen, dass auch ich nun den Namen der Person lesen konnte, die es aufgegeben hatte.

„Es tut mir leid, dass ihr erschreckt wurdet, aber es enthält keine Bombe. Es wurde aus London zu euch geschickt, das könnt ihr am Poststempel erkennen. Der Absender ist Alistair Kirkland. Er hat lediglich einen anderen Namen angegeben, einen, den man niemals in Verbindung mit ihm bringen würde. Er ist frei erfunden."

Meine Kinnlade klappte nach unten, gleichzeitig hörte ich Fionn sagen: „Ihr arbeitet also für Alistair."

„So ist es. Er hat uns angewiesen, euch am Anfang nichts zu sagen, damit ihr nicht ausflippt und denkt, ihr hätte einen Vierundzwanzig- Stunden-Schutz nötig. Das ist nämlich nicht der Fall."

„Aber warum seid ihr dann hier?", wollte Fionn wissen.

„Um euch ein wenig zu beobachten. Wie ihr euch in der neuen Umgebung einfindet und auch um zu sehen, wie ihr euch verhaltet. Bisher war alles einwandfrei. Niemand würde den Verdacht hegen, dass ihr beiden eine andere Identität bekommen habt", entgegnete Avril lächelnd.

„Das kann echt nicht wahr sein! Alistair hat uns bespitzeln lassen?", empörte sich Fionn, worauf ich jedoch nur sagte: „Besser er, als die Drogenmafia."

Mein Ausspruch bewirkte eine kurze Heiterkeitsattacke am Tisch, dann jedoch wurden alle wieder ernst.

„Aber warum habt ihr euch jetzt geoutet? Aufgrund meiner Nachforschungen?", wollte Fionn wissen.

„Jein. Aufgrund des Paketes. Alistair hat uns wissen lassen, dass wir uns zu erkennen geben sollen, wenn es eingetroffen ist", erklärte Kyle.

Neugierig betrachtete ich den braunen Karton. „Wisst ihr denn, was drin ist?"

„Mach es einfach auf", lauteten Avrils aufmunternde Worte, die mich mutig werden ließen.

Da Fionn mir zunickte, begann ich die Schnur zu lösen, sowie die Verpackung mit äußerster Vorsicht zu öffnen. Ich wollte nicht, dass der Inhalt vielleicht beschädigt wurde. Zum Vorschein kam in ein Papier eingeschlagenes Teil, das sich wie ein Bild anfühlte. Als ich es von der weißen Schutzhülle befreite, hielt ich kurz den Atem an. Es handelte sich um das Gemälde, das Alexander Rossi mir zum Geburtstag geschenkt hatte. Ein kleiner Zettel war diesem beigefügt, dessen Notiz ich laut vorlas.

„Liebe Brenda, lieber James, anbei erhaltet ihr ein kleines Geschenk für euer Heim. Ich hoffe, ihr könnt damit die Wände verschönern. Liebe Grüß, A."

Vorsichtig besah ich mir die Rückseite des Präsents, um festzustellen, dass sämtliche Spuren, woher dieses stammte, restlos beseitigt worden waren. Man konnte also nicht mehr nachvollziehen, welche Kunstgalerie das Werk veräußert hatte.

Ein Lächeln zierte meine Lippen, als ich es in die Höhe hielt, damit es jeder begutachtete. Es war der einzige Gegenstand, der mir aus meinem alten Leben blieb und dieser würde mich immer an meinen letzten Geburtstag erinnern, den ich mit meiner Familie und meiner besten Freundin verbringen durfte. Ich fand es eine unglaublich schöne Geste von Alistair, so etwas zu tun. Es zeugte von seiner liebevollen Art.

„Ich wünschte, ich könnte mich bei ihm bedanken", seufzte ich leise.

„Das machen wir für dich", versprach Kyle schmunzelnd. „Wir stehen ja ständig mit ihm in Kontakt."

Eigentlich hatte ich auch nichts anderes erwartet. Meine Neugierde, ein wenig mehr über die beiden zu erfahren wurde riesengroß, doch bevor ich dazu kam eine Frage zu stellen, legte Fionn los. Er brachte ein Thema zur Sprache, das mich kurz schlucken ließ.

„Ok, seid bitte ehrlich. Wie viele Zimmer in diesem Haus sind verwanzt?"

Rot vor Scham schlug ich die Hände vor das Gesicht, als Avril lässig antwortete: „Alle, bis auf den Keller, weil der nicht von außen begehbar ist."

