13. Worried

Gut gelaunt setzte ich mich am Freitagabend in die U-Bahn, um Richtung Marleybone zu fahren. Nach dem gestrigen Gespräch mit Gwenny war ich erst recht erpicht darauf, die Sache mit Fionn weiter fortzuführen, selbst wenn meine Gefühle in letzter Zeit immer häufiger einen Kopfstand fabrizierten.

Der Ire brachte mein Herz jedes Mal zum Rasen, wenn wir zusammen im Black Room abtauchten und alles auslebten, was außerhalb dieser Zone niemals möglich gewesen wäre. Sex mit einem Priester, und sei es im Moment nur ein angehender, gehörte wohl zu den schärfsten und verbotensten Dingen, die ich jemals in meinem Leben getan hatte.

Es reizte mich immer wieder aufs Neue, die große Spielwiese mit Fionn zu betreten, seinen Körper zu genießen und mich einfach von wilder Leidenschaft treiben zu lassen. Meine früheren Männerfreundschaften hätten sich eine gewaltige Scheibe von seinem Elan, sowie von seiner einfühlsamen Seite abschneiden können. Im Vergleich zu ihm, hatten sie sich wie die reinsten Stümper im Bett aufgeführt, was mir zeigte, dass der Beruf, oder das Gehalt eines Mannes nicht unbedingt ausschlaggebend dafür war, ob man beim Sex auf seine Kosten kam.

Fionn verdiente gewiss sehr viel weniger als Steve oder Brandon, aber die beiden konnten sich hinter ihm verstecken, wenn es um diese Sache ging. Hinzu kam ein nicht weniger wichtiger Punkt, den Fionn zu hundert Prozent positiv erfüllte. Er war in der Lage mich zu trösten, etwas, was die beiden anderen niemals richtig versucht hatten. Wenn es mir psychisch schlecht ging, bekam ich von Brandon zu hören: „Ich glaube, wir vergessen unser heutiges Date und verschieben es auf einen anderen Tag."

Steve hingegen brachte es noch drastischer, indem er vorschlug, ich sollte entweder zum Alkohol greifen, um mich aufzuheitern, oder Pillen einschmeißen, welche die gleiche Wirkung erzielten. So gesehen war ich mehr als nur froh, die beiden Loser in die Wüste geschickt zu haben.

Mit einem Lächeln auf den Lippen verließ ich die U-Bahn und ging direkt zum rückwärtigen Eingang des Swinger Clubs. Dort zückte ich meine Mitgliedskarte und als die Tür sich öffnete, trat ich umgehend ein. Heute war so ein Tag, an welchem ich Fionns Umarmung brauchte und ich freute mich schon sehr darauf, diese bald spüren zu dürfen.

In der Schleuse angekommen, zog ich schnell meine Kleidung aus, um dann auf die Anzeige über der Tür zu blicken. Noch zehn Sekunden, dann würde sich diese öffnen und mir den Eintritt in das dunkle Paradies gewähren. Meine innere Anspannung steigerte sich ins Unermessliche, als die Uhr endlich Mitternacht anzeigte und ich den ersten Schritt nach vorne wagen durfte. Durch die Schwärze umhüllt, tastete ich mich an der Wand entlang.

„Fionn?"

Es war nichts zu hören. Weder seine Schritte, noch seine Stimme.

„Fionn?", sagte ich dieses Mal etwas lauter, doch wieder kam nichts zurück.

Vielleicht hatte er sich verspätet.

Ein wenig unsicher trat ich den Weg zur Matratze an, setzte mich dort nieder und wartete. Jegliches Zeitgefühl ging in der Dunkelheit verloren und so wusste ich nicht, wie lange ich dort gesessen und auf Fionn gewartet hatte. Von Minute zu Minute wurde ich nervöser, während ich versuchte, mich an unser letztes Treffen zu erinnern.

„Bis Freitag, Sienna", lauteten seine Abschiedsworte.

Somit schien es unmissverständlich zu sein, dass er diesen Freitag meinte.

Außerdem würde der Swinger Club mich kontaktieren, wenn Fionn unseren Termin abgesagt hätte. Das Ganze wirkte ziemlich mysteriös und bereitete mir immer mehr Kopfzerbrechen. Schließlich ertönte irgendwann das altbekannte Summen. Eine Stunde war vergangen, ohne das Fionn sich hatte blicken lassen.

