35. Silence
♪ Sound of Silence – Simon & Garfunkel
Niall
Bevor ich tief Luft holen konnte, um etwas zu entgegnen, redete Sienna erneut.
„Es hat absolut nichts mit Langeweile zu tun, denn wie du ja weißt, gehe ich seit geraumer Zeit einer Arbeit nach. Aber ich möchte dieses Kind, weil-."
„Sienna", fiel ich ihr ins Wort, „ich dachte, ich hätte mich klar genug ausgedrückt und wir wären so verblieben, dass du mich verstehst."
Das rote Haar fiel ihr in die Stirn, als sie zornig hervorstieß: „Ich habe gesagt, du sollst mich ausreden lassen! Nie hört mir jemand zu! Keinen interessiert was ich will und wie es mir geht!"
Ich entschloss mich dazu, nicht mit den gleichen Waffen zurückzuschlagen und sie anzubrüllen. Vielmehr setzte ich mich auf meinen Stuhl, schaute sie an und sagte: „Ok, ich höre dir zu und es interessiert mich, wie es dir geht."
Einen Moment herrschte Stille zwischen uns, bevor die nächsten Worte leise aus ihrem Mund kamen.
„Ich liebe dich, Niall. Und genau deswegen möchte ich dieses Kind. Aus keinen anderen Grund und es frisst mich auf, dass du mir diesen Herzenswunsch verwehrst. Kannst du-, kannst du das denn nicht nachvollziehen?"
Bittend schauten ihre großen, blauen Augen zu mir. Sie wartete auf eine Antwort, auf einen Satz, den ich ihr nicht geben konnte.
Ich schluckte kurz, bevor ich redete.
„Sienna, ich liebe dich auch, aber genau das ist der Grund, weshalb ich noch warten möchte. Ich will nicht, dass dir, dem Baby oder gar euch beiden etwas passiert. Stell dir mal vor, wir müssten hier so Knall auf Fall hier weg, wie damals in Oceanside und du wärst gerade schwanger geworden. Du könntest eine Fehlgeburt erleiden. Das würde ich mir nie verzeihen."
Sie schaute mich an, während ihre Augen feucht wurden. Verdammt, ich wollte nicht, dass sie weinte!
Doch es war zu spät, um das Gesprochene zurückzunehmen.
„Sienna, ich-."
Augenblicklich fiel sie mir ins Wort.
„Niall, wenn du so darüber denkst, dann brauchst du morgens nicht mehr aus dem Haus zu gehen. Es könnte jederzeit und überall etwas passieren. Ich möchte mich nicht aus lauter Angst vor der Mafia einsperren lassen. Weder mit meinen Gedanken, noch mit meinen Gefühlen! Ich möchte ein Baby haben und zwar jetzt und nicht irgendwann, wenn es dir besser in den Kram passt! Geht das in deinen Kopf?"
Langsam spürte ich, wie die Wut in mir hochschäumte. Unverständnis, weil sie nicht begreifen wollte, wie ernst die Lage war. Angst, etwas Falsches zu sagen, Dinge, die sie noch mehr verletzten. Unsicherheit, weil ich nicht wusste, wie ich nun am besten reagieren sollte.
Mein Entschluss stand fest. Ich konnte sie nicht dieser Gefahr aussetzen, nicht absichtlich. Mit Kieran verhielt es sich damals anders. Sienna war bereits schwanger, als sie in das Schlamassel mithineingezogen wurde. Es war nicht zu ändern, dass sie ein Baby austrug. Doch nun hatten wir die Chance, alles gründlich zu überdenken.
Leider fiel meine Entscheidung nicht zu ihrer Zufriedenheit aus. Dennoch probierte ich es in friedlichem Tonfall.
„Sienna, ich kann es nicht, bitte versuche mich zu verstehen."
Die Zwecklosigkeit dieses Unterfangens bekam ich eine Millisekunde später zu spüren.
„Nein! Das kann ich weder verstehen, noch akzeptieren! Du setzt hier nur das Vernunftdenken an, aber es geht um unsere Liebe, Niall! Es geht darum, dass ich ein Kind von dem Mann haben möchte, den ich über alles liebe! Und was machst du? Du verwehrst es mir, weil du Angst vor der Zukunft hast! Das ist sowas von unfair und egoistisch!"
