44. Massacre
♪ The Trooper – Iron Maiden
Liam
Auszug aus dem Polizeibericht der Colorado State Police, Lieutenant Jefferson, dem einzigen Überlebenden des Massakers vom 02. Juni
11 Uhr 30: Die Landung der Con Air Maschine erfolgte mit drei Minuten Verspätung auf dem Colorado Springs Airport. Die fünf an Bord befindlichen Gewaltverbrecher wurden sogleich aus dem Flugzeug direkt auf zwei Fahrzeuge verteilt.
11 Uhr 45: Die beiden Transporter verließen das Flughafengelände, um auf die 115 S, in Richtung Florence zu fahren. Dortiges Ziel: Das Bundesgefängnis ADX Florence.
Gegen 12 Uhr 20: In Höhe der Beaver Creek Wildlife Area tauchten plötzlich fünf schwarze Fahrzeuge, unterschiedlicher Marken, auf der Gegenspur auf. Allen voran ein Jeep mit verchromtem Frontschutzbügel. Dieser wechselte plötzlich die Fahrbahn und raste mit überhöhter Geschwindigkeit direkt auf den vorderen Transporter zu, in welchem sich zwei meiner Kollegen, sowie zwei der Schwerverbrecher befanden. Beim Versuch dem Jeep auszuweichen, wurden die Reifen des Transporters beschossen, der daraufhin ins Schleudern geriet, von der Fahrbahn abkam und frontal gegen einen Baum prallte. Im gleichen Moment wurde auf uns das Feuer mit Maschinengewehren eröffnet. Es gab keine Möglichkeit, den Insassen des verunfallten Fahrzeugs zu Hilfe zu kommen.
Der Transporter, in welchem ich mich befand, kam ebenfalls von der Straße ab, da wir durch drei Fahrzeuge bedrängt wurden. Wir landeten in einem Graben. Bei dem Versuch, aus dem Fahrzeug zu entkommen, benutzten wir die drei Gefangenen als Schutzschilde. Zwei meiner Kollegen, unser Fahrer, sowie die Gefangenen wurden so schwer angeschossen, dass sie zu Boden gingen. Ich selbst rettete mich, mit einer Schusswunde am Oberarm, in das Waldstück. Von dort aus beobachtete ich, wie die beiden Kollegen, plus der Fahrer des anderen Transporters und einer der beiden Gefangenen niedergeschossen wurden. Der einzige noch lebende Schwerverbrecher entkam mit Hilfe seiner Komplizen, die alle schwarze Sturmmasken trugen, in einem schwarzen Van, der in nördliche Richtung verschwand. Anschließend robbte ich zu einem der beiden verunfallten Transporter, um einen Notruf abzusetzen.
Ich verlor jedoch das Bewusstsein, bevor die Verstärkung und Sanitäter am Tatort eintrafen. Später erfuhr ich, dass alle Opfer, außer mir, noch am Unfallort ihren schweren Verletzungen erlagen.
„So eine verfickte Scheiße!", brüllte ich unbeherrscht, sodass selbst Alistair kurz zusammenzuckte. „Sie haben tatsächlich den Prinz herausgeholt!"
Unwirsch fuhr ich mir durch die Haare. Ich hatte gerade zu Bett gehen wollen, als mich der Anruf unseres Vorgesetzten erreichte. Daraufhin machte ich mich mit Sophia auf dem Weg zum Headquarter, in dem nun unsere Krisensitzung stattfand.
Außer uns beiden nahmen Harry, Seth und Alistair daran teil, die verbliebene Mannschaft in London.
Obwohl Seth noch nicht den Status eines offiziellen Netzwerkmitarbeiters besaß, holte Alistair ihn stets dazu, wenn es wichtige Dinge zu besprechen galt. Und das heutige Thema war mehr als nur brisant.
„Diese Amerikaner kriegen gar nichts auf die Reihe", schimpfte unser Boss, „sie schaffen es noch nicht einmal, einen Schwerverbrecher in ein Gefängnis, das als der Hochsicherheitstrakt schlechthin gilt, zu transportieren. Wir dummen Briten haben es fertiggebracht, den Prinz aus London herauszufliegen, ohne dass die Mafia sich seiner bemächtigt hat. Es ist eine Schande! Wozu haben wir ihn denn so lange hierbehalten, wenn diese Dummköpfe ihn wieder laufen lassen?!"