Erst gestern Nacht hatten Fionn und ich ziemlich heißen Sex auf einem der Esszimmerstühle praktiziert, weil diese besonders stabil waren. Jener Stuhl, auf dem ich gerade saß. Das war mir wirklich total peinlich. Bestimmt hatten sie alles gehört, wenn nicht sogar gesehen. Fionns lautes Schnauben zeugte ebenfalls nicht gerade von Begeisterung.

„Keine Sorge, wir gehören nicht zu den Spannern", versuchte Kyle uns zu beruhigen. „Wir haben die Wanze im Schlafzimmer komplett ausgeschaltet."

„Ja toll! Wir haben auch woanders Sex!", brummte Fionn leicht angesäuert.

Ich verstand seine Gefühlsregungen durchaus. Man konnte uns in allen Lebenslagen beobachten. Beim Duschen, beim Anziehen, selbst wenn wir gemeinsam frühstückten oder Fionn an seiner Predigt schrieb. das war wohl der Preis, den wir dafür zahlen mussten, der Mafia entkommen zu sein.

Aber dies gehörte nicht zu den einzigen Dingen, die mich beschäftigten. Vielmehr fragte ich mich, wie echt Kyles und Avrils Herzlichkeit uns gegenüber eigentlich war. Ob dies nur einem aufgesetzten Verhaltensmuster entsprach, oder ob die beiden uns tatsächlich sympathisch fanden. Um das herauszufinden, musste ich nachhaken.

„Sagt mal", begann ich zögerlich. „Würdet ihr auch mit uns befreundet sein, wenn wir normale Nachbarn wären?"

Die Antworten erfolgten wie aus der Pistole geschossen und keineswegs einstudiert.

„Darauf kannst du dich verlassen, Sienna", meinte Avril.

Und auch Kyles Worte klangen ehrlich, als er sagte: „Es ist so toll mit euch beiden, wir wünschten wirklich, wir könnten euch zu unseren Freunden zählen. Ihr seid so nett und liebenswert, das haben wir Alistair auch bereits gesagt."

Fionns Blick wurde ein wenig nachdenklich. „Meint ihr, ich kann Alistair kontaktieren, oder kriegt er dann einen Herzinfarkt, weil er glaubt, dass etwas nicht in Ordnung sei?"

„Nun ja", kam es von Kyle. „Vielleicht sollte ich ihn vorwarnen."

„Wir können das Gespräch auch gerne zusammen führen", erklärte Fionn grinsend.

Als ich ihn später darauf ansprach, erwiderte er nur: „Ich möchte lediglich etwas mit Alistair klären, sonst nichts."

Um was es dabei ging, verriet er mir jedoch nicht. Meine Vermutung beschränkte sich darauf, dass er Alistair zusammenstauchen wollte und deswegen ließ ich die Sache auf sich beruhen. Einstweilen beschäftigten wir uns sowieso mit komplett anderen Dingen.

Zunächst stand Fionns fünfundzwanzigster Geburtstag an, den wir gemeinsam mit Avril und Kyle bei einem ausgezeichneten Abendessen in einem Steakhouse feierten. Ich stieß mit einem alkoholfreien Cocktail an, während die anderen drei Bier oder Wein tranken. Es wurde ein sehr lustiger Abend und obwohl uns nun die Tatsache bekannt war, dass die beiden in Alistairs Team arbeiteten, betrachteten wir sie trotzdem als unsere Freunde. Wir sprachen niemals über die Mafia oder das Zeugenschutzprogramm, sondern stets über ganz normale Dinge.

„Wenn mir letztes Jahr jemand gesagt hätte, dass ich mit fünfundzwanzig Vater werde, hätte ich denjenigen ausgelacht", meinte Fionn grinsend.

„Frag mich mal. Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, mit vierundzwanzig Mutter zu werden", warf ich ein.

„Aber jetzt könnt ihr es kaum erwarten, bis euer Baby da ist, richtig?", kam es von Avril, was wir beide bejahten.

„Habt ihr schon einen Namen ausgesucht?", erkundigte sich Kyle neugierig, bevor er einen großen Schluck von seinem Bier nahm.

„Nein, noch nicht", erwiderte Fionn. „Aber darüber sollten wir uns langsam Gedanken machen.

In ungefähr sieben Wochen sollte es soweit sein, es war also wirklich an der Zeit. Doch nicht am heutigen Abend, da alle außer meiner Wenigkeit ein bisschen angeheitert das Steakhouse verließen.

