38. Rescue


♪ The Broken – 3 Doors Down


Louis

Ohne Rücksicht auf Verluste preschte ich mit dem Motorschlitten durch den Schnee. Jede Minute zählte und vielleicht würden es sogar die Sekunden sein, die es letztendlich ausmachten.

Es war mir wurscht, ob und wie Sienna nun zum Flughafen gelangte, genauso wie es mich nicht interessierte, dass ich El buchstäblich von ihrem Gefährt gekickt hatte, um mir dieses selbst unter den Nagel zu reißen. Sie verstand mein Handeln, ohne dass ich große Erklärungen abgeben musste.

Die weiße Masse wurde aufgewirbelt, als ich kurz vor dem Haus mit dem roten Blitz zum Stehen kam. Ich nahm mir nicht einmal Zeit, den Motor abzuschalten, sondern hechtete durch den langen Korridor, als seien tausend Teufel hinter mir her.

„Briana!" Laut schrie ich ihren Namen, doch sie kam mir bereits entgegen, ehe ich die Küche erreichte.

„Louis, ich-", stammelte sie mit Tränen in den Augen.

Kurz nahm ich sie in den Arm und trug meine Anweisungen flüsternd vor. Nichts davon war für die Kinderohren bestimmt.

„Fülle alle Thermoskannen, die wir besitzen, mit heißem Tee. Eine Packung Kekse oder sowas wäre auch nicht schlecht. Bring das Zeug zum Schlitten, ich lege den Hunden zwischenzeitlich das Geschirr an. Wir dürfen keine Zeit verlieren."

„Louis-."

„Was?" Ich spürte, dass ich ungeduldig wurde, doch das war die Sorge, dass ich es vieleicht nicht mehr rechtzeitig schaffen würde.

„Wir haben eine Sturmwarnung bekommen", presste Briana leise hervor.

„Darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Es interessiert mich einen Scheiß, was der Wetterbericht sagt. Es geht hier um das Leben meines Freundes, verdammt!"

Nach diesen Worten ließ ich sie los.

„Sag den Kindern nichts, ok?"

Briana nickte tapfer und ehe ich mich versah, huschte sie in die Küche, um genau das zu tun, was ich ihr aufgetragen hatte. Währenddessen schnappte ich den Notfall-Rucksack, der sich in unserem Büro, im Schrank befand.

Wie gut, dass ich diesen kurz nach unserem Eintreffen in Barrow zusammengestellt hatte. Er enthielt das Nötigste, wenn es um Unfallversorgung ging. Schnell holte ich noch die Aspirin Tabletten aus dem Medikamentenschrank im Bad und rannte dann wieder nach draußen.

In dieser Situation interessierte es sogar Briana nicht, ob ich meine Boots auszog oder den Schnee, der daran klebte, überall im Haus verteilte.

Um schneller zur Scheune zu gelangen, nutzte ich erneut den Motorschlitten und ließ diesen dann achtlos davor stehen. Jedoch schaltete ich dieses Mal den Motor aus.

Die Hunde begrüßten mich freudig, doch sie schienen zu ahnen, dass etwas im Busch war. Nanook begann laut zu heulen, als ich nach dem Geschirr griff, welches ich ihnen nun sorgfältig anlegte.

Ich spannte das Rudel vor den Schlitten, während Briana aus dem Haus in meine Richtung rannte. In dem Einkaufskorb, den sie mit sich führte, befanden sich vier Thermoskannen sowie zwei Packungen Kekse.

„Leider haben wir nicht mehr." Fast schon entschuldigend kamen diese Worte über ihre blassen Lippen.

Sie zitterte am ganzen Körper, als sie mir die Dinge überreichte, welche ich in meinem Rucksack verstaute.

„Danke."

„Bitte."

Wir tauschten einen letzten Blick aus, bevor ich auf den hinteren Teil des Schlittens stieg, um meine Musher Position einzunehmen.

„Pass auf dich auf, Louis und-." Sie brachte den Satz nicht zu Ende, denn er ging in ihren Tränen unter.

„Das werde ich."

