07. Comfort

„Das ist wirklich kein Scherz?"

Noch immer ein wenig fassungslos lag ich auf der Matratze im Black Room, den Kopf auf Fionns Brust gebettet und den Körper ganz nahe an seinen geschmiegt. Ich spürte das schnelle Klopfen seines Herzens und vernahm seine Worte, deren Ernsthaftigkeit ich nun nicht mehr anzweifelte.

„Nein, Sienna, es ist kein Scherz. Man scherzt nicht über Gott, oder die Berufe, die damit in Zusammenhang stehen. Das würde ich mir nie erlauben."

Zugegeben, im ersten Moment war es ein Schock, doch dann kam das Teufelchen in mir hervor. Es war ungemein reizvoll, mit einem angehenden, noch dazu katholischen Priester schlafen zu dürfen. Abgesehen davon machte er diese Sache ausgesprochen gut, weswegen ich niemals vermutet hätte, dass er solch einen Beruf ausübte.

„Sag mal, sündigst du eigentlich nicht, wenn du dich hier mit mir triffst?", erkundigte ich mich mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht.

Gut, dass er es nicht sehen konnte.

„Ja, das tue ich, aber nicht so schlimm, wie du vielleicht denkst."

Seine Antwort regte mich zum Nachdenken an.

„Wie meinst du das denn? Klär mich auf", forderte ich ohne Umschweife.

Fionns linker Arm hielt mich fest umschlungen, doch nun lockerte er den Griff etwas, bevor er zu sprechen begann. „Also da gibt es einerseits den Zölibat. Du weißt doch, was das ist, oder?"

Natürlich wusste ich das, denn ich gehörte selbst dem katholischen Glauben an. Es bedeutete, dass die Priester nicht heiraten durften.

„Ja, ich weiß, um was es dabei geht", erwiderte ich und spürte, wie seine Finger Kreise auf meinen Oberschenkel malten, was unverzüglich dieses überwältigende Kribbeln in mir aufweckte.

„Gut, ich habe die Priesterweihe noch vor mir und somit den Zölibat, also das Keuschheitsgelübde, noch nicht abgelegt, denn ich bin noch kein richtiger Priester, sondern ein angehender."

„Quasi in Ausbildung", meinte ich, worauf Fionn sagte: „Ja, so ist es. Und deswegen kann ich auch nicht gegen den Zölibat verstoßen. Aber..." Er holte tief Luft, bevor er weitersprach. „Der Papst hat prinzipiell etwas gegen den Beischlaf vor der Ehe, woran sich aber in unserer Zeit wohl kaum einer hält."

Seine Finger stoppten in ihrer Bewegung, als er den nächsten Satz aussprach, der mich in Erstaunen versetzte. „Auch die Priester nicht."

Jetzt war ich wirklich baff.

„Willst du damit sagen, dass deine Kollegen etwa auch den Black Room im Swinger Club aufsuchen?", fragte ich mit klopfendem Herzen.

„Nein, ich glaube, auf diese Idee ist noch keiner gekommen. Verdienen tut man als richtiger Priester auf jeden Fall genug, um sich das leisten zu können. Bei uns Angehenden sieht das schon anders aus."

Die Dinge begannen richtig interessant zu werden, vor allem, als Fionn sagte: „Du fragst dich jetzt sicher, woher ich das Geld habe."

„Das tue ich allerdings", lautete meine ehrliche Antwort.

„Ich will es dir verraten, Sienna, denn es ist kein Geheimnis und auch nicht illegal. Ich habe ein bisschen was von meinem Patenonkel geerbt. Er war alt und hatte keine Nachkommen, als er starb. Also ging sein Haus und das Geld an mich."

„Uh, dann bist du also ein richtig gute Partie?", konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen. Ich hoffte, dass er meinen Spaß verstand.

„Na, ja, sagen wir es mal so. Ich bin kein Millionär und das Geld reicht gerade so aus, um das Haus auf Dauer zu bewirtschaften, ohne das es zur Bruchbude wird. Aber wenn ich erstmal in Amt und Würden bin, verdiene ich genug, um es ganz locker unterhalten zu können."

Es herrschte einen Moment Stille zwischen uns, bevor ich eine Frage stellte.