Mit einer Mischung aus Enttäuschung und Sorge, zog ich mich in der Schleuse an und lief dann direkt zu dem Ausgang, an welchem ein Mitarbeiter saß.

„Bitte kannst du mir sagen, ob mein Partner, Fionn, das Date für heute vielleicht abgesagt hat?", erkundigte ich mich mit klopfendem Herzen.

„Warum? Ist er nicht aufgetaucht?"

„Leider nein."

„Ok, ich schaue gleich nach."

Bange Sekunden des Wartens vergingen, welche mich noch nervöser werden ließen, als ich es ohnehin schon war.

„Tut mir leid, er hat keine Absage erteilt und auch sonst keine Nachricht hinterlassen", tat der Mitarbeiter kund.

Ich runzelte meine Stirn. „Und was mache ich jetzt?"

„Wann hättet ihr denn euer nächstes Date?"

„Am Sonntag, um neun Uhr abends."

Der Angestellte tippte auf der Tastatur des Laptops herum, bevor er zur Antwort gab: „Wir werden dich benachrichtigen, sobald er sich gemeldet hat. Solltest du bis Sonntag, sieben Uhr dreißig, nichts von uns gehört haben, betrachte den Termin als abgesagt."

„Ok, danke, und einen schönen Abend noch."

Wie betäubt verließ ich den Swinger Club. Was war nur passiert? Hoffentlich ging es Fionn gut. Ich machte mir unendliche Sorgen um ihn. Er würde mich doch nicht einfach so sitzen lassen, oder doch? Was sollte ich jetzt tun?

Fragen über Fragen stürzen auf mich ein und als ich endlich zu Hause eintraf, rauchte mein Kopf dermaßen, dass ich eine Schmerztablette nehmen musste, um überhaupt einschlafen zu können. Mittlerweile war es zwei Uhr nachts und ich sah davon ab, Gwenny anzurufen, die vermutlich neben Tony im Tiefschlaf liegen würde. Vielleicht klärte sich ja alles morgen auf und Fionn meldete sich bei den Angestellten im Swinger Club. Wahrscheinlich machte ich mir nur unnötige Sorgen.

Als die Tablette zu wirken begann, legte ich mich ins Bett und zog die Decke bis über den Kopf. Es dauerte jedoch noch eine ganze Weile, bis ich wirklich einschlief.

Am nächsten Tag erwachte ich um kurz nach zehn, wobei meine erste Tat darin bestand, nach dem Handy zu greifen, welches auf dem Nachttisch lag. Enttäuscht stellte ich fest, dass sich keine Nachricht darauf befand, demnach hatte Fionn sich auch nicht beim Swinger Club gemeldet.

Mit einem komischen Gefühl im Bauch betrat ich das Badezimmer, um mich unter die Dusche zu stellen. Ich brauchte dringend Ablenkung und deshalb stellte ich nach dem Frühstück meine Wohnung auf den Kopf. Ich saugte den Boden ab und schwang den Putzlappen, bis alles auf Hochglanz poliert war. Anschließend trabte ich zum Supermarkt, der sich um die Ecke befand, um für das Wochenende einzukaufen.

Gott sei Dank war ich heute Abend zu Harveys Geburtstagsparty eingeladen, was kulinarische Köstlichkeiten bedeutete. Somit würde mein Mittagessen eher spärlich ausfallen. Ich begnügte mich mit einem Sandwich und als Nachtisch musste ein Joghurt herhalten. Zwischendurch checkte ich immer wieder das Handy, mit dem Ergebnis, dass sich absolut nichts tat. Da Gwenny ebenfalls zu Harveys Feier eingeladen war und gemeinsam mit Tony dort auftauchen würde, bot sich zumindest nachher die Möglichkeit, mit ihr darüber zu reden.

Am Nachmittag raffte ich mich zu einer Runde Joggen an der Themse auf. Der Wind blies zwar heftig ins Gesicht, doch es regnete nicht, was die ganze Sache erträglich gestaltete. Hatte Fionn nicht erwähnt, dass er am Freitag auch joggen gehen wollte? Vielleicht war ihm etwas zugestoßen, eine Verletzung zum Beispiel.

