29. Torn
Sienna
„Du..., du bist schwanger?"
Der ungläubige, teils überraschte Ausdruck seiner blauen Augen verunsicherte mich total.
„Es tut mir leid", wisperte ich und senkte meinen Kopf nach unten.
Langsam schloss ich meine Augenlider, als ich sein heftiges Atmen vernahm. „Sienna..., wie ist das passiert?", fragte er leise.
„Ich..., ich vertrage die Pille nicht. Ich weiß, ich hätte es dir sagen sollen, dann wären wir noch vorsichtiger gewesen", stammelte ich verzweifelt.
Behutsam umfassten seine Finger meine rechte Hand.
„Wir waren vorsichtig, Sienna. Aber scheinbar nicht vorsichtig genug..., und warum verträgst du die Pille nicht?"
Immerhin traf mich noch kein einziger Vorwurf seinerseits, was ich ihm hoch anrechnete.
„Ich bekomme hohen Blutdruck davon, deswegen kann ich sie nicht nehmen. Wir haben alle möglichen Sorten ausprobiert", erklärte ich noch immer unter Tränen.
Wenn er doch nur etwas dazu sagen würde. Meinetwegen auch, dass er enttäuscht von mir war, oder sich der Aufgabe als Vater nicht gewachsen sah; dass er seinen Beruf nicht für eine Familie aufgeben würde, oder dass er mich nicht wirklich liebte. Ich konnte mit allem leben, aber nicht mit seinem Schweigen.
Die Stille im Raum wirkte bedrückend, man hätte das Fallen einer Stecknadel ohne Probleme hören können, was mich von Sekunde zu Sekunde nervöser werden ließ. Als ich meinen Kopf wieder anhob, stand Fionn direkt vor mir. Uns trennten nur wenige Zentimeter und dies ermöglichte es ihm, den Reißverschluss meiner Jacke ohne Probleme zu öffnen. Mit klopfendem Herzen hielt ich den Atem an, als er das Kleidungsstück achtlos von meinem Körper streifte.
Die Strickjacke, die ich offen trug, gab den Blick auf mein Shirt frei, welches nur bis knapp zu den Hüften reichte. Wenn man ganz genau hinsah, bemerkte man, dass mein Bauch nicht mehr komplett flach wirkte, wie einst. Fionn würde dies ertasten können, sobald er mich berührte, denn er kannte jede Stelle meines Körpers in- und auswendig. Erstaunt registrierte ich das Zittern seiner Hand, als er diese ganz sachte auf meinen Bauch legte, um dann zögerlich eine Frage zu stellen, die mich völlig außer Fassung brachte.
„Geht..., geht es unserem Baby gut?"
Ich hatte mit allem, gerechnet, jedoch nicht, dass er dies so ohne weiteres hinnahm und die Vaterschaft nicht in Frage stellte.
„Ja, es geht ihm gut", antwortete ich noch immer ein wenig perplex.
Er seufzte erleichtert und flüsterte: „Gott sei Dank."
„Du..., du glaubst mir also, dass es dein Kind ist?", erkundigte ich mich verblüfft.
In diesem Moment nahm Fionn seine Hand von meinem Bauch, drehte sich um und ging zum Fenster. Ich konnte sehen, wie er die Hände auf der Fensterbank abstützte, als er leise zu reden begann.
„Warum sollte ich dir nicht glauben, Sienna? Du hättest keinen Vorteil, den du ausschöpfen könntest. Ich kann dir nichts bieten, außer einem Leben auf der Flucht."
Seine Stimme klang melancholisch, fast deprimiert, was mich sehr traurig machte. Langsam ging ich in seine Richtung, bis wir uns so nahe waren, dass unsere Körper sich fast berührten.
„Wie wäre es mit deiner Liebe?", flüsterte ich leise, unter Tränen. „Das ist alles, was ich von dir will. Nicht mehr und nicht weniger."
Als Fionn sich zu mir drehte, sah ich Tränen in seinen Augen glitzern. Er schluckte schwer, bevor er sich zu einer Antwort durchrang.