„Wie bist du auf die Idee gekommen, in diesen Black Room zu gehen?"

Fionns leises Lachen drang durch die Dunkelheit. Es ließ mein Herz aufgeregt flattern, denn ich liebte es, wenn er auf diese Art und Weise lachte. Seine Lippen berührten fast mein Ohr, als er antwortete: „Wenn du deine Ausbildung zum Priester antrittst, bekommst du unverzüglich erklärt, wo sich das nächste Bordell befindet."

„Echt, jetzt?", wisperte ich zurück.

Seine Lippen befanden sich noch immer an meinem Ohr. So weich, so zärtlich, es fühlte sich an, als ob er mich gleich küssen würde. Nur alleine bei dem Gedanken daran zog sich mein Unterleib zusammen und sein leises Flüstern tat ein Übriges, um meine Gefühle in Wallung zu bringen.

„Ja, es ist so."

Warum küsste er mich nicht endlich? So wie vorhin , als ich zu weinen begonnen hatte und er mich tröstete. Trost zu spenden gehörte wahrscheinlich zu seinem Beruf, aber dass er mir jenen auf diese Weise zukommen ließ, machte mich total heiß.

„Hast du es ausprobiert?", fragte ich mit pochendem Herzen.

Ich wollte, dass er es verneinte, doch das tat er nicht.

„Ja, das habe ich, aber es ist nicht mein Ding."

Seine Antwort überraschte mich ein wenig und so stellte ich die nächste Frage.

„Warum nicht? Was ist so anders im Vergleich zu einem Swinger Club?"

Als ich spürte, wie seine Hand sich langsam zur Innenseite meines Oberschenkels bewegte, hielt ich kurz die Luft an. Fionns Hand verharrte in der Position, während er zu einer Erklärung ansetzte.

„Alles in einem Bordell ist kalt und seelenlos. Als Mann bist du nur ein zahlender Kunde, der eine Dienstleistung in Anspruch nimmt. Für die Frau ist es ein Geschäft, sie möchte es so schnell und so problemlos wie nur möglich abwickeln. Zwischen uns ist es anders, Sienna. Du bezahlst genauso wie ich. Du gibst und du nimmst, mit deiner Wärme und deiner Seele. Und ich nehme und ich gebe auch mit meiner Wärme und meiner Seele. Das genau macht den Unterschied aus."

Es klang mehr als einleuchtend, wenn auch irgendwie grotesk. Aber Fionn hatte Recht. Wir gaben uns etwas, wenn wir gemeinsam im Black Room verweilten. Wärme, Nähe, Herzklopfen, all das war zu spüren, so, wie in diesem Augenblick. Die Hitze seines Körpers, das Streicheln seiner Finger, die Berührung seiner Lippen; es machte mich schwach und stark zugleich.

Ich brannte darauf, ihn wieder in mir zu spüren, doch es sollte anders sein, als gewöhnlich. Heute benötigte ich eine enorme Zuwendung, ausgelöst durch das Ereignis am Vormittag, welches mich schwer getroffen hatte. Noch immer knabberte meine Seele daran, doch in Fionns Armen fühlte ich mich plötzlich geborgen und getröstet. Er konnte mich das Geschehene vergessen lassen, zumindest für eine gewisse Zeitspanne.

Vorsichtig tastete ich nach seiner Hand, spürte, wie unsere Finger sich miteinander verschränkten und vernahm sein leises Wispern: „Sienna, du möchtest es heute langsam, oder?"

Verdammt, konnte er meine Gedanken lesen? Brachte die vollkommene Schwärze derartige Fähigkeiten zum Vorschein? Das Kribbeln in meinem Bauch wuchs stetig heran. Heiße Wellen durchströmten meinen Unterleib, ich schloss meine Augen und hauchte schwach: „Ja, ich will es langsam."

