..~Regennasse Küsse~..
Eine unangenehme Stille begleitete Charlie und ihren Vater, nun schon mehr als eine halbe Stunde beim gemeinsamen Abendessen. Sie war von seinen Neuigkeiten über seine Krankheit zutiefst getroffen und bekam kaum einen bissen herunter. Immer wieder drang ein leises Schluchzen aus ihrem Mund. Krampfhaft versuchte sie ihre Tränen herunter zu schlucken, was Hiro nicht verborgen blieb. Ihr Vater wusste genau, wann sie sich schlecht fühlte und versuchte dies herunter zu spielen. Auch wenn er sie die letzten Jahre nicht gesehen hatte. Sie war noch immer seine kleine Lotusblüte.
Zärtlich legte er seine Hand auf ihre, die schon die ganze Zeit mit den Essstäbchen herum spielte. "Wir müssen alle irgendwann einmal sterben. Früher oder später ereilt uns der Lauf der Dinge. Bei mir wird es nur früher der Fall sein mein Kind" sprach er ruhig und brach damit die Stille.
Charlie entzog ihm ihre Hand und knallte die Stäbchen auf den Tisch. Es schepperte gewaltig, ein Glas kippte um, dessen Inhalt sich in sekundenschnelle auf dem schönen Holztisch verbreitete. "Hörst du dich selbst überhaupt reden? Wir müssen alle sterben" äffte sie ihn wütend nach.
Ungläubig über ihre abrupte Reaktion, starrte Hiro seine Tochter aus geweiteten Augen an. Sie glaubte kaum atmen zu können, etwas schnürte ihr die Kehle zu. Ihr Herz schmerzte fürchterlich bei dem Gedanken, ihren Vater krank und gebrechlich sehen zu müssen, bis er letztendlich sterben würde.
Ihre Tränen liefen in heißen Bahnen ihre Wangen hinab. "Sag so etwas nie wieder. Hörst du? Natürlich müssen wir irgendwann sterben. Aber willst du denn nicht kämpfen? Willst du nichts dagegen unternehmen? Glaubst du ich kann es mir noch einmal angucken, wie ein geliebtes Elternteil vor meinen Augen stirbt"?
Charlie brach jetzt total in Tränen aus. Sie stand neben dem Tisch wie ein kleines Mädchen und war am heulen, wie schon lange nicht mehr. Alles brach in diesem Moment aus ihr heraus. Viele Emotionen, die sie schon zu lange zu unterdrücken versuchte, fanden nun ihren Weg an die Oberfläche. Die Krankheit ihres Vaters war da nur die Spitze des Eisberges.
Hiro schien gerade mehr als überfordert mit dieser Situation. Früher war es einfach, sein weinendes Kind zu trösten. Jedoch durfte er in den letzten Jahren nicht wirklich ihr Vater sein. Zwölf Jahre sind auch nicht an ihm spurlos vorüber gezogen.
Fumiko, seine langjährige Haushaltshilfe eilte herbei. Sie kennt Charlie, seitdem Hiro sie adoptiert hatte und weiß aus eigener Erfahrung, wie man jetzt handeln sollte.
Es dauerte tatsächlich eine Weile, die aufgelöste junge Frau zu beruhigen, dennoch gelang es Fumiko. Nun saß Charlie ruhig, aber mit leerem Blick am Tisch.
"ALS ist eine nicht heilbare degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems" fing Hiro an zu reden. Charlie's Augen wanderten zu ihrem Vater, blieben aber ohne jegliche Emotionen. Ihr strahlendes Grün wirkte trüb und matt. "Kann man denn gar nichts tun, außer auf seinen Tod zu warten" fragte sie leicht sarkastisch. Er schüttelte den Kopf. "Es gibt viele verschiedene Krankheitsbilder, die bis heute nicht genauer untersucht werden konnten. Ich habe nicht gesagt, das ich morgen oder nächsten Monat sterben werde. Die Ärzte konnten mir in diesem Stadium meiner Erkrankung nichts genaueres sagen. Es fällt bei jedem anders aus, das erklärten sie mir vor zwei Jahren, als ich die Diagnose bekam".
