..~Geständnis~..

Charlie knabberte an ihrer Unterlippe herum. Sie wusste einfach nicht, ob sie Kei drauf ansprechen sollte. Sie kennt ihn doch nicht wirklich, kein bisschen. Ihr Bauchgefühl gibt aber auch keinen Alarm. Bisher konnte sie sich immer darauf verlassen, ob sie nun darauf geachtet hat oder nicht. Sie wurde immer von diesem Gefühl alarmiert. Bei ihm warnte nichts in ihr. Auch ihre Großmutter schrieb, das er ein guter Mensch sei. Er mag vielleicht zu sehr von sich eingenommen sein. Hat eine viel zu offene Art seine Absichten Preis zu geben. Aber vielleicht ist es das, was ihn ehrlich erscheinen lässt. Wenn sie ihn schon nach dieser Party fragt, sollte sie ihm wohl auch erklären warum, denn er wird sicher fragen.

Kei sah sie bestürzt aber eindringlich an. "Etwas stimmt doch nicht. Du bist kalk weiß. Geht es dir wirklich gut? Soll ich dir was zu trinken holen" fragte er besorgt. Stumm schaute sie ihn an, er kniete sich neben sie. Ihr Blick haftete auf seinem Tattoo. Kei bemerkte es natürlich. "Ist es wegen meinem Tattoo? Stört dich daran etwas" hakte er nach. Ihre Lippen zitterten, sie wollte gerne darüber sprechen. Also platzte es aus ihr heraus. "Da war diese Party. Und alles ist verschwommen, da war ein Mann und eine Stimme von jemand anderem, der den einen Schwarzer Lotus nannte und ich weiß nicht, aber ich hatte Sex und die reden alle von Vergewaltigung. Aber ich empfinde es nicht so, ich weiß wohl das ich unter Drogen gesetzt wurde und nur getan habe was man mir befohlen hat, aber die Polizei hält sich sehr bedeckt. Das alles ist komisch, vor allem weil auch in der Presse nichts erwähnt wird" stammelte sie sich wirr zurecht.

Er starrte sie mit offenem Mund an. Selbst wenn sie aufgeregt und durcheinander geredet hat, er hat sehr wohl genauestens verstanden um was es geht und das schockierte ihn am meisten. Kei hatte kaum Erinnerungen an den Abend der Amaterasu Party. Kleine Fetzen begleiten ihn seitdem. Er kann sich aber genau an die Stimme des Mannes erinnern, der ihn Schwarzer Lotus nannte. Auch wusste er durch die eindeutigen Spuren, das er Sex gehabt haben musste. Er kann sich noch dumpf entsinnen, das der Mann von einem Smaragd gesprochen hatte. Wenn er in Charlie's Augen sah, dann hat er gleich zwei davon direkt vor sich. Kann es denn möglich sein, das er und sie? Kei wusste ja, das sie auf dieser Party war, er hat sie gesehen. Aber war er im Rausch auch mit ihr zusammen? Jetzt bekam er klopfende Kopfschmerzen. Ein pochen breitet sich in seinem Kopf und in seinen Gedanken aus. Das kann doch nicht wahr sein.

Charlie blickte betreten auf das polierte Holz ihrer Veranda. Sie wollte gar nicht so viel verraten, aber alles sprudelte nur so aus ihr heraus. Sein Schweigen machte die gesamt Situation nicht wirklich besser und sie fühlte sich schlecht. "Entschuldige, ich wollte gar nicht so viel......"

"Ich glaube ich war es" fiel er ihr ins Wort. Charlie zog hörbar die Luft ein. "Du warst was"? Kei seufzte, er selbst hatte bisher niemandem davon erzählt, der Polizei schon gar nicht. Er ordnete die Worte in seinem Kopf, musste überlegen wie er es ihr am besten erklären sollte. Als er ihr keine Antwort gab, wurde sie ungeduldig "Sag bitte etwas, du warst was" presste sie ihre Worte aufgeregt hinaus.