Ihr Gesicht war vor Zorn gerötet und das war der Moment in dem ich mich auch nicht mehr zurücknehmen konnte, so sehr ich es auch versuchte. Mir platzte der Kragen.
„Du nennst mich egoistisch, weil ich mich um dein Wohlergehen sorge? Weil es mir nicht scheißegal ist, was vielleicht mit dir und diesem Kind auf einer möglichen Flucht passieren könnte? So etwas muss ich mir nicht sagen lassen!"
„Oh, doch, genau das musst du dir von mir sagen lassen!" keifte sie zurück.
Ihre vor Zorn geröteten Wangen leuchten mir förmlich entgegen und ihr Blick spie nahezu Feuer.
Doch in mir kochte es nicht minder. Ihre Sturheit forderte mich geradezu heraus und so fielen meine nächsten Sätze weder beschwichtigend noch einlenkend aus.
„Was an dem Wort Nein kapierst du nicht?", blökte ich zurück. „Was ist so schwer daran? Ich habe mich im Moment gegen ein weiteres Kind entschieden! Aber du willst mich dazu zwingen! Das ist verdammt unfair, Sienna! Und ich sage dir nur eins, wenn du es wagen solltest, mich hinters Licht zu führen und plötzlich schwanger werden solltest, wirst du mich kennenlernen!"
Wutschnaubend schmetterte sie mir die nächsten Worte ins Gesicht.
„Ach? Du würdest also wollen, dass ich es dann abtreibe, oder wie? Gut, dass ich das weiß! Ich hätte nie gedacht, dass du sich so ändern könntest! Niemals! Ich dachte, ich kenne dich in- und auswendig, aber scheinbar habe ich mich getäuscht! Du drohst deiner eigene Ehefrau und das ist das Schlimmste, was man tun kann!"
Erneut brachte sie mich mit ihren Aussagen auf die Palme.
„Ich habe nichts von einer Drohung gesagt! Das saugst du dir aus den Fingern, meine Liebe! Und ich habe auch mit keinem Wort eine Abtreibung erwähnt, damit das klar ist!"
„Aber du hast es gedacht! Gib es zu! Und schon alleine das ist sträflich!", fuhr sie mich an.
Bevor ich ein weiteres Argument hervorbringen konnte, knarrte die Tür und ein heulender Kieran kam ins Zimmer gelaufen.
„Mami, nicht schimpfen!", wimmerte er und klammerte sich an Siennas Bein.
Sofort glätteten sich meine Gesichtszüge. Ich spürte einen enormen Stich in meinem Herzen. Wir hatten unseren kleinen Jungen verängstigt, etwas, was mir zutiefst widerstrebte. Kieran sollte niemals solch ein Streitgespräch mitbekommen und doch war es geschehen. Ich schämte mich dafür. Er war ein unschuldiges Kind, das sich nun vor Angst an seine Mutter klammerte.
„Es ist alles gut, Kieran", murmelte ich, während Sienna unseren Sohn hochhob und auf die Wangen küsste.
Sanft streichelte ich über seinen Kopf, sein Gesicht konnte ich nicht sehen, er hatte es in Siennas Halsbeuge vergraben.
„Shhh, alles gut, Kieran." Sie wiegte ihn hin und her, doch er beruhigte sich nur langsam.
Vielleicht war es besser, wenn ich die beiden alleine ließ.
Mit einem tiefen Seufzen schnappte ich meine Decke und das Kissen, um den Raum zu verlassen. Heute Nacht wollte ich im Wohnzimmer schlafen. Ich brauchte Abstand von allem; von dem Streit und von Sienna.
Leise ging ich durch den Flur, in den anderen Wohntrakt und hoffte, dass ich niemand dabei aufweckte. Still und dunkel lag das große Zimmer vor mir, das ich nun betrat.
Die Wärme des Specksteinofens umhüllte mich, doch es gelang ihr nicht, mein Herz und meine Seele zu erreichen. Mir war innerlich kalt.
Ein komisches Frösteln, zu vergleichen mit dem Gefühl, das sich einstellte, wenn man am Boden zerstört war und nicht mehr weiter wusste, baute sich in mir auf.