Hiro umrundete den Tisch, zog seine Tochter auf ihre schlappen Beine und nahm sie in seine Arme. Charlie ließ ihren Kopf geschwächt an seine Brust sinken. Einen erneuten Heulkrampf konnte sie erfolgreich unterdrücken, indem sie kräftig die aufsteigenden Tränen weg blinzelte. Leicht streichelte er über ihr weiches dunkelblondes Haar.
"Wieso hast du es mir nicht schon eher erzählt" nuschelte sie an seinen Pullover. Der attraktive Mittfünfziger griff seiner Tochter an ihre Schultern und drückte sie soweit von sich, bis er ihr in die Augen schauen konnte. "Deine Tante hat mich nie gelassen. Sie sagte immer, wenn ich anrief, das du mich nicht sprechen willst. Du hast auch nie auf meine Briefe geantwortet. Ich wollte doch alles wissen. Wie es dir geht, wie deine Schule und dein Studium verläuft" antwortete er etwas gekränkt.
Für einen kurzen Moment sah Charlie ihren Vater so an, als wäre er gerade aus einem Sandhaufen gekrochen gekommen. Jedoch holte sie die Wirklichkeit schnell wieder ein. Sie war voll da, ihre Augen blitzten auf. "Sag das bitte nochmal" forderte sie ihren Vater auf.
Hiro hob seine Augenbrauen überraschend in die Höhe. "Na gut, setz dich meine Lotusblüte" erwiderte er. Charlie setzte sich wieder an ihren Platz und ihr Vater nahm ihr gegenüber seinen Platz ein. Er sortierte kurz seine Gedanken, bevor er zu erzählen begann.
"Du bist damals, nach dem Begräbnis deiner Mutter so schnell nach Irland abgereist. Zu dieser Zeit konnte ich dich nicht aufhalten. Du warst in tiefer Trauer und wie du ja selbst weißt, hast du mir an allem die Schuld gegeben. Ich habe aber immer den Kontakt zu dir gesucht. So oft habe ich meine Gedanken in Briefen verfasst, sie dir geschickt, aber nie kam eine Antwort. Zu deinen Geburtstagen oder an Weihnachten habe ich dir Geschenke geschickt. Angerufen habe ich so oft. Immer war die Antwort deiner Tante dieselbe. Du wolltest nicht mit mir reden. Clara hat mich auf Unterhalt verklagt, davon mal abgesehen, das ich das Geld sowieso für dich gezahlt hätte. Ich wollte immer nur, das es dir gut geht. Ich habe deinen Unterhalt gezahlt, bis du 21 geworden bist und danach dein Wirtschaftsstudium. Ich war so überrascht, als Makoto mir erzählte, das du Künstlerin bist und du es bei unserem ersten Treffen auch sagtest" gestand er nun leicht lächelnd.
Charlie ploppten fast ihre Augen heraus, bei der Erzählung ihres Vaters. Je mehr er ihr erzählte, desto wütender wurde sie auf ihre Tante. Vergessen war in diesem Moment ihr Schmerz, wegen der Krankheit ihres Vaters. Zorn und Wut beherrschten sie gerade mehr. Ihr vielen auch wieder die Worte ihrer Großmutter ein, die sie ihr in diesem Brief schrieb, den sie bei den Unterlagen fand. Auch sie hatte ihr Briefe geschrieben, die Charlie nie zu Gesicht bekam.
Ihre grünen Augen funkelten finster, was Hiro veranlasste, inne zu halten und seine Erzählung zu beenden. "Stimmt etwas nicht mein Kind" fragte er. Seine Tochter presste ihre Lippen fest aufeinander und knirschte mit den Zähnen. All die Jahre hatte Clara sie belogen. So oft hatte Charlie gehofft, ihr Vater würde sich melden. Doch immer wieder sagte ihre Tante, das er weder angerufen noch geschrieben hätte.