Er blickte sie unsicher an "Ich war auf einer Amaterasu Party und dort habe ich dich das erste mal gesehen" fing er an. Charlie presste ihre Lippen hart aufeinander, sie dachte sich verhört zu haben. Ihre Atmung beschleunigte sich rasant und sie rutschte etwas von ihm fort. Kei hob seine Hände an "Bitte lass mich erklären Charlotte. Ich bin sicher kein Engel und habe meine Vergangenheit. Aber ich bin kein Vergewaltiger. Was ich damit meinte, als ich sagte ich war es, ist das ich denke, das ich derjenige war der mit dir Sex hatte. Ich kann mich nur nicht erinnern. Und glaube mir, wie gerne ich mich an eine Frau wie dich erinnern würde. Man hat mir an diesem Abend Drogen verabreicht. Alles was ich danach erlebt habe liegt im dunklen und ich kann mich kaum an etwas erinnern. Als ich wieder richtig zu mir kam, lag ich in einer abgelegenen Gasse in der Stadt. Für mich ist der Abend der reinste Hangover. Charlotte du musst mir glauben, ich bin ehrlich, nicht immer ein besonnener Junge oder Gottes fürchtig, aber bestimmt kein Lügner. Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, wäre ich gar nicht erst auf diese verdammte Party gegangen" redete er gewissenhaft und ruhig auf sie ein.

"Ich weiß gar nicht was ich davon halten soll" gab sie von sich. Charlie wusste nicht ob sie ihm glauben konnte. Er klang sehr glaubhaft, denn genauso wie ihm erging es ihr ja auch, aber er könnte sich das ganze natürlich auch ausgedacht haben. Normal müssten jetzt ihre Alarmglocken schrill erklingen, aber nichts in ihr ertönte. "Warst du bei der Polizei und hast eine Aussage gemacht" fragte sie skeptisch, rückte dabei noch etwas von ihm weg. Kei schüttelte mit dem Kopf "Was hätte ich ihnen denn sagen sollen, wenn ich nicht einmal selbst weiß was passiert ist" verneinte er somit ihre Frage. Wieder knabberte sie an ihrer Unterlippe herum, was jetzt schon fast schmerzhaft war.

Sie wollte es so sehr vergessen, etwas vergessen an das sie sich kaum erinnern konnte, aber das wohl immer allgegenwärtig zu sein schien. Jetzt mehr denn je. Sollte sie denn jetzt nicht eigentlich Angst gegenüber Kei verspüren? Ist sie nicht normal, wenn dem nicht so ist? Misstrauisch ist sie, warum gerade er und sie? Gibt es so viele Zufälle, das sie gerade diesem Mann wieder begegnet? Wurden sie nur aus einer Laune heraus ausgewählt, um die widerliche Neigung eines Irren zu befriedigen? Charlie wusste sich keine Antwort darauf.

In Kei's Augen konnte sie deswegen aber wirkliche Aufrichtigkeit entdecken und Demut. Ihm schien es leid zu tun. Wohl war es für ihn auch nicht einfach nach diesem Abend. Nicht zu wissen was passiert ist.

"Ich weiß meine Erklärung fällt sehr dürftig aus und vielleicht stimmt meine Annahme auch gar nicht. Ich habe mir jetzt einiges nur zusammen gereimt. Mir ist aber dein Parfum bekannt vorgekommen, obwohl wir uns eigentlich vorher nie so nah gegenüber standen. Da hatte ich schon so ein komisches Gefühl, wusste aber nicht damit umzugehen. Vielleicht kenne ich diesen Duft auch von jemand anderen, weiß nur nicht mehr woher" versuchte er sich weiter zu rechtfertigen.

Charlie lenkte ein "Das glaube ich kaum. Dieser besondere Duft aus Veilchen wurde extra für mich kreiert. Ein Freund aus Frankreich hat ihn für mich zusammen gestellt, daher sollte das unmöglich sein" erklärte sie kurz. Kei nickte kaum merklich. Er fühlte sich Schuldig. "Dann ist es wohl wirklich so. Ich war es, mit dem du gezwungenermaßen zusammen warst. Ich war das Werkzeug eines abscheulichen Menschen. Ich hoffe ich habe dich nicht verletzt" sagte er stockend. Sie schüttelte mit dem Kopf. "Nein im Gegenteil, denke ich. Normal müsste man es doch spüren. Aber ich habe es von Anfang an nicht so empfunden. Ich teile deine Meinung, das dieser Mensch einfach nur abscheulich ist. Ich frage mich was in so jemanden vor geht, warum er das macht. Trotzdem müsste ich instinktiv auch Angst vor dir haben, aber so ist es nicht. Ich glaube dir sogar. Deine Augen teilen es mir mit".

