11. Pursuit


♪ Evil Walks – AC/DC

Sienna

„Bleib auf dem Gas, Niall!"

Sophias Stimme schlich sich in meinen Traum, der von Kieran handelte. Noch immer sah ich sein niedliches Gesicht vor mir, während ich langsam in die Realität glitt. Eine ziemlich brutale Realität, um es auf den Punkt zu bringen. Denn mit dem nächsten Satz, der sich in mein Gehirn brannte, merkte ich, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.

„Verdammt, ich kann ihn nicht abschütteln!"

Es waren Nialls Worte, die mir bewusst machten, dass wir verfolgt wurden.

Abrupt öffnete ich meine Augen, während mein Herz zu rasen begann. Regentropfen klatschten gegen die Scheiben des Wagens, dessen Geschwindigkeit als bedenklich einzustufen war. Die Angst ergriff von mir Besitz, vor allem, als die Scheinwerfer des Autos, welches uns verfolgte, unaufhaltsam näher kamen.

Noch immer brachte ich keinen Ton über die Lippen, da meine Kehle sich wie zugeschnürt anfühlte. Kieran – ich hatte von ihm geträumt und würde ihn vielleicht nie wieder sehen. Die Gedanken rasten in meinem Kopf, als die ersten Tränen über meine Wangen flossen.

Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, dem Tod nahe zu sein. Hilflos musste ich mitansehen, wie der andere Wagen sich rasch näherte, bereit, eine Kollision mit unserem Fahrzeug einzugehen. Aber Niall gab nicht auf.

Vehement trat er das Gaspedal durch, sodass der Hummer nochmals beschleunigte. Es schien, dass wir einen großen Satz nach vorne machten und durchgeschüttelt wurden. Dies ließ Liam schließlich erwachen. Ich bemerkte es, als ich meinen Blick kurz von Niall nahm, um nach hinten, durch die Rückscheibe zu schauen.

„Was zur Hölle ist los?", brummte Liam, der sich die Augen rieb.

Als Sophia ein wenig hektisch mit einem „Wir werden verfolgt", antwortete, wurde er jedoch schlagartig wach.

Es benötigte lediglich drei Sekunden, bis Liam die komplette Lage vollends überblickte.

„Wie lange schon?", warf er die Frage in den Raum.

„Keine Ahnung, bemerkt haben wir es seit ungefähr fünf Minuten", erwiderte Sophia.

Niall, der bisher noch kein einziges Wort gesprochen hatte, da er damit beschäftigt war, den Wagen einigermaßen auf der Spur zu halten, mischte sich nun kurz ein.

„Ich tue mein Möglichstes, damit sie nicht näher herankommen aber die Typen sind unglaublich hartnäckig."

„Du musst...", begann Liam wurde jedoch sofort von Niall unterbrochen.

„Mit Vollgas bis zur nächsten Ausfahrt durchdonnern und dann versuchen von der Interstate runterzukommen", sagte er.

Selbst vom Rücksitz aus konnte ich erkennen, dass sich kleine Schweißperlen auf seiner Stirn gebildet hatten. Es gab nichts, was ihn im Moment aus seiner Konzentration herausreißen würde, nicht einmal ich. So musste ich mit meinen Ängsten alleine klar kommen, versuchen, diese zu unterdrücken so gut es eben möglich war.

Nach wie vor hielt der Himmel seine Schleusen geöffnet, ließ uns beinahe schwimmen anstatt fahren, was die Situation noch verschlimmerte. Unbarmherzig klatschten die Regentropfen gegen die Windschutzscheibe des Wagens und erschwerten Niall die Sicht. Doch er blieb weiterhin auf dem Gas und hielt das Lenkrad fest mit seinen Händen umklammert.

Sophia drehte sich kurz in meine Richtung. Ich versuchte ihren Blick zu deuten, der für mich eine Mischung aus Verzweiflung und Entsetzen ausmachte. Damit kurbelte sie meine Gedankengänge mächtig an. Selbst wenn wir es dieses Mal schafften zu entkommen, wie lange würden wir ungeschoren davonkommen? Man würde nicht aufhören nach uns zu suchen, jeden Winkel durchforsten, so lange bis man uns gefunden hatte.

Ein leises Schluchzen entfuhr meiner Kehle, als ich an Kieran dachte. Er war noch so klein, so hilflos. Er benötigte unsere Liebe und Geborgenheit. Ich wollte ihn nicht verlassen müssen und sterben, nicht jetzt. Es war noch viel zu früh.

Liam, der meine Tränen bemerkte, tastete kurz nach meiner Hand, sprach jedoch keinen Ton. Vermutlich wollte er Niall nicht ablenken, der wirklich alles menschenmöglich tat, damit wir nicht eingeholt wurden.