„Der Preis für meine Liebe ist so hoch, dass ich diesen nie von dir verlangen würde, Sienna. Du verlierst dein bisheriges Leben und ich weiß nicht, ob du dafür bereit bist." Er machte eine kurze Pause und setzte dann hinzu: „Und dann wäre da noch die Sache mit meinem Beruf, was alles zusätzlich erschwert."
Ich hörte die Traurigkeit aus seiner Stimme heraus. Etwas in mir schien fast zu zerbrechen, doch ich nahm mich zusammen. Ich wollte ihn spüren lassen, dass ich bereit war, um meine Liebe zu kämpfen.
„Fionn, bitte hör mir zu", begann ich mit sanfter Stimme. „Ich verliere vielleicht mein bisheriges Leben, aber ich bekomme ein neues, inklusive einem Kind und... einem wundervollen Mann, wenn du das möchtest. Ich bin bereit, diesen Schritt zu gehen. Bitte glaube es mir."
Während der letzten Minuten war mir vollends bewusst geworden, was ich wirklich anstrebte, warum ich hier, bei ihm stand und nicht irgendwo in London in einem Büro saß, auf dessen Schreibtisch sich die Arbeit anhäufte.
Ich definierte die Ziele meines Lebens anders und neu, seit ich sein Kind unter meinem Herzen trug. Dabei ging es jedoch nicht in erster Linie darum, den Vater des Kindes zu finden, sondern um meine Liebe zu Fionn. Auch war ich überzeugt davon, dass er mich liebte, nur fiel es ihm sehr schwer, sich das einzugestehen – der Himmel wusste warum.
Die erneute Stille zwischen uns lastete schwer auf meiner Seele und deshalb versuchte ich meine Gedanken einfach mitzuteilen.
„Und wenn du einen anderen Beruf ergreifst? Ich bin mir sicher, dass die Leute vom Zeugenschutzprogramm das hinkriegen würden."
Nervös fuhr er sich mit einer Hand durch sein dichtes Haar, dessen Blondierung langsam herauswuchs und die braunen Haare freigab.
„Es ist nicht so einfach, Sienna. Da gibt es etwas, was mich dazu bewogen hat, Priester zu werden."
Ich hatte es seit Monaten geahnt, dass mehr als nur der Glauben hinter seinem Berufswunsch steckte und nun offenbarte er mir dies.
„Möchtest du mir erzählen, warum du Priester werden willst?", fragte ich zögerlich.
Keinesfalls durfte ich ihm das Gefühl geben, zu sehr in seine Seele eindringen zu wollen, deshalb formulierte ich meinen Satz als offene Frage. Ich überließ ihm die Wahl, ob er darüber reden wollte, oder nicht, obwohl mich dieses Thema brennend interessierte. Schließlich sollten wir keine Geheimnisse voreinander haben, zumindest nicht dieser Art.
Während Fionn noch überlegte, nahm ich ihn kurz in Augenschein. Sein schlanker Körper, mit den im Vergleich dazu breiten Schultern, wirkte äußerst anziehend auf mich. Ebenso die sportliche, legere Kleidung, sowie sein dichter Haarwuchs. Doch das Schönste an Fionn waren seine blauen, ausdrucksstarken Augen. Als er mich anschaute, schmolz ich fast dahin.
Noch nie löste der Blick eines Mannes jene Gefühle in mir aus, die gerade durch mein Inneres zogen. Ich wollte nichts anderes in meinem Leben außer ihm. Verträumt blickte ich auf das Grübchen in seinem Kinn, bevor er plötzlich meine rechte Hand ergriff und mich zu dem Sofa führte, welches direkt vor dem offenen Kamin stand. Dort setzten wir uns nieder und als er endlich zu sprechen begann, hörte ich aufmerksam zu.
„Ich hatte ein ganz anderes Leben, bevor ich mich dem Priestertum zuwandte. Einen anderen Job, ein anderes Haus und eine Freundin."