Es schien ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, die Gedanken an ihn abzuwenden. Er bedeutete weitaus mehr für mich, als ich es mir anfangs eingestehen wollte. Jetzt hatte das Nachsehen. Was, wenn er sich nie wieder melden würde?

Ich wusste absolut nichts über ihn, außer, dass seinen Vornamen, dass er Theologie studierte und bald zu einem katholischen Priester geweiht wurde. Davon gab es in London genügend, ebenso wie Kirchen. Diese waren in der ganzen Stadt verstreut, was eine Suche nahezu hoffnungslos werden ließ.

Was dachte ich da bitte? Wenn er glaubte, mir den Rücken zudrehen zu müssen, dann war er es nicht wert, dass ich auch nur eine Minute meiner Zeit für ihn opferte. Das Schlimme war nur, dass ich Fionn niemals so eingeschätzt hatte und dies auch weiterhin nicht tat.

Seufzend strich ich das nasse Haar aus meiner Stirn. Wahrscheinlich gab es für all das eine ganz einfache Erklärung und der Swinger Club würde spätestens morgen anrufen, um mitzuteilen, dass Fionn sich gemeldet hatte. Daran wollte ich unbedingt glauben.

Ich lief noch zwanzig Minuten, bevor ich wieder umkehrte, damit ich nicht zu spät nach Hause kam. Es war mir nämlich zuwider, hetzen zu müssen, wenn ich mich für eine Party stylen sollte. Immerhin fand diese nur im kleinen Kreis statt, was jedoch in Harveys Fall mindestens fünfzehn Personen bedeutete.

Außer Gwenny, Tony und meiner Wenigkeit rechnete ich auf jeden Fall mit Evelyns und Christinas Erscheinen, denn die beiden gehörten zu Seth und Harveys engstem Freundeskreis. Alexander Rossi stand ebenfalls auf meiner Liste, da er nicht nur zu Seths Kundenstamm, sondern auch zu den Freunden zählte. Was die restlichen Gäste anbelangte, ließ ich mich einfach überraschen. Ein vier Augen Gespräch mit Gwenny sollte auf jeden zu bewerkstelligen sein, denn ich verspürte keine große Lust, ihr meinen Kummer am Telefon mitzuteilen.

Um Punkt sieben stand ich vor Seths und Harveys Apartment. In meiner rechten Hand befand ich ein Blumenstrauß und in meiner linken, das in lila Glanzpapier eingewickelte Präsent für Harvey. Seth hatte mir den entscheidenden Tipp gegeben, indem er mir zu verstehen gab, dass die Pfeffermühle ganz plötzlich ihren Geist aufgegeben hatte und sein Lebensgefährte deswegen beinahe Amok lief.

„Hey, Schätzchen!" Harvey umarmte mich stürmisch und herzlich zugleich, als ich die Wohnung betrat.

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein kleines Pummelchen", sagte ich grinsend, was er mir jedoch nicht übel nahm.

Immerhin war Harvey nicht viel Größer als ich, zudem besaß er ein nettes Bäuchlein, über welches ich nun kurz streichelte.

„Ich liebe dich auch, Sienna", erwiderte er lachend und nahm mir den Blumenstrauß aus der Hand.

„Und ich liebe lila Rosen!" Harveys Nase verschwand in den duftenden Blumen, was mich zum Kichern animierte.

„Warte, bis du dein Geschenk ausgepackt hast", sagte ich, drehte mich um und lief direkt in den Wohnbereich.

Zu meiner Freude erblickte ich Gwenny, die neben Seth stand, während sie Tonys Hand hielt, der sogleich sein schleimiges Grinsen aufsetzte, als er mich erblickte.

„Hallo, Sienna, ich dachte eigentlich dein Freund würde heute mitkommen", begrüßte er mich.

Fast hätte ich ihm eine Kopfnuss verpasst, denn Seth, der Tonys Worte durchaus aufgeschnappt hatte, schaute mich ein wenig verständnislos an. Zum Glück trat gerade Alexander Rossi ein, der meinen Bruder nun begrüßte.

Für diesen Augenblick war ich wohl davongekommen, trotzdem wollte ich Tony am liebsten erwürgen.

„Mein Freund ist heute verhindert", zischte ich leise und zog Gwenny am Arm in Richtung Küche. „Du entschuldigst uns kurz, Tony? Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen", rief ich dem Schleimer über die Schulter zu.

