02. The Contract
„Bitte gib deine Präferenzen an", stand gleich unter dem Feld, in welches man Namen, Adresse und Geburtsdatum angeben musste.
„Präferenzen? Um was geht es da?" Leicht verwirrt wandte ich mich Trixi zu, die sogleich zu lächeln begann.
„Welche Typen du bevorzugst."
„Ich kann das wählen?" Mein Erstaunen nahm kein Ende.
„Ja, also es bringt uns nichts, wenn du zum Beispiel auf Männer mit Bauch stehst und wir bringen dich mit einem dürren Klappergestell zusammen. Dann werden unsere Kunden unzufrieden und das ist nicht Sinn der Sache", erläuterte Trixi ernst.
„Oh Gott, das ist ja krass aber auch super!", sprudelte ich begeistert hervor.
„Ich dachte mir, dass dir das gefällt, Sienna. Glaube mir, wir haben damit Erfahrung, denn dies ist schließlich nicht der erste Club mit einem Black Room, der von unserer Geschäftsleitung betrieben wird."
Solche Erfahrungen konnte man wohl kaum jemandem absprechen, abgesehen davon kamen diese mir nur zugute.
„Also ich bevorzuge schlanke Männer, sie können ruhig ein bisschen Muskeln besitzen, aber nicht zu viele. Also kein Muskelprotz, das finde ich dann schon wieder unerotisch", sagte ich.
„Dann trage ich das so ein", kam es aufmunternd von Trixi, bevor sie einen Schluck von ihrem Tee nahm.
Das tat ich nun ebenfalls und ließ meine Blicke anschließend wieder über den Vertrag wandern.
„Wie sieht es mit einen Alterspräferenzen aus?", erkundigte sich Trixi.
„Die kann ich auch angeben? Das ist ja toll!"
„Selbstverständlich! Also, was ist deine Obergrenze?"
„Ich würde sagen, fünfunddreißig", antwortete ich wie aus der Pistole geschossen.
„Echt? Dann fällt David Beckham definitiv raus", scherzte sie.
Ein Grinsen umspielte meine Lippen, als ich erwiderte: „Wenn ich gewusst hätte, dass David Beckham zu euren Kunden zählt, hätte ich die Grenze noch weiter nach oben gesetzt."
Sofort begann Trixi schallend zu lachen. „Ich mag deinen Humor, Sienna. Leider sind nicht alle Kunden so wie du."
„Das ist aber schade."
Insgeheim überlegte ich, ob es wohl Spaß machen würde, mit einem Griesgram Sex zu haben. Aber da wir bestimmt nicht viel miteinander reden würden, sollte es kein Problem sein, wenn der Typ nicht den gleichen Humor wie ich besaß.
„Wie sieht es mit der Untergrenze beim Alter aus?", holte Trixis Stimme mich aus meinen Gedanken.
„Ein Jahr jünger als ich, also zweiundzwanzig wäre da ok", antwortete ich ehrlich.
„Gut, Hautfarbe und Sprache?"
„Die Hautfarbe ist mir egal, ich bin nicht rassistisch veranlagt und er sollte Englisch können."
„Und an welchen Wochentagen passt es dir am besten?"
„Freitag, Samstag und Sonntag. Ich arbeite oft lange und muss am nächsten Tag wieder früh raus, also fallen die Termine unter der Woche so gut wie flach."
„Verstehe."
Niemals hätte ich gedacht, so viele Präferenzen auswählen zu können, umso glücklicher machte mich diese Tatsache. Der Rest des Vertrages bestand aus Dingen, die zwangsläufig darin auftauchen mussten, damit sich der Swinger Club und auch die Kunden absichern konnten. Man musste zum Beispiel unterschreiben, dass man selbst für seine Wertgegenstände, welche in der Schleuse blieben, die Verantwortung trug.
„Was ist denn eine Schleuse?", erkundigte ich mich neugierig.
„Das ist der Bereich, den du angezogen betrittst und der dann direkt in den Black Room führt. Dort zieht man sich aus. Also vorzugsweise behältst du deine Unterwäsche an. Die darf dein Partner dir dann vom Leib reißen, oder langsam und spielerisch ausziehen, je nachdem was du bevorzugst."