Er machte eine kurze Pause, während seine blauen Augen mich musterten. Vermutlich erwartete er Reaktion, die ich ihm nun gab.
„Was ist geschehen?", hauchte ich, voll böser Ahnung.
Fionns Kopf senkte sich nach unten, als er weiter redete.
„Ich war zwanzig, als es passierte, das liegt mehr als vier Jahre zurück. Sie verbrannte in unserem Haus, als ich mit meinem besten Freund zum Nachtangeln gefahren bin. Die Feuerwehr kam zu spät, niemand konnte Nelly retten. Der Brand wurde durch eine defekte Kühltruhe im Keller ausgelöst. Einen Tag zuvor war die Sicherung rausgeflogen, doch ich machte mir keine Gedanken darum und hab sie einfach wieder reingedreht. Nach diesem schrecklichen Ereignis begann ich mir unendliche Vorwürfe zu machen. Beinahe jeden Tag suchte ich die Kirche auf und sprach mit unserem Priester. Er machte mir begreiflich, dass nicht immer alles in unserem Leben nach Plan läuft, zumindest nicht nach unseren eigenen Plänen. Der Glaube gab mir damals viel Kraft, weiterzumachen und letztendlich sah ich in ihm einen neuen Weg für mich."
Mein Herz klopfte wie verrückt und Fassungslosigkeit breitete sich in meinem Innersten aus. Die Geschichte war so tragisch, dass ich plötzlich weinen musste.
„Das... tut mir so leid, Fionn", wisperte ich unter Tränen.
In diesem Augenblick legte er seine Arme um mich und drückte mich sanft an sich.
„Es muss dir nicht leidtun. Bitte hör auf zu weinen", flüsterte er mir ins Ohr.
Doch ich schaffte es nicht, meine Emotionen in den Griff zu bekommen. Seit Anbeginn der Schwangerschaft ließen sich diese nicht mehr kontrollieren. Als mein Schluchzen stärker wurde, spürte ich seinen festen Griff, mit welchem seine Arme mich umschlangen und Sekunden darauf platzierte er seine Lippen auf meine. Zuerst war es nur ein sanfter, kleiner Kuss, der jedoch ziemlich schnell ins Leidenschaftliche überging. Fionn dominierte in dieser Hinsicht, er brachte mein Herz zum Rasen und meinen Körper buchstäblich zum Glühen.
Als wir uns nach einer gefühlten Ewigkeit voneinander lösten, blickten wir uns in die Augen und Fionn sagte leise: „Ich dachte, wenn ich ein Priester werde, würde ich mich nie wieder verlieben, aber ich habe mich getäuscht. Seit ich dich in diesem Black Room getroffen habe, wurde mir klar, dass nichts auf dieser Welt das Gefühl der Liebe verhindern kann."
Dies war die schönste Liebeserklärung, die mir je durch einen Mann dargelegt wurde. Und es war jetzt an mir, darauf zu antworten, ihn wissen zu lassen, dass es mir genauso ging. Mit pochendem Herzen und zitternder Stimme formte ich die nächsten Sätze.
„Ich weiß, Fionn. Auch ich dachte ähnlich. Ich nahm an, man könnte sich nicht verlieben, wenn man sein Gegenüber nicht sieht, aber ich habe mich total geirrt. Der Black Room hat auch mich eines Besseren belehrt."
Verzweifelt schluckte ich die aufkommenden Tränen hinunter. Verdammt, ich war so nahe am Wasser gebaut, dass es fast schon peinlich war. Was musste Fionn von mir denken? Ich wollte stark sein, doch die Anstrengungen der letzten Wochen forderten nun ihren Tribut. In seine Arme sinken zu können, war in diesem Moment das schönste Gefühl auf Erden. Dass ich ihn gefunden hatte, kam einem Wunder gleich und Fionn, der dies wohl ebenso sah, wisperte mir ins Ohr: „Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du hier bist, Sienna. Und es tut mir so leid, was ich dir angetan habe."