„Was gibt es denn?", wollte meine beste Freundin wissen, als wir alleine vor den unzähligen Schüsseln standen, welche Harveys liebevoll zubereitetes Essen enthielten, das himmlisch duftete.

„Fionn ist gestern nicht im Swinger Club aufgetaucht", antwortete ich geradeheraus.

„Was?!" Gwenny zog ihre Augenbrauen ein wenig nach oben. „Und nun?"

„Sie haben mir gesagt, dass sie mich kontaktieren, sobald er sich meldet."

„Hm, das klingt komisch."

Seufzend erwiderte ich: „Weißt du, ich habe Angst, dass ihm etwas passiert sein könnte. Er wollte am Freitag joggen gehen, vielleicht wurde er angefahren oder hat sich den Fuß verknackst."

„Aber dann hätte er doch beim Swinger Club anrufen können."

„Das ist vielleicht nicht das Erste woran man denkt, wenn man einen Unfall hatte", warf ich ein.

„Sienna, jetzt mal im Ernst. Denkst du nicht, dass sein Beruf vielleicht auch dahinterstecken könnte? Was, wenn die Kirche es herausgefunden hat und nun von ihm verlangt, den Swinger Club aufzugeben, damit er die Priesterweihe erhält? Hast du darüber schon mal nachgedacht?"

Es klang fast wie eine Gruselgeschichte, die ich nicht hören wollte.

„Dann muss ich eben warten, bis er die Priesterweihe hinter sich hat. Denn er wollte unsere Dates auf keinen Fall aufgeben. Das haben wir uns versprochen."

Gwenny starrte mich an, als sei ich dem Wahnsinn verfallen.

„Ihr habt es euch versprochen?"

„Ja, bis in alle Ewigkeit."

„Oh Gott, es ist schlimmer als ich dachte, Sienna. Du bist diesem Kerl total hörig, oder?"

„Nein, das bin ich nicht, verdammt nochmal!" Langsam wurde ich wütend. Warum verstand meine beste Freundin nicht, dass ich mich um Fionn sorgte? Er war nicht nur irgendein Typ, mit dem ich etliche Male Sex gehabt hatte, ich sah so viel mehr in ihm; vermutlich zu viel, um ehrlich zu sein.

Wir kamen nicht dazu, unser Gespräch weiterzuführen, denn Harvey tauchte plötzlich in Begleitung mehrerer Gäste in der Küche auf.

„Es gibt Essen, Kinder", rief er erfreut und klatschte in die Hände, bevor er uns allen erklärte, was sich in welcher Schüssel verbarg.

„Ich habe heute irisch gekocht."

Als er diesen Satz aussprach, war ich bedient, denn dies erinnerte mich schon wieder an Fionn.

„Es gibt Lauch und Kartoffelsuppe, mit Petersilie verziert. Roggentoast mit Roast Beef und Krautsalat, Rote Beete und Ei auf Sauerteig, Apfel und Selleriesalat mit Heringsfilets, in Knoblauch und Gewürzen gekochte Garnelen, irischer Shrimp Cocktail, Beef in Biersauce mit Klößen und natürlich darf das Irish Stew nicht fehlen."

Wenn ich das alles probieren wollte, würde mir garantiert schlecht werden. Doch Harvey war noch nicht fertig.

„Als Beilagen gibt es Kartoffelcakes, sowie Karotten in Whiskey und Ginger eingelegt. Und wir dürfen die Desserts nicht vergessen. Irish Whiskey Trifle, Apfelkuchen, sowie Irische Buttermilch Pfannkuchen."

Mir würde definitiv schlecht werden, doch das nahm ich gerne in Kauf, nur, um alles probieren zu können. Ich zählte mich schon immer zu den Frust-Essern und dies hatte sich im Laufe der Jahre auch nicht geändert. Und im Augenblick stieg mein Frustrationsbarometer ins Unermessliche.

Keine Nachricht vom Swinger Club, keine Aussicht darauf, Fionn in Kürze wieder zu treffen, kein Lebenszeichen von jenem Mann, nach dessen Umarmungen ich mich sehnte.