Sienna und ich waren in einer Sackgasse gelandet. Keiner von uns beiden wollte nachgeben und um ehrlich zu sein, sah ich mich auch außerstande dazu. Für mich hatte die Sicherheit absoluten Vorrang. Ich setzte diese an oberster Priorität, vor jeglichen Wünschen und Gefühlen.
Der Gedanke noch ein Kind zu haben, klang vielleicht verlockend, doch nicht unter diesen Umständen.
Vielleicht würde es im nächsten Jahr besser aussehen, was die Nachforschungen bezüglich der Mafia anbelangte. Auch drängte die Zeit nicht unbedingt. Sienna wurde in diesem Jahr neunundzwanzig, viele Frauen gebaren in diesem Alter ihr erstes Kind. Für sie würde es dann bereits das Zweite sein.
Unzählige Gedanken schossen durch meinen Kopf, als ich selbigen in das Kissen vergrub. Es hatte Siennas Geruch an sich, denn oft schmiegte sie ihren Körper so nahe an meinen, dass wir nur eine Seite des Bettes nutzten.
Sie fehlte mir.
Seufzend wälzte ich mich auf die andere Seite, während ich grübelte.
Wieso konnte sie meiner Argumentation nicht folgen? War es nur ihre Sturheit, oder steckte mehr dahinter? Auf Biegen und Brechen schwanger zu werden, war nicht die Lösung für unsere Probleme. Zumindest sah ich das so.
Als ich zum letzten Mal auf das Display des Handys schaute, zeigte die Uhr halb eins an. Zeit zum Schlafen, denn am morgigen Tag wartete jede Menge Arbeit auf mich.
Zur Sicherheit stellte ich mir den Wecker, damit ich nicht verschlief.
„Niall? Was machst du denn hier?" Eine sanfte, wenngleich auch überrascht klingende, Stimme, schlich sich am nächsten Morgen in meine verworrenen Träume. Diese gehörte Briana.
Ich blinzelte mehrmals, bevor ihr Gesicht nicht mehr verschwommen vor meinen Augen auftauchte und richtete mich dann auf.
„Ich habe hier geschlafen, tut mir leid", murmelte ich leise.
„Oh", sagte sie etwas verlegen. „Na, ja, ich wollte jetzt Frühstück machen und vorher die Fensterläden öffnen."
„Das erledige ich schon", erwiderte ich, während ich mich zu einem Lächeln zwang.
Briana spürte haargenau, dass etwas nicht stimmte, doch sie war zu feinfühlig, um nachzufragen.
Stattdessen richtete ich meine Worte an sie: „Soll ich dir beim Frühstück helfen?"
„Nur wenn du magst, du musst es nicht."
Meine Klamotten lagen noch auf einem der Sessel, also schnappte ich diese, nachdem Briana wieder den Raum verlassen hatte und zog schnell den Pulli und die Jeans über. Ich konnte später duschen, wenn Sienna zur Arbeit gegangen war. Dann hatte ich wenigstens meine Ruhe, denn mir stand nicht der Sinn nach weiteren Diskussionen.
In der Küche angekommen, machte ich mich an das Tischdecken, während Briana die Kaffeemaschine in Gang setzte.
„Soll ich Rühreier machen?", erkundigte ich mich.
„Das wäre super!"
Es war nicht zu überhören, dass sie sich freute.
Als ich mit der Pfanne am Herd stand, trat El in den Raum. Sie hatte Freddie an der Hand, der sich sofort losriss, um mich zu begrüßen.
„Wo ist Kieran?", lautet seine Frage.
„Noch bei seiner Mum, aber er wird gleich hier sein", erwiderte ich mit einem aufgesetzten Lächeln.
Erwartungsgemäß nahm Freddie sogleich am Tisch Platz, um seinen Kakao in Empfang zu nehmen, den Briana für ihn zubereitet hatte. Die Tasse für Kieran stand ebenfalls schon bereit, er musste nur noch auftauchen.
Der nächste, der in der morgendlichen Runde erschien, war Louis. Gut gelaunt begrüßte er uns alle.
„Oh, Niall, spielst du heute den Koch?", lauteten seine Worte an mich, die ich mit einem Nicken quittierte.
„Es riecht verdammt gut." Louis stellte sich direkt neben mich und warf einen Blick in die Pfanne.
„Rührei! Super!"
Kaum hatte er das ausgesprochen, öffnete sich die Tür erneut. Sienna trat, mit Kieran an der Hand, ein.