Nach einem Kopfnicken in ihre Richtung gab ich das Kommando zum Losfahren, welches sofort von Nanook an das Rudel weitergeleitet wurde. Augenblicklich setzten sich die Huskys in Bewegung.

Mit hohem Tempo ging es durch die winterliche Landschaft, für deren Schönheit ich jedoch heute nichts übrig hatte. Ständig schweiften meine Gedanken zu Niall.

Er hatte einen Notruf abgesetzt. Gott sei Dank gelang es Briana, ihn halbwegs zu orten, bevor das Signal wieder verschwand. Vermutlich war er nicht in der Lage, zu telefonieren, weil er zu arg verletzt war. Die andere Alternative begründete sich in dem herannahenden Schneesturm. Beides war absolut brandgefährlich, deshalb war es mein Anliegen, ihn so schnell wie möglich zu finden. Die Huskys würden mir dabei hoffentlich eine Hilfe sein.

Obwohl ich mit dem Motorschlitten das erste Stück hätte schneller zurücklegen können, schied dieses Fortbewegungsmittel definitiv aus. Niall hing nämlich im Canyon fest und dieser war mit dem Hundeschlitten weitaus besser befahrbar.

Trotzdem musste ich auch darauf achten, nicht vom Weg abzukommen, denn damit war Niall nicht gedient. Hoffentlich kam ich nicht zu spät, diese Sorge befand sich ständig in meinem Hinterkopf.

Es musste auf dem Rückweg zu den Siedlungen geschehen sein, denn mein Freund war bereits seit zweieinhalb Stunden fort.

Je näher ich dem Canyon kam, desto dichter wurden die Schneeflocken, die mir nahezu ins Gesicht peitschten. Auch der Wind nahm an Geschwindigkeit zu, was im Zweifel den Schneesturm ankündigte.

„Mist, verdammter!", fluchte ich genervt, weil man fast nicht mehr die Hand vor Augen sehen konnte.

Doch die Huskys besaßen ein ausgezeichnetes Gespür für den Weg. Ohne zu zögern führten sie mich auf den richtigen Pfad, welcher sich durch den Canyon schlängelte.

Wir waren schon halb durch, als sie plötzlich langsamer wurden und letztendlich stoppten. Augenblicklich stieß Nanook ein lautes Geheul aus, das mich immer wieder an einen Wolf erinnerte.

Kurzzeitig überlegte ich, ob ich die Hunde von dem Geschirr befreien sollte, entschied mich dann jedoch dagegen. Vielleicht hatten sie etwas anderes gewittert, ein Tier zum Beispiel.

„Wartet hier", gab ich Nanook das Kommando, als ich vom Schlitten abstieg.

Ich wollte mich in der Nähe umschauen, sehen, ob ich vielleicht Nialls blauen Motorschlitten irgendwo entdeckte. Denn wo dieser war, konnte er nicht fern sein.

Kaum lief ich drei Schritte nach vorne, wurde mir bewusst, wie aussichtslos dieses Unterfangen sein würde. Fast blind tapste ich durch die Gegend und lief Gefahr, beinahe hüfthoch im Schnee zu versinken, sobald ich vom Weg abkam.

Ich musste die Huskys losketten, nur so konnten wir Niall finden. Ihre feinen Nasen nahmen jeglichen bekannten Geruch sofort auf. Egal, ob es stürmte und schneite.

Als ersten kettete ich Nanook los, dann Tikaani und anschließend den Rest.

Bevor ich überhaupt einen Befehl aussprechen konnte, lief Nanook zielstrebig in eine Richtung. Die anderen Fünf folgten ihm auf den Fersen.

Ich hatte Mühe, mit dem Tempo Schritt zu halten, die Hunde waren klar im Vorteil. Vier Beine anstatt zwei, und diesen unendlichen Gripp im Schnee, der es ihnen ermöglichte, weder zu rutschen, noch hinzufallen. Fluchend und nach Luft ringend rannte ich hinter den Vierbeinern her, ihre Pfotenabdrucke konnte ich glücklicherweise im Schnee sehen. Nach kurzer Zeit hörten diese jedoch auf und dann erblickte ich es.