„Was? Nein! Du hast mir gar nichts angetan! Wenn, dann ist es umgekehrt", protestierte ich schwach.
Er sollte sich nicht schuldig fühlen, nicht wegen dieses Kindes, das inzwischen alles für mich bedeutete. Ohne darüber nachzudenken, legte ich meine Lippen auf seine, und gleichzeitig die Hände in seinen Nacken. Als ich das Lächeln spürte, welches sich auf seinem Gesicht bildete, drängte sich mein Körper regelrecht in seinen hinein.
Dies war nicht der Moment, um Schuldgefühle hochkommen zu lassen, vielmehr handelte es sich um den Augenblick, in welchem wir verstanden, was wir einander bedeuteten. Dabei spielte die Schwangerschaft für mich nur eine untergeordnete Rolle, denn die Gefühle, die ich Fionn entgegenbrachte, entstanden keineswegs erst durch den Umstand, dass ich ein Kind von ihm erwartete. Sie waren schon früher dagewesen, nur hatte ich sie verdrängt, oder einfach nicht wahrnehmen wollen.
Trotzdem stand noch etwas zwischen uns, denn ich spürte, wie Fionn mit sich kämpfte.
„Sienna", sagte er plötzlich, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst hatten. „Ich weiß nicht, ob ich dich und das Baby beschützen kann. Ich möchte nicht noch einmal einen Menschen verlieren, den ich liebe. Verstehst du das?"
Aufrichtig, und mit einem Hauch von Traurigkeit erklangen seine Worte in meinen Ohren. Als er meine Hand ergriff, um diese zu streicheln, spürte ich deutlich, wie sehr ihn die ganze Situation belastete, wie viele Zweifel dies alles in ihm hervorrief. Und ich konnte es bis zu einem gewissen Punkt sogar nachvollziehen. Es musste schrecklich sein, einen Menschen in jungen Jahren zu verlieren, mit dem man eine gemeinsame Zukunft hatte aufbauen wollen.
„Ja, ich verstehe es", erwiderte ich leise, während ich mit der freien Hand die Tränen aus meinen Augen wischte. Was sollte ich jetzt noch sagen? Am besten das, was mir im Kopf herumschwirrte.
„Weißt du, Fionn, ich kann nachvollziehen, dass du Angst hast, aber die habe ich auch. Aber wenn du mich jetzt wegschickst, dann wirst du dein Kind niemals sehen und du kannst es erst Recht nicht gegen die Gefahren, die überall auf dieser Welt lauern, beschützen. Ich könnte auf der Straße überfahren werden, einfach so – und du könntest nichts dagegen tun. Du würdest es vermutlich nicht einmal erfahren."
Mittlerweile war ich aufgestanden und lief zum Fenster. Es war stockdunkel draußen, nur aus der Ferne konnte man einige Lichter der benachbarten Häuser erkennen. In diesem Moment fühlte ich mich total einsam, obwohl ich bei ihm war. Ich hatte meine Hoffnungen wohl zu hoch geschraubt, aber ich war noch nicht an dem Punkt angelangt, der die vollkommene Kapitulation bedeutete. Ein winziger Hoffnungsschimmer befand sich noch immer in meinem Herzen. Ich wusste, dass Fionn mich liebte und genau das war der springende Punkt.
Der ursprüngliche Gedanke, nach Irland zu reisen, nur um ein Gespräch mit ihm zu führen wich nun einem anderen. Ich wollte mit ihm zusammenleben, egal wohin auf dieser Welt es uns verschlagen würde. Kampflos aufzugeben kam also nicht in Frage. Mir blieb ein komplettes Wochenende und das würde ich auch nutzen. Und vielleicht würde es Fionn während dieser Zeit gelingen, seine Ängste beiseite zu schieben.
„Sienna, lass uns bitte nicht streiten, dafür ist unsere Zeit zu kurz", vernahm ich seine Stimme plötzlich dicht hinter mir.