Deutlich hörte ich heraus, wie wütend er war. Wütend – doch nicht verzweifelt. Das war eines der Dinge, die ich an ihm schätzte. Er gab unser immer wieder Mut, behielt die Ruhe und die Übersicht, gerade in Situationen wie diesen.
„Wie geht es denn jetzt weiter?", erkundigte sich Harry, worauf Alistair zunächst mit einer Gegenfrage antwortete.
„Beziehst du dich jetzt auf die Aktivitäten der Mafia oder auf unsere eigenen?"
„Wenn du mich so fragst, beides."
Alistair raufte sich die nicht vorhandenen Haare, bevor er zu Seth schaute, um diesen das Wort zu erteilen. Ich schluckte, als ich seine Sätze vernahm.
„Die Mafia hat dicht gemacht, was das Computernetz angeht. Ich komme nicht mehr hinein und vermute, dass sie quasi umgezogen sind."
Das war ein schwerer Schlag für uns, doch Alistair ließ sich davon keineswegs beeindrucken.
„So etwas tun sie von Zeit zu Zeit. Irgendwann werden wir ihr neues Netz ausfindig machen. Was allerdings zu beachten gilt, ist folgendes: Die Mafia wird nicht nur ein neues Computernetz nutzen, sondern auch im nicht visuellen Leben ihre Netzwerkaktivitäten verändern. Und den ersten Schritt in diese Richtung haben sie schon getan. Der Prinz wurde befreit. Er wird sich seine Untergebenen sehr genau aussuchen und nicht mit jedem zusammenarbeiten. Wir müssen auf der Hut sein und Amerika auf den Kopf stellen, um die Ratten in ihren Löchern aufzuspüren. In Europa haben wir alles im Griff, aber die USA sind um ein Vielfaches größer."
Alistairs lange Rede macht mir bewusst, dass wir keine Zeit zu verlieren hatten. Noch entzog es sich unserer Kenntnis, wie er weiter vorgehen wollte, doch das würden wir sicher gleich erfahren.
„Weiß Louis schon Bescheid?", erkundigte ich mich.
„Ja, ihm habe ich diese Information zuerst zukommen lassen. Schließlich ist er momentan für unseren Klienten verantwortlich. Aber ich denke nicht, dass in Barrow unmittelbare Gefahr für Niall und seine Familie herrscht."
Seine braunen Augen schauten durchdringend zu mir und irgendwie war sein nächster Satz keine Überraschung für mich.
„Trotzdem möchte ich dich nach Barrow schicken."
Als ich meiner Freundin einen Blick zuwarf, sah ich ihr Nicken. Auch ihr war klar, dass es darauf hinauslaufen würde. Doch man musste in unserem Job stets mit räumlichen Trennungen rechnen.
„Lasst uns ein kurzes Brainstorming veranstalten", forderte Alistair uns nun auf.
„Du meinst, wie würden wir vorgehen, wenn wir die Mafia wären?", warf Seth ein, der an einem solchen Event noch niemals teilgenommen hatte.
„Ja, genau, das meint er damit", sagte Sophia lächelnd.
Daraufhin verschränkte Seth die Arme vor seiner Brust.
„Also wenn ich die Mafia wäre, dann würde ich mein neues Computernetzwerk doppelt und dreifach schützen."
Es war so klar, dass er zunächst in diese Richtung dachte, aber ich besah mir die Sache von einer anderen Seite aus.
„Nun, wenn ich die Mafia wäre, dann würde ich zuerst versuchen, den Prinz untertauchen zu lassen. Und zwar eine ganze Weile. Ich würde mich klein machen und im Verborgenen meine fiesen Machenschaften gründlich planen. Mit Leuten, denen ich zu tausend Prozent vertraue."
„Das stimmt. Das ganze Land ist Aufruhr, weil jeder ihn sucht. Es wäre nicht klug von der Mafia, jetzt eine neue Werbekampagne zu starten", kam es von Sophia.
Ich liebte ihre Ausdrucksweise und musste prompt grinsen.
