49. Fear (Epilog)
♪ The Kids aren't alright – The Offspring
Niall
„Kieran ist verschwunden." Die Worte klangen so unwirklich aus meinen Mund und doch entsprachen sie der Wahrheit.
„Was soll das heißen, Kieran ist verschwunden?", vernahm ich Louis' entsetzte Stimme.
Mein Freund wirkte blass und übermüdet, doch dass sein Adrenalinspiegel sofort in die Höhe fuhr, konnte ich sehr leicht an seinen Augen erkennen.
Schnell setzte ich meine Erklärungen fort.
„Kieran spielte alleine auf unserem Grundstück, doch ganz plötzlich sahen wir ihn nicht mehr. Wir haben alles abgesucht, den Hof, die Scheune, den Schuppen, aber wir konnten ihn nicht finden."
„Wie lange ist das her?"
„Vielleicht zwanzig Minuten. Liam und ich haben daraufhin unser komplettes Grundstück, sowie das Haus auf den Kopf gestellt, doch wir fanden ihn nicht. Sienna ist völlig verzweifelt, sie sitzt mit Briana im Wohnzimmer und heult."
Ein tiefes Atmen entwich meiner Kehle, da redete Louis auch schon weiter.
„Habt ihr Freddie schon befragt, ob er vielleicht eine Ahnung haben könnte, wo man nach ihm suchen kann?"
„Er ist noch in der Schule."
„Das ist scheißegal, dann fahren wir jetzt dorthin."
Louis zog mich am Ärmel und ich folgte ihm ohne zu zögern nach draußen. Jeder schnappte sich einen Motorschlitten und mit überhöhter Geschwindigkeit brausten wir in Richtung Schule.
Es war kein Problem in den Unterricht zu gelangen und der Lehrerin zu erklären, dass wir kurz mit Freddie sprechen müssten.
Wie zu erwarten reagierte Louis' Sohn sehr überrascht, als wir ihm von Kierans Verschwinden berichteten.
„Ich weiß nicht, wohin er gegangen sein könnte", meinte Freddie traurig. „Aber ihr findet ihn doch wieder, oder?", setzte er noch hinzu.
„Wir werden alles absuchen, ok?", versprach Louis seinem Sohn.
Fünf Minuten später durchkämmten wir Barrow, jedoch ohne Erfolg. Niemand hatte Kieran gesehen. Das Herz schlug wie wild in meiner Brust. Ich musste unseren Sohn finden, er war unser Leben. Wenn ihm etwas passierte, würde Sienna zerbrechen und ich ebenfalls.
„Wir fahren jetzt zur örtlichen Polizeistation, Niall", vernahm ich Louis' Stimme.
„Und was sollen die machen?", fauchte ich ungehalten.
„Bei der Suche helfen."
Mir dauerte alles viel zu lange, als wir die Polizeistation aufsuchten. Formulare ausfüllen, ein Bild von Kieran hinterlegen, das sich glücklicherweise auf meinem Handy befand und Telefonnummern angeben, unter denen wir erreichbar waren. Zwischendurch rief ich Sienna an, die mit den Nerven vollkommen am Ende war.
„Wir haben die Polizei eingeschaltet, die durchkämmen jetzt das Gebiet um Barrow", versuchte ich sie zu beruhigen, was jedoch gänzlich misslang.
„Niall, wenn ihm etwas passiert ist, dann-." Sie beendete den Satz nicht, sondern brach erneut in Tränen aus.
Egal was ich jetzt sagen würde, die Worte konnten keinen Trost spenden. Ich selbst war aufgewühlt bis zum Letzten, doch einer von uns beiden musste einen klaren Kopf behalten. Ein fast Fünfjähriger konnte nicht weit kommen, wenn er sich alleine auf Wanderschaft befand.
Vielleicht war er zum Strand gelaufen, denn erst neulich hatte er mich gefragt, wann wir wieder zu den Walfischknochen gehen würden.