Nachdem sie ein „Guten Morgen" in die Runde geworfen hatte, lief unser Sohn auf mich zu und klammerte sich an mein Bein.
„Papi, ich hab dich lieb", nuschelte er.
„Ich dich auch, Kieran."
Sanft streichelte ich mit meiner freien Hand über seinen Kopf. Mit der anderen schwang ich den Kochlöffel, damit die Rühreier nicht anbrannten.
Im Gegensatz zu Kieran würdigte mich Sienna keines Blickes, sondern nahm ihren Platz neben Briana ein. Grazil schlug sie ihre Beine übereinander und bediente sich am Kaffee.
Zwischen uns herrschte absolutes Schweigen, so als würden wir einander nicht sehen. Dies besserte sich auch während des Frühstücks nicht.
Sienna unterhielt sich angeregt mit Eleanor und Briana, ich hingegen redete mit Louis.
„Kommt ihr beiden, es wird Zeit für den Kindergarten", sprach Briana plötzlich zu den Kindern, welche sich sofort begeistert erhoben.
„Ja, wir gehen jetzt in den Kindergarten! Spielen!", rief Kieran laut aus und Freddie setzte ein: „Und einen Schneemann bauen", hinzu.
Wenigstens verlebten die Jungs eine unbeschwerte Zeit, im Gegensatz zu Sienna und mir.
Gemeinsam räumten wir alle den Tisch ab, nachdem Briana mit Kieran und Freddie die Küche verlassen hatte. Sienna blieb noch immer stumm.
„Ich muss dann jetzt zur Arbeit", ließ sie beiläufig einfließen, bevor sie sich anschickte, nach draußen zu gehen.
Meinetwegen sollte sie schmollen, es war mir in diesem Moment egal. Sie würde schon wieder zu sich kommen und feststellen, dass ich im Endeffekt Recht hatte.
Kurz darauf vernahm ich das Brummen des Motorschlittens und als ich aus dem Fenster blickte, sah ich sie davonbrausen.
„Keinen Abschiedskuss heute?", wunderte sich Louis, der gerade die Butter in den Kühlschrank stellte.
„Nein", entgegnete ich matt.
Eleanor klopfte mir auf die Schulter. „Ich lasse euch dann mal besser alleine", meinte sie und verschwand in Richtung Büro.
Ihre rücksichtsvolle Art fand ich bewundernswert. Jeder am Tisch musste bemerkt haben, dass etwas nicht stimmte, trotzdem hielten sich alle mit ihren Äußerungen zurück.
„Also, Niall, willst du reden?", begann Louis, nachdem wir uns alleine im Zimmer aufhielten.
„Es gab Stress", antwortete ich nur, begleitet durch ein tiefes Seufzen.
„Das dachte ich mir bereits."
„Um deine Frage zu beantworten, ich möchte jetzt nicht darüber reden, ok?"
Es kam mir so lächerlich vor, über solche Dinge zu diskutieren. Sienna musste einfach einsehen, dass es so nicht ging, dass sie nicht immer ihren Kopf durchsetzen konnte.
„Gut, aber wenn du mal jemanden brauchst, dann weißt du, wo du mich findest."
„Danke, ich weiß das zu schätzen, Louis."
Er verschwand nach draußen, um seine Zigarette zu rauchen und ich suchte unseren Wohntrakt auf, um endlich zu duschen.
Anschließend zog ich mich in mein Arbeitszimmer zurück. Ich hatte haufenweise zu tun und brauchte bis zum späten Nachmittag, bis ich mit allem fertig war.
Sienna kehrte nach Hause, jedoch ohne sich bei mir blicken zu lassen. Nach wie vor gingen wir uns erfolgreich aus dem Weg. Doch ich wusste, dass dies keine Dauerlösung darstellte.
Sie wollte mich weichkochen, ihre Taktik dahingehend war mir nicht fremd. Aber dieses Mal würde sie auf Granit beißen. Ich ging von meiner Meinung nicht ab und das sollte sie begreifen. Je eher, desto besser.
Obwohl wir stumm blieben, fühlte sich die Atmosphäre geladen an. Wie die Ruhe vor einem großen Sturm, der nur darauf wartete, auszubrechen. Wenn dies geschah, würde dieser zu einem Orkan mutieren, dessen war ich mir bewusst.