„Werbekampagne ist gut", brummte Harry, was Alistair ein meckerndes Lachen entlockte.
„Gut, ich sehe schon, ihr denkt fleißig mit, meine Kinder."
Das taten wir immer, denn ohne Grips im Kopf war es unmöglich unseren Job auszuüben.
Seufzend lehnte ich mich im Stuhl zurück.
„Wann darf ich fliegen?"
„Übermorgen, du hast also heute Nacht noch Zeit zum Schlafen und morgen zum Kofferpacken", lautete Alistairs Antwort, die mich nicht im Mindesten erstaunte.
Unser Boss blickte mich durchdringend an, als er seinen nächsten Satz heraushaute.
„Du wirst Anuuns Aufgaben übernehmen. Sämtliche unserer Netzwerkmitarbeiter treffen sich nämlich in den Staaten und wir können es uns nicht erlauben, dass einer weniger in Barrow herumturnt, zumal das Ganze einige Wochen Zeit in Anspruch nehmen wird. Auch wir müssen neu planen und unsere Strategie gründlich überdenken, notfalls sogar neu formieren."
Dann wandte er sich an Sophia. „Du wirst uns weiterhin hier unterstützen. Ich brauche dich vorerst in London"
Es klang durchaus plausibel und somit freundete ich mich mit dem Gedanken an, schon sehr bald mit einem Motorschlitten durch die Gegend zu düsen. Der einzige Wermutstropfen war, dass Sophia mich nicht begleiten würde. Doch da mein Aufenthalt in Barrow zeitlich begrenzt sein sollte, fand ich mich damit ab.
„Gibt es sonst noch etwas, über das wir reden müssen?", erkundigte ich mich, gefolgt von einem Gähnen, welches ich nicht zu unterdrücken vermochte.
Meine Augen fielen fast vor Müdigkeit zu.
„Nein, das wäre es für heute. Ich schätze, dass Louis sich morgen mit dir in Verbindung setzen wird. Du brauchst dann morgen nicht ins Büro zu kommen."
Nochmals warf ich einen letzten Blick auf den Polizeibericht, der eine Gänsehaut über meinen Körper wandern ließ. Zehn Menschen wurden binnen weniger Minuten durch die Mafia dahingerafft. Einfach so – ohne mit der Wimper zu zucken. Ich glaubte, den Geruch der abgefeuerten Patronen wahrnehmen zu können, ebenso den Fluss des Blutes, welches sich über den Asphalt ergossen hatte. Die wenigen Sätze des Polizeibeamten ließen mich haargenau spüren, wie es dort zugegangen war. Wie auf einem Schlachtfeld. Die Mafia richtete jeden, der sich ihnen in den Weg stellte.
Aufgrund meiner harten Ausbildung kamen diese Dinge jedoch nicht zu nahe an mich heran. Lediglich der fahle Nachgeschmack blieb in meinem Gedächtnis haften. Wir alle waren abgebrüht, was diese Dinge betraf, dachten so rationell wie möglich und versuchten, den korrupten Menschen das Handwerk zu legen.
So war es kein Wunder, dass ich in meinen wohlverdienten Schlaf versank, als Sophia und ich endlich um ein Uhr zu Bett gingen.
Am nächsten Morgen riss mich mein Handy allerdings aus dem Tiefschlaf.
„Was ist das für eine Scheiße?", murmelte ich vor mich hin, während ich nach dem plärrenden Utensil langte, das auf dem Nachttisch lag.
Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es erst sieben war und Louis, der unverschämte Anrufer, sich einen Dreck darum scherte.
„Tomlinson, ich bringe dich eines Tages um", murmelte ich noch immer schlaftrunken.
„Guten Morgen, Payne. Ich dachte, du bist schon auf dem Weg ins Büro."
„Nein, ich liege noch in meinem Bett. Alistair hat mich für heute beurlaubt, ich darf stattdessen meinen Koffer packen."
Mein Gesprächspartner stieß ein lautes Lachen aus. „Ich glaube, unser Boss wird langsam verweichlicht. Urlaub wegen Kofferpacken, wo gibt es denn sowas", mokierte er sich scherzhaft.
Langsam setzte ich mich auf und lehnte mich mit dem Rücken gegen das gepolsterte Kopfteil des Bettes.