Zitternd wartete ich auf das Hinweisschild, welches die Entfernung zur nächsten Ausfahrt anzeigte. Meine kalten Finger gruben sich in den Sitz und mein Atmen ging unregelmäßig, als ich das grüne Etwas mit der weißen Schrift ausmachte. Fünf Meilen bis zum Countdown, sollten wir diesen noch erleben und nicht schon vorher draufgegangen sein.

Fünf Meilen, die sich endlos dahinzogen. Obwohl wir mit total überhöhter Geschwindigkeit auf der Interstate entlangrasten, kam es mir vor, als würden wir Stunden benötigen, um die Ausfahrt zu erreichen, die vielleicht unsere Rettung war. Vielleicht auch nicht – doch das würde sich noch zeigen.

Wie immer fiel es mir schwer damit umzugehen, dass ich keinen Einfluss auf unsere Lage nehmen konnte. Einfach abwarten war noch nie mein Ding gewesen, aber ich hatte in diesem Fall keine andere Möglichkeit.

Um mich abzulenken beobachtete ich Liam, der sein Handy zückte, um darauf herum zu tippen.

„Was machst du da?" Leise kamen die Worte über meine Lippen.

„Ich schicke Alistair eine Nachricht", kam es zurück.

Dabei wirkte sein Gesicht hochkonzentriert, wenngleich auch besorgt.

Seufzend lehnte ich mich in den Sitz zurück. Selbst wenn Alistair antwortete, er konnte uns im Moment nicht helfen.

„Mist", hörte ich Niall fluchen, auf den ich nun wieder meine volle Aufmerksamkeit lenkte.

Vor uns tauchte ein langsamer LKW auf, welchen er nun überholen musste. Der Spurwechsel kostete Zeit, die wir eigentlich gar nicht besaßen. Jede Sekunde war kostbar und entschied womöglich darüber, ob wir den Klauen der Verfolger entfliehen würden oder nicht. Bevor ich dazu kam, meine Worte an Liam zu richten, bemerkte ich, wie er seine Waffe zückte, welche er seit unserem Aufbruch aus Grand Junction unter seiner Jacke verborgen hielt.

„Wenn es nicht anders geht, muss ich schießen", lauteten seine entschlossenen Worte, zu denen Niall und auch Sophia nickten.

„Ich unterstütze dich", ließ Letztere verlauten, was ein komisches Gefühl in mir auslöste.

Natürlich wusste ich, dass auch sie eine Dienstwaffe besaß, mit der sie hervorragend umzugehen wusste, trotzdem kam es mir merkwürdig vor. Vermutlich, weil Sophia ansonsten durch eine weibliche Ausstrahlung dominierte und eine Waffe nicht zu ihr passte. Aber sie verrichtet den gleichen Job wie Liam, und das tat sie verdammt gut.

Sie versuchte Niall zu beruhigen, damit er keinen Fehler beging, obwohl ich die Angst in ihren Augen sehen konnte. Unsere Nerven waren zum Zerreißen gespannt, das wurde gerade deutlich.

„Festhalten", kommentierte Niall, als er den großen LKW überholte.

Kaum fuhren wir in den Windschatten des Gefährts hinein, fühlte es sich an, als würden wir jeden Moment aus der Spur herausgetragen werden, so stark drückten die Böen. Verzweifelt versuchte ich meine Atmung unter Kontrolle zu halten, als eine riesige Wasserfontäne gegen das Fenster spritzte. Ich kam mir vor, wie auf einem Boot und nicht wie in einem Auto. Krampfhaft versuchte Niall die Herrschaft über das Fahrzeug zu wahren. Ich sah ihm an, dass er unter totalem Stress stand. Aber ich konnte ihm nicht helfen, keiner von uns war dazu in der Lage, denn nur er steuerte den Hummer. Da man in den USA sowohl links als auch rechts überholen durfte, hatte Niall sich für die rechte Seite entschieden, um gleich auf der richtigen Spur zu sein, was die Ausfahrt anbelangte. Doch diese lag noch in weiter Ferne.

Während der den LKW mit halsbrecherischem Tempo überholte, kamen die Verfolger immer näher. Ich schluckte, als ich sah, dass Liam seine Pistole bereit machte.

„Lass sie ein Stück herankommen, Niall. Dann kann ich schießen."

Ich hörte, wie Nialls tief durchatmete, bevor er antwortete.

„Tu, was du tun musst, Liam. Ich werde versuchen, es nicht zu vermasseln."