Ihr viel es wie Schuppen von den Augen. Geld. Das ist es was Clara immer wollte. Ihre Nichte war ihr doch egal. Plötzlich fing Charlie an zu lachen. Hiro erschreckte sich fast zu Tode. "Was ist denn jetzt mit dir los? Oh man, mein Kind dreht durch" murmelte er.
Sie schüttelte mit dem Kopf, trank einen Schluck Wasser und verschluckte sich fast daran. "Kannst du mir vielleicht verraten, warum du dich gerade so merkwürdig aufführst" fragte Hiro.
"Clara hat immer gesagt, du hättest dich nie gemeldet. Irgendwann habe ich aufgehört zu fragen, ich dachte das ich dir nicht wichtig genug sei" platzte es aus ihr heraus. Ihr Vater plusterte sich auf. "Wie kommst du denn darauf? Du warst, nein bist mir das wichtigste"!
Traurigkeit kroch durch Charlie hindurch. "Ich habe es wirklich gedacht. Nie hat sie etwas von Briefen, Telefonaten oder gar Geschenken erzählt. Papa, ich habe nicht studiert. Ich bin mit 18 abgehauen und habe die Schule abgebrochen. So gesehen bin ich ein Nichtsnutziges Kind" sagte sie und in ihren Augen sammelten sich wieder die Tränen, die so gerne hervor kommen möchten.
"Sag das nicht Charlotte. Ich habe es nicht gewusst. Aber sieh dich an mein Kind. Du bist eine erfolgreiche Künstlerin geworden. Ehrlich gesagt, hatte ich mich gewundert, als Clara erzählte du würdest Wirtschaft studieren. Es passte nicht zu dir. Obwohl es mir im nachhinein recht war, denn deswegen habe ich die Entscheidung getroffen, dir alles zu überschreiben. Mache dir darüber aber keine Gedanken, du bist klug und wirst das sicherlich auch so schaffen. Aber erstmal werde ich mich um deine verlogene Tante kümmern" meinte er und presste seine letzten Worte wütend aus seinem Mund.
Charlie wedelte überrascht mit den Händen herum. "Moment bitte. Was willst du mir überschreiben? Ach und um Clara kümmere ich mich selbst. Sie wird den Tag verfluchen, mich so hintergangen zu haben" giftete sie.
Hiro schaute seine Tochter lange schweigend an. Ja sie war jetzt erwachsen. Er nahm ihre Hand in seine, streichelte ihre helle Haut und lächelte sanft. "Gut, kümmere du dich um deine Tante. Wenn du Hilfe benötigen solltest, sage es mir einfach. Das Geld ist mir nicht wichtig, sie soll es meinetwegen behalten, mir war immer nur dein Glück wichtig, meine kleine Lotusblüte. Darum möchte ich dir auch all meinen Besitz, das Black Lotus, die dazugehörige Agentur, einfach alles überschreiben. Ich möchte es in guten Händen wissen und das sind deine" eröffnete er ihr jetzt seine Pläne.
Lange sagte sie nichts, denn sie wusste, er wollte noch vor seinem Tod alles wichtige regeln. Allein der Gedanke daran ließ sie erschaudern. Traurigkeit erfasste sie wieder. Langsam entzog sie ihm ihre Hand. "Papa, ich weiß nicht, ob ich wirklich die richtige dafür wäre. Ich habe von deinen Geschäften keine Ahnung. Ich weiß nicht wie man einen Host Club führt. Das einzige was ich kann ist kreativ sein, Fotos schießen oder mit Ton herum kleckern. Mein Leben ist chaotisch und ich mag es so wie es ist. Außerdem ist es gerade schwer daran zu denken. Du hast mir vorhin erst eröffnet, das du krank bist" erklärte sie traurig.