Kei streckte seine Hand zu ihr aus, zog sie aber gleich wieder zurück. "Ich denke, das ich vielleicht doch zur Polizei gehen sollte. Das würde mein Gewissen erleichtern, denn ich fühle mich gerade als wäre ich an allem Schuld, wobei ich dir versichere das ich nicht diese Art von Mensch bin"!

Mit diesen Worten stand er auf, schnappte sich sein T-Shirt und ging. Charlie blickte ihm betrübt hinterher. Nein, er war kein Lügner, auf ihre eigene unerklärliche Denkweise wusste sie es und sie schenkte seinen Worten glauben.

Kei trottete zu seiner Großmutter, um seine Sachen zu packen. Viel hat er nicht mitgenommen. Er würde erstmal in der Stadt bleiben, da er morgen auch wieder arbeiten musste. Nana merkte das etwas nicht in Ordnung schien, genau wie am gestrigen Abend, doch dort war seine Laune besser, obwohl er und Charlie wohl einen Streit hatten. "Du gehst schon? Ist etwas vorgefallen mein Junge? Habt ihr euch gestritten" fragte sie. Kei rang sich ein Lächeln ab und drückte die Hand seiner Großmutter "Nana, mache dir keine Gedanken. Alles ist in Ordnung. Ich werde nächstes Wochenende wieder hier sein, nur jetzt habe ich etwas wichtiges zu erledigen". Seufzend nickte sie, obwohl sie genau wusste das etwas vorgefallen sein musste. Vielleicht würde sie Charlie die Tage mal drauf ansprechen.

Während Kei in sein Auto stieg und Richtung Stadt aufbrach, saß Charlie immer noch Gedanken versunken an Ort und Stelle. Sie überlegte hin und her. Natürlich gab es viele Zufälle im Leben. Sie hatte vor drei Jahren in Ungarn einen Künstler kennengelernt, dem sie kurze Zeit später in Paris wieder über den Weg lief. Auch die Begegnung mit Kei konnte dazu gezählt werden. Denn wenn sie nicht mit Makoto dorthin gegangen wäre, dann wäre es nie soweit gekommen. Vielleicht wäre dann sogar Makoto an ihrer Stelle gewesen. Angestrengt kramte Charlie in ihren Erinnerungen. Sie hatte sich doch einige Leute genau angesehen. Ein Mann wie Kei fällt auf, selbst wenn er wie sie auch an dem Abend eine Maske getragen hatte.

Auf ihrem Daumen kauend schloss sie ihre Augen, atmete kräftig durch und öffnete die geschlossene Schatulle ihrer Erinnerungen an diesen Abend. Gedanklich ging sie wieder in diesen pompös geschmückten Saal. Schaute sich die Gäste an. Sie konnte sich nicht mehr an viel erinnern. Einige Männer und Frauen hatte sie länger beobachtet. Weil sie von ihrer Erscheinung her sehr eindrucksvoll erschienen sind. Da war der kleine mit dem goldenen Anzug unter seinem Umgang. Oder die Frau, die so überaus schrill gelacht hatte. Wenn sie daran zurück dachte, dann ertönt es sogar wieder in ihren Ohren. Sie weiß noch wie sie sich schütteln musste, danach bekam sie ein recht beklommenes Gefühl, und sie schaute sich kritischer um.