Nanook buddelte wie verrückt in der weißen Masse, unweit eines blauen, umgestürzten Motorschlittens.

Niall lag eindeutig hier.

Ohne zu zögern hechtete ich durch den Schnee, bis ich die Hunde erreichte. Nanook und auch Anana, die Niall und Kieran besonders zugetan war, hatten meinen Freund halbwegs aus der weißen Masse gegraben.

„Oh Gott, Niall!"

Sofort griff ich nach einem Arm, um seinen Puls zu fühlen. Dazu musste ich jedoch einen meiner Handschuhe ausziehen. Meine Finger froren fast ab, als ich das tat, doch ich spürte nichts. Nialls Puls war nicht vorhanden oder so schwach, dass er sich nicht mehr ausmachen ließ. Verzweifelt tastete ich nach meinem kleinen Taschenspiegel, den ich dem Notfall-Rucksack entnommen hatte, um diesen unter Nialls Nase zu halten. Als er durch die Atmung beschlagen wurde, fiel mir ein Stein vom Herzen.

Noch war es nicht zu spät und aufgeben kam nicht in Frage. Er war mein Freund und ich wollte ihn unter allen Umständen retten. Nur hier, in einem herannahenden Schneesturm, würde das auf Dauer schwierig sein.

Ohne Zeit zu verlieren, holte ich mein Handy aus der Tasche des Parkas hervor. Aber das Wetter machte mir einen Strich durch die Rechnung. Es kam keine Verbindung zustande.

In meinen Augen machte es wenig Sinn, jetzt einen Notruf abzusetzen. Briana und El würden dann zwar wissen, wo ich mich befand, doch im Zweifel führte dies dazu, dass sie Anuun schicken würden, der dann mitten durch den Sturm fahren musste.

Niall konnte aufgrund der Wetterverhältnisse im Moment nicht nach Barrow transportiert werden, das war Fakt.

Schnell streifte ich den Handschuh wieder über und versuchte mich zu orientieren. Da ich einen sehr ausgeprägten Ortssinn besaß, konnte ich mich daran erinnern, dass die Höhle, auf die Anuun uns einst verwiesen hatte, sich ganz in der Nähe befinden musste. Und wenn mich nicht alles täuschte, kannten die Huskys diesen Ort ebenfalls.

Ich musste es irgendwie schaffen, Niall auf den Schlitten zu packen, damit die Hunde ihn bis dorthin ziehen konnten.

„Los, kommt, wir brauchen den Schlitten!"

Nanook starrte mich für zwei Sekunden an, bevor er dem Rudel durch sein Heulen das Kommando gab, mir zu folgen.

Binnen kürzester Zeit erreichten wir das Gefährt. Ich legte den Huskys das Geschirr an, die nun ohne zu zögern direkt zu Niall liefen. Diese außergewöhnlich intelligenten Wesen schienen ganz genau zu spüren, was ich vorhatte.

Es war unglaublich schwer, seinen Körper auf den Schlitten zu hieven, doch schließlich schaffte ich es mit Nanooks Hilfe, der Niall letztendlich aus den Schneeverwehungen zerrte. Ich gurtete den Iren fest, da er sich noch immer nicht regte und nahm anschließend meine Musher Position ein.

Umsichtig machten sich die Huskys daran, den Weg zur Höhle anzutreten. Diese lag ein wenig abseits des Wegs und es ging ein Stück bergab. Doch die Hunde ließen mich nicht im Stich. Sie hielten den Schlitten fest in der Bahn, als er einmal ins Straucheln geriet. Wir waren ein Team, das zusammen kämpfte. Und solche Momente machten es aus.

Ohne zu zögern, doch mit großer Vorsicht nahmen die Huskys den Weg, so als ob sie genau wussten, dass sich ein Verletzter auf dem Schlitten befand.

Schließlich erreichten wir den Eingang zur Höhle, wo sie auf meine weiteren Anweisungen wartend, verharrten.

Bevor ich Niall losgurtete, befreite ich die Hunde vom Geschirr, die ruhig neben dem Schlitten sitzen blieben.

