13. Prayer


♪ Ameno - ERA

Niall

Es fühlte sich an wie ein Albtraum aus dem ich verzweifelt zu erwachen versuchte. Sienna und ich standen voreinander, um uns zu verabschieden. Niemals hätte ich gedacht, dass es soweit kommen würde. Ich hatte mir eingebildet, für alle Zeiten in Sicherheit zu sein. Doch nun wendete sich das Blatt. Der einzige Mensch, der sich wirklich in Abrahams Schoß befand, war Kieran, unser Sohn. Dafür dankte ich Gott jeden Tag.

Sanft glitten meine Finger durch Siennas langes, dunkelrotes Haar. Gierig nahm ich ihren Geruch auf und als unsere Lippen aufeinandertrafen, kostete ich ihren süßen Geschmack. Ich lebte für diese Sekunden, die vielleicht die letzten unseres gemeinsamen Lebens sein würden.

Ihr Atem ging schwer, ihre Brust hob und senkte sich, wie unter einer Zentnerlast und während ich sie noch immer küsste, spürte ich die Tränen, welche ihre Wangen hinabliefen. Das war der Moment, in dem auch ich meine Emotionen nicht mehr zurückhalten konnte, obwohl ich es versuchte. Und es war mir egal, ob Liam und Sophia, die in einiger Entfernung standen, dies mit bekamen.

„Baby", flüsterte ich leise unter Tränen, „ich liebe dich. Vergiss das nicht. Und irgendwann sind wir wieder zusammen."

Sie schluchzte leise auf, lehnte ihren Kopf an meine Schulter, während ihre Hände sich in meinen Rücken krallten. Sienna wollte mich nicht loslassen. Und ich wollte sie nicht gehen lassen.

Gemäß Alistairs Anweisung sollten die beiden Frauen zuerst losfahren, bevor Liam und ich unsere Reise in eine vollkommen andere Richtung antraten. Unser Ziel musste es sein, etwaige Verfolger in die Irre zu führen, wobei wir davon ausgingen, dass man Liam und meiner Wenigkeit an den Fersen kleben würde, falls man uns erneut ausfindig machte. Denn noch immer war ich das Hauptziel der Mafia.

Für einen winzigen Moment verfluchte ich, Sienna und Kieran permanent dieser Gefahr ausgesetzt zu haben, doch dann dachte ich daran, wie sehr ich die beiden liebte. Meine Leben ohne sie würde keinen Sinn ergeben. Und bisher war immer alles gut gegangen.

Sienna gab mir noch eine letzte Umarmung und murmelte die Worte „Ich liebe dich", bevor wir uns voneinander lösten.

„Pass auf dich auf, Baby", wisperte ich.

Ich sah ihr nach, wie sie zum Wagen lief, in welchem Sophia mittlerweile ihren Platz auf der Fahrerseite eingenommen hatte. Die beiden Frauen waren nun mit einem Mustang unterwegs, während Liam und ich mit einem Porsche vorlieb nehmen durften.

Wie immer hielt Alistair in dieser Hinsicht alle Fäden in seiner Hand. Er hatte sich sogar darum gekümmert, dass man unser Gepäck aus dem im Matsch steckengebliebenen Hummer herausholte und zu unserem Hotel brachte. Wie er das angestellt hatte, entzog sich meiner Kenntnis. Aber der laufende Meterfünfzig war eben für jede Überraschung gut.

Als ich dem dahinschwindenden Wagen nachschaute, legte Liam seine Hand auf meine Schulter. Diese Geste zeigte mir, dass ich nicht nur ein Klient für ihn war, sondern, dass so etwas wie Freundschaft zwischen uns existierte. Nach all den Jahren schien diese nicht verloren gegangen zu sein und dafür war ich dankbar.

„Lass uns noch einen Burger essen gehen, bevor wir abdüsen, Niall", schlug Liam vor, worauf ich stumm nickte.

Der Abschied von Sienna lag mir schwer im Magen, doch so ganz ohne Essen ging es dann doch nicht.