Trixis Erklärung war immer sehr präzise und klang zudem äußerst logisch.
„Und da kann etwas verloren gehen?"
„Im Normalfall nicht, diese Klausel dient nur zur Absicherung. Du hast ja keine Ahnung, welche Kunden es gibt. Einer hat mal versucht einen Swinger Club zu verklagen, weil sich angeblich tausend Pfund in seiner Brieftasche befanden, die nach dem Besuch verschwunden sein sollten."
Kopfschüttelnd entgegnete ich: „Es gibt doch immer wieder Menschen, die versuchen zu betrügen."
„Natürlich. Er konnte aber nicht beweisen, dass sich das Geld in seiner Brieftasche befand. Ich meine, wie auch? Abgesehen davon, wer schleppt schon solche Summen mit sich herum, wenn er zum Vögeln geht?"
Trixis Offenheit ließ mich erneut auflachen. Ich mochte sie von Minute zu Minute mehr und hätte mir durchaus vorstellen können, mit ihr befreundet zu sein. Konzentriert machte ich mich an das Lesen der letzten Klausel. Diese beinhaltete die Zustimmung des Kunden, bezüglich der Videoüberwachung des Black Room. Da dies jedoch zu meiner eigenen Sicherheit diente, hatte ich auch kein Problem damit.
„Der Swinger Club erteilt keine Auskünfte bezüglich Namen, Adressen sowie Telefonnummern seiner Kunden", las ich laut vor.
„Das bedeutet, dass du von uns keine Auskünfte über die Typen erhältst, mit denen du hier ein Date hattest. Wenn er dir gefallen hat, und du ihn außerhalb des Swinger Clubs treffen möchtest, dann must du dich mit ihm selbst auseinandersetzen", grinste Trixi."
„Ist sowas schon vorgekommen?", wollte ich wissen.
„Meines Wissens nicht. Die Leute kommen schließlich aus dem Grund hierher, um nicht gesehen zu werden, was auch immer dahinter stecken mag."
Dafür gab es sicher die unterschiedlichsten Erklärungen. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass es vielleicht sogar Politiker gab, die hier die eine oder andere Stunde verbrachten, oder auch Fußballer, wie David Beckham. Oder Frauen wie ich, die keine feste Beziehung wollten und immer an die falschen Männer geraten waren, die sich dann in ihre Partnerin verliebten. Ich hatte das ganze so satt und war mehr als froh, diese Alternative gefunden zu haben.
Nachdem ich den Vertrag unterschrieben hatte, schaute ich zu Trixi. „Kann ich dich was fragen?"
„Klar."
„Warst du schon mal in einem Black Room? Also ich meine..."
Sie unterbrach mich sogleich. „Ja, ich war schon mal als Kunde drin." Ihr Grinsen wurde breiter, als sie mit ihrer Rede fortfuhr. „Es ist absolut heiß da drin. Du wirst nicht enttäuscht sein, das kann ich dir versichern."
Ich leckte mir kurz über die Lippen, bevor ich meine Kreditkarte aus der Geldbörse zog und auf den Tisch legte.
„Die brauchst du doch, um die hundert Pfund abzubuchen, oder?", meinte ich lächelnd.
„Ja, wir buchen aber immer erst ab, nachdem das Date stattgefunden hat. Aber die Daten kann ich bereits aufnehmen und im Computer speichern", antwortete Trixi.
Mir lag noch eine Frage auf der Zunge, aber ich wartete, bis sie mir die Kreditkarte wieder aushändigte, bevor ich diese stellte.
„Was passiert denn, wenn ich einen Typen so heiß finde, dass ich wieder ein Date mit ihm im Black Room haben möchte? Ich meine, vielleicht will ich ja nicht jedes Mal einen anderen haben."
Trixi nahm noch einen Schluck aus ihrer Teetasse, bevor sie antwortete.