Zu ihrer rechten Seite entdeckte sie aus ihrem Augenwinkel heraus einen Mann, der sie ungeniert anstierte. Er trug keinen Umgang, dafür aber eine Maske, die sein gesamtes Gesicht bedeckte. Charlie versuchte sich angestrengter zu erinnern. Er hatte schon leicht ergrautes Haar und sprach mit einem der Angestellten, einer der sogenannten Aufseher, wie sie noch weiß. Auch wenn es ihr nicht behagte, wie der Mann sie angesehen hatte, brannten eindringliche Blicke aus einer anderen Richtung auf ihrem Körper. Charlie musste sich wirklich konzentrieren sich daran zu erinnern, denn mehr und mehr verschwamm alles vor ihren Augen. Sie weiß noch, wie sich ihre Aufmerksamkeit nach vorne richtete, dort fast am anderen Ende stand ein hochgewachsener Mann, der wie sie eine dunkle Maske und einen Umhang trug. Wenn sie Kei mit diesem Mann verglich, waren Anzeichen einer Ähnlichkeit erkennbar, aber sie könnte es nicht beschwören.

Charlie fiel mit einem wumms nach hinten auf die Tatami Matten. Ihre grünen Augen starrten in den blauen Himmel hinauf. An mehr konnte sie sich einfach nicht erinnern.

..~ωω~..~ωω~..

Einige Tage vergingen. Kei hatte eine Aussage bei der Polizei gemacht, was sich aber mehr in ein Verhör verwandelt hatte seiner Meinung nach. Er hat Stunden auf dem Revier verbracht, musste sich den unangenehmen Fragen stellen, genau wie damals. Er musste sogar eine Speichelprobe abgeben, zum Vergleich der DNA. Er hatte die Einladung und die Maske auch abgegeben. Natürlich hat man ihn überprüft und ihn auf den damaligen Fall angesprochen. Das ganze hatte aber nichts miteinander zu tun, aber er wusste das es so kommen würde. Steht man einmal im Fokus der Polizei, ist man gebrandmarkt. Genauso ist es bei ihm auch. Er hat sich dem Verhör gestellt, das nicht abreißen wollte. Letzten Endes ging er mit der Aufforderung der Polizei, die Stadt in den nächsten Wochen nicht zu verlassen. Als würde er abhauen. Dazu gab es keinen Grund.

Kei fragte sich, ob man Charlie nochmals befragen würde, oder ob es zu einer Art Gegenüberstellung kommen könnte? Aber bisher geschah nichts dergleichen. Ihm kam die gesamte Befragung auch eher einer Farce gleich, als alles andere. Natürlich hätte er früher hingehen sollen, aber wäre er Charlie nicht begegnet, wäre er niemals zur Polizei gegangen. Ihre Meinung war ihm in der Sache wichtiger, als die der Polizei.

Genau wie die letzten Tage, war er auch heute Abend kaum bei der Sache. Die Frau, die ihn als Tischbegleitung auserkoren hatte merkte es nicht. Sie hatte ihn und ihre Freundin hatte Shunsuke für zwei Stunden gebucht. Ein kurzer Blick auf seine Armbanduhr verriet ihm, das er nur noch 15 Minuten mit dem Gast vor sich hatte. Er wirkte abwesend, wie schon die letzten Tage zuvor. Das fiel auch seinem besten Freund auf. "Was ist nur los mit dir, wirst du krank" flüsterte Shunsuke ihm unbemerkt zu, bevor er dem Gast noch etwas Champagner in das Glas einschenkte. Kei schüttelte beiläufig mit dem Kopf "Nein, bin nur etwas müde" rang er sich eine kleine Notlüge ab. Das nahm ihm Shunsuke nicht wirklich ab, aber fürs erste ließ er ihn in Ruhe, da sie beide ihre volle Aufmerksamkeit ihren Gästen schenken mussten.

Auch die letzten 15 Minuten gingen zu Ende. Bevor die jungen Damen gingen, steckte die kleine hübsche japanerin mit den blond gefärbten Haaren Kei mit einem verführerischen Lächeln ihre Visitenkarte zu. Sie erhoffte sich mehr von dem Host. Obwohl es für die Männer verboten war, sich außerhalb des Clubs mit den Gästen zu treffen, hielten sich einige nicht an diese eiserne Regel. Kei hingegen hatte sich bisher noch nie mit einer von ihnen getroffen, da er es gerne trennte. Die Karte abzulehnen wäre allerdings unhöflich, darum nahm er sie schelmisch grinsend, in seiner altbewährten Art an. Danach verabschiedeten die beiden ihre Gäste.