Ich mochte es, unseren großen Wagen zu fahren, der sogar mit einem Schiebedach ausgestattet war, welches ich öffnete. Im September waren die Nächte in Kalifornien noch unglaublich mild. Das hiesige Klima gehörte zu den Dingen, die ich wirklich liebte. Und doch wurde meine Freude oftmals durch meine Trauer über den Verlust von Seth, Harvey und Gwenny getrübt. Aber jedes Mal, wenn ich die Zeit mit Fionn genoss, verkleinerte sich die Wunde in meinem Herzen ein wenig.

Er war ein wundervoller Mensch und das, was ich nie für möglich gehalten hatte, passierte täglich: Wir harmonierten wunderbar zusammen. Natürlich hatten wir auch Meinungsverschiedenheiten aber im Großen und Ganzen lagen wir ziemlich auf einer Wellenlänge, was die Betrachtungsweise des Lebens anging.

Doch als es um die Suche des passenden Namens für unseren Nachwuchs ging, stießen auch wir an unsere Grenzen. Ich hätte unseren Sohn am liebsten Seth genannt, doch Fionn war dagegen.

„Sienna, auch wenn du deinen Bruder vermisst, unser Kind ist ein eigenständiges Lebewesen. Ich möchte einfach nicht, dass unser Sohn nach jemandem benannt wird, den man vermisst. Du würdest ihn immer mit deinem Bruder in Verbindung bringen", lautete seine Ansicht.

Seufzend wandte ich mich ab. „Ok, dann mach du bitte einen anderen Vorschlag."

Ein kleines bisschen angepisst war ich schon, obwohl ich ihm insgeheim sogar Recht geben musste. Vermutlich hätte ich immer an Seth gedacht, wenn ich nach dem Kleinen rufen würde. Aber unser Kind sollte keinen Ersatz für meinen Bruder darstellen.

„Hm, wie wäre es mit Aodhagán?", meinte Fionn.

„Dein Ernst?"

„Wieso nicht?"

„Ich mag den Namen nicht, außerdem wird ich ihn niemals richtig aussprechen können."

„Aber es ist ein irischer Name! Ich möchte unbedingt einen irischen Namen für unseren Sohn! Außerdem bedeutet das 'der Feurige' und irgendwie ist er ja auch unter großer Hitze entstanden", klärte er mich augenzwinkernd auf.

Doch ich ließ mich nicht erweichen. „Und was ist, wenn ich lieber einen Englischen will?"

Es ging eine ganze Weile hin und her, jedoch kamen wir zu keinem brauchbaren Ergebnis. Also vertagten wir die Namenssuche auf die kommenden Tage und da es im Haus noch genügend zu tun gab, fiel uns das auch nicht weiter schwer.

Im Kinderzimmer standen die letzten Arbeiten an und als diese beendet waren, suchten wir Möbel dafür aus. Ein kleines Gitterbett, einen Stubenwagen, eine Wickelkommode, sowie einen Kleiderschrank, alles in hellem Holz gehalten, um dem Zimmer eine freundliche Atmosphäre zu geben.

Kyle half Fionn beim Aufbau des Mobiliars, während Avril und ich für unser Essen sorgten. Die beiden unterstützen uns, wo sie nur konnten und gaben uns wirklich das Gefühl, nicht nur Beschützer, sondern auch Freunde zu sein. Nur schon alleine der Gedanke, dass die zwei irgendwann von dannen ziehen würden, löste ein konstantes Magendrücken bei mir aus. Ich wusste nicht, ob ich in der Lage sein würde, fremden Menschen zu vertrauen. Außerdem hatte ich Avril und Kyle mittlerweile wirklich ins Herz geschlossen.

Obwohl das Kinderzimmer Mitte Oktober komplett fertig gestellt war, suchte Fionn noch immer fast täglich den Baumarkt auf. Mal kam er mit einer Packung Schrauben zurück, mal waren es Holzbretter, die er anschleppte. Verstaut wurde dies alles in unserem Kellerraum, der dadurch wenigstens ein bisschen genutzt wurde – wenn auch nur als Abstellkammer für Arbeitsmaterial. Aber daran hatte ich nichts auszusetzen, da mir der Sinn noch immer nicht nach einem Vorratsraum für Lebensmittel stand.

Alles, was ich zum Kochen benötigte, fand Platz in der geräumigen Küche. Es war mir zu beschwerlich, nach unten zu laufen, es reichte, dass ich jeden Abend die Treppe ins erste Stockwerk erklimmen musste, um das Schlafzimmer aufzusuchen. Mein stattlicher Bauchumfang machte mir nämlich sehr zu schaffen. Langsam zählte ich wirklich die Tage bis zum errechneten Geburtstermin. Inzwischen hatte man uns im Krankenhaus vorgemerkt und alles würde seinen Weg gehen, wenn der Kleine zur Welt kam.