„Also, was liegt an?"
Louis räusperte sich kurz, bevor er zu sprechen begann.
„Niall und Sienna wissen Bescheid. Sie haben es ganz gut verkraftet, zumal ich sie beruhigt habe."
„Wie hast du das denn hingekriegt?"
„Mit Anuuns Hilfe. Er kam vorhin noch vorbei, um mich wissen zu lassen, dass er in drei Tagen abreisen wird."
„Bis dahin bin ich in Barrow, ich fliege ja morgen", erwiderte ich.
„Das ist gut, dann geht alles nahtlos ineinander über."
Mein absichtliches Gähnen sollte ihn spüren lassen, wie müde ich noch war. Doch Louis ließ sich niemals ein schlechtes Gewissen einreden, im Gegenteil.
„Du solltest Frühsport betreiben", zog er mich auf.
„Geht nicht, Sophia ist schon aufgestanden", schoss ich zurück, um mir augenblicklich seine Lachsalve einzufangen.
„Dann beeil dich, vielleicht erwischst du sie noch, bevor sie sich auf den Weg ins Büro macht", konterte er.
Louis und ich konnten uns aufziehen bis zum Erbrechen, doch binnen der nächsten Sekunde ebenso die Ernsthaftigkeit heraushängen lassen, was er mir mit seiner nächsten Aussage bewies.
„Nimm genügend Munition mit, Liam. Man kann nie wissen, wofür man sie braucht."
„Das hätte ich sowieso getan."
„Auch die Elefantenpatronen?"
Nun wurde ich hellhörig. Als Elefantenpatronen bezeichneten wir die Munition unserer Gewehre und eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, dieses mit auf die Reise zu nehmen. Doch wenn Louis es vonnöten hielt, wollte ich seinen Anordnungen nicht im Wege stehen.
„Ok, dann packe ich Frieda und die Munition ein", erklärte ich.
Mein Gewehr besaß tatsächlich einen Namen. Ich hatte ihm diesen aus einer Laune heraus verpasst.
„Mach das und ich habe übrigens ein Wasserflugzeug für dich angeheuert. Es wartet in Anchorage am Flughafen auf dich."
„Danke, das ist nett, du Arsch. Harry hat mir bereits erzählt, dass er damals in solch einem Ding fast gekotzt hätte", entgegnete ich leicht angesäuert.
Louis' fieses Lachen brachte mich an den Rand der Verzweiflung. „Ich bitte dich, Liam. Es ist Harry, der ist in dieser Beziehung ein Mädchen. Du schaffst das ganz sicher ohne deinen Mageninhalt nach draußen zu lassen."
„Das werden wir sehen und wenn nicht, versenkte ich dich im Eis", drohte ich ihm.
„Nach Mafia Art, mit Beton an den Füßen?"
„Das kannst du haben."
„Fein, ich besorge den Beton und wünsche dir einstweilen eine gute Reise, Liam. Wir sehen uns."
Sein Humor brachte mich wie so oft zum Schmunzeln.
„Bis bald, Louis."
Kurz darauf verabschiedete sich auch Sophia von mir, sodass ich nun die Wohnung für mich alleine hatte. Nach einer überaus entspannten Dusche schmiss ich mich in bequeme Klamotten und verleibte mir das Frühstück ein. Anschließend machte ich mich ans Kofferpacken.
Für Barrow benötigte ich auf jeden Fall warme Kleidung, denn die WetterApp meines Handys zeigte Temperaturen um den Gefrierpunkt an. Vielleicht hatte die Schneeschmelze bereits eingesetzt, doch richtig warm wurde es trotzdem nicht an diesem Ort.
Es fiel mir nicht weiter schwer, einen Stapel Pullover, Jeans, sowie Unterwäsche, Socken und Dinge wie Schal, Mütze und Handschuhe zusammen zu suchen, welche ich dann im Koffer verstaute. Es ging verhältnismäßig schnell, diese Dinge zu packen, doch umso länger benötigte ich für die restlichen Vorbereitungen.