„Ich will mich nicht mit dir streiten, ok?", seufzte ich leise.
Vorsichtig legt er seine Hände auf meine Hüften und raunte mir ins Ohr: „Hast du Hunger, Baby? Ich nämlich schon."
Erst jetzt bemerkte ich die gähnende Leere, welche sich in meinem Magen ausbreitete.
„Ja, ich könnte etwas zu Essen vertragen", ließ ich ihn wissen, was er mit einem Nicken entgegennahm.
Vielleicht war es wirklich das Beste, zunächst ungezwungen beisammen zu sein, bevor wir schwierige Entscheidungen bezüglich unserer Zukunft fällten.
Kurze Zeit später standen wir gemeinsam in der offenen Küche, um unser Abendessen zuzubereiten. Dabei stellte ich fest, dass Fionn ausgezeichnet kochen konnte, vermutlich viel besser als ich. Er schien genau zu wissen, welche Gewürze zusammenpassten, und so war es kein Wunder, dass ich die leckere Hackfleischsoße mit Nudeln im Nu verputzte.
„Das hat echt gut geschmeckt", lobte ich, was er mit einem Lächeln zur Kenntnis nahm.
„Dann bin ich zufrieden", sagte er und schickte sich an, den Tisch abzuräumen, wobei ich ihm selbstverständlich zur Hand ging.
Auch den Abwasch erledigten wir gemeinsam, nachdem Fionn sich entschuldigte, weil das Haus keine Spülmaschine enthielt.
„Das ist nicht schlimm", ließ ich ihn wissen. „Ich hatte auch in meiner ersten Wohnung keine Spülmaschine. Ein bisschen Hausarbeit hat schließlich noch keinem geschadet."
„Das denke ich auch, obwohl ich in meinem Haus in London eine Putzhilfe hatte."
„Ich glaube, diese nette Dame ist mir begegnet", erklärte ich. „Sie hat mir erzählt, dass du in Oxford im Krankenhaus liegst."
Nun hatten wir ein richtig interessantes Gesprächsthema, denn Fionn wollte logischerweise wissen, wie ich ihn damals gefunden hatte. Wie schon bei Alistair ließ ich nichts aus, sondern erzählte ihm alles, auch die Tatsache, dass mein Bruder sich in zwei verschieden Computersysteme eingehackt hatte, um etwas in Erfahrung zu bringen. Weiterhin berichtete ich über meine Abfuhr im Polizeipräsidium, sowie über die Begegnung mit Rosie, die letztendlich den Kontakt zu Alistair herstellte. Nachdenklich schaute Fionn mich an, als ich zu Ende gesprochen hatte.
„Ich weiß nicht, wer diese Rosie ist, aber es könnte Alistairs Frau sein. Er ist verheiratet, aber mir ist nicht bekannt, ob sie im Präsidium arbeitet", ließ Fionn sich vernehmen.
„Wenn das der Fall ist, dann würde ich mich irgendwann gerne bei ihr bedanken", erwiderte ich und legte die Hände auf meinen Bauch.
Ich tat dies automatisch, ohne darüber nachzudenken, aber Fionn fiel es sofort auf.
„Kannst du das Baby spüren?", fragte er neugierig.
Leicht schüttelte ich meinen Kopf, als ich antwortete: „Leider noch nicht, das ist erst ab der sechzehnten Woche möglich."
„Ok, und in welcher Woche befindest du dich?"
„Ich bin ab morgen in der dreizehnten Woche", erklärte ich voller Stolz. „Das heißt, dass die kritische Zeit vorbei ist, also die Gefahr einer Fehlgeburt ist nun wesentlich geringer."
Fionn seufzte erleichtert, bevor er sagte: „Gott sei Dank, das beruhigt mich sehr."
Dann griff er nach meiner Hand und geleitete mich zu dem kuscheligen Sofa, welches vor dem Kamin stand.
„Ist dir kalt? Soll ich das Feuer anschüren?"
„Ja, das wäre lieb von dir."