Sanft wurde ich in die Matratze gedrückt und Sekunden später fühlte ich seinen schlanken Körper auf meinem. Mit einem erleichterten Seufzen nahm ich ihn in mir auf. Das Tempo und der Rhythmus waren perfekt, langsam, gemächlich und irgendwie zärtlich; so, wie ich es heute brauchte. Meine gekränkte Seele sehnte sich nach einer außergewöhnlichen Behandlung und Fionn gab wirklich alles, damit ich mich besser fühlte. Zum ersten Mal seit wir uns trafen, wünschte ich mir, in seine Augen schauen zu können, während wir miteinander schliefen. Doch ich würde seine blauen Augen und den Rest nie zu Gesicht bekommen.

Ich kostete jede Sekunde unseres Zusammenseins aus, jede seiner sanften Bewegungen und die zärtlichen Berührungen, die mich schwach werden ließen. Mir wurde unendlich heiß, als er das Tempo gemächlich steigerte. Es kam so wohldosiert, so perfekt für mich, dass der Punkt an dem ich explodierte, unweigerlich näher rückte.

„Baby", vernahm ich sein raues Flüstern. „Bist du gleich soweit?"

„Ja", keuchte ich, mit noch immer geschlossenen Augen.

Die Vorstellung, dass es sich bei Fionn um einen angehenden Priester handelte, gab mir letztendlich den Kick, den ich brauchte, um alles herauszulassen. Ich liebte es, verbotene Dinge zu tun.

Schwer atmend lagen wir kurze Zeit später nebeneinander. Unsere Arme berührten sich leicht und ein zufriedenes Lächeln umspielte meine Lippen. Es war grandios, wie er mich behandelt hatte. Wie er genau verstand, was ich fühlte, so einen Mann hatte ich noch nie getroffen. Aber warum ergriff jemand wie er ausgerechnet solch einen Beruf? Da mich dies brennend interessierte, wisperte ich in die Dunkelheit hinein: „Es ist eine Verschwendung für die Frauenwelt, dass du Priester wirst. Warum hast du dich dafür entschieden? Das möchte ich gerne wissen."

Er zögerte mit seiner Antwort, das hörte ich sofort an seiner unkontrollierten Atmung.

„Ist es ok für dich, wenn ich die Frage nicht beantworte, also zumindest nicht heute? Vielleicht werde ich es irgendwann tun."

Sein Tonfall alarmierte mich und gab mir zu verstehen, dass er etwas verbarg. Da ich jedoch nicht neugierig, oder gar taktlos rüberkommen wollte, sagte ich lediglich: „Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht möchtest."

„Geht es dir besser?" Fionns Hand tastete nach meiner, als er diese Frage an mich richtete, natürlich, um vom Thema abzulenken.

Ich spielte das Spiel mit.

„Ja, viel besser", antwortete ich deshalb, was außerdem der Wahrheit entsprach. „Danke, Fionn, für diesen perfekten Abschluss eines weniger schönen Tages", setzte ich noch hinzu.

„Bitte, Sienna, gern geschehen."

Ich wusste, dass er grinste, ich hörte es an seiner Tonlage.

„Darf ich dich noch etwas fragen, Fionn?"

„Natürlich."

Langsam drehte ich mich auf die Seite, in seine Richtung, um mit meinen Fingerspitzen über seine leicht angedeuteten Bauchmuskeln zu fahren.

„Woher kommt eigentlich deine Fingerfertigkeit? Lernt man sowas auf der Priesterschule?"

Fionn platzte mit einem lauten Lachen heraus, das mich prompt ansteckte.

„Nein, Sienna, da bist du auf dem Holzweg", antwortete er, nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte. „Aber ich spiele in meiner Freizeit Gitarre und in der Kirche manchmal die Orgel. Deswegen kann ich meine Finger recht gut bewegen."

Den letzten Satz flüsterte er mir mit einer gewissen Anzüglichkeit in seiner Stimme, ins Ohr. Irgendwann würde er mich um den Verstand bringen, das war vorprogrammiert.

Ein nerviges Summen unterbrach die komfortable Stille, die sich gerade zwischen uns gebildet hatte.

„Und schon ist es wieder vorbei", seufzte ich leise, worauf Fionn einen Kommentar abließ. „Ja, aber Gott sei Dank nur bis zum nächsten Mal."

„Wann ist eigentlich unser nächstes Mal? Denkst du, sie haben uns den Sonntag erneut reserviert?", sprach ich meinen Gedanke laut aus.