Schweigend mampfte ich den großen Cheeseburger in mich hinein, blickte von Zeit zu Zeit aus dem Fenster und fragte mich, wo wir wohl heute Abend sein würden. Seufzend erhob ich mich, nachdem wir unsere Mahlzeit verspeist hatten, um Liam nach draußen zu folgen. Der Himmel am heutigen Tag zeigte sich ein wenig wolkenverhangen, doch es regnete nicht.

„Steig ein, Niall. Vor uns liegen fast elf Stunden Fahrt", wies Liam mich an.

„Na super, hoffentlich geraten wir nicht in einen Stau oder gar in die Fänge der Mafia", brummte ich.

Um ehrlich zu sein, machte ich mir mehr Gedanken um Sienna und Sophia, als um mich selbst. Was, wenn ihnen etwas zustieß? Ich war nicht vor Ort und konnte demnach nicht helfen. Meine Frau in solch einer Situation quasi alleine zu lassen, war etwas, was mir tief im Innersten widerstrebte. Doch man ließ mir keine andere Wahl. Alistair fuhr eine knallharte Schiene, was diese Dinge anbelangte und mit ihm zu verhandeln, war aussichtslos.

„Wo soll es denn hingehen?", erkundigte ich mich, als wir auf den Highway abbogen.

„Nach Jackson, Mississippi."

Erstaunt schaute ich zu Liam. „Wieder in den Süden?"

„Ja, um sie zu verwirren, falls sie uns folgen sollten", gab er zur Antwort.

Nachdenklich puhlte ich einen Kaugummi mit Pfefferminzgeschmack aus dem Stanniolpapier. Bevor ich diesen in meinen Mund steckte, richtete ich noch eine Frage an Liam.

„Du weißt nicht zufällig, wo Sienna und Sophia hinfahren, oder?"

„Doch", kam es prompt zurück, „nach Madison, das liegt im Bundesstaat Wisconsin."

„Sie ziehen also Richtung Norden."

„Ja, so ist der derzeitige Plan."

Für einen Moment schloss ich meine Augen und lehnte mich im Sitz zurück. Ich versuchte mir einzureden, dass alles gut gehen würde, dass die Mafia einstweilen abgehängt war, da wir die Fahrzeuge getauscht hatten und in zwei unterschiedliche Richtungen verschwunden waren. Doch die Frage, wie man unsere Fährte überhaupt entdeckt hatte, brachte mich immer wieder an den Rand der Verzweiflung.

„Es gibt kein Leck im inneren Bereich", hatte Liam uns gestern Abend noch beruhigt.

Ich wollte hoffen, dass er Recht behielt.

Die Fahrt zu unserem Ziel zog sich endlos dahin, obwohl die Landschaft in regelmäßigen Abständen wechselte. Auch schien es wärmer draußen zu werden, denn als wir einen Zwischenstopp einlegten, um den Wagen wieder vollzutanken, schwitzte ich in meiner Sweatshirt Jacke, die ich anschließend auszog und achtlos auf den Rücksitz schmiss.

Wir nutzten diese Pause ebenfalls, um etwas zu essen und zu trinken. Außerdem checkten wir unsere WhatsApp Nachrichten.

„Sophia hat geschrieben, sie kommen gut voran", sagte Liam.

„Ich weiß, Sienna hat mir das ebenfalls berichtet", erwiderte ich und blickte erneut auf ihre Zeilen.

„Sind bisher ohne Zwischenfälle durchgekommen. Ich liebe und vermisse dich so sehr. Pass auf dich auf, Sienna."

Für einen Moment schloss ich meine Augen, fühlte ihre Umarmung und nahm ihren unvergleichlichen Duft wahr, wie in einem Traum. Eine Halluzination, die nicht vergehen wollte, dies erlebte ich gerade. Sie schloss Kieran mit ein, der lachend vor uns stand. Sein kleines Gesicht glänzte vor Freude.

„Niall, träumst du? Wir müssen weiter!"

Ich schluckte hart und würgte die Tränen hinunter, die sich in meinen Augen sammelten, als mich Liams Stimme zurück in die unbarmherzige Realität riss.