"Das kann ich sehr gut verstehen, nur darfst du dich nicht vergraben. Ich werde jetzt nicht wieder mit dem Lauf der Dinge anfangen, ich kenne deine Meinung. Du müsstest aber irgendwann beginnen, es zu akzeptieren wie es ist. Nur dann kannst du eine erdrückende Last abwerfen. Auch brauchst du dir keine Sorgen um den Club zu machen. Ich habe beschlossen, einen Geschäftsführer einzustellen. Zusammen können wir dir in Ruhe zeigen, wie man derartige Geschäfte führt. Solltest du genügend Vertrauen in ihn haben, kannst du ihm natürlich auch gänzlich die Führung überlassen. Nur wäre es mir sehr lieb, dass das Black Lotus und alles andere sich in deinem Besitz befindet". Hiro redete ruhig auf seine Tochter ein. Er wollte unbedingt, das ihr alles zugesprochen wird, nach seinem Tod. Darum wollte er vorher noch alles geklärt wissen.
Warum gerade jetzt, wusste Charlie nicht, aber ihr kam kein anderer als Kei in den Sinn. Vielleicht, weil er ihr erst vor kurzem viel über seinen Job erzählt hatte. Er schien viel davon zu verstehen und war immerhin schon zehn Jahre im Black Lotus. Sie druckste kurz herum. "Wie wäre es, wenn du einen Geschäftsführer direkt im Black Lotus suchst? Ich meine, es gibt sicherlich ein paar deiner Hosts, die verstecktes Potential aufweisen und sich dort mit allem sehr gut auskennen. Kojiro zum Beispiel. Er ist doch schon seit zehn Jahren bei dir und ich weiß, das er den Kopf voller Ideen für den Club hätte. Sicherlich braucht es mehr als nur ein paar Ideen, aber ich halte ihn für geeignet". Ihre Augen bekamen wieder ihren Glanz zurück, als sie ihrem Vater ihren Vorschlag unterbreitete.
Sofort spiegelte sich Skepsis in seinem Gesicht. "In der Tat habe ich wirklich vor, den Geschäftsführer unter meinen langjährigen Hosts zu suchen. Ich kenne deren Potenziale nur zu gut. Vor allem das von Kei. Ich habe die Anstellung ausgeschrieben und wer von ihnen sich vorstellen könnte, diesen Posten zu übernehmen, kann mir eine Präsentation fertig machen. Aber sag mal, warum preist du mir Kei so sehr an" fragte Hiro nun leicht Scheinheilig, denn eigentlich wusste er bereits was Sache war. Ihm kam es bitter hoch auch nur daran zu denken.
Charlie dachte jetzt erst richtig darüber nach und würde sich am liebsten selbst Ohrfeigen wollen. Sie lief knall Rot an und stotterte sich etwas willkürlich zurecht, was nicht einmal sie verstand.
Hiro's Blut kochte und innerlich schrie er wütend wie ein Ochse. Er wollte nicht, das sein Host und seine Tochter.....Nein das wollte er nicht. "Charlotte Stanton Takahashi, sei ehrlich zu mir. Hast du mit Kei geschlafen" fragte er Zähneknirschend.
Sie mochte ihrem Vater kaum in seine zornig funkelnden Augen schauen und wich seiner Frage aus, indem sie mürrisch den Kopf zur Seite drehte "Papa, das ist privat und geht dich nichts an" maulte sie. Wütend knallte er seine Hände auf den Tisch und stand auf. Das Geschirr klapperte unter der Wucht. "Du bist meine Tochter, natürlich geht es mich etwas an. Ich will nicht, das du dich mit ihm einlässt" schnaubte er laut.
Auch Charlie stand jetzt auf. Wie ihr Vater zuvor, knallte sie ihre Hände auf den Tisch und fauchte ihn an. "Ich bin deine Tochter, das ist richtig. Aber wie ich schon einmal sagte, ich bin erwachsen und mache das, was ich will. Kennst du Kojiro überhaupt richtig? Weißt du wie es in ihm aussieht? Warum willst du denn nicht, das er mich mag" kreischte sie.
Hiro prustete lauthals Luft aus seinem Mund hervor. "Dich mögen, lebst du im Wunderland? Kei will nur eines. Er wird dich dazu benutzen, den Job zu bekommen, weil er genau weiß, das ich dir nie etwas ausschlagen könnte. Er hat doch schon einen kleinen Teil davon erreicht. Du hast ihn mir doch schon auf dem Silbertablett serviert. Dieser Mann scheint nicht fähig zu sein eine Frau zu respektieren oder zu mögen. Er ist nicht gut für dich. Du kennst ihn nicht wirklich"!