Kurz darauf saßen wir beide auf dem Sofa und beobachteten das flackernde Feuer, welches den Raum binnen weniger Minuten erwärmte. Als ich mich umschaute, bemerke ich eine Gitarre, die an der Wand rechts neben dem Sofa lehnte. Fionn, dessen Augen meinen Blicken folgten, begann zu lächeln, bevor er sprach.
„Das ist meine. Soll ich dir etwas vorspielen?"
„Ja, bitte."
Beinahe schon andächtig lauschte ich den wundervollen Klängen, welcher er dem Instrument entlockte, ebenso wie seiner ausgesprochen angenehmen Stimme. Dies besaß sowohl eine zarte, als auch eine raue Seite; sie war wie er, wenn er sich mit mir im Black Room beschäftigte. Zum Schluss des kleinen Privatkonzerts applaudierte ich.
„Das war toll! Du kannst super singen und Gitarre spielen", meinte ich erfreut.
„Schön, dass es dir gefallen hat."
Unsere Augen trafen sich für einen unendlich langen Moment, so als ob sie sich nicht loslassen konnten. Sie schienen eine unsichtbare Verbindung zwischen uns herzustellen, die bis zu meiner Seele und meinem Herzen vordrang.
„Ich bin so froh, dass du hier bist", wisperte Fionn, während seine Hand über meine streichelte. „Und es tut mir so leid, was du alles durchmachen musstest."
„Ich bin froh, dass ich nicht aufgegeben und dich gefunden habe", erwiderte ich ebenso leise, was er mit einem zarten Kuss, den er auf meinen Lippen platzierte, beantwortete.
Langsam breitete sich die Müdigkeit in meinem Innersten aus. Schließlich hatte ich einen Arbeitstag, inklusive einer langen Reise hinter mir, was sich nun auf meine körperliche und geistige Fitness niederschlug. Meine Augenlieder wurden immer schwerer und drohten zuzufallen. Als Fionn dies bemerkte, fragte er: „Möchtest du schlafen gehen?"
Nachdem ich mit einem Nicken geantwortet hatte, nahm er meine Hand und führte mich über die Treppe in die obere Etage des gemütlichen Hauses. Dort befanden sich zwei Schlafzimmer, sowie ein großes Bad.
„Ich bringe deine Tasche gleich nach oben, ok?", ließ Fionn mich wissen, während ich die Zimmer inspizierte.
Es war unschwer zu erkennen, in welchem er nächtigte, denn das andere wirkte unberührt. Lächelnd betrat ich den Raum, den Fionn zu seinem Reich auserkoren hatte und der, wie das andere Zimmer auch, mit einem Doppelbett ausgestattet war. Ich dachte gar nicht daran, alleine zu schlafen, schließlich war ich wegen ihm hierhergekommen und wollte mich nicht einsam fühlen müssen. Als Fionn das Schlafgemach betrat, saß ich bereits auf dem Bett, was ihn zu einem Schmunzeln animierte, während der meine Tasche abstellte. Schnell stand ich auf, holte den Kulturbeutel, sowie meine Hausschuhe und den Schlafanzug hervor, um kurz darauf das Bad in Beschlag zu nehmen. Als ich wieder zurückkehrte, lag Fionn bereits im Bett. Ohne ein Wort zu sagen, gesellte ich mich dazu und kuschelte mich in seine Arme. Da er nur eine Boxershorts trug, platzierte ich meinen Kopf auf seiner nackten Brust.
„Schlaf gut, Baby", hauchte er in mein Ohr.
„Du auch, Fionn."
Sein Kuss, den er sanft auf meine Schläfe drückte, war das Letzte, was ich spürte, bevor ich ins Reich der Träume versank.
Mitten in der Nacht erwachte ich durch den Umstand, dass etwas anders war. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich auch was: Fionn lag nicht mehr neben mir. Langsam setzte ich mich auf, schlüpfte in meine Hausschuhe und wanderte aus dem Schlafzimmer. Bereits im Flur machte ich einen schwachen Lichtschein aus, der aus der unteren Etage zu kommen schien. Vorsichtig stieg ich die Treppe hinab und als ich bei der letzten Stufe angekommen war, sah ich, dass Fionn am Esstisch saß und gerade den Laptop zuklappte.