„Für diesen Fall haben wir natürlich vorgesorgt. Wenn ihr beiden euch einig seid, müsst ihr das bevor ihr den Singer Club verlasst, bei den diensthabenden Personen kundtun. Die finden dann einen gemeinsamen Termin für euch."
Als Trixi meinen irritierten Gesichtsausdruck bemerkte, erläuterte sie das Szenario genauer.
„Pass auf, Sienna, ihr beiden verlasst den Black Room über verschiedene Ausgänge, denn ihr seid ja auch über verschiedene Eingänge hineingekommen. An jedem Ausgang sitzt jemand, der einen Computer bedient und dich dann fragt, ob du zufrieden warst und ob du ein neues Date haben möchtest. Dieser Person erklärst du dann, dass du den gleichen Typen nochmal haben willst und gibst deinen Wunschtermin an. Der andere Mitarbeiter macht im Prinzip das gleiche und man kann die Daten sofort auf den Computer sehen. Also falls etwas nicht passen sollte, wird einfach das Datum geändert und zwar so lange, bis man ein passendes für euch gefunden hat. Aber das sollte in der Regel kein Problem sein, denn unsere Mitarbeiter sind clever. Sie halten nämlich vorzugweise den gleichen Termin für die kommende Woche frei, bevor er an jemand anderen vergeben wird, weil du oder Typ vielleicht nicht kann."
„Das ist ja richtig gut ausgeklügelt", staunte ich.
„Es ist unser Geschäft und diese Politik hat ich nun mal in den anderen Swinger Clubs bewährt", ließ Trixi mich wissen.
Natürlich regte mich ihre Aussage zum Nachdenken an.
„Dann sollte ich, wenn ich es gut finde, mich bereits mit dem Typen im Black Room absprechen, oder?", meinte ich.
„Wenn alle so vorausschauend wären wie du, dann gäbe es weitaus weniger Probleme", grinste Trixi. „Aber jetzt lass es erstmal auf dich zukommen. Vielleicht sagt dir der erste Typ gar nicht zu oder du möchtest plötzlich jedes Mal einen anderen haben."
„Stimmt, ich lasse es einfach auf mich zukommen", sagte ich und warf anschließend einen Blick auf die Uhr des Handy, welche viertel vor neun anzeigte.
„Wir haben es in einer Dreiviertelstunde geschafft", stellte ich zufrieden fest.
„Ja, und ich hoffe, dass du recht bald ein Date bekommen wirst", ließ Trixi mich wissen. „Ich werde deine Präferenzen auf jeden Fall sofort in unser System packen. Wie möchtet du eigentlich informiert werden? Per SMS, E-Mail oder Anruf?"
Ich überlegte kurz, um dann zu sagen: „Schickt mir bitte eine SMS, die lese ich auf jeden Fall zeitnah."
„Das ist super, wird so notiert."
Zum Schluss überreichte Trixi mir noch eine Plastikkarte im Scheckkartenformat, die mich als Mitglied der Black Room Gemeinschaft auswies.
„Nur so gelangst du zum Eingang des Black Rooms, du brauchst die Karte, um sie in den Schlitz neben der Tür zu stecken", erklärte sie lächelnd.
„Ok, dann weiß ich Bescheid", erwiderte ich und verstaute das schwarze Teil in meiner Geldbörse.
„Wenn du sie verlierst, kostet das Ausstellen für eine neue zwanzig Pfund, das muss ich noch erwähnen."
„Ich werde gut darauf aufpassen."
Trixi reichte mir zum Abschied die Hand. „Alles Gute, Sienna, und viel Spaß bei deinem ersten Date im Black Room, das hoffentlich bald stattfinden wird."
„Danke, Trixi, es war nett mit dir", entgegnete ich lächelnd, bevor ich ihre Hand losließ und zum Ausgang stiefelte.