Charlie ballte ihre Fäuste zusammen. "Also glaubst du, das er nur was mit mir angefangen hat, weil er sich etwas davon erhofft"? Ohne groß nachzudenken nickte Hiro zustimmend. "Ja. Warum denn sonst" brüllte er los. Jegliche Wut und Kraft wich aus ihr heraus. "Einfach nur meinetwegen. Aber wenn nicht einmal mein eigener Vater daran glaubt. Bin ich es denn nicht Wert"? Ihre Frage war nur noch ein Flüstern, nicht mehr. Sie schnappte sich ihre Tasche und rannte los.
"Charlotte bleib, ich habe das so nicht sagen wollen" rief Hiro ihr panisch hinterher, aber da hörte er nur noch, wie die Haustür knallend ins Schloss fiel.
...~ω~...~ω~...~ω~...~ω~...
Wieder und wieder las Kei die Zeilen, die ihm drohend zu verstehen gaben, das er sich ja von Charlie fern zu halten hat, wenn er nicht will, das etwas schlimmes passiert. Nachdenklich schaute er aus dem großen Fenster seines Apartements. Es war längst dunkel auf den Straßen Tokyo's. Der beginnende Regen drückte die Stimmung noch weiter nach unten. Er sah dabei zu, wie sich die Straßen leerten. Alle wollten diesem Wetter entfliehen.
Shunsuke nahm den Brief an sich und auch er las ihn nochmals durch. Die Drohung wurde fein säuberlich mit einem Computer geschrieben und ausgedruckt. Auf dem Umschlag war auch nur der Name von Kei zu lesen, mehr nicht. Selbst die Buchstaben auf dem Umschlag stammen von einem Computer, so wie es aussah. "Wohl um Fingerabdrücke zu vermeiden, oder damit man nicht das Schriftbild des Verfassers erkennen kann" murmelte Shunsuke sich selbst zu.
Fein säuberlich steckte er den Brief zurück in den Umschlag, um ihn seinen Freund zu geben. Der aber beachtete ihn gar nicht, sondern starrte weiterhin aus dem Fenster. Mit dem Finger verfolgte Kei einen verirrten Regentropfen an der Fensterscheibe. "Was hast du jetzt vor" fragte Shunsuke und drückte ihm den Brief in die Hand.
Kei quittierte seine Frage mit einem Schulter zucken. "Wenn ich das mal wüsste. Es wäre wohl vernünftiger mich von Charlotte zu entfernen, ich will nicht, das jemand zu Schaden kommt" antwortete er. Skeptisch beäugte Shunsuke ihn weiterhin. "Das ist sehr verzwickt. Egal wofür du dich entscheiden solltest, passe gut auf Charlie auf. In jeglicher Hinsicht" sagte er und klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter.
Es vergingen fast zwei Stunden. Der anfängliche leichte Regen hatte sich mittlerweile in ein tropfendes Unheil entwickelt. Zudem fing es jetzt auch noch an zu gewittern. Die leuchtenden Blitze erhellten den dunklen Himmel über der Stadt. Die Rainbowbridge wirkte etwas düster in diesem Szenario. Noch immer stand Kei reglos am Fenster, sein Freund war schon längst gegangen.
Seufzend schüttelte er den Kopf. "Ich möchte nur wissen, wer dieser Kerl ist und was ich ihm angetan habe. Jetzt soll ich mich von Charlotte entfernen. Wenn ich dies nicht mache, wer weiß was dann passiert"?
Er hat sich zu einer Entscheidung durchgerungen und will der Drohung nachgeben. Vorher aber, will er zur Polizei. Dort will er den Beamten den Drohbrief überreichen. Vielleicht können sie etwas tun.