„Hey", wisperte ich.
„Sienna", sagte er überrascht. „War ich so laut, dass du wach geworden bist?"
„Ich hab mich einsam gefühlt", gab ich zur Antwort und wollte mich auf den Stuhl neben ihn setzen, doch Fionn stand plötzlich auf.
Ohne einen Ton zu sagen hob er mich hoch und trug mich zum Sofa, wo er sich mit mir niederließ. Das Lächeln, welches seine Lippen umspielte, war wunderschön.
„Darf ich?", fragte er, als seine Finger nach dem Saum meines Oberteils griffen.
Als ich nickte schob Fionn dieses nach oben, sodass mein nackter Bauch sich in seinem Blickfeld befand. Beinahe ehrfürchtig berührte er mit seinen Händen meinen Körper.
„Ok, es ist jetzt ungefähr 5,2 Zentimeter groß und wiegt etwa 15 Gramm. Seine Schilddrüse hat ihre Funktion auf genommen und von daher benötigst du mehr Jod. Der Magen, die Leber und die Nieren arbeiten jetzt. Alle Organe sind ausgebildet, selbst die Stimmbänder sind fertig geformt. Das Tastempfinden hat sich bereits weit entwickelt. Es bewegt sich unentwegt, schlägt Purzelbäume und lutscht manchmal am Daumen - der Saugreflex funktioniert nämlich schon jetzt! Es gewinnt auch die Kontrolle über seine Bewegungen und kann einzelne Körperteile separat bewegen. Und ab jetzt wird es auch regelmäßig Schluckauf haben, was du in einigen Wochen deutlich spüren wirst."
Ungläubig schaute ich ihn an. Er war mitten in der Nacht aufgestanden, um sich über das Stadium meiner Schwangerschaft zu informieren. Mein Herz schmolz fast dahin und in meinen Augen bildeten sich kleine Freudentränen, die sich allerdings in Sturzbäche verwandelten, als er begann, meinen Baby Bauch zärtlich zu küssen. Er hätte mir nicht deutlicher sagen können, wie sehr er mich und dieses Baby liebte.
Doch Fionn setzte noch eins obendrauf.
„Hey, Baby, hier ist dein Daddy", flüsterte er, was mich beinahe vor Freude durchdrehen ließ.
Anschließend wanderten seine Lippen nach oben und als er mich küsste, schloss ich meine Augen.
„Sienna", vernahm ich sein heiseres Wispern. „Ich liebe dich."
„Ich liebe dich auch, Fionn", flüsterte ich zurück.
Unser Kuss wurde zunehmend heißer und ich spürte das tiefe Verlangen, mit ihm schlafen zu wollen. Genau jetzt, ungeachtet der Tatsache, wie es zwischen uns weitergehen würde. Fionn schien das Gleiche im Sinn zu haben, denn seine Küsse wurden fordernder und seine Hände glitten fast schon drängend über meinen Körper.
„Baby", vernahm ich sein Flüstern. „Ich würde so gerne mit dir schlafen, aber du bist schwanger und..."
Mit einem „Ja und?", schnitt ich ihm das Wort ab. „Ich bin schwanger, das stimmt, aber die Ärztin hat gesagt, dass Sex kein Problem wäre."
„Wirklich?" Fionn zog eine Augenbraue nach oben, als ob er nachdenken müsste, was mich prompt zu einem Lachen animierte.
„Ok, also wenn das so ist...", sagte er.