„Bleibt hier!"

Meine Idee, die Höhle kurz zu erkunden, führte ich augenblicklich aus. Bepackt mit mehreren Decken sowie dem Notfall-Rucksack, trat ich in das Dunkel ein. Die Taschenlampe, die ich bei mir trug, leistete mir beim Ausleuchten des Weges gute Dienste. Es ging ein kleines Stück nach oben, bevor der Gang eine leichte Biegung machte, um dann in einer Höhle zu enden, die sicher locker für zehn Huskys Platz bot.

Meine Augen scannten den Boden nach einer geeigneten Stelle für Niall ab. Er sollte möglichst flach liegen, nicht mit dem Kopf nach oben oder unten. Als ich den perfekten Punkt entdeckt hatte, breitete ich dort zwei der dicken Felldecken aus und kehrte dann schleunigst zurück nach draußen.

Jetzt galt es meinen Freund in die schützende Zuflucht zu bringen.

Unter Aufbietung meiner gesamten Kräfte trug ich ihn nach drinnen und legte ihn vorsichtig auf den Felldecken ab. Schweiß benetzte meine Stirn und meine Atmung ging rasend schnell. Doch ich hatte es geschafft.

Noch immer regte er sich nicht, aber als ich zur Sicherheit den Taschenspiegel nochmals hervorholte, beschlug dieser sofort wieder. Niall atmete.

„Lieber Gott, ich danke dir", murmelte ich, während ich eine der Felldecken über ihn legte.

Diese Wärme würde jedoch nicht genug sein. Nicht genug, um die Nacht zu überleben.

Als ich nach den Hunden pfiff, kamen sie in die Höhle gelaufen, doch was dann geschah, war so einzigartig, dass mir beinahe Tränen in die Augen traten. Vier der sechs Huskys kuschelten sich an Niall und wärmten somit seinen Körper. Instinktiv wussten sie, was zu tun war – ich hatte es ihnen nicht einmal sagen müssen.

„Ihr seid tolle Kerle", sagte ich, „ich bin stolz auf euch."

Die beiden Hündinnen, Anana und Sakari, saßen abwartend auf dem Höhlenboden und schauten in meine Richtung.

Eifrig widmete ich mich dem Inhalt des Notfall-Rucksacks, holte ein Fieberthermometer, sowie Verbandszeug und eine entzündungshemmende Salbe hervor, denn ich hatte auf Nialls Stirn eine blutende Schramme entdeckt, die dringend versorgt werden musste.

Eine zusätzliche Infektion würde ihn noch mehr schwächen und im schlimmsten Fall zu einer lebensgefährlichen Bedrohung mutieren. Immerhin war sein Körper im Moment alles andere als stark.

„Jungs, ihr müsst mal kurz Platz machen", wies ich die Huskys an, die sofort ein wenig zur Seite rutschten.

„Ihr wisst, dass ich ihm helfen will, nicht wahr?", sprach ich leise zu ihnen.

Wenn ich schon nicht mit Niall reden konnte, dann mussten eben die Hunde herhalten. Sie antworteten zwar nicht, doch ich kam mir nicht ganz so einsam vor, wenn ich meine Worte an die Tiere richtete.

„Niall, kannst du mich hören?"

Von meinem Freund kam keine Reaktion, was mich schlucken ließ.

„Mach keinen Scheiß, Bruder. Ich brauche dich noch", wisperte ich, bevor ich mich daran machte, die Wunde auf seiner Stirn zu versorgen.

Vorsichtig tupfte ich das Blut ab, um dann die Salbe aufzutragen. Anschließend platzierte ich zwei kleine Kompressen darauf und legte einen Verband in Form einer Mullbinde an.

Hierzu musste ich Nialls Kopf ein wenig anheben und zum ersten Mal gab er einen Laut von sich, der an ein Röcheln erinnerte.

„Niall?"

Angsterfüllt starrte ich ihn an.

„Niall, bitte sag doch was. Kannst du mich hören?"

„J-ja."