Auch am Donnerstag redeten wir nicht miteinander, abgesehen von einem kurzen „Hallo" und am Freitag verhielt es sich ähnlich.
Als ich am späten Nachmittag nach Hause kehrte, wurde ich von Louis im Hof abgefangen. Er stand gerade bei den Hunden, die mich sofort begrüßten, als ich von meinem blauen Motorschlitten abstieg.
„Hey, Niall."
„Hey, Louis."
Ein Blick in sein Gesicht genügte, um mich wissen zu lassen, dass er etwas im Schilde führte.
„Spuck es aus", sagte ich deshalb nur.
Sorgsam verteilte er zunächst die Kauknochen an die Huskys, bevor er sich zu einer Antwort bequemte.
„Briana und ich dachten, es wäre gut, wenn sie mit den Jungs übers Wochenende mal wegfahrt."
Der Schnee knirschte unter meinen Boots, als ich mich ihm näherte. Ich konnte mir denken, weshalb die beiden das geplant hatten. Bevor ich zu einer Antwort ansetzte, redete Louis bereits weiter.
„Wie dachten, es wäre gut, wenn du dich mit Sienna aussprichst. Kinder können dabei oft ein Hindernis sein."
„Ich weiß", entfuhr es mir schlagartig, „Kieran hat unseren letzten Streit gehört und war nicht sehr erbaut davon. Wir um Übrigen auch nicht."
Nachdenklich kramte ich nach meinen Zigaretten, die sich im hintersten Winkel der rechten Tasche meines Parkas befanden. Schließlich holt ich das beinahe zerknautschte Päckchen hervor und zündelte mir einen Glimmstängel an. Als ich den Rauch inhalierte, fragte Louis: „Und, was hältst du von dieser Idee?"
„Ich finde sie nicht schlecht. Vielleicht bringt es ja was. Wir müssen uns dringend aussprechen, weißt du."
Noch immer hatte ich ihm nicht gesagt, um was es dabei eigentlich ging. Meines Erachtens war dies auch nicht unbedingt nötig. Es reichte vollauf zu wissen, dass Sienna und ich im Moment mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, die sich nicht so einfach lösen ließen.
„Ja", seufzte er, „den Eindruck habe ich auch. Euer ständiges Schweigen ist nämlich nicht das Wahre."
„Ich weiß."
Louis, der sich inzwischen auch eine Zigarette angesteckt hatte, stellte sich neben mich, klopfte mir auf die Schulter und sagte: „Du weißt, Bruder, wenn du ein Problem hast, kannst du jederzeit zu mir kommen."
Grinsend erwiderte ich: „Ich weiß, Bruder und falls es nötig werden sollte, komme ich gerne auf das Angebot zurück."
Es brauchte nicht viele Worte zwischen und beiden, wir verstanden auch so, was in dem anderen vorging. Louis spürte, dass ich mit mir kämpfte, doch mein innerer Schweinhund konnte sich nicht dazu überwinden, einen Ton zu sagen. Vermutlich war es auch besser so, denn Sienna würde es nicht gutheißen, wenn ich ausgerechnet ihm unsere intimen Probleme anvertraute.
Vielleicht war sie bereit erneut mit mir zu reden, wenn Kieran nicht anwesend war.
„Also, wo fährt Briana mit den Jungs hin?", erkundigte ich mich nachdem ich den letzten Zug an der Zigarette genommen hatte, die ich dann im Schnee entsorgte.
„Sie fliegen nach Anchorage und bleiben über Nacht. Dort gibt es einen Zoo, außerdem ist Aki mit von der Partie, da sie am Wochenende frei hat. Sie kennt sich in Anchorage bestens aus."
„Und es bestehen keinerlei Bedenken bezüglich der Mafia?"
Er schüttelte seinen Kopf. „Nein und bevor du fragst, es ist mit Alistair abgeklärt."
Ein lautes Seufzen entwich meiner Kehle.
„Dann weiß er also auch, dass es Probleme gibt?"
„Nun ja, wir haben es ihm so verkauft, dass ihr beiden mal Zeit für euch braucht. Inwieweit er das geschluckt hat, kann ich nicht sagen."
„Alistair ist nicht doof", erwiderte ich, während meine Augen durch die Dunkelheit wanderten.