„Ich komme ja schon", murmelte ich und lenkte meine Schritte zum Wagen.

„Soll ich ein Stück fahren?"

„Von mir aus, gerne."

Als ich mich hinter das Steuer klemmte, hatte ich das Gefühl, mich immer weiter von allem zu entfernen, was mir ans Herz gewachsen war. Doch ich versuchte einen klaren Kopf zu bewahren und mich nicht unterkriegen zu lassen.

Nachdem ich den Motor gestartet hatte, stellte ich beim Automatikgetriebe den Hebel auf Drive um und fuhr los.

Inzwischen befanden wir uns im Staat Arkansas, der wie eine große Farmerlandschaft wirkte. Weite Felder, Äcker und gelegentlich Wiesen waren das, was unsere Blicke kreuzte. Die Straßen befanden sich in einem teils holprigen Zustand, doch der Porsche verkraftete dies aufgrund seiner guten Federung ohne Probleme.

Da ich mich relativ fit fühlte, besetzte ich bis zum Ende der Etappe den Platz auf dem Fahrersitz. Es war Punkt elf Uhr am Abend, als ich den Wagen vor dem einfachen Motel parkte. Auf die Schnelle hatte Alistair wohl nichts anderes organisieren können.

„Uff, das hätten wir erstmal geschafft", kam es von Liam.

Froh darüber, dass uns keiner gefolgt war, luden wir beide unsere Koffer aus und schleppten diese zur Rezeption, wo man uns den Zimmerschlüssel aushändigte. Wir nächtigten in einem Raum, in welchem ein großes Doppelbett stand. Außerdem befand sich eine kleine Küchenzeile darin. Selbst für unsere Unterhaltung war durch einen großen Flatscreen TV gesorgt, der seinen Platz auf der linken Seite des Bettes, an der Wand einnahm.

„Welche Seite vom Bett möchtest du? Links oder rechts?", erkundigte ich mich, worauf Liam die linke wählte.

„Schnarchst du eigentlich?", fragte er.

„Nicht, dass ich wüsste. Und du?"

„Wie eine Motorsäge."

Als er mein entsetztes Gesicht sah, erwiderte er grinsend: „Das war nur Spaß. Sophia hat sich dahingehend nämlich noch nie beschwert."

„Dann wird es wohl hoffentlich eine angenehme Nacht."

Da wir vor zwei Stunden nochmals Rast gemacht hatten, um etwas zu Essen, kamen im Moment auch keinerlei Hungergefühle auf. Wir konnten uns nach einer entspannten Dusche ins Bett legen und schlafen. Doch zuvor schrieb ich Sienna eine Nachricht, dass wir gut angekommen seien. Ihre Antwort erfolgte prompt.

„Können wir telefonieren?"

„Ja, Baby, können wir."

Da Alistair selbst unsere Handys hatte überprüfen lassen und alles in Ordnung war, gab es keinen Grund, weshalb wir nicht auf diesem Wege miteinander kommunizieren sollten. Ihre Stimme zu hören, würde mir guttun, das wusste ich.

Ohne zu zögern wählte ich ihre Nummer und bereits nach dem ersten Klingeln nahm sie das Gespräch entgegen.

„Hallo, Schatz, wie geht es dir?"

„Hallo, Baby, ich vermisse dich."

„Ich dich auch, Niall."

Obwohl Sienna sehr gefasst klang, vermochte ich die Traurigkeit in ihrer Stimme herauszuhören.

„Ist alles ok bei euch?", fragte ich nach.

„Ja. Wir sind in Madison, der Hauptstadt von Wisconsin und haben ein schönes Hotel. Ich vermisse dich. Mach dir um mich keine Gedanken, alles ist in bester Ordnung. Wir wurden nicht verfolgt und auch mit dem Wagen gibt es keine Probleme. Sophia und ich sind abwechselnd gefahren."

„Wie Liam und ich. Und auch hier ist alles ok. Keine Verfolger, keine Autopannen."

„Du meinst, keine kaputten Ölwannen und platten Reifen?", warf sie lachend ein.