Es war mehr ein Stöhnen, als ein Reden, doch es genügte, um mich wissen zu lassen, dass er sich nicht mehr im Reich der Träume befand. Eine unglaubliche Erleichterung breitete sich in meinem Innersten aus.

„W-Wo S-sind wir?", murmelte er noch immer halb weggetreten.

„In einer Höhle, im Canyon. Ich versorge deine Wunde an der Stirn und dann versuchst du etwas zu trinken, ok? Ich habe warmen Tee dabei. Briana hat ihn gekocht."

Ich faselte alles daher, was mir in den Sinn kam. Während des Absolvierens eines medizinischen Kurses, den jeder unseres Teams besuchen musste, lernte ich, dass man Menschen auf diese Art und Weise vor einer Bewusstlosigkeit bewahren konnte. Unter allen Umständen wollte ich vermeiden, dass Niall erneut in diese verfiel.

„Möchtest du Pfefferminztee?", erkundigte ich mich.

„Ja." Nur sehr schwach kam das Wort über seine Lippen.

„Gut, ich hole ihn jetzt. Die Hunde liegen übrigens bei dir. Sie werden dich heute Nacht wärmen."

Aufmerksamt betrachtete ich sein Gesicht. Noch immer hielt er seine Augen geschlossen, doch seine Lippen bewegten sich erneut.

„Das ist gut, ich- ich spüre es schon. Mir wird warm."

Das waren die ersten zusammenhängenden Sätze, die er zustande brachte.

Sicherheitshalber zog ich das Fieberthermometer hervor und steckte dieses kurz in Nialls Ohr. Es zeigte jedoch eine normale Körpertemperatur an, was mich einigermaßen beruhigte.

Wie angekündigt, holte ich eine Thermoskanne und goss den dazugehörigen Becher halbvoll, damit der Tee etwas schneller abkühlte. Je schneller Niall die Flüssigkeit, welche sein Körper dringend benötigte, zu sich nehmen konnte, desto besser war es für seinen Zustand.

Während ich darauf wartete, dass der Tee eine trinkbare Temperatur annahm, versuchte ich Niall ein Gespräch aufzuzwingen.

„Hast du irgendwo Schmerzen?"

„Ich weiß nicht – ich glaube eher nicht."

„Und die Stirn?"

Er hustete kurz, bevor er antwortete: „Es brennt ein bisschen."

„Das ist die Salbe", erwiderte ich und tastete vorsichtig auf jene Stelle seiner Stirn, die nicht durch den Verband umwickelt war. Zum Glück fühlte sie sich nicht heiß an.

„Du scheinst kein Fieber zu haben, das ist gut", sagte ich einigermaßen zufrieden.

Trotzdem wäre es mir lieber gewesen, einen Arzt vor Ort zu haben, der Niall hätte durchchecken können. Aber hier, in der Wildnis, mitten in einem Schneesturm, mussten wir uns mit dem zufrieden geben, was uns geboten wurde: Eine schützende Höhle, sechs Huskys, die uns wärmten sowie Flüssigkeit in Form von Tee und zwei Packungen Kekse.

Es hätte weitaus schlimmer kommen können.

Die momentane Stille, die sich in der Höhle ausbreitete, verleitete zu der Annahme, dass der Sturm nicht vorhanden war. Doch dies täuschte gewaltig. Von Anuun hatte ich mir erzählen lassen, dass diese Höhlen sämtliche Geräusche, die sich im Außenbereich abspielten, verschluckten. Zudem gab es hier keine Fensterläden die klapperten oder Dachziegel, die herunterfielen. Die Biegung des Ganges, der in das Innere unseres Zufluchtsortes führte, tat ein Übriges, um das Heulen des Windes nicht nach innen dringen zu lassen.

Das Einzige, was ich im Augenblick hörte, war meine Atmung.

„Niall?", sprach ich meinen Freund erneut an.

„Hm?"

„Du solltest jetzt versuchen zu trinken, ok?"

Langsam und vorsichtig führte ich den Becher zu seinen Lippen und hob seinen Kopf ein wenig an.

„Geht es so?"