In meinem Kopf schwirrten tausend Dinge umher aber am neugierigsten war ich auf die Ausstattung des Black Room. Im Zeitungsartikel, den Gwenny mir hatte zukommen lassen, wurde nicht allzu viel beschrieben, außer einer Matratze und den geräuschlosen Türen. Das ganze besaß also auch den Charakter einer Entdeckungsreise, was ich jedoch ziemlich interessant fand. Jetzt musste nur noch der Typ passen und ein möglichst zeitnaher Termin her. Ich konnte nur hoffen, dass die meisten Leute ihr Dezembergehalt für Weihnachtsgeschenke ausgeben würden und so nichts mehr für exklusive Hobbies übrigblieb. Denn als nichts anderes sah ich diesen Swinger Club. Ich gönnte es mir, weil ich es mir leisten konnte und weil ich einfach unabhängig bleiben wollte, was mein Liebesleben anging.
Noch auf dem Nachhauseweg schickte ich eine Whatsapp Nachricht an Gwenny, dass ich dringend mit ihr reden müsste, welche sie auch sofort beantwortete.
„Ruf mich an, wenn du zuhause bist", lauteten ihre Worte.
Sie platzte sicher schon vor Neugier, was ich ihr keineswegs übel nahm. Immerhin war sie die Anstifterin der Sache, also gebührte ihr auch die Mitteilung meines ersten Eindrucks.
Zuhause angekommen, entledigte ich mich zunächst meiner Bürokleidung und lief in Jogginghose und T-Shirt bekleidet zum Kühlschrank, um eine eiskalte Cola hervorzuholen. Mit der Dose bewaffnet, setzte ich mich auf das Sofa, griff nach meinem Handy und rief Gwenny an, die sofort das Gespräch entgegennahm.
„Hey, Süße, leg los! Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen? Wie war dein Termin?"
„Es war grandios!"
Nachdem ich ihr in allen Einzelheiten das Gespräch mit Trixi wiedergegeben hatte, sagte Gwenny: „Das ist ja echt klasse! Du kannst sogar wählen ob er fett, alt und hässlich sein soll!"
„Ich bevorzuge eher jung und schlank", warf ich lachend ein.
„Das weiß ich doch, mein Schatz", flötete sie zurück. „Und du kriegst dann eine SMS, wenn es soweit ist?"
„Ja, so ist es geplant. Also halte dich für den Notfall bereit, denn ich werde sicher an diesem Tag deine moralische Unterstützung brauchen", erwiderte ich.
Diese Bemerkung war durchaus ernst gemeint, schließlich machte ich so etwas zum ersten Mal, was Gwenny sehr wohl bekannt war.
„Kein Problem, Sienna, ich werde mich bereithalten und notfalls andere Termine absagen", versprach sie.
„Du bist wirklich meine beste Freundin", seufzte ich.
„Ja, deine beste Freundin, die dich in diese Sache hineingeritten hat", erklärte sie lachend.
„Ich hätte nein sagen können."
„Ich wusste aber, dass du es nicht tun würdest."
Wir kannten uns zu gut, um dem anderen etwas vormachen zu können und so sagte ich: „Weißt du, wenn es toll ist, kannst du es ja gerne selbst ausprobieren."
„Dazu müsste ich erst Tony in die Wüste schicken."
„Scheiß doch auf die Fernbeziehung, das geht sowieso irgendwann in die Hose", lautete meine Ansicht.
Gwenny Freund wohnte und arbeitete in Glasgow. Die beiden sahen sich also höchstens an den Wochenenden und manchmal schafften sie nicht einmal das. Aber sie musste selbst entscheiden, ob sie auf Dauer damit klar kam, was ich jedoch stark bezweifelte.
„Ich glaube, ich nehme jetzt noch ein heißes Bad", ließ ich meine beste Freundin wissen, die sich dann auch brav verabschiedete.
„Mach's gut, Sienna, und halte mich auf dem Laufenden."
„Das werde ich mit Sicherheit."
Das Badewasser war schnell eingelassen und so saß ich zehn Minuten später in einem Schaumbad, um von diesem anstrengenden und ereignisreichen Tag Abstand zu gewinnen. Dies wollte mir jedoch nicht in jeder Hinsicht gelingen. Zwar verdrängte ich den Gedanken an die Arbeit, doch alles, was ich mit Trixi besprochen und in diesem Vertrag gelesen hatte, schwirrte nach wie vor in meinem Kopf umher. Was würde alles im Black Room geschehen? Konnte ich darauf hoffen, auf meine Kosten zu kommen? War wirklich alles so unkompliziert, wie ich es mir vorstellte? Jede dieser Fragen beschäftigte mich immens und als ich später zu Bett ging, hatte ich auf keine eine Antwort gefunden.