Sienna in dieser Situation lachen zu hören, zeigte mir, welch starken Charakter sie besaß. Meine Frau würde sich niemals unterkriegen lassen, geschweige denn aufgeben, so lange es etwas gab, für das es sich zu kämpfen lohnte. In diesem Fall waren das unser Leben und unsere Liebe. Stolz bereitete sich in mir aus, wenn ich daran dachte, jemanden wie sie an meiner Seite zu haben. Ich bereute es keine Sekunde, mich damals für sie entschieden zu haben.

„Nein, keine platten Reifen oder kaputte Ölwannen", erwiderte ich schmunzelnd. „Liam und ich waren brav und haben uns an die vorgeschriebenen Geschwindigkeiten gehalten."

„Sophia und ich nicht. Zeitweise sind wir mit achtzig über die Interstate gebraust", gab meine Frau in lässigem Tonfall zu.

„Lasst euch bloß nicht erwischen", meinte ich.

„Wobei?" Liam trat mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet aus dem Bad und rubbelte seine Haare trocken.

Als ich ihn aufklärte, schüttelte er leicht den Kopf.

„Typisch Frauen, verlassen sich auf ihre Titten, wenn sie von der Polizei angehalten werden. Aber das funktioniert leider nicht immer. Ich werde Sophia die Meinung geigen."

Da er grinste, als er das aussprach, nahm ich seine Worte nur bedingt ernst.

„Das Bad ist jetzt übrigens frei, Niall", ließ er mich wissen und pflanzte sich anschließend auf das Bett, um nach seinem Handy zu greifen. Seine nächsten Worte brachten mich erneut ins Schwitzen.

„Verdammt! Alistair hat gerade geschrieben, dass Kieran mit euch skypen möchte. Er will, dass du das machst, Niall. Und du sollst ihm sagen, dass Sienna und du entschieden habt, aus einem Team zwei zu machen. Er darf erst morgen mit ihr sprechen."

Mit einem leisen Stöhnen ließ ich mich zurück auf das Bett fallen. Kurz erklärte ich Sienna, was geschehen war und welch schwierige Aufgabe nun vor mir lag. Er würde seine Mutter sehen und mit ihr reden wollen. Hoffentlich fing er nicht an zu weinen, denn das würde mir das Herz brechen.

„Oh Gott, er tut mir so leid. Ich würde ihn jetzt so gerne in meinen Armen halten, Niall. Bitte bringe es ihm so schonend wie möglich bei."

Ich hörte, wie sie schluckte, sie war den Tränen nahe.

„Ich versuche es, Baby."

Meine Stimme klang rau und zitterte ein wenig. Sienna stand kurz vorm Heulen und ich saß meilenweit entfernt und war demnach nicht in der Lage, sie zu trösten. Verzweiflung stieg in mir auf, nachdem ich das Gespräch beendet hatte. Gleich würde Alistair sich melden, um mich mit unserem Sohn skypen zu lassen. Kieran musste wirklich große Sehnsucht nach uns haben, denn in London war es erst fünf Uhr morgens. Vermutlich hatte er Alistair aus dem Bett geholt. Bevor ich noch einen weiteren Gedanken daran verschwenden konnte, meldete sich das Handy.

„Hallo Niall."

„Hallo Alistair."

„Schön, dich zu sehen, mein Junge. Hier ist jemand, der dich sprechen möchte."

Er drehte das Handy, sodass ich nun in Kierans kleines Gesicht blickte, welches vor Freude leuchtete, als er mich ansah.

„Papi! Ich hab dich danz doll lieb!", rief er und breitete seine kleinen Ärmchen aus, als wollte er mich umarmen.

Sofort überzog sich mein Gesicht mit einem Lächeln. „Ich dich auch, Kieran. Geht es dir gut und bist du auch schön brav zu Alistair und Rosie?"

Sein eifriges Nicken ließ mich kurz schmunzeln. Doch meine Gesichtszüge glätteten sich sofort wieder, als er nach seiner Mutter fragte. Jetzt kam die Stunde der Wahrheit.

„Ich will Mami sehen!"