„Los, komm, lass uns zum Strand fahren", forderte ich Louis auf, der sich sofort auf seinen Motorschlitten setzte, um mir zu folgen.
Mit unglaublicher Geschwindigkeit, als sei der Teufel hinter uns her, brausten wir davon und standen in Rekordzeit an unserem Ziel. Doch so oft wir den Strand auch abfuhren, von Kieran fehlte jede Spur.
Wir sprachen eine Familie mit zwei kleinen Kindern an, die sich dort aufhielten, aber sie hatten niemanden gesehen und schon gar nicht einen kleinen Jungen, der einsam durch die Gegend marschierte.
„Das gibt es doch gar nicht", schnaufte ich entnervt, „er kann sich doch nicht einfach so in Luft aufgelöst haben."
„Komm, lass uns kurz nach Hause fahren, um nach Sienna zu schauen. Dann suchen wir weiter", lautete Louis' Vorschlag, den wir sogleich in die Tat umsetzten.
Zuhause angekommen, trafen wir auf eine unveränderte Lage, bis auf die Tatsache, dass man Alistair inzwischen über Kierans Verschwinden informiert hatte. Liam hatte dies, während unserer Abwesenheit, in die Hand genommen.
„Alistair fliegt heute noch mit einem Privatjet in Richtung Barrow, aber er kommt erst mitten in der Nacht an. Er meinte, wir sollten weiterhin alles absuchen, unabhängig von der Polizei. Die Truppe hier in Barrow ist nur sehr klein und bis Verstärkung eingetroffen ist, wird es vermutlich vierundzwanzig Stunden dauern."
„Bis dahin kann er tot sein", schluchzte Sienna, worauf ich sie in meine Arme schloss.
„Baby, bitte denke nicht gleich an das Schlimmste. Vielleicht hat er sich heimlich in irgendein Haus oder in einen Schuppen geschlichen. Du weißt, wie neugierig er ist."
Meine Versuche, sie zu beruhigen, fruchteten nicht. Sie hörte nicht auf zu weinen.
„Die Polizei hat die Bevölkerung um Mithilfe gebeten. Das heißt, jeder Bewohner wird verstärkt nach ihm Ausschau halten", warf Louis ein.
„Mit Sicherheit durchsuchen alle ihre Schuppen, Häuser und Scheunen, dann wird er bald gefunden." El streichelte über Siennas Kopf, als sie das sagte.
Und wieder wurde mir bewusst, wie gefährlich diese Eiswüste hier war. Er würde gnadenlos erfrieren, wenn er zu lange draußen herumlief.
Fieberhaft überlegte ich, wo ich vielleicht noch nach ihm schauen könnte, als mein Handy sich plötzlich meldete.
„Pfarrer John", vernahm ich eine aufgeregte Stimme, „bitte kommen Sie sofort in die Kirche, es gibt einen Notfall."
Bevor ich überhaupt fragen konnte, was denn eigentlich los war, verstummte der Anrufer. Verdammt, das hatte mir gerade noch gefehlt!
Da ich meine Pflichten jedoch nicht vernachlässigen durfte, entschloss ich mich, schnell zur Kirche zu fahren, um bei dieser Gelegenheit erneut nach Kieran Ausschau zu halten.
„Ich fahre nochmal los, ok? Es gibt einen Notfall in der Kirche."
Bevor irgendjemand etwas erwidern konnte, rannte ich durch den langen Korridor nach draußen. Der Motorschlitten parkte direkt vor der Haustür, sodass ich in Windeseile vom Grundstück fuhr. Bis zur Kirche waren es etwa zehn Minuten und als ich sie erreichte, schickte ich ein kurzes Stoßgebet gen Himmel, dass es schnell gehen möge.
Wie üblich war die Tür nicht verschlossen und deshalb stürmte ich ungehindert in das Innere der Kathedrale, die zu meiner Überraschung wie leergefegt war. Hatte man mir einen Streich gespielt oder handelte es sich um pure Absicht?