Als er nickte, kippte ich das Gefäß, sodass er die Flüssigkeit aufnehmen konnte. Er schien mächtig Durst zu haben, was mich keineswegs verwunderte. Immerhin war er schon einige Stunden unterwegs gewesen, bevor der Unfall passierte und ich hier aufkreuzte.

Damit die Flüssigkeitsaufnahme schneller vonstattenging, schraubte ich von den drei anderen Thermoskannen die Becher ab und füllte sie mit Tee. Einen Becher sprach ich mir zu, die restlichen gehörten Niall.

Ich musste ihn unbedingt wach halten, zumindest so lange bis er genügend Flüssigkeit zu sich genommen hatte. Also begann ich wieder zu reden.

„Bei uns in Barrow stürmt es noch gar nicht, zumindest war noch alles ok, als ich wegfuhr. Doch Briana hatte schon eine Sturmwarnung erhalten."

„Wann denn?" Leise kamen die Worte aus seinem Mund.

„So zwischen elf und halbzwölf."

„Wie spät ist es jetzt?"

„Halb vier nachmittags und wir werden hier noch eine ganze Weile ausharren müssen."

Insgeheim hoffte ich, dass der Sturm schnell vorüberziehen würde, doch dieser Traum ging leider nicht in Erfüllung.

Als ich später nach draußen ging, um die Lage zu sondieren und kurz zu pinkeln, machte ich sehr schnell einen Rückzieher. Der Sturm erreichte gerade sein Höchstlevel und wir konnten froh sein, in der trockenen Höhle eine Zuflucht gefunden zu haben. Hier würden wir bis zum nächsten Morgen ausharren müssen.

Niall schlief bereits, als ich die Höhle wieder betrat. Ich steckte ihm nochmals das Thermometer ins Ohr, was er nur am Rande mitbekam und war zufrieden, da es noch immer eine normale Temperatur anzeigte.

Da er inzwischen genügend getrunken hatte, ließ ich ihn schlafen. Eingepackt in zwei Decken und umrundet durch die vier Huskys, die sich eng an ihn kuschelten, konnte ihm die Kälte nichts anhaben.

Ich selbst legte mich nun ebenfalls auf eine Felldecke, während die andere als Überwurf diente. Die beiden Husky Damen, Anana und Sakari, gesellten sich zu mir, um mich ebenfalls zu wärmen.

„Kommt her, meine beiden Schönheiten", flüsterte ich leise, um Niall nicht zu wecken.

Kurz kraulte ich das weiche Fell der zwei Hunde, die sich rechts und links an meinen Körper schmiegten. So konnte man es gut aushalten.

Doch wenn ich geglaubt hatte, rasch in den Schlaf versinken zu können, so täuschte ich mich gewaltig. Zu viele Gedanken wanderten durch meinen Kopf.

Als ich erfuhr, warum Sienna Barrow und somit auch Niall verlassen wollte, da war ich versucht, sie zurückzuhalten. Aber ich durfte mich nicht einmischen – so lautete Alistairs strikte Anweisung. Dagegen zu verstoßen, kam einem Aufstand gleich. Zudem hatte ich nicht einmal eine Idee gehabt, wie ich sie zum Bleiben hätte überreden können. Bei Sienna anzusetzen, war meines Erachtens nämlich der falsche Weg. Ich hätte mit Niall reden müssen. Vielleicht sollte ich das morgen tun, denn es war bitter nötig.

Nach einem langen und anstrengenden Tag versank ich irgendwann in einen tiefen Schlaf.

Zumindest so lange, bis ein gellender Schrei mich weckte.

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Cliffhanger aufgelöst und einen neuen (aber nur kleinen) produziert. Dieses Kapitel war mir sehr wichtig zu schreiben. Ich wollte die Verbindung zu Louis und den Huskys hervorheben. Zudem wollte ich deutlich machen, dass Louis niemals aufgibt und zeigen, zu was diese Tiere fähig sind.

Ich hoffe, dass mir das gelungen ist.

Danke für den unglaublich tollen Kommentare zum vorangegangenen Kapitel. Es ist immer toll, diese zu lesen!

Das nächste Update kommt am Freitag oder Samstag.

LG, Ambi xxx

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