Sich den Brief in die Jacke steckend, rannte Kei aus dem Apartement. Da sein eigener Wagen noch bei seiner Nana stand, hat er beschlossen sich ein Taxi zu schnappen, denn nur jemand bescheuertes läuft bei dem Wetter draußen herum.
Schnellen Schrittes durchquerte er die Lobby und erreichte des Ausgang des Apartementgebäudes. Das Taxi wartete bereits. Oftmals stehen hier ein oder zwei von ihnen, denn nicht jeder Bewohner hat ein Auto. Die U-Bahn nehmen die wenigsten von ihnen. Rasch öffnete er die Hintertür des Wagens, gerade als er einsteigen wollte, streifte sein Blick wie so oft das Black Lotus. Doch nicht der Club war es, dessen Aufmerksamkeit er erhaschte, sondern die vollkommen durchnässte Gaijin, die gerade daran vorbei lief.
"Charlotte? Was macht sie denn bei diesem Wetter hier draußen" nuschelte er. Der Regen klatschte auf seinem Kopf und nahm ihm die Sicht. Dennoch erkannte er sie genau. Er schloss die Tür des Taxis und bewegte sich in ihre Richtung. Wie von selbst liefen seine Beine den Weg.
Kei beobachtete sie ganz genau. Charlie schien total abwesend zu sein. Ihre Schultern hingen herunter, ihre gesamte Körperhaltung wirkte voller Traurigkeit. Sie schien schon eine ganze Weile hier draußen herum zu laufen, so durchnässt wie sie war.
"Charlotte, warte bitte" rief er ihr zu, als sie sich von ihm entfernte. Sie lief den Fußgängerweg entlang der vielen Geschäfte ungehindert weiter. Kei musste kurz warten, um die Straße überqueren zu können, denn auch wenn die meisten Passanten das Weite gesucht hatten, waren die Straßen Tokyo's noch sehr belebt.
"Kacke wieso regnet es denn immer mehr" murmelte Charlie und folgte weiter dem Weg. Bei dem Regen konnte sie kaum etwas sehen, rennen war da auch nicht wirklich möglich. Ihr war kalt und ihr Haar sowie ihre Kleidung waren patsch nass. Die Straßen waren Menschen leer, es schauderte sie ein wenig, denn vorhin waren doch noch einige Leute unterwegs, doch jetzt glich es mehr einer Geisterstadt. Zumindest was die Fußgänger betraf. Autos fuhren unbeirrt weiter herum. Denn in einem Auto ist niemand diesem schrecklichen Wetter ausgesetzt.
Sie wusste nicht wie weit sie schon gelaufen war und drehte sich kurz herum, da konnte sie es sehen. Irgendjemand folgte ihr, sie konnte nur kurz einen Schatten an der Hausmauer sehen, der von einem heran fahrenden Auto angeleuchtet wurde. Schnell drehte sie sich wieder herum und konnte ihren steigenden Herzschlag wahrnehmen. Dieser merkwürdige Tag lag ihr in den Knochen, sie bekam Panik, die Angst übermannte sie. Langsam setzte sie sich wieder in Gang und horchte, da konnte sie Schritte hören und sofort rannte sie los.
Woher diese plötzliche Panik kam, wusste sie selbst nicht. Charlie wollte einfach nur weg. In ihrem Kopf schwirrten so viele Gedanken herum, das sie eh schon höllische Kopfschmerzen hatte. Nun wurde sie vielleicht sogar noch paranoid.
Panisch wie sie war, bog sie in eine kleine Gasse, neben einer Boutique ab. Sackgasse. Sie wollte umdrehen, doch da sah sie wieder einen Schatten. Sie fing an zu weinen und suchte hinter einem Müllcontainer Schutz. In der Gasse gab es nur ein leichtes Licht das immer wieder aufflackerte, doch plötzlich war es dunkel.
Ein Blitz erhellte die Gasse kurz. Der Regen prasste ungehindert weiter herunter. Charlie saß hinter dem Müllcontainer und vergrub ihren Kopf zwischen ihren Knien. Da spürte sie auf einmal eine Hand auf ihrer Schulter "OH GOTT bitte bringe mich nicht um" schrie sie panisch.