Eine weitere Wasserfontäne schwappte in Richtung Fenster und ließ den Hummer fast aus der Spur geraten. Nur mit größter Mühe gelang es Niall durch das Gegensteuern den Wagen auf der Straße zu halten. Mein Atem ging immer rascher und als die Verfolger sich näherten, fühlte ich die Schweißperlen auf meiner Stirn.

Ohne Rücksicht auf Verluste betätigte Liam den elektrischen Fensterheber, nahm den Wagen, der hinter uns war ins Visier und drückte ab. Nicht nur einmal, nein, gleich drei aufeinanderfolgende Schüsse mussten meine Ohren verkraften. Jedes Mal zuckte ich zusammen, wie unter einem Peitschenhieb.

„Die Kugeln werden vom Wind weggetragen, es ist schwer zu treffen", hörte ich Liam zu Sophia sagen, die nun ebenfalls das Fenster hinunterließ und ihre Waffe in Gebrauch nahm. Man konnte nicht sehen, ob die Schüsse ins Leere gingen, doch wir bekamen postwendend Antwort. Unser Auto wurde ebenfalls beschossen.

„Niall gib Gas, es hat keinen Zweck, wir müssten sie noch näher rankommen lassen aber dann würde es zu gefährlich werden", erklärte Liam hastig.

„Verdammt! Gerade jetzt taucht wieder ein LKW auf!"

Niall fluchte permanent, doch das tat er nur, um seine Angst zu verbergen. So gut kannte ich meinen Mann auf jeden Fall. Er wollte sich nicht anmerken lassen, dass die Nervosität komplett von ihm Besitz ergriffen hatte.

Instinktiv zog ich den Kopf ein und rollte mich auf der Rückbank neben Liam zusammen. Ich wollte nicht sehen, wenn wir von der Straße abkamen, weil wir getroffen wurden. Und ebenso wenig wollte ich den Einschlag der Kugeln hören. Mein Herz raste und meine Gedanken drehten sich nur um Kieran. Ich wollte bei ihm sein und nicht hier, in mitten in einer Verfolgungsjagd, deren Ausgang sich mehr als nur ungewiss abzeichnete.

Gerade als ich mir die Ohren zuhalten wollte, ertönte Nialls Ruf. „Festhalten!"

Einer Rakete gleich schoss der Hummer an dem LKW vorbei. Ich hatte das Gefühl, dass die Räder den Boden nicht mehr berührten und wir in der Luft schwebten. Vielleicht vermittelte auch das Wasser, welches sich zwischen dem Asphalt und den Reifen befand, diesen Eindruck. Aquaplaning, davor fürchtete ich mich in jenem Augenblick am meisten.

Hart federte der Hummer auf dem Boden auf und es dauerte einige Sekunden, ehe ich begriff, dass wir uns noch immer auf der Interstate befanden, doch gerade an der Ausfahrt vorbeirauschten.

„Verdammt, Niall! Du hast es verpasst!"

Sophias Stimme hallte durch den Wagen, doch keiner von uns dreien reagierte darauf. Vielmehr waren wir damit beschäftigt, auf das Szenario zu starren, welches sich vor unseren Augen auftat. Ein großer LKW geriet ins Schlingern, der Fahrer verlor die Kontrolle und das Gefährt stand quer auf der Fahrbahn. Ein Durchkommen war nicht möglich, weder rechts noch links.

Ich zählte die Sekunden runter und wartete, dass Niall bremste, doch das tat er nicht. Mit voller Geschwindigkeit steuerte der Hummer auf den LKW zu. Entsetzt schlug ich eine Hand vor den Mund, während die andere sich in Liams Oberschenkel krallte.

„Niall, nein! Du musst bremsen!", schrie ich schrill.

Auch Sophia stieß einen kurzen Schrei aus, der jedoch in der darauffolgenden Geräuschkulisse unterging.

Es klang mörderisch, als Niall den Hummer in den linksseitigen Grünstreifen steuerte. Dreck flog durch die Luft und das ständige Auf und Ab nahm mir fast den Atem. Jeden Moment rechnete ich damit, dass wir umkippen würden, doch stattdessen ging es immer weiter. Ich hatte keine Ahnung, wohin wir fuhren, konnte schon lange nichts mehr sehen und musste Niall einfach vertrauen. Konsequent ging sein Blick nach vorne, Schweiß stand auf seiner Stirn, doch er hielt das Lenkrad fest umklammert. Wie ein Kapitän sein sinkendes Schiff, das er nicht verlassen durfte.

Und dann begriff ich, was er vorhatte. Niall bretterte über den Grünstreifen, der zur gegenüberliegenden Seite der Interstate führte. Somit fuhren wir nun wieder in die entgegengesetzte Richtung, zur rettenden Ausfahrt.