„Das werden wir gleich feststellen, und wenn, fände ich das super, oder nicht?"

„Es wäre spitze! Denn dann würden wir uns übermorgen wieder hier treffen."

Langsam richtete ich mich auf, und als ich im Begriff war, zum Ausgang zu wandern, hörte ich Fionns Stimme hinter mir.

„Darf ich dir noch eine Frage stellen, Sienna?"

„Sicher."

„Bist du eigentlich ein gläubiger Mensch?"

Meine Schritte stoppten abrupt und ich drehte mich noch einmal um, bevor ich ehrlich antwortete. „Nein, eigentlich nicht. Also ich glaube schon, dass es vielleicht ein Leben nach dem Tod gibt, aber mehr nicht."

„Vielleicht solltest du das nochmal gründlich überdenken", meinte Fionn ruhig.

„Willst du mich etwa bekehren?" Ich lachte halbherzig.

„Das liegt mir fern. Aber irgendwann im Leben kommt jeder an einen Punkt, an dem er zu glauben beginnt."

Vielleicht war es so, vielleicht auch nicht, nur sah ich im Moment keine Veranlassung darin, meinen Standpunkt diesbezüglich zu ändern. Ich lebte mein Leben, wie ich es für richtig hielt, aber die Kirche brauchte ich dazu keineswegs. Da ich nicht wusste, was ich von seiner Aussage halten sollte, verabschiedete ich mich mit den Worten: „Bye, Fionn, bis Sonntag!"

„Bye, Sienna, ich freue mich schon auf dich."

Seine merkwürdige Reaktion auf meine Frage, warum er Priester werden wollte, ging mir mehrere Stunden nicht mehr aus dem Kopf. Selbst als ich später zuhause in meinem Bett lag, beschäftigte ich mich noch damit. Jedoch kam ich zu keinem brauchbaren Ergebnis, warum er mir keine Antwort darauf geben wollte.

Eigentlich hatte ich immer gedacht, dass es sich bei der Gattung Priester um strenggläubige Menschen handelte, die niemals sündigten, doch Fionn tat dies regelmäßig, wenn er sich mit mir im Black Room traf. Ich genoss es, verbotene Dinge zu tun, und mit einem Priester zu schlafen, zählte auf jeden Fall zu der schlimmsten Kategorie, was die Verbote betraf. Ich würde nicht von ihm ablassen können, diese Tatsache sickerte immer mehr in mein Bewusstsein. Selbst die Aussicht darauf, eines Tages in der Hölle zu landen und mit Fionn im Fegefeuer zu schmoren, hielt mich nicht davon ab.

Jedes Mal, wenn wir uns in der Dunkelheit trafen, gab er mir das, was ich brauchte und ich würde mir niemals Gedanken darum machen müssen, dass mehr daraus wurde. Er durfte nie eine feste Beziehung mit einer Frau eingehen, was unsere Art des Verhältnisses wiederum perfekt machte.

Heute hatte ich eine neue Seite an ihm kennengelernt, er war Weltmeister im Trösten. Mehr konnte ich wirklich nicht verlangen. Ich hatte nun einen Mann bei dem ich mich ausheulen konnte, aber der ebenso in der Lage war, mir in sexueller Hinsicht alle zu bieten, etwas, was ich bei meinen anderen Freundschaften mit gewissen Vorzügen immer vermisste. Entweder stimmte es im Bett, dann konnte man jedoch nichts anderes erwarten, oder das Reden funktionierte, der Rest war mittelmäßig und zu allem Überfluss verliebten sich diese Typen dann noch in mich.

Fionn hingegen war einfach makellos. In ihm fand ich meinen eigenen Seelsorger, gepaart mit einem exzellenten Liebhaber, den ich für mich alleine haben wollte. Er sollte bloß nicht auf den dummen Gedanken kommen, sich mit einer anderen Frau im Black Room treffen zu wollen!

Seufzend drehte ich mich auf die Seite und versuchte nach all diesen anstrengenden Gedankengängen endlich einzuschlafen.

Als ich nächsten Tag erwachte, fühlte ich mich frisch, ausgeruht und hungrig. Somit beeilte ich mich im Bad und suchte schnellstmöglich die Küche auf, um Spiegeleier und Speck zu braten. Kaum stand ich vor dem Herd, wanderten meine Gedanken erneut zu Fionn.