„OH GOTT bitte bringe mich nicht um" rief Charlie immer wieder. "Hey, ich bin es. Charlotte, steh auf, ich bin es nur Kojiro" sagte er und rüttelte etwas an ihr herum. Panisch schlug sie seine Hand weg und hörte nicht auf das was er sagte. Das reichte ihm und er packte sie an ihrem Handgelenk und zog sie zu sich hoch. Sie zitterte und war Stocksteif, ihre Augen waren geweitet. Er nahm ihren Kopf in seine Hände und schaute ihr eindringlich ins Gesicht. Gerade wollte sie um sich schlagen, doch da erkannte sie ihn endlich, ihr liefen die Tränen herunter und bevor er etwas sagen konnte umarmte sie ihn fest und vergrub ihren Kopf an seiner Brust.
Charlie klammerte sie regelrecht an ihm fest, er wusste gar nicht wie ihm geschah und legte seine Arme um sie. Kei strich ihr über das nasse Haar. "Warst du es die ganze Zeit? Wieso hast du nichts gesagt, ich wäre fast gestorben" murrte sie leise. Er packte sie an den Armen und drückte sie etwas von sich, lange schaute er ihr in die Augen und entdeckte, das sie wohl nicht erst seit gerade am weinen war. "Habe ich doch, ich habe immer wieder deinen Namen gerufen, doch du hast mir nicht zugehört" meinte er sich verteidigend.
Noch immer klammerte sie sich an ihm fest. Zum Glück wurde sie ruhiger und ruhiger, sein atemberaubender Duft strömte ihr in die Nase. Ihr Herz wollte nicht aufhören in ihrer Brust zu hämmern, schon gar nicht wenn er sie so ansah. Seine dunklen Augen waren tief und schwarz, wie die Nacht selbst.
Ihr Blick wanderte von seinem nassen Haar, hinunter. Sie ließ ihren Blick kurz über seine Lippen wandern, dann über sein Hemd, das unter seiner Jacke hervor lugte und an dem sie sich festklammerte. Er war genau wie sie patsch nass. Auch wenn der Regen etwas nach ließ, plätscherte er trotzdem auf beide nieder. Die Regentropfen fielen ihr ins Gesicht und Kei wischte sie ihr mit seinen Händen weg, dabei spürte er das ihre Wangen total warm waren und musste ein wenig lächeln.
Irgendwie stieg seine eigene Aufregung an, als er ihr in ihre Murmel großen Augen sah. Eine Frage schwirrte ihm in seinem Kopf herum. Warum war er eigentlich bei diesem Wetter raus gegangen? Der Grund dafür wollte ihm gerade nicht mehr einfallen.
Kei grübelte ein wenig, als er plötzlich ihre Hand auf seiner Wange spürte, auch Charlie wischte ihm die Regentropfen aus dem Gesicht. Er sah sie an, direkt in die Augen die ihn gerade anfunkelten. Sie spürte die Wärme die von ihm ausging und wünschte sich gerade nichts mehr, als das er sie küssen würde.
Er ging einen kleinen Schritt dichter an sie heran, wollte etwas sagen, doch die Worte kamen nicht über seine Lippen, stattdessen neigte er seinen Kopf zu ihr runter. Ihre Atmung beschleunigte sich etwas, als sie seine Augen nun direkt vor ihren hatte, sie blickte ihn an, ihre Nasenspitzen berührten sich, er legte seine Stirn gegen ihre, dann spürte sie schon seine weichen Lippen auf ihren.
Es durchzuckte ihren gesamten Körper als er sie küsste, leicht, zaghaft, aber dennoch sinnlich spielte und neckte er sie. Ein leichter Schmerz trat in ihr Herz, denn sie wusste, das er nur die Affäre in ihr sah. Zumindest hoffte Charlie das noch. Ihr Vater hatte ihr zu verstehen gegeben, das sie selbst das nicht sei, sondern nur ein Mittel zum Zweck.