Ich aß, was das Zeug hielt, schaufelte alles kreuz und quer in mich hinein. Die Buttermilch Pfannkuchen hob ich mir bis zum Schluss auf, und als ich drei davon vertilgt hatte, gab mein Magen mir zu verstehen, dass es nun genug sei. In meinem Bauch rumorte es heftig, doch als Harvey mir einen Schnaps anbot, lehnte ich ab.

„Ich habe das Gefühl, wenn ich den jetzt noch trinke, kommt alles wieder raus", erklärte ich, worauf Harvey den hochprozentigen Alkohol selbst in sich hineinschüttete.

Währenddessen setzte Gwenny sich zu mir auf das Sofa, da Tony sich gerade angeregt mit Alexander unterhielt.

„Was hältst du davon, wenn du mich am nächsten Wochenende nach Schottland begleitest?", lautete ihre Frage, die ich zunächst mit einem Schulterzucken, gefolgt von einem Seufzen zur Kenntnis nahm.

„Ich weiß nicht, das kann ich dir jetzt noch nicht sagen. Es kommt darauf an, ob Fionn sich beim Swinger Club meldet, oder nicht", antwortete ich dann.

„Du gibst nicht auf, oder?", meinte Gwenny, bevor sie an ihrem Champagner nippte.

„Niemals, so gut müsstest du mich eigentlich kennen", entgegnete ich grinsend.

Der Anblick des Champagner erinnerte mich an unser zehntes Mal im Swinger Club. Fionn und ich hatten diese Stunde sehr genossen, nur die Erinnerung daran, ließ mich schon wieder traurig werden.

„Also gut, dann lass uns einen Deal machen. Solltest du bis Donnerstagabend nichts vom Swinger Club hören, darf ich den Flug für dich nach Schottland, buchen, ok?"

Mit geschlossenen Augen stieß ich ein leises Seufzen aus.

„Der Deal geht klar."

Gwenny würde ja doch keine Ruhe geben, zudem meinte sie es nur gut. Ich war nicht so naiv zu glauben, dass der Swinger Club die Termine unsere Dates weiterhin reservieren würde. Andere warteten nur darauf, dort hineinzukommen. Also würde es mit Sicherheit ziemlich schwierig werden, am kommenden Wochenende einen Tag zu finden, an welchem Fionn und ich uns treffen konnten. Falls er sich überhaupt noch einmal melden sollte, wovon ich jedoch immer noch ausging.

Ich wollte einfach nicht glauben, dass er so mir nichts, dir nichts, von der Bildfläche verschwand. Für meine Gedankengänge spielte es natürlich auch eine Rolle, dass ich mich in ihn verliebt hatte, das musste ich mir eingestehen. Doch ich hätte nie erwartet, dass mich sein Verschwinden derart hart treffen würde.

Als ich die Party um zwei Uhr nachts verließ und mit einem Taxi nach Hause fuhr, fühlte ich mich unglaublich schlecht, sowohl ins psychischer, als auch in physischer Hinsicht.

Dies besserte sich auch in den nächsten Tagen nicht. Zeitweise ertrank ich förmlich in der Vorstellung, Fionn niemals wieder treffen zu können und dies löste all diese Dinge aus, die mit mir passierten.

Ich konnte nicht richtig schlafen und stand morgens todmüde auf. Mein Magen spielte verrückt und ich hatte unter täglichen Kopfschmerzen zu leiden, die ich jedoch nicht mit Tabletten bekämpfte, sondern konstant zu ignorieren versuchte. Der Körper gewöhnte sich nämlich an die Schmerzmittel und irgendwann reagierte er nicht mehr darauf. Das wollte ich unter allen Umständen vermeiden.

Am Mittwoch telefonierte ich nochmals mit dem Swinger Club, leider ohne Erfolg. Der Mitarbeiter ließ mich jedoch wissen, dass man in meinem Profil vermerkt hätte, sofort einen Anruf zu tätigen, falls mein ehemaliger Partner sich wieder melden sollte. Dies gab mir immerhin die Gewissheit, dass Fionns etwaiges Auftauchen nicht in der Masse unterging und ich ihn zurückbekommen würde.

Wie sich das anhörte!

Er war nicht mein Eigentum und doch fühlte ich mich mit ihm auf eine sonderbare Art und Weise verbunden. So, als seien wir füreinander bestimmt. Natürlich war es totaler Blödsinn, so zu denken, doch verhindern konnte ich es trotzdem nicht. Allerdings behielt ich jegliche Gedanken für mich.