Ein kurzes Räuspern entfuhr meiner Kehle, bevor ich zu einer Antwort ansetzte.

„Sie ist nicht hier, Kieran. Wir haben beschlossen, das Team zu wechseln und aus einem Team zwei zu machen. Liam ist jetzt in meinem Team und Mami und Sophia sind im anderen."

Sein enttäuschtes Gesicht brach mir fast das Herz.

Aber er war tapfer und fragte nur: „Kann ich sie bald sehen?"

„Morgen, Kieran. Alistair wird sie morgen anrufen und dann kannst du mit ihr sprechen, ok?"

„Aber ich will jetzt mit ihr reden, ich hab sie so lieb."

Der weinerliche Klang seiner Stimme machte mich total fertig. Doch da musste ich jetzt durch.

„Kieran, Mami schläft schon. Sie hat vorhin mit mir gesprochen und gesagt, dass ich dir ausrichten soll, dass sie dich lieb hat und morgen mit dir redet, ok? Wir dürfen sie jetzt nicht wecken."

Obwohl er nickte, wusste ich, dass er es nicht verstand. Noch nie in seinem Leben war er von Sienna zurückgewiesen worden. Sie war immer für ihn dagewesen. Wie schlimm musste unser Sohn sich gerade fühlen? Ich konnte ihn nicht einmal in den Arm nehmen, um ihn zu trösten. Dieses kurze Gespräch zählte zu den schrecklichsten Minuten meines Lebens und ich war froh, als sie endlich vorbei waren.

Lautlos sackte ich auf dem Bett zusammen, die Hände vor das Gesicht geschlagen. Ich fühlte mich hundeelend und war nahe daran in Tränen auszubrechen. Kieran tat mir unglaublich leid. Er war noch ein kleines Kind und sollte eigentlich von uns umsorgt und beschützt werden. Doch wir benötigten selber jemanden, unter dessen Obhut wir nun zu unserer neuen Heimat gebracht wurden.

Es half auch nicht viel, dass Liam mir seine Hand auf die Schulter legte, um mich wissen zu lassen, dass er für mich da sei. Natürlich tat es gut, einen Freund an seiner Seite zu haben, aber ändern würde sich die Situation dadurch nicht.

Verzweiflung breitete sich in mir aus und je länger ich auf dem Bett lag, umso dringender spürte ich plötzlich das Bedürfnis, eine Kirche aufzusuchen. Aber jetzt noch durch die Nacht zu stiefeln war gefährlich. Das musste ich morgen früh tun.

Sicher würde Liam Verständnis für meine Lage zeigen und nichts dagegen haben, wenn sich unsere Abreise um einige Minuten verzögerte, weil ich ein Gotteshaus aufsuchen wollte.

Nach einer fast schlaflosen Nacht klärte ich ihn am nächsten Morgen bezüglich meines Planes auf.

„Das ist kein Problem, Niall. Du kannst ja schon mal googeln, wo sich die nächste Kirche befindet. Wenn wir Glück haben, liegt sie sogar auf dem Weg und wenn nicht ist es auch nicht schlimm", lautete seine Aussage, die mir ein Stein vom Herzen fallen ließ.

Sogleich stöberte ich im Internet nach einem Gotteshaus. Nachdem ich fündig geworden war, machte ich einen Screenshot der Seite mit dem Handy, um die Adresse parat zu haben. Fast direkt daneben schien sich ein Dunkin Donuts zu befinden. Somit war auch für unser Frühstück gesorgt.

Als wir unsere sieben Sachen zusammenpackten, fiel mein Blick auf meine Waffe. Obwohl ich diese bereits seit vier Jahren besaß, hatte ich sie bislang nur in einer Shooting Ranch in Gebrauch. Hoffend, dass sich das niemals ändern würde, legte ich sie zurück in den eigens dafür angeschafften kleinen Koffer. Im Gegensatz zu meinem übrigen Gepäck blieb dieser jedoch immer in meiner Reichweite. Während der gestrigen Fahrt hatte ich ihn auf dem Rücksitz verstaut, doch heute wollte ich die Waffe näher bei mir haben.