„Ich wette, er kann auch kochen", sagte ich laut zu mir selbst.

Langsam nahmen meine Fantasien bezüglich des Iren ein bedenkliches Ausmaß an, aber es gelang mir nicht, diese abzustellen. Und morgen würde ich ihn bereits wieder treffen. Somit entschloss ich mich, heute für Ablenkung zu sorgen, indem ich zunächst meine Wohnung gründlich aufräumte und mich anschließend bei Seth und Harvey zum Abendessen einlud. Vor allem Seth schien sich sehr zu freuen, dass ich vorbeischauen wollte. Vermutlich stand dies mit dem Umstand in Zusammenhang, dass er mich zuletzt in einem eher seelisch labilen Zustand zu Gesicht bekommen hatte.

Pünktlich um sieben betrat ich die Wohnung, die mir so vertraut war, wie meine eigene, und in welcher es bereits herrlich duftete.

„Es macht dir doch nichts aus, dass Alexander auch hier ist, oder?" erkundigte sich Seth, nachdem er mich begrüßt hatte.

„Nein, ich finde ihn witzig und nett", antwortete ich mit einem Augenzwinkern, welches Seth ein Seufzen entlockte.

„Alexander ist ein toller Mann."

„Aber leider nicht schwul", vervollständigte ich den Satz und begann Sekunden später zu kichern, weil Harvey mit einer lustigen Schürze am Leib auftauchte.

Diese besaß kleine, rote Marienkäfer, auf grünem Untergrund.

„Du siehst zum Anbeißen aus, Harvey", meinte ich lachend und bekam sofort einen Kuss auf die Wange gedrückt.

„Du auch, Schnuckelchen", entgegnete er. „Das Essen ist fertig und Alexander ist auch schon hungrig", setzte er noch hinzu.

„Dann wollen wir ihn nicht warten lassen." Schnell setzte ich mich in Bewegung, bis ich am großen Esstisch landete und mich dort neben Alexander Rossi setzte, der mich sogleich gebührend begrüßte.

„Sienna, es ist schön, dich zu sehen!"

Er war ein angenehmer Mensch, nicht so schleimig wie Tony und er prahlte außerdem nie mit seinem Vermögen. Seine Kunstgalerie war eine wahre Goldgrube, er besaß ein ausgesprochen gutes Händchen für Werke, welche leicht an den Mann zu bringen waren. Wir verbrachten das Essen in lockerer Atmosphäre, wobei es sich nicht ganz vermeiden ließ, dass Seth und Alexander kurz über ihre geschäftliche Beziehung sprachen. Interessiert hörte ich zu, was mein Bruder von sich gab.

„Weißt du, Alexander, es ist unglaublich wichtig, dass man eine gute Software gegen Hacker auf seinem Computer einspeist. Du glaubst gar nicht, was die alles anrichten können. Aber du bist ja nun bestens versorgt."

„Das hoffe ich doch", erwiderte Alexander lachend. „Aber mal im ernst, Seth, du könntest dich doch nach wie vor darin einhacken, oder?"

Seth' Schmunzeln sprach Bände. „Ich hab das Zeug programmiert, wäre schlimm, wenn nicht", entgegnete er grinsend.

Insgeheim bewunderte ich meinen Bruder, was seine Arbeit betraf. Ich konnte zwar einen Laptop oder Computer ohne Probleme bedienen und kannte mich mit den entsprechenden Programmen aus, welche für die Unternehmensberatung von Relevanz waren, doch alles, was mit Dingen wie Sicherheit in Zusammenhang stand, überließ ich Seth.

Für Harvey waren das ebenso böhmische Dörfer wie für mich und so schlichen wir uns irgendwann in die Küche, um von der Torte zu naschen, die Harvey eigentlich für den morgigen Tag gebacken hatte. Wir beide standen auf Süßes in jeglicher Form, nur sah man mir das nicht an. Harvey hingegen besaß ein kleines Bäuchlein, weswegen Seth ihn manchmal liebevoll aufzog. Aber da Harvey wusste, dass Seth gerade diesen kleinen Bauch abgöttisch liebte, tat er alles, damit er erhalten blieb.