Als ich mich am Donnerstag mit Gwenny zum Mittagessen traf, erklärte ich zu ihrer großen Freude, dass sie den Flug nach Glasgow für mich buchen durfte.

„Das freut mich wirklich, Sienna. Und du wirst sehen, wir werden unseren Spaß haben, Süße."

Trostlosigkeit umfing mich, als ich an diesem Abend nach Hause kam. Der Swinger Club hatte sich noch immer nicht gemeldet, und die Aussicht, Fionn jemals wieder zu treffen, rückte immer weiter in die Ferne. Die innere Unruhe, die sich in mir ausbreitete, macht mich total verrückt. Einerseits war ich todmüde und wollte schlafen, andererseits verhinderten meine Gedanken an den Iren dies für mehrere Stunden erfolgreich.

Demensprechen müde fühlte ich mich, als ich am Freitag das Büro betrat. Es wurde sogar derart schlimm, dass ich in Erwägung zog, nach der Mittagspause nach Hause zu gehen. Trotzdem hielt ich irgendwie bis zum Abend durch.

Dafür nickte ich dann im Flugzeug ein, als wir uns auf dem Weg nach Glasgow befanden. Gwenny ließ mich schlafen und als das Flugzeug zur Landung ansetzte, wurde ich von alleine wach, da sich Druck in meinen Ohren aufgebaut hatte.

„Sind wir schon da?", murmelte ich verschlafen, worauf sie über meine Wange streichelte und sagte: „Ja, das sind wir, Süße."

Obwohl wir in vielen Dingen nicht einer Meinung waren, was meine Ansichten Fionn gegenüber betraf, kümmerte sich Gwenny um mich, da sie spürte, dass es mir nicht gut ging.

„Du siehst so müde aus, Sienna. Nachher bringe ich dir einen schönen Tee aufs Zimmer und dann kannst du ganz beruhigt schlafen", erklärte sie, als wir aus dem Flugzeug stiegen.

Ich wusste ihre Fürsorge durchaus zu schätzen und bedankte mich bereits im Voraus. „Das ist lieb von dir, Gwenny."

Meine Woche war wirklich hart gewesen und es machte mir immer mehr zu schaffen, dass ich nichts von Fionn hörte. Er schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein.

Als wir den Ausgang erreichten, sah ich zu meiner Überraschung Oliver neben Tony stehen. Auch das noch! Hoffentlich versuchte er mich nicht in ein Gespräch zu verwickeln, während wir zum Gut fuhren.

Es kam, wie es kommen musste, Oliver gesellte sich mir auf die Rückbank des Wagens, während Gwenny ihren Platz auf dem Beifahrersitz, neben Tony einnahm.

„Hey, Sienna, du siehst müde aus."

„Danke, das weiß ich selbst."

Oliver lachte leise. „Du kannst morgen ausschlafen, so lange du willst du später dann auf Wotan reiten. Dann sieht die Welt vielleicht wieder anders aus."

„Hm", machte ich nur und lehnte den Kopf an die Scheibe des Wagens.

Mit geschlossenen Augen verfolgte ich die Unterhaltung von Tony, Gwenny und Oliver, welche sich um das Hochzeitsessen drehte. Tony wollte unbedingt gebratene Wachteln auf der Tafel haben, doch Oliver versuchte ihm das auszureden, was ihm zumindest einen Pluspunkt bei mir verschaffte. Ich mochte nämlich keine gebratenen Wachteln. Als mein Name plötzlich fiel, horchte ich sofort auf.

„Sienna, wir hatten vor, Seth und Harvey ebenfalls zur Hochzeit einzuladen. Ich werde ihnen die Einladung nächste Woche übergeben, du bekommst deine heute schon", erklärte Gwenny freudig.

„Das ist schön", sagte ich leise, wobei ich versuchte, die Augen ein wenig zu öffnen.

Mittlerweile näherten wir uns dem Gut, was ich an der langen Auffahrt mühelos ausmachen konnte, obwohl es dunkel war. Aber die markanten Straßenpfeiler erkannte ich sofort.