Im nächsten Moment fand ich mich in seinen starken Armen und wurde über die Treppe hoch in unser Schlafzimmer getragen. Dort angekommen, ließ Fionn sich vorsichtig mit mir auf dem Bett nieder. Behutsam streifte er das Sleepshirt über meinen Kopf und als ich im Begriff war, seine Boxershorts auszuziehen, begann er schelmisch zu grinsen. Wie oft hatten wir uns bereits in der vollkommenen Dunkelheit entkleidet, ohne den anderen zu sehen. Es fühlte sich neu und aufregend zugleich an, diese Dinge im Schein der Nachttischlampe zu tun. Als ich meine Augen für einen Moment schloss, fühlte ich wie Fionns Hände zärtlich über meinen Körper glitten. Das Nächste was ich spürte, waren seine Lippen auf meinen, eine Berührung durch die mein Innerstes zu zittern begann. Ungeduldig drängte ich mich ihm entgegen, wissend, dass ich ihm total vertrauen würde, egal, was er tat.
„Fionn", flüsterte ich.
„Ja, Baby?"
Seine Stimme klang genauso sexy wie im Black Room, eine Tatsache, die mich fast durchdrehen ließ.
„Bitte, sei vorsichtig..."
„Das bin ich, Baby", wisperte er und küsste mich sanft auf die Lippen.
Ich kannte seine zärtliche Seite, die ab und zu im Black Room hergekommen war. Doch diese zeigte sich heute von einer ganz anderen Seite. Fionn war so vorsichtig und sanft, wie ich es mir niemals hätte vorstellen können. Er wollte mir und auch dem Baby nicht wehtun, das spürte ich deutlich. Es war ein besonderer Augenblick, als er ganz langsam in mich eindrang, denn wir schauten uns heute zum ersten Mal in die Augen, während wir miteinander schliefen. Meine Reaktionen stets abwartend, blieb sein Blick an mir haften und als ich kurz aufstöhnte, stoppte Fionn in seiner Bewegung.
„Alles ok, Baby?"
„Ja", keuchte ich mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. „Bitte mach weiter."
Seine eher gemächlichen Bewegungen ließen mich buchstäblich heiß laufen. Ich drohte in seinen blauen Augen zu versinken, sie nahmen mich auf, ebenso ergriff er von meinem Körper Besitz. Meine Kontrolle schwand dahin, ich ließ mich einfach fallen, ging in seiner Zärtlichkeit unter, um wenig später dem Siedepunkt unaufhaltsam näher zu kommen.
„Fionn", keuchte ich und klammerte mich verzweifelt an ihm fest, was ihn dazu veranlasste, das Tempo ein wenig zu steigern. Dabei fühlten sich seine Bewegungen noch immer sanft an. So, als ob er mich in Watte packte. Aber genau dieses Gefühl bewirkte, dass ich mich total hingab. Binnen Sekunden tauchten wir in die Glut ein, die alles in uns explodieren ließ. Es fühlte sich wundervoll an, vom ihm festgehalten zu werden und dabei gleichzeitig in seine Augen schauen zu können. In diesem Moment waren wir uns nahe, wie nie zuvor.
„Bist du ok, Baby?", wisperte Fionn, bevor er einen liebevollen Kuss auf meine Stirn platzierte, um sich anschließend mit äußerster Vorsicht von mir abzurollen.
„Ja, das bin ich, alles ist gut", flüsterte ich zurück und legte meinen Kopf auf seiner Brust ab.
Als ich kurz darauf meine Augen schloss und den Schlag seines Herzens spürte, interessierte mich nicht, was der morgige Tag bringen würde. Denn im Augenblick zehrte ich nur von Fionns körperlicher Nähe, welche mich langsam in den Schlaf versinken ließ.
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Hallo ihr Lieben, ich wollte euch mal wieder mit einem Update begnügen.
Was haltet ihr von der ersten Begegnung nach dem ganzen Schlamassel?
Eine richtige Lösungen haben die beiden nicht gefunden, aber sie sind sich wieder näher gekommen. Findet ihr das gut oder eher schlecht?
Wie fandet ihr Fionns Reaktion auf Siennas Schwangerschaft?
Ganz lieben Dank für eure Unterstützung.
LG, Ambi xxx
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