Geschlagene fünf Minuten verbrachte ich mit der Suche nach der Mitnahmegenehmigung meiner Dienstwaffen. Frieda und meine Pistole besaßen beide einen Feuerwaffenpass, den ich auf Dienstreisen stets mit mir führen musste. Außerdem entsprach es dem Gesetz, die Pistole und das Gewehr vorher bei den Zollbehörden anzumelden. Hierfür gab es jedoch ein Formular im Internet, dem ich mich bediente.
Nun galt es noch die Fluggesellschaft über die Mitnahme meiner Waffen in Kenntnis zu setzen. Die beiden Prachtstücke mussten in einem abgeschlossenen Koffer transportiert werden. Diesen holte ich nun hervor, denn Waffen und Kleidung packte ich stets getrennt ein. Die Munition verwahrte ich in meinem normalen Koffer, da dieser noch reichlich Platz bot.
Den Kontakt mit der Fluglinie nahm ich per Telefon auf und ließ mich sogleich mit dem Typ verbinden, dessen Kompetenz niemand anzweifeln würde. Ich hatte nämlich keine Lust, am morgigen Tag stundenlang auf die Gewährung des Zutritts der Maschine zu warten, weil die Stewardessen es nicht gebacken bekamen, dass mein Waffenkoffer in einem separaten Schrank im vorderen Teil des Flugzeugs verstaut werden musste.
Nachdem auch dies erledigt war, genehmigte ich mir einen Espresso aus unserer neuen Maschine. Mein Handy in der einen Hand und die kleine Tasse in der anderen, wanderte ich zum Küchentisch.
Seufzend öffnete ich das WhatsApp Fenster und begann zu schreiben. Ich wollte Niall einige Zeilen hinterlassen, bevor wir uns sahen. Sicher war er aufgeregt, obwohl Louis versucht hatte ihn zu beruhigen. Aber ich kannte meinen Freund nur zu gut. Äußerlich blieb er zwar cool, doch innerlich brodelte es in ihm, und zwar nach allen Richtungen. Ich wusste haargenau, wie Niall tickte und wie schnell er manchmal ausrasten konnte, ganz zu schweigen von seiner provokanten Ader. Deshalb erachtete ich es als dringend notwendig, ihm einige aufmunternde Worte zu schicken.
„Hallo Niall, halt die Ohren steif und mach dir keinen Kopf. Ich bin morgen Abend in Barrow und freue mich schon auf dich, Sienna und Kieran. Liebe Grüße, Liam. P.S.: Ich hoffe, du bist nicht eingerostet, was das Schießen angeht."
Eigentlich rechnete ich nicht sobald mit einer Antwort, doch es dauerte keine zwei Minuten, bis er zurückschrieb.
„Hallo Liam, leider bin ich total eingerostet, was das Schießen angeht. Vielleicht finden wir einen Angehörigen der Mafia, an dem ich üben kann. Wir freuen uns schon auf dich, Niall."
Seine Antwort ließ mich wissen, dass er sich kein Stück verändert hatte. Humorvoll, versetzt mit einer Brise Provokation. In diesen stürmischen Zeiten war es gut, eine Konstante zu haben, und wenn es sich nur um den Charakter eines guten Freundes handelte.
Die letzten Stunden in London verbrachte ich zusammen mit Sophia. Wir aßen in einem schicken Restaurant zu Abend, bevor wir uns ausgiebig voneinander verabschiedeten. Jetzt würde ich wochenlange ohne Sex überleben müssen, ein wahrlich schrecklicher Gedanke. Manchmal fragte ich mich, wie Louis das so lange aushielt, aber vielleicht waren El und er inzwischen rückfällig geworden und trieben es miteinander. Dass er Briana nicht mehr anfassen würde, war klar, also blieb eigentlich nur diese Alternative. Nicht umsonst gab es den schönen Spruch „Alte Liebe rostet nicht."
Mein Flug startete pünktlich und Dank meiner vorangegangen Aktivitäten bezüglich des Waffentransports, gab es keinerlei Komplikationen am Flughafen. Selbst die Einreise in die Vereinigten Staaten von Amerika verlief problemlos.
Da ich in Minneapolis umsteigen musste, telefonierte ich dort mit Louis, um ihn wissen zu lassen, dass mein Anschlussflug nach Anchorage zehn Minuten Verspätung haben würde.
„Das macht nichts, das Wasserflugzeug wartet auf dich, Liam", versicherte er mir.