Die nächsten beiden Tage vergingen wie im Flug und ehe ich mich versah, wurde es Freitag. Der Morgen begann schon recht hektisch, zumal ich ein wenig trödelte und dann im Laufschritt zur U-Bahn eilte, um noch einigermaßen pünktlich ins Büro zu gelangen. Wenigstens zeichnete sich die Bahn heute durch Pünktlichkeit aus, doch als ich um kurz nach halb neun durch die Glasdrehtür am Eingang Schritt, erwartete mich die nächste Überraschung. Mein Handy gab einen Laut von sich, der eine eingehende SMS ankündigte. Mir blieb fast das Herz stehen. Es gab niemanden, mit dem ich über dieses altertümliche System verkehrte, außer dem Swinger Club. Da jedoch einige Kollegen vor den Aufzügen standen, zog ich es vor, mein Handy in der Tasche zu lassen, zumal der Aufzug gerade im Erdgeschoß eintraf. Schweißgebadet überlebte ich die Fahrt ins zehnte Stockwerk, um auf schnellsten Weg die Damentoilette aufzusuchen. Zum Glück gähnte diese vor Leere und ich konnte mich ungestört der SMS widmen, welche tatsächlich von The Secret stammte.
„Hallo, Sienna, du hast heute, am 11. Dezember, um Mitternacht dein erstes Date im Black Room. Bitte finde dich fünfzehn Minuten früher am Eingang zwei unseres Gebäudes ein. Dieser befindet sich an der Rückseite und ist von der Bakerstreet erreichbar. Wir wünschen dir viel Spaß, und hoffen, dass alles zu deiner Zufriedenheit verläuft. Gruß, The Secret London Team."
„Fuck! Fuck! Fuck!", stieß ich leise und mit klopfendem Herzen hervor.
Es hatte tatsächlich geklappt, was mich zugegeben ziemlich nervös werden ließ. Immerhin war es mein erstes Mal in einem Swinger Club und erst Recht mein erstes Mal in einem Black Room. Das schrie geradezu nach moralischer Unterstützung durch meiner beste Freundin, welcher ich auch sofort eine Whatsapp Mitteilung schickte.
„Komm schon, Gwenny, antworte mir", flehte ich leise vor mich hin, mein Antlitz nebenbei im Spiegel über dem Waschbecken checkend.
Die Rötungen meiner Wangen waren nicht zu übersehen. Das passierte immer, wenn die Aufregung von mir Besitz ergriff. Ich zählte innerlich bis zehn, um mich zu beruhigen und als ich bei neun angekommen war, traf endlich eine Nachricht von meiner besten Freundin ein.
„Du hast heute schon ein Date?! Das ist spitze!"
„Können wir uns nachher zum Essen treffen?", lautete meine Antwort.
„Ja, klar. Ein Uhr dreißig?"
„Das ist ok."
Erleichtert atmete ich auf, ließ das Handy in meiner schwarzen Gucci Handtasche verschwinden und warf nochmal einen prüfenden Blick in den Spiegel. Die Rötungen waren tatsächlich etwas schwächer geworden, was mich nun veranlasste, das Büro aufzusuchen. An Arbeit mangelte es auch an diesem Tag keineswegs und ehe ich mich versah, stand die Mittagspause an. Auf dem Weg zu unserem Stammlokal meldete sich mein Handy. Da es sich bei dem Anrufer um Seth, meinen Bruder handelte, nahm ich das Gespräch ohne zu zögern entgegen.
„Hey, Bruderherz, was gibt es denn?"
„Hey, Schwesterchen, Harvey lässt fragen, was du morgen gerne essen möchtest. Er geht nämlich nachher einkaufen."