Im Moment bekamen wir pro Tag etwa zwei Stunden Sonne, oder besser gesagt, Helligkeit ab. Auch dieser Umstand machte Sienna schwer zu schaffen, mit Sicherheit war er zum Teil für ihren Gemütszustand verantwortlich. Vielleicht würde alles besser werden, sobald das Frühjahr ins Land zog. Nur bis dahin mussten wir beide durchhalten.
Ich wünschte mir so sehr, dass sie Einsicht zeigen sollte und meine Bedenken hinsichtlich des Babywunsches endlich akzeptierte.
Von ihrer Seite aus gab es keinerlei Probleme, was Kierans und Freddies gemeinsamer Ausflug nach Anchorage anging. Wahrscheinlich hatten Aki und Briana ganze Arbeit geleistet, um Sienna von der Notwenigkeit dieses Unterfangens zu überzeugen.
Ohne zu murren packte sie eine kleine Reisetasche für Kieran und sprach sich vorher mit Briana ab, was die Jungs alles mitnehmen sollten. In Anchorage kletterten die Temperaturen zwar deutlich höher als in Barrow, trotzdem blieb dicke Winterkleidung auch dort unerlässlich.
Es war ein komisches Gefühl, als wir Kieran, Freddie und Briana am Samstagmorgen zum Flughafen brachten, vor welchem Aki bereits wartete.
Nach einer herzlichen Begrüßung nahm sie die beiden Jungs an die Hand, während Louis und ich uns um das Gepäck kümmerten. Wir begleiteten noch alle bis zum Gate, dort verabschiedeten wir uns endgültig.
„Viel Spaß in Anchorage und sei schön brav zu Briana und Aki", ermahnte ich unseren Sohn, bevor ich ihm einen Kuss auf die Wange drückte.
Auch Sienna küsste ihn und er winkte uns zum Abschied, als er an Akis Hand weiterlief. Sein kleines Gesicht leuchtete dabei vor Freude. Kieran verreiste gerne, das wurde mir in jenem Moment bewusst.
Er jammerte nicht, weil er eine Nacht von uns getrennt sein würde, geschweige denn interessierte es ihn, ob wir mitkamen. Wir hatten echtes Glück mit unserem Sohn. Niemand konnte wissen, ob unser zweites Kind ebenfalls solch ein sonniges Gemüt besitzen würde.
Die Flucht war mit Kieran kein Problem gewesen. Er blieb anstandslos in London bei Alistair und Rosie, weil er alt genug war und auch aufgrund seines unproblematischen Wesens.
So wie es in Barrow üblich war, startete das Flugzeug pünktlich und somit verließen wir den kleinen Flughafen nach Hause zu fahren.
Im Fahrzeug herrschte Schweigen zwischen Sienna und mir, während Louis und Eleanor munter drauflos plauderten. Sie machten Pläne für das anstehende, kinderfreie Wochenende, während ich mir die Sätze für das dringend notwendige Gespräch mit Sienna im Geiste zurechtlegte.
Kaum trafen wir in unserer Behausung ein, schnappten sich Louis und El zwei Motorschlitten und verkündeten, dass sie nun die Areale abfahren würden. Somit gaben sie uns die Gelegenheit zum ungestörten Reden. Wo auch immer im Haus unser Gespräch stattfand, wir würden niemanden stören.
Ich hatte auch gar nicht vor, die Sache lange hinauszuzögern und deshalb wandte ich mich sofort an Sienna, nachdem wir unsere Winterkleidung und die Boots ausgezogen hatten.
„Ich finde, es kann so nicht weitergehen zwischen uns", versuchte ich das Gespräch zu beginnen.
Abrupt drehte sie sich zu mir, ihre blauen Augen auf mein Gesicht gerichtet, als sie antwortete.
„Du hast absolut Recht, Niall , so kann es auf keinen Fall weitergehen."
____________________________
Cliffhanger! Wie wird das Gespräch wohl ausgehen? Gut oder schlecht?
Danke, danke für die vielen Kommentare zum letzten Kapitel! Sie haben mich förmlich überrollt und das ist Wahnsinn! #TeamSienna liegt eindeutig vorne - ich bin gespannt, ob ihr eure Meinung zwischenzeitlich geändert habt.
Das nächste Update kommt entdweder Freitag oder Samstag.
LG, Ambi xxx
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top