Der Geburtsvorbereitungskurs war ebenfalls abgeschlossen und Avril hatte mir vor einigen Tagen geholfen, ein kleines Köfferchen mit den notwenigsten Dingen zu packen, welche ich im Krankenhaus benötigen würde. Dies legte man uns während des Kursbesuchs ans Herz – alles vorbereiten, so gut es ging.

„Fionn, der Termin ist in einer Woche und wir haben immer noch keinen Namen", seufzte ich, als wir uns an diesem Abend ins Bett legten.

„Das liegt aber nicht alleine an mir", kam es sofort zurück.

Mit einem Blick in seine blauen Augen erkannte ich, dass er nicht sauer war, sondern mich nur ein wenig aufziehen wollte. Lächelnd kuschelte ich mich in seine Arme, welche mich sanft umfassten und gleichzeitig Stärke und Geborgenheit ausstrahlten.

„Ich habe mir heute, während ich an der Predigt schrieb, erneut Gedanken gemacht."

„Über was?", zog ich ihn auf, obwohl ich seine Anspielung mühelos zu deuten wusste.

Fionn zog mich enger zu sich und flüsterte mir dann ins Ohr: „Über den Namen. Wie wäre es mit einem Kompromiss?"

Dreist wie ich war, gab es darauf nur eine Antwort. „Ein fauler Kompromiss oder ein guter Kompromiss?"

„Hm, das kannst du dann entscheiden, wenn ich dir meinen Standpunkt dargelegt habe."

Seine Tonlage glich einer Mischung aus Sex, Zärtlichkeit und Dominanz, die es schwer machte, ihm richtig zuzuhören. Als er einen sanften Kuss in meinen Nacken platzierte, begann ich zu seufzen.

„Fionn", hauchte ich, „komm zum Punkt."

Langsam glitt seine rechte Hand über meinen dicken Bauch. Da das Baby im Moment sowieso nicht schlief, war es mir relativ egal, ob es jetzt unsere Aktivitäten mitbekam oder nicht.

„Das würde ich gerne, Sienna, also lass mich bitte ausreden."

Da er noch immer flüsterte, musste ich schmunzeln.

„Ich bin ganz Ohr", wisperte ich. „Welcher Kompromiss schwebt dir vor?"

„Ein irischer Name mit der englischen Schreibweise", kam es prompt.

Das klang allerdings verlockend. Jetzt brauchte nur noch der Name zu passen.

„Spann mich doch nicht so auf die Folter", beschwerte ich mich.

„Du könntest dich also damit anfreunden?", wollte er wissen.

Meine Finger berührten zärtlich seine Hand, mit welcher er noch immer meinen Baby Bauch streichelte.

„Vermutlich. Also, wenn es ein schöner Name ist, der vielleicht auch eine coole Bedeutung hat", ließ ich mit leicht verführerischer Stimme verlauten.

„Ok. Die Bedeutung des Namens ist mehr als cool würde ich behaupten. Vor allen Dingen in diesem Fall."

Was er damit meinte war mir unklar und dass er so selbstsicher klang, ließ mich umso neugieriger werden.

Ich verlegte mich aufs Betteln. „Komm schon, sag es mir endlich."

Anstatt zu reden, löste er seine Umarmung, drehte sich kurz um und zog einen Zettel unter seinem Kopfkissen hervor, welchen er mir stolz präsentierte. Als ich den Namen sah, begann ich zu lächeln.

„Der gefällt mir, auch wenn ich die Bedeutung noch nicht kenne."

„Echt jetzt?" Fionn klang sichtlich erleichtert.

„Ja, und jetzt hätte ich gerne gewusst, wie die irische Schreibweise aussieht", erklärte ich schmunzelnd.

Grinsend drehte er den Zettel um, dessen Rückseite ebenfalls beschriftet war. Mein Mann war wirklich clever, das stellte ich heute zum wiederholten Male fest.

„Ok, wir nehmen ihn."

„Ohne, dass du die Bedeutung kennst?" Seine raue Stimme klang so spielend verführerisch, dass ich am liebsten über ihn hergefallen wäre. Da mir das Atmen jedoch bereits in einem normalen, ruhigen Zustand immer schwerer fiel, verzichtete ich darauf. Stattdessen begnügte ich mich mit einem zärtlichen Kuss, den ich auf seinen Lippen platzierte.