Sein Kuss wurde ein wenig fordernder, ihre Lippen waren einfach zu viel für ihn, nie hätte er damit gerechnet, das ihn ein simpler Kuss so rasend machen würde. Er streichelte ihre Unterlippe sanft mit seiner Zunge, dabei ließ Kei seine Hand über ihren Rücken hinunter zu ihrem Po wandern. Charlie bekam eine leichte Gänsehaut bei seinen Berührungen und drückte sich enger an ihn heran.
Der Regen hörte langsam auf und Kei wischte ihr erneut die Regentropfen aus dem Gesicht. Ihre Wangen, die vorhin noch warm waren, glühten jetzt schon fast. Denn sie spürte ein unglaubliches Verlangen nach ihm, sein Duft, seine Lippen, sein Lächeln machten sie komplett wahnsinnig. Wann war es soweit gekommen, das sie der Sucht nach diesem Mann so sehr erlegen war? Bei ihm verlor sie jegliche Hemmungen.
Ihr Blick ging ihm durch seinen gesamten Körper. In ihm lag so viel Sehnsucht. Der Schimmer, der in ihren Augen lag, sprach seine eigene Sprache. Kurz flammte die Frage auf, warum diese Frau ihn so magisch anzog und das vom ersten Augenblick an?
Nachdenken wollte er allerdings nicht mehr. Kei zog Charlie an sich und küsste sie sofort, bevor sie noch etwas sagen konnte. Wieder umspielte er ihre schönen Lippen mit seiner Zunge, bis sie darauf reagierte und sie zaghaft seine Zunge mit ihrer Liebkoste. Beide verfielen in einen langen Kuss, ihre Zungen spielten sehr feurig miteinander. Seine Hände glitten ihre nassen Arme hinunter, berührten sie, streichelten sie, bis sie unter ihrem Rock verschwanden. Er umfasste ihren Po mit seinen starken und warmen Händen, seine Zunge glitt ihren Hals hinab.
Charlie keuchte etwas auf. Ihm brannten sämtliche Sicherungen durch. Plötzlich hob er sie hoch und drückte sie gegen die Hausmauer, sie umschlang seine Hüften mit ihren Beinen und spürte sofort seine Erregung die sich gegen ihre Weiblichkeit drückte. "Ich will dich Charlotte" raunte er ihr ins Ohr. Charlie vergrub eine Hand in seinen nassen Haaren, während er sie wieder und wieder küsste.
Kei zupfte etwas an ihrem Höschen herum, das brachte sie in die Realität zurück, er wollte sie erneut küssen, doch sie stoppte ihn "Nicht hier Kojiro, bitte" sagte sie leise. Auch ihm wurde in diesem Moment wieder bewusst, wo sie sich befanden. Mitten in der Stadt, in einer Seitengasse. Das war dann auch zu viel Öffentlichkeit für ihn.
Er lächelte ihr zu, ließ sie wieder auf den Boden gleiten. "Entschuldige, ich war einen Moment lang nicht Herr über mich" erwiderte er. Charlie nahm seine Hand und drückte sie fest in ihre. Ihr Vater musste einfach Unrecht haben, mit dem was er sagte.
"Kommst du mit zu mir" flüsterte sie ihm zu. Kei nickte "Ich habe gehofft, das du fragst". Sein Lächeln zauberte auch ihr ein Lächeln auf ihre Lippen. Das Herzklopfen wupperte tief in ihrer Brust. "Ich winke uns ein Taxi ran" sagte er und entfernte sich rasch. Charlie folgte ihm. Er hielt Ausschau nach einem Taxi und stand dabei halb auf der Regennassen Straße. Die letzten Tropfen fielen vom dunklen Himmel herab, auf den Boden und verbanden sich dort mit all den unzählig anderen Regentropfen, zu einer Pfütze.
Kei drehte sich zu ihr herum und grinste spitzbübisch. Sie wollte es erwidern, als sie aus dem Augenwinkel das herannahende Auto erkannte, das direkt auf ihn zusteuerte. "KOJIRO, pass auf"!
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