Bevor seine Gedanken wieder zu Charlie abschweifen konnten, betrat dieselbige gerade zusammen mit Makoto den Club. Sie lief schnurstracks auf den hinteren Bereich zu. Kei fragte sich gerade, wie diese Frau das nur macht, das ihr Gang dermaßen sinnlich war, obwohl sie relativ schnell lief. Ihre weiblichen Rundungen kamen in ihrem Outfit heute auch wieder besser zur Geltung. In ihrer engen schwarzen Jeans und dem schönen weißen Top, das wallend über ihre Oberweite glitt. Ihre Erscheinung wirkte sehr glamourös, wären da nicht ihre weißen Sneaker. Ein schmunzeln legte sich auf seine Lippen, wäre ja auch zu schön gewesen, wenn sie dazu ein paar High Heels tragen würde. Obwohl dann würden seine Augen nur noch mehr auf ihr kleben, was sie ohnehin schon taten.

Was sie wohl hier wollte? Sie ging aufjedenfall in Richtung Büro. Dann war sie also auf dem Weg zu ihrem Vater. Ob sie Hiro von der Amaterasu Party erzählen wird? Wenn Hiro davon erfährt war sich Kei sicher, dann würde er ihn um einen Kopf kürzen, obwohl er nichts dafür konnte. So oder so wollte Hiro ihn nicht in Charlie's Nähe haben. Aber sie hatte sein Interesse geweckt und da konnte er sich niemals fern halten. Gerade jetzt allerdings schien sie ihn jedenfalls nicht zu beachten.

Charlie betrat zusammen mit Makoto das Büro ihres Vaters. "Meine kleine Lotusblüte" begrüßte Hiro seine Tochter freudestrahlend. Schnell erhob er sich von seinem Platz und kam zu ihr. Sie umarmten sich und wieder genoss Charlie die bekannte Wärme die sie solange vermisst hatte. Sie atmete seinen starken Duft ein, der sich seit ihrer Kindheit nicht verändert hatte. "Was führt dich her, hattest du Sehnsucht nach deinem alten Vater" witzelte er etwas. Das er sich als Alt betitelt war schon witzig, da er doch erst über fünfzig war.

Ohne umschweife kam sich gleich auf den Punkt. "Ich brauche ein neues Auto" quatschte sie los. Hiro schaute sie erstaunt an "Wie jetzt, was stimmt denn nicht mit dem tollen Sportwagen den ich dir gegeben habe" fragte er neugierig. Im Hintergrund hörte er Makoto leicht kichern. "Der ist toll, nur irgendwie passt er nicht zu mir. Ich bin es nicht gewohnt und wollte fragen, ob du nicht etwas älteres hast. Jetzt nicht so eine Rostlaube, aber ein Auto was besser zu mir passen würde. Der Audi ist super, keine Frage. Nur komme ich damit nicht so klar und außerdem kann ich damit nicht viel transportieren" antwortete sie. Hiro musste lachen. Damit hätte er rechnen müssen. "Irgendwie habe ich es mir schon gedacht. Was altes kann ich dir nicht bieten, aber etwas größeres zum transportieren wie du es nennst sicherlich. Sei nicht so bescheiden. Du weißt, ich gebe dir alles was du möchtest" bot er ihr an.

Es war als wäre sie nie weg gewesen. Charlie lächelte verschämt und nickte ihm zu. Das Telefon klingelte "Das ist wichtig, entschuldigt mich kurz" sagte er und hüpfte fast auf den Sessel hinter seinem Schreibtisch. Während er telefonierte sah sich Charlie in dem Büro ihres Vaters ein bisschen um. Sie schmunzelte, denn es war typisch traditionell und japanisch. Bestimmte Farbkombinationen sind typisch für den asiatischen Einrichtungsstil. In Japan schätzt man beispielsweise die Farben Weiß, Rot und Schwarz. Typisch für den Zen-Stil sind Weiß, Anthrazit und Wenge. Hier bei ihrem Vater war es genau dieser Einrichtungsstil.