Ein komisches Gefühl breitete sich in meinem Innersten aus, als ich diese in das Halfter steckte, welches sich unter meiner Jacke befand. Ich kam mir vor wie ein Cowboy, doch auch Liam trug seine Pistole stets an dieser Stelle. In manchen Bundesstaaten der USA durfte man seine Waffe nämlich nicht sichtbar mit sich führen.

„Kann es losgehen, Niall? Bist du fertig?", erkundigte sich Liam.

Als ich nickte, verließen wir das Zimmer und schritten zu unserem Wagen. Das Gepäck passte gerade so hinein und ein Koffer fand seinen ständigen Platz auf der hintern Bank, die eher zwei Notsitzen glich. Aber wir bekamen das geregelt. Das Auto hatte nämlich vorwiegend den Zweck zu erfüllen, bei einer etwaigen Verfolgungsjagd durch seine hohe PS Zahl, der Mafia zu entkommen. Auf Komfort konnte man jetzt keinerlei Rücksicht mehr nehmen.

Liam klemmte sich hinter das Steuer und los ging es in Richtung Dunkin Donuts. Fast direkt daneben befand sich die Kirche. Um ehrlich zu sein konnte ich es kaum erwarten, diese aufzusuchen. Doch vorher verspeiste ich einen Bagel und trank einen Kaffee dazu.

„Ich warte im Wagen auf dich, ok?", sagte Liam, bevor ich mich erhob, um loszuziehen.

„Geht klar."

Während ich meine Schritte in Richtung Gotteshaus lenkte, stellte ich mein Handy in den lautlosen Modus. Bei meinem Zwiegespräch mit Gott wollte ich von keinem gestört werden. Als ich die Türklinke nach unten drückte, atmete ich erleichtert auf, da dieses geöffnet war. Stille empfing mich beim Eintreten, denn außer mir befand sich keine Seele in der Kirche. Auf leisen Sohlen schlich ich zum Kolymbion, um meine Finger einzutauchen und mich zu bekreuzigen. Mit purer Absicht hatte ich eine katholische Kirche gewählt, denn obgleich ich seit vier Jahren als evangelischer Priester tätig war, fühlte ich mich nach wie vor auch mit diesem Glauben verbunden. Wir beteten alle zum selben Gott.

Langsam schritt ich ihn Richtung Altar, während meine Blicke durch die Kirche wanderten. Im Vergleich zu den Europäischen Vorbildern wirkten die katholischen Gotteshäuser in den USA eher bescheiden und karg. Mit Sicherheit lag dies auch daran, dass die Gebäude bei weitem nicht das Alter der Kirchen in Europa aufwiesen. Amerika wurde erst sehr viel später durch die westliche Welt entdeckt und bevölkert.

Als ich den Altar erreichte, spürte ich, wie sehr ich mich danach sehnte, wieder zu predigen. Seufzend kniete ich nieder, um ein Gebet zu sprechen; für Kieran, für Sienna und für alle, die uns auf unserem Weg halfen. Niemand sollte zu Schaden kommen, alles sollte gut gehen.

Nach Beendigung des Gebets erhob ich mich wieder und schaute zum Altar. Das Quietschen der Kirchentür bekam ich zunächst nicht mit, so sehr war ich in meine Gedanken versunken. Doch urplötzlich wurde ich aus meiner Blase herausgerissen.

„Niall James Horan?"

Die fremde Stimme bewirkte, dass ich innerlich zu zittern begann. Niemand hier kannte meinen richtigen Namen, niemand, außer Liam. Automatisch tastete ich nach meiner Waffe.

Sie waren gekommen, sie hatten mich gefunden.

___________________

Cliffhanger! Ich weiß, ihr werdet mich jetzt hassen, aber das bin ich ja gewöhnt!

Die Widmung des Kapitel geht an @horansuniverse - sie hat die tolle Collage gemacht, die oben im Kapitel eingefügt ist! Danke liebe Jessi! ♥

Ich wünsche euch noch ein schönes restliches Wochenende. Das nächste Update kommt schätzungsweise am Dienstag.

LG, Ambi xxx


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top