Ich überbrückte die Wartezeit am Flughafen mit einer warmen Mahlzeit in einem der zahlreichen Restaurants. Das Essen war unverschämt teuer und schmeckte nicht mal besonders. Doch da ich großen Hunger verspürte, stopfte ich es in mich hinein. Ab morgen würde ich wieder den Gaumenfreuden frönen, denn an Brianas Kochkünste kam so schnell nichts heran.
Nachdem ich die Rechnung bezahlt hatte, suchte ich noch einen Zeitschriftenladen auf, um mir Lesestoff für den Flug nach Anchorage zu besorgen.
Dort landete ich um neun Uhr abends. Normalerweise hätte ich mir ein Hotelzimmer für eine Nacht genommen, da der nächste Linienflug in Richtung Barrow erst am kommenden Morgen startete. Doch dank Louis durfte ich jetzt mit einem dieser kleinen Wasserflugzeuge vorlieb nehmen. Die Dinger waren mir suspekt und Harrys Erzählungen trugen auch nicht gerade dazu bei, dass ich mich in diesem Verkehrsmittel sicher fühlen würde.
Am Gepäckband angekommen, nahm ich meinen Koffer an mich und schritt mit schnellen Schritten durch das Flughafengebäude. Ein wenig planlos blieb ich vor den Anzeigetafeln stehen, als mir plötzlich jemand auf die Schulter tippte.
Meine Augen wurden groß und rund, als Louis höchstpersönlich vor mir stand.
„Du hier?", keuchte ich halb überrascht, halb entsetzt, da ich der wahnsinnigen Vorstellung unterlag, dass der vielleicht das Wasserflugzeug selbst fliegen würde.
„Ja, ich hier. Du scheinst dich ja nicht über meine Anwesenheit zu freuen, Liam", begrüßte er mich mit einem spitzbübischen Grinsen.
„Doch, doch. Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass du in Anchorage aufkreuzt. Hast du inzwischen deinen Pilotenschein gemacht?"
Ein wenig verlegen kratzte er sich am Hinterkopf.
„Nein, aber es gab ein Problem mit der Maschine. Sie hatte einen Motorschaden und konnte demnach nicht in Barrow starten. Also musste ich schnellstmöglich eine andere auftreiben."
Er schlug mir freundschaftlich auf die Schulter.
„Aber du kennst mich ja, ich mache das Unmögliche möglich und habe eine tolle Alternative gefunden."
Der Kloß in meinem Hals wurde immer dicker. Hoffentlich würde die Alternative nicht auch noch schlapp machen.
„Allerdings musste ich dazu einen anderen Piloten anheuern", plapperte er weiter, während wir durch das Gebäude marschierten.
Je mehr Louis redete, desto unwohler fühlte ich mich, denn sein nächster Satz ließ mich richtig blass werden.
„Die Person hat den Flugschein erst kürzlich gemacht, doch ist unglaublich fit. Die Landung war zwar ein bisschen holprig, aber wir sind nicht abgestürzt oder gegen eine Felswand geflogen. Und das ist doch die Hauptsache."
Als wir um die Ecke bogen und ich die Person erblickte, die uns entgegengelaufen kam, hätte ich am liebsten in den Mülleimer gekotzt, den wir gerade passierten.
Mein Leben war vermutlich keinen Pfifferling mehr wert.
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Ich weiß, gerade der Anfang des Kapitel ist sehr krass, aber wir befinden uns hier in der Black-Reihe, was ihr hoffentlich nicht vergessen habt. Trotzdem sollte der Humor nicht zu kurz kommen und deswegen habe ich Liams Gewehr einen Namen verpasst. ^^
Es dürfte wohl jedem klar sein, dass die Sache mit dem Prinz passieren musste - nur das wie und wann war ungewiss, doch das hat sich nun geklärt.
Was denkt ihr, wer das Wasserflugzeug fliegen wird, in das Liam nun einsteigen muss?
Das nächste Update wird vermutlich am Donnerstag kommen.
Und Leute, wir stehen kurz vor den 60k reads, das ist Wahnsinn! Vielen lieben Dank, dass ihr meine Geschichte lest. ♥
LG, Ambi xxx
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