Farblich abgestimmt. Natürlich darf der Drache den ihr Vater so verehrt nicht fehlen. Eine große Statue steht auf der aus Ulmenholz gefertigten Kommode direkt neben ihr. Auch der Schreibtisch und die kleinen Regale sind aus dem gleichen Holz verarbeitet worden. Ihr fällt auf, das er viele Grünpflanzen zu stehen hat. In einer hinteren Ecke des Büros steht ein kleiner Tisch, der wohl für Teezeremonien genutzt wird. Das erkennt sie an dem schönen Porzellan, das akkurat darauf drapiert wurde. Ihre Aufmerksamkeit allerdings haftet auf einem Ölgemälde, das über der Kommode hängt. Es ist ihr allererstes Gemälde das sie je angefertigt hatte und zeigt den Fuji, davor ein See umringt von Kirschblüten. Damals war sie 12 und hätte am wenigsten damit gerechnet, das ihr Vater dieses Bild noch hat.

Etwas verlegen grinste sie in sich hinein. Ihre damalige Pinselführung war für eine zwölf jährige beachtlich, ohne sich selbst zu loben. Sie hat das Zeichen, allgemein die Kunst schon immer geliebt.

Hiro hatte derweil sein Telefonat beendet und stellte sich neben seine Tochter. "Ich liebe dieses Bild sehr. Weißt du noch, du hast es mir zu meinem Geburtstag geschenkt" murmelte er ihr zu. Charlie bejahte mit einem nicken.

"Also, du kannst mit Makoto zu Fumiko fahren und dir das andere Auto holen. Ich werde ihr eine Nachricht schicken, damit sie bescheid weiß" plapperte er weiter. "Ach und morgen haben einige Jungs ein Shooting, wie wäre es, willst du es dir nicht nochmal überlegen ein bisschen als Assistentin zu fungieren" hakte er nochmal nach. Charlie verzog ihr Gesicht zu einer beleidigten Fratze, was ihren Vater zum Lachen brachte. "Menno ich weiß nicht. Zwischen all den hübschis fühle ich mich sehr unwohl" maulte sie herum. Hiro streichelte seiner Tochter über ihre Wange. Er wollte ihr noch nicht die schlechte Nachricht überbringen, das wäre zu früh. Aber hinter seinem Angebot steckte mehr als sie sich vorstellen könnte. "Du musst nur auf die hübschis aufpassen, das sie am Set gut umsorgt sind. Das sie Essen und genug zu trinken haben. Die Umgebung im Auge behalten, das ist alles" erläuterte er kurz. Charlie schob ihre Unterlippe nach vorne und seufzte "Na gut. Ich habe eh nicht viel zu tun". Hiro klatschte in seine Hände, um das aufkommende Zittern zu unterdrücken "Prima, das freut mich. Du darfst den Jungs auch gerne in den Hintern treten, wenn sie ungehorsam sind" gackerte er. Seine Tochter sah ihn mürrisch an "Ich bin nicht deren Kindermädchen" brummte sie. Wieder musste Hiro über Charlie lachen, sie war schon immer sehr eigenwillig und wäre die beste Nachfolgerin die er sich wünschen konnte. "Bespreche am besten alles mit Makoto, sie wird dich einweisen". Charlie hob überrascht die Augenbrauen "Hööö wieso Makoto" fragte sie und guckte wie ein Auto. Hiro tauschte mit Makoto einen kurzen Blick aus. "Na weil sie doch meine Assistentin ist".

Brummend verließ Charlie wenig später das Büro ihres Vaters "Das hättest du mir ruhig sagen können, ich bin nicht die hellste und kann mir nicht alles zusammen reimen" fauchte sie Makoto vor der Tür an. Die hübsche japanerin zuckte entschuldigend mit den Schultern "Uppsa habe ich wohl vergessen" schmunzelte sie, obwohl sie es vor zwei Wochen mal erwähnt hatte. Nur hatte Charlie so zerstreut wie sie manchmal war ihr einfach nicht zugehört.