„Die Torte schmeckt himmlisch", sagte ich und verdrehte genießerisch die Augen.

„Danke, das finde ich auch", bemerkte Harvey grinsend, bevor er sich ein Stück der leckeren Schokoladentorte in den Mund stopfte.

„Hast du morgen etwas Schönes vor, Sienna?" erkundigte er sich, nachdem er den Bissen hinunter geschluckt hatte.

„Ja, ich treffe mich..." Mitten im Satz hörte ich auf zu reden. Ich konnte ja wohl schlecht sagen, dass ich morgen einen Swinger Club besuchte, um dort in einem Black Room mit einem angehenden katholischen Priester Matratzenspiele zu betreiben.

Also räusperte ich mich kurz, um dann fortzufahren: „Ich treffe mich morgen mit einem Typen, mehr nicht."

Seufzend stellte Harvey seinen Teller in die Spüle. „Ach, Sienna, hast du immer noch diese dumme Angewohnheit, dich mit Kerlen zu treffen, mit denen du nur Spaß im Bett hast? Du bist so eine hübsche, junge Frau, du solltest dir eigentlich zu schade für so etwas sein."

„Ach, Harvey, ich bin nicht die einzige in meiner Altersklasse, die solche Dinge tut", beruhigte ich ihn grinsend. „Das ist heute nichts Außergewöhnliches mehr."

„Aber Gwenny denkt anders darüber", warf Harvey ein.

Inzwischen hatte er die Torte im Kühlschrank deponiert und holte dafür eine Schüssel Vanillepudding hervor. Als er mir einen Löffel in die Hand drückte, sagte ich nur: „Gwenny hat eine Gehirnwäsche von diesem Idioten verpasst bekommen und deshalb zieht sie nach Schottland."

„Ich denke, da war etwas anderes für zuständig", kam es grinsend von Harvey, der auf seinen Schritt deutete.

„Umso schlimmer", erwiderte ich trocken. „Ich werde ganz bestimmt keinem Typen verfallen, weil er mich unendlich gut befriedigen kann und umziehen würde ich dafür schon lange nicht. Denn es gibt immer einen, der noch besser ist."

Als ich das aussprach, dachte ich an Fionn. Es gab keinen, der besser war als er, und wenn, dann war mir dieses Exemplar von Mann noch nicht über den Weg gelaufen. Jammerschade und doch ein Glück für mich, dass er den Beruf eines Priesters gewählt hatte. Somit würde ihn mir keine andere Frau wegschnappen und er würde so lange, bis ich vielleicht irgendwann meinen Traummann gefunden hatte, mein Seelsorger mit gewissen Vorzügen sein.

Als ich mich in dieser Nacht ins Bett legte, fiel mir auf, wie perfekt mein Leben doch war, wenn man von der nicht erteilten Beförderung absah. Bei dem Gedanken daran durchstreiften Fionns Worte meine Sinne: „Was wäre, wenn Gott etwas anderes für dich geplant hat, als in der Unternehmensberatung tätig zu sein?"

Das klang so absurd, dass ich darüber lachen musste. Seit meinem Schulabschluss wollte ich nichts anderes machen, es war sozusagen mein Traumberuf. Gott musste sich in diesem Fall wirklich irren.

Ich nahm mir fest vor, morgen nochmals mit Fionn darüber zu sprechen- nur um seine Reaktion auf den Satz, dass Gott sich vielleicht irrte, zu testen. Manchmal konnte ich ein richtiges Biest sein, aber ich wollte herausfinden, wie tief und stark sein Glaube war. Denn etwas in meinem Innersten flüsterte mir zu, dass seine Entscheidung, Priester zu werden, nicht alleine auf dem Glauben beruhte.

Und der Teufel sollte mich holen, wenn ich mich in dieser Beziehung irrte.

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Nun, was denkt ihr? Irrt Sienna sich?

Mochtet ihr die Szene im Black Room? Konnte man die Nähe spüren, die sich zwischen den beiden langsam entwickelt?

Danke für eure Kommentare und Votes!

LG, Ambi xxx


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