Wie immer kümmerte sich Harvey um unser leibliches Wohl, was auch besser war, denn wenn Seth hätte kochen sollen, würden wir alle verhungern. Er besaß in dieser Beziehung zwei linke Hände, wesentlich schlimmer als ich, und das sollte schon etwas heißen. Nach kurzer Überlegung sagte ich das Erste, was mir in den Sinn kam.
„Kürbissuppe als Vorspeise."
Seths abgrundtiefes Seufzen bescheinigte mir, dass meine Unwissenheit bezüglich der Jahreszeiten wann welches Gemüse zur Verfügung stand, wohl keine Grenzen kannte.
„Im Dezember kann man keine frischen Kürbisse mehr kaufen, Sienna", wies er mich sofort zurecht.
„Weißt du was? Hol bitte Harvey ans Telefon, dann geht es einfacher", erwiderte ich leicht schnippisch, was Seth auch sofort tat.
„Hallo Schätzchen, ich freue mich schon so auf dich", flötete der Lebensgefährte meines Bruders ins Telefon.
Harvey war süßer als Zucker. Ich liebte ihn auf meine eigene Art und Weise und konnte ihn aus meinem Leben nicht mehr wegdenken.
„Seth hat gesagt, ich kriege keine Kürbissuppe", erklärte ich schmollend.
„Ach Unsinn! Ich habe noch welche eingefroren, das mache ich doch immer. Er hat nur keine Ahnung davon, weil er sich um solche Dinge nicht kümmert. Dafür hat er meinen Laptop wieder repariert", plapperte Harvey munter drauflos.
Die beiden ergänzten sich wirklich ausnahmslos. Für mich waren sie das Traumpaar schlechthin.
„Was soll ich als Hauptspeise zaubern?", erkundigte sich Harvey dann.
„Steaks, und als Nachtisch hätte ich gerne Schokoladenpudding", schoss es aus mir heraus.
„Das ist alles machbar und klingt super."
Obwohl es sich um einen ganz gewöhnlichen Samstag handelte, an welchem unser Essen stattfand, gab Harvey sich besondere Mühe. Das Menü, welches er uns zu solchen Gelegenheiten vorsetzte, bestand grundsätzlich aus drei Gängen, zu Weihnachten wurden sogar vier daraus. Nachdem wir alle relevanten Fragen geklärt hatten, beendeten wir unser Gespräch. Da ich inzwischen das Restaurant erreicht hatte, in welchem Gwenny bereits unseren Tisch verteidigte, ließ ich das Handy kurzzeitig in der Manteltasche verschwinden, um es später jedoch auf dem Tisch zu platzieren. Nachdem wir uns begrüßt und das Essen ausgewählt hatten, zeigte ich Gwenny die SMS des Swinger Clubs.
„Das klingt echt nett. Aber du bis super aufgeregt, das sehe ich dir an", meinte sie verschmitzt grinsend.
„Das bin ich. Oh Gott, ich kann es auf der einen Seite kaum erwarten und andererseits habe ich auch Angst davor", gab ich ehrlich zu.
„Ein bisschen Angst ist nie verkehrt. Sie macht dich wachsam."
Nachdenklich nippte ich an meinem Wasser.
„Ich denke, Wachsamkeit ist in diesem Black Room auch angesagt. Schließlich sieht man da nichts."
„Das ist es doch, was du wolltest", ließ Gwenny sich lachend vernehmen, was ich mit einem Schmunzeln quittierte.
Meiner besten Freundin gelang es tatsächlich, meine Nerven etwas zu beruhigen, denn als wir uns nach einer Stunde verabschiedeten, fühlte ich mich nicht mehr ganz so unsicher. Dies änderte sich jedoch am Abend, je näher der Termin im Swinger Club rückte. Zuerst konnte ich mich nicht entscheiden, welche Unterwäsche ich tragen sollte, was eigentlich schwachsinnig war, da mein Sexpartner diese sowieso nicht sehen, sondern nur ertasten würde. Schon alleine bei dem Gedanken daran wurde mir doch etwas mulmig zumute.