„Hallo?", rief ich laut, doch es erfolgte keine Antwort. Niemand war hier, zumindest auf den ersten Blick. Doch dann kam mir die wahnwitzige Idee, dass Kieran vielleicht im Gebäude sein könnte. Laut sprach ich meine Gedanken aus.
„Kieran, bist du hier?"
Wieder umfing mich eine gespenstische Stille. Für eine Sekunde stand ich da, dann setzte ich mich in Bewegung. Ich durchkämmte die Sakristei, schaute unter allen Bänken nach, stieg die Empore hinauf und stellte sogar den Beichtstuhl auf den Kopf. Doch von unserem Sohn fehlte jede Spur. Die Kirche war meine letzte Hoffnung gewesen, die sich leider nicht erfüllte.
Mit einer Mischung aus Zorn, Wut und Verzweiflung ballte ich meine Hände zu Fäusten, als ich mein Gespräch mit Gott begann.
„Warum tust du das?! Bitte nimm uns unseren Sohn nicht weg! Ich habe dir nichts getan und Sienna auch nicht! Was soll der Sinn des Ganzen sein?! Das kannst du nicht tun! Ich habe es schon einmal erlebt, dass mir jemand weggenommen wurde, den ich liebte. Ein zweites Mal werde ich daran zugrunde gehen! Bitte lass ihm nichts geschehen sein."
Der letzte Satz kam nur noch flüsternd über meine Lippen. Sicher zürnte er mit mir, weil ich so laut gewesen war, aber ich hatte meine Gefühle herauslassen müssen. Ich litt genauso sehr wie Sienna, doch ich zeigte es in ihrer Gegenwart nicht, denn ich musste stark bleiben, für sie.
Der Altar verschwamm vor meinen Augen, die durch die Tränen regelrecht überflutet wurden. Das Herz schlug heftig in meiner Brust. Ich wollte meinen kleinen Jungen wiederhaben und ich würde alles dafür tun, ihn zurückzubekommen. Absolut alles, ohne Kompromisse.
Ein letztes Mal huschten meine Blicke durch das Gotteshaus, dann lief ich in Richtung Tür. Bevor ich diese erreichte, machte ich einen weißen Umschlag aus, der auf dem Boden lag. Jemand musste diesen unter der Tür durchgeschoben haben, als ich die Kirche durchsuchte, denn beim Betreten war mir dieser nicht aufgefallen.
Da mein Name, Pfarrer John, darauf vermerkt war, öffnete ich ihn umgehend. Das ebenfalls weiße Stück Papier, welches ich daraus hervorzog, enthielt nur wenige Sätze, die ich nun zu lesen begann.
„Wenn Du Deinen Sohn lebend wiederhaben möchtest, dann komme sofort zum Flughafen. Verliere keine Zeit, bringe den Brief mit und komme alleine. Wenn die Polizei davon erfahren sollte, wirst Du Kieran nie wieder sehen.
Gruss, Dimitri"
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Und der Knaller kommt zum Schluss :) – to be continued ------------>
Black Vision
Ja, es gibt eine Fortsetzung! Oder dachtet ihr, ihr könntet nach Teil zwei einfach so entkommen?
Der dritte Teil ist schon auf Wattpad hochgeladen.
Geht auf mein Profil, der Prolog von Black Vision wartet bereits auf euch. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns dort wiedersehen. Denn die Black-Reihe ist meine erste Trilogie, die ich auf Wattpad schreibe und es würde mir unendlich viel bedeuten, wenn ihr mich bis zum Ende dorthin begleitet.
Vorher hätte ich aber noch gerne gewusst, wer von euch Dimitri bis zum Schluss als verdächtig eingestuft hat. Bitte seid ehrlich, denn ich glaube, das waren die Wenigsten. Ich hatte auf jeden Fall ein teuflisches Grinsen im Gesicht, als ich die Szene mit dem Brief verfasst habe.
Ich hoffe, ihr seid nun gespannt wie es weitergeht.
Alles Liebe, Ambi xxx
P.S.: Das Danksagungskapitel lade ich im Laufe des Tages hoch.
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