„Ich bin mir sicher, dass die Bedeutung mir ebenfalls zusagen wird", raunte ich ihm anschließend ins Ohr.

„Oh ja, Baby, du wirst begeistert sein, denn diese wird dich immer daran erinnern, wie der kleine Kerl entstanden ist."

Die sanften Küsse, die er nun auf meinem Bauch verteilte, trugen nicht dazu bei, mich ruhiger werden zu lassen.

„Fionn", drohte ich, „wenn du es mir nicht gleich sagst, stehe ich auf und gebe den Namen bei Google ein."

Bevor ich meine Drohung wahrmachen konnte, legte er seine Arme um mich und wisperte mir ins Ohr: „Denk an den Black Room, darin wurde er gezeugt. Wie ist es dort?"

„Dunkel, schwarz und..."

„Stopp, das genügt", unterbrach er mich lächelnd. „Du hast es auf den Punkt gebracht."

Ich wollte hoffen, dass unser Sohn niemals danach fragen würde, nach welchen Gesichtspunkten wir seinen Namen ausgesucht hatten. Die Erklärungen dazu konnten nur peinlich werden.

Der errechnete Geburtstermin kam näher und wurde überschritten. Scheinbar hatte unser Baby keine Lust den Weg nach draußen anzutreten. Für mich und auch für Fionn bedeutete dies, dass wir zweimal pro Woche bei der Frauenärztin vorsprechen mussten, damit verschiedene Untersuchungen vorgenommen werden konnten. Diese geschahen rein prophylaktisch, wie die Ärztin versicherte.

Zu den Untersuchungen gehörte ein Ruhe-Kardiotokogramm, bei welchem der Herzschlag des Babys elektronisch überwacht wurde. Außerdem wurde ein Ultraschall vorgenommen, bei dem die Größe des Kindes, sowie die Menge des Fruchtwassers errechnet wurden. Da alles völlig normal wirkte und sich außerdem keinerlei Anzeichen einer Infektion zeigten, beruhigte uns Dr. Sumners.

„Kommen Sie bitte nächsten Dienstag wieder und dann am Freitag, falls die Geburt bis dahin noch nicht zustande gekommen ist. Spätestens am vierzehnten November müssen Sie sowieso im Krankenhaus einrücken, damit die Wehen eingeleitet werden können, Brenda."

Als ich das hörte, betete ich innerlich, dass unser Sohn es sich doch noch anders überlegen würde. Selbst Fionns gutes Zureden half nichts. Jeden Abend, wenn wir im Bett lagen, begann er meinen Bauch zu streicheln und sprach mit dem Baby.

„Hey, Kleiner, hör auf deine Mami zu ärgern und komm endlich raus. Wir haben alles für dich vorbereitet. Dein Zimmer ist fertig und wir sind extrem neugierig, wie du aussiehst. Also versteck dich bitte nicht zu lange."

Wie immer schmolz ich fast dahin, wenn er mit unserem Sohn sprach. Doch dieser schien Fionns irischen Sturkopf geerbt zu haben, denn er machte weiterhin keinerlei Anstalten, den Mutterleib verlassen zu wollen.

Selbst Kyle und Avril reagierten nervös, weil der Kleine sich derart feiern ließ. Jeden Tag schauten sie bei uns vorbei, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen, was ich unglaublich liebenswert fand.

„Oh Gott, Sienna, du kannst einem echt leidtun", sagte Avril mitfühlend, als ich mich am Samstagabend ächzend von der Couch erhob, weil ich zur Toilette musste. Ständig verspürte ich diesen Drang, da das Gewicht des Babys auf die Blase drückte.

„Am Montag hat es endlich ein Ende", entgegnete ich schnaufend. „Ich muss nur noch das Wochenende durchhalten. Es sei denn, Ryan Junior entscheidet sich jetzt endlich dazu, herauszukommen."

Langsam schlurfte ich in Richtung Gästetoilette, um mich dort zu erleichtern. Und plötzlich spürte ich es. Die warme Flüssigkeit, die meine Beine hinabrann.

Mein Herz begann zu rasen, als ich schrie: „Oh Shit! Fionn! Meine Fruchtblase ist geplatzt!"

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Hey meine Lieben, endlich kommt ein neues Kapitel.

Jetzt geht es los, das Baby kommt. Seid ihr schon aufgeregt?

Was sagt ihr dazu, dass Fionn Avril und Kyle quasi entlarvt hat?

Ich wünsche euch noch ein schönes Wochenende.

LG, Ambi xxx

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