Aus sicherer Entfernung beobachtete Kei die beiden Frauen. Er hatte wirklich gedacht, das ein Wutentbrannter Hiro aus dem Büro stürmen würde, um ihn zu töten, aber da dem nicht so war, hatte Charlie ihrem Vater wohl nichts verraten. Er wollte zu ihr rüber gehen, als sich sein verhasster Kollege Ren vor ihr aufbaute. Kei konnte ihn auf den Tod nicht ausstehen und knurrte wie ein Tier, als er sah, wie dieser Charlie schmierig grinsend anmachte.

"Na hübsche Gaijin. Wie wäre es, du und ich gehen später einen trinken und du verrätst mir mehr über dich und wie es ist Hiro's Tochter zu sein" schmalzte er sie an. Die Zornesfalte zwischen Charlie's Augenbrauen grub sich tief in ihre Haut. "Was sülzt du mich triefend von der Seite an du Affe. Ich habe keinen bock. Ach und nenne mich nie wieder Gaijin, klaro" zischte sie ihn an und kickte den verblüfften Ren fast aus dem Weg. Kei und auch Shunsuke der das ganze selbstverständlich mit bekommen hatte verkniffen sich so gut sie konnten ihr Lachen.

Kopfschüttelnd wandte sich Charlie von diesem Mann ab und ging weiter, bis sie Kei entdeckte. Er lächelte sie ein wenig verhalten an, sie musterte ihn kurz und erwiderte seine Geste. Ihr lief ein Schauer über den Rücken, als sie in seine tief dunklen Augen schaute. Schnell suchte sie das weite und schleifte Makoto hinter sich her. "Was war das denn gerade, habe ich was verpasst" holte Shunsuke Kei aus seinen Gedanken, der Charlie hinterher gegafft hatte. Kei tat so als wüsste er von nichts und wanderte in Richtung Waschräume. Shunsuke griente Ren dämlich an "Was lachst du denn so beknackt" fauchte er. Shunsuke grinste nur noch breiter "Das war wohl ein Schuss in Ofen was" gackerte er belustigt. Ren verdrehte seine Augen "Die kleine weiß eben nicht was oder wer gut für sie ist" schnaufte er und deutete mit einer eindeutigen Handbewegung in Richtung Kei.

"Was kannst du mir über diesen Kei erzählen" sprach Charlie ihre Freundin Makoto während der Fahrt an. Makoto verzog ihre Lippen zu einem teuflischen grinsen "Ich dachte schon du fragst nie mehr" meinte sie. Bevor Charlie etwas kontern konnte quasselte Makoto sofort weiter "Der gefällt dir hmmmm". Charlie plusterte sich künstlich auf "Quatsch nicht. Ich bin nur neugierig, das ist alles" maulte sie etwas ertappt. Makoto räusperte sich kurz "Ja also, Kei. Ich weiß nicht viel. Er hatte mal was mit einer Bekannten von mir. Er ist wohl sehr speziell und wie du bereits mitbekommen hast, sehr offen" erzählte sie. Charlie runzelte die Stirn und versuchte sich auf den Verkehr auf der Straße zu konzentrieren "Was heißt speziell"? Verräterisch beobachtete Makoto ihre neugierige Freundin "Was seine sexuellen Wünsche angeht. Er mag es wohl öfter mal wie soll ich es erklären? Er ist kein Kind von Traurigkeit, also sehr erfinderisch, mag gerne mal zupacken. Härter, nicht so Weichspüler mäßig wenn du verstehst. Darum steht er auch mehr auf Frauen wie dich. Die was abkönnen" schmunzelte sie. Charlie lief knall Rot an und machte damit der Ampel an der sie standen Konkurrenz. "Das wollte ich zwar nicht wissen, aber es hört sich so an, als wäre er eine japanische Christian Grey kopie. Oh Gott hat der etwa ein Spielzimmer" kreischte Charlie atemlos. Makoto die gerade einen Schluck aus ihrer Wasserflasche genommen hatte, prustete alles gegen die Windschutzscheibe "Mensch Charlie du bekloppte, woher soll ich denn so etwas wissen"? Charlie guckte gebannt auf die Straße und leuchtete noch immer wie eine Leuchtreklame. "Wie gesagt kann ich dir kaum etwas über ihn erzählen. Nur so viel, du solltest dich nicht verlieben, er würde dir nur das Herz brechen. Er geht nie eine Beziehung ein"!

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