Keine zehn Minuten später liefen wir durchs Haus und ich verschwand sofort in Richtung Gästezimmer. Das Bett schien bereits nach mir zu rufen, so einladend wirkte dieses auf mich. Im Bad putzte ich noch schnell die Zähne, trug etwas Creme auf mein Gesicht auf und legte mich anschließend schlafen.

Der Traum, der mich irgendwann heimsuchte, und der letztendlich die Schuld an meinem Erwachen trug, war mehr als nur merkwürdig. Ich träumte von Fionn.

Er stand mit dem Rücken zu mir gedreht, und mit einem Priestergewand bekleidet, in einer großen Kirche. Ich wollte zu ihm laufen, doch ich konnte mich nicht bewegen, meine Füße schienen auf dem Boden festgelebt zu sein. Dann vernahm ich seine Stimme: „Sienna, komm zu mir, ich warte auf dich."

In der nächsten Sekunde befanden wir uns im Black Room, umfangen durch die Dunkelheit, auf einer großen Matratze. Seine Hände berührten meinen Körper, ebenso seine weichen Lippen. Langsam drang er in mich ein und ich stöhnte seinen Namen.

„Fionn."

Es tat so gut, ihn zu spüren, ich wollte nicht, dass es jemals aufhörte.

Meine Hände gruben sich in das Laken, Schweiß stand auf meiner Stirn und als ich die Augen öffnete, fand ich mich im Gästezimmer auf einem Landgut wieder.

„Fuck", fluchte ich leise.

Dieser Traum brachte mich noch mehr durcheinander, als ich es ohnehin schon war. Mein Herz drohte aus der Brust zu springen, so schnell raste es und mein Atem ging stoßweise. Wenn ich ihn nicht bald wieder traf, bestand die Gefahr, dass ich irgendwann durchdrehte. Der Traum war der Anfang davon.

Obwohl es erst acht Uhr morgens war, stand ich auf, duschte, und suchte anschließend die Stallungen auf, da Tony und Gwenny noch schliefen. Wotan streckte sofort seinen Kopf hervor, als er mich erblickte und stieß ein kurzes Wiehern aus, so, als ob er mich begrüßen wollte.

„Na, mein Süßer, geht es dir gut?", wisperte ich und streichelte über seine Nüstern.

„Man könnte glatt eifersüchtig werden, wenn man dich mit dem Hengst reden hört."

Die Stimme, welche hinter mir ertönte, gehörte Oliver. Musste er sich eigentlich überall herumtreiben, wo ich mich aufhielt? Andererseits war es zu erwarten gewesen, dass er um diese Zeit in der Nähe der Stallungen zu finden war, denn im Gegensatz zu Tony, arbeitete er hier voll mit.

„Eigentlich dachte ich, du würdest länger schlafen", sagte er und musterte mich eindringlich.

„Ich war nicht mehr müde", entgegnete ich.

„Wie sieht es aus? Wollen wir einen kurzen Ritt durchs Feld wagen, bevor die beiden Langschläfer sich die Ehre geben?"

„Von mir aus. Dann muss ich aber nochmal zurück ins Haus, um die Reitstiefel anzuziehen."

„Kein Problem, ich sattele inzwischen die Pferde."

Schnell lief ich ins Haus, um Schuhe und die Hose zu wechseln. Das alles tat ich nur, um mich von den Gedanken an Fionn abzulenken, denn er ziehende Schmerz, der sich durch meine Brust zog, wurde immer schlimmer.

Wie hatte es nur passieren können, dass ich mich in ihn verliebte? Und was sollte ich tun, wenn er nie wieder in meinem Leben auftauchte? War es nicht besser, jetzt gleich die Notbremse zu ziehen und alles zu vergessen? Ich war mir nicht sicher, was ich wollte und deshalb ritt ich mit Oliver aus – um vielleicht ein wenig Klarheit in meine dunklen Gedanken bringen zu können.

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Ein harter Schlag für Sienna, Fionn ist nicht im Swinger Club erschienen.

Was glaubt ihr, ist mit ihm passiert? Liegt er verletzt im Krankenhaus? Oder hat es andere Gründe, dass er nicht aufgetaucht ist?

Und was haltet ihr davon, dass Sienna sich in ihn verliebt hat?

Danke für die lieben Kommentare zum letzten Kapitel :)

LG, Ambi xxx

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