Ich war viel zu früh fertig und hätte eigentlich noch zuhause bleiben können, aber ich entschied mich trotzdem schon in Richtung U-Bahn zu laufen. Besser zu früh als zu spät ankommen, hieß die Devise, nach der ich stets zu handeln versuchte. Meine Aufregung verschlimmerte sich von Minute zu Minute, je näher ich dem Ziel kam. Was, wenn der Typ zwar jung aber trotzdem nicht mein Fall war? Natürlich hatte ich jederzeit das Recht, die Sache abzubrechen, dies stand schließlich so im Vertrag, aber doof wäre es auf jeden Fall, wenn es soweit kommen würde. Dann hätte ich nämlich hundert britische Pfund zum Fenster hinausgeworfen. Bereit, dieses Risiko einzugehen, zückte ich schließlich um zwanzig vor zwölf an der Tür des rückwärtigen Eingangs zum Swinger Club meine Mitgliedskarte. Mein Herz schlug bis zum Hals, als die Tür sich öffnete und ich eintrat. Ich musste mehrere Stufen nach oben laufen, bevor ich eine Tür mit der Aufschrift „Der Weg zum Black Room erreichte."
„Jetzt wird es ernst, Sienna", murmelte ich vor mich hin.
Nach einem kurzen Durchatmen stieß ich die Tür auf und befand mich sogleich in einem Raum, der direkt zur Schleuse führte. Diese tat sich nämlich nun vor meinen Augen auf. Ich atmete nochmals tief durch, bevor ich einen Schritt vorwärts ging. Die Schleuse, welche wie ein überdimensionaler Schlauch wirkte, war nicht ganz so eng, wie ich es mir vorgestellt hatte. Man konnte sich gut darin bewegen, um seine Kleidung auszuziehen. Nachdem dies erledigt war, ging ich zwei Schritte nach vorne und wartete einfach ab.
In der Schleuse befand sich eine digitale Uhr, welche direkt über dem Eingang zum Black Room angebracht war. Ich ließ die nicht aus den Augen und wie von Geisterhand öffnete sich um Punkt Mitternacht die Tür zu dem geheimnisvollen Raum. Ich schluckte kurz und setzte mich dann mit klopfendem Herzen in Bewegung. Das geräuschlose Schließen der Tür hinter mir, als ich den Raum betreten hatte, registrierte ich nur am Rande. Denn was mich vom ersten Moment an gefangen nahm, war diese unendliche Schwärze. Man konnte absolut nichts sehen und war gezwungen, sich auf seine anderen Sinne zu verlassen. Die Ohren, die Nase, der Tastsinn, all das gewann nun an Relevanz. Meine Ohren verrieten, dass es sich noch ein anderer im Raum aufhielt. Ich hörte, dass sich etwas bewegte. Das Geräusch kam immer näher und bewirkte, dass sich eine unermessliche Spannung in meinem Körper ausbreitete. Er war da, mein Partner, aber auch meine Nervosität.
„Hallo", vernahm ich plötzlich eine angenehm klingende männliche Stimme. Diese besaß definitiv erotisches Potenzial, was mich umso aufgeregter werden ließ.
„Hallo", antworte ich leise.
„Wo bist du?"
Seine Stimme kam näher und ehe ich mich versah, prallte ich gegen einen Körper. Er war schlank, so wie ich es mir gewünscht hatte.
„Sorry", entschuldigte er sich sogleich. „Tut mir leid."
„Kein Problem, du siehst ja ebenso wenig wie ich", meinte ich.
Wir flüsterten beide und wussten vermutlich nicht einmal warum wir es taten. Mein Gefühl sagte mir jedoch, dass wir beide es so wollten. Das war eine gute Voraussetzung. Doch mein Gefühl gab mir plötzlich ebenso deutlich zu verstehen, dass er ebenso aufgeregt war wie ich. Völlig überfordert mit der Situation, flüsterte ich in die Dunkelheit hinein: „Also ich bin Sienna und wer bist du?"
Der Klang seiner Stimme, als er antwortete, ließ einen wohligen Schauer in meinem Körper aufsteigen.
„Ich bin Fionn."
______________
Da ist er also, Siennas Partner. Ich hoffe, ihr seid gespannt auf ihn.
LG, Ambi xxx
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top