„Ich glaube, wir haben sie abgehängt", kam es von Liam, dessen Blick permanent zur Heckscheibe hinausging.

Doch Nialls Reaktion ließ mich wissen, dass wir uns noch nicht in Sicherheit befanden. „Wer weiß wie lange", brachte er hervor, während er den Wagen in Richtung Ausfahrt lenkte, die endlich in unserem Blickfeld auftauchte. Und dann passierte es.

Aufgrund der Wassermassen, welche die Ausfahrt hinunterliefen wie ein Wasserfall, geriet der Hummer urplötzlich ins Schleudern und wir wurden in den Graben gedrängt. So sehr Niall auch versuchte gegenzusteuern, es gelang ihm nicht.

„Verdammt!", fluchte er mit verzweifeltem Gesicht.

Wir hatten Glück im Unglück, denn der Wagen blieb einfach im Matsch stecken, ohne sich zu rühren. Ich stieß mir die Schulter an, verdrängte jedoch den Schmerz, als ich Liams Stimme hörte.

„Los, raus hier!", kommandierte er, „wir müssen abhauen, bevor die Mafia zurückkommt!"

Im strömenden Regen rannten wir in Richtung Highway. Niall hielt meine Hand fest umklammert, während meine nassen Haare in der Stirn hingen und mir die Sicht erschwerten. Doch ich wollte nicht aufgeben, wir mussten weiter, um zu überleben. Keuchend stolperte ich durch den Regen, das Herz hämmerte wie verrückt in meiner Brust und alles an was ich denken konnte, war unser Sohn. Eigenartigerweise gab mir das die Kraft, die ich benötigte um immer weiter zu laufen und nicht nach hinten zu schauen.

Nach fünf Minuten rennen und völlig außer Puste, stoppte schließlich ein LKW am Straßenrand. Obwohl der Regen noch nicht nachgelassen hatte, stieg der Fahrer aus und begab sich zu uns.

„Was ist passiert? Kann ich euch helfen?", erkundigte er sich sofort.

„Ja, wir hatten einen Unfall. Könntest du uns bis in die nächste Stadt mitnehmen?", fragte Liam.

„Ja klar, das ist kein Problem. Ist jemand von euch verletzt?"

„Nein, wir sind alle ok und nur ein bisschen nass geworden", antwortete Niall.

Gleichzeitig drückte er meine Hand, die noch immer zitterte.

„Gut, dann steigt ein."

Glücklicherweise befanden sich zwei Decken in dem großen Truck, die wir benutzen durften, um unsere nassen Körper ein wenig aufzuwärmen. Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich gegen Niall, der sofort seine Arme um mich legte.

„Es tut mir leid, Baby", murmelte er zerknirscht.

„Es war nicht deine Schuld", wisperte ich unter Tränen, denn Kieran schob sich gerade wieder in meine Gedanken.

Bevor Niall etwas erwidern konnte, tauchte ein Ortsschild vor unseren Augen auf. Da der Regen inzwischen nachgelassen hatte, konnte man den Namen erkennen: Wichita.

„Wo soll ich euch denn abliefern?", erkundigte sich der Fahrer.

„Beim nächsten guten Hotel", antworteten Liam und Sophia synchron.

Das tat der nette Mann dann auch und so kam es, dass wir zwei Doppelzimmer im Drury Plaza Hotel, welches in der Innenstadt lag, bezogen.

Völlig fertig ließ ich mich auf dem Doppelbett nieder, die nassen Haare hingen in meiner Stirn.

„Sienna, es tut mir so leid. Ich habe mein Bestes versucht."

Nialls blaue Augen ruhten auf meinem Gesicht. Er wirkte völlig übermüdet und ausgelaugt. Doch ich gab ihm keine Schuld.

Langsam erhob ich mich, stellte mich vor ihn und küsste ihn sanft auf die Lippen. Niall umfasste mein Gesicht mit beiden Händen und erwiderte den Kuss. Es tat gut zu spüren, dass er da war, hier, bei mir. In seiner Gegenwart fühlte ich mich sicher und geborgen.

„Niall, du hast alles richtig gemacht", flüsterte ich, als unsere Lippen sich wieder voneinander lösten. „Du hast uns gerettet und das war großartig."

Um ihm zu demonstrieren, wie sehr ich ihn brauchte und wie sehr ich ihm vertraute, schmiegte ich mich eng an ihn. Er sollte nicht das Gefühl bekommen, versagt zu haben. Kein anderer hätten diesen Wagen bei jenen Wetterverhältnissen sicherer und besser durch die Straßen steuern können, davon war ich überzeugt.

Als er eine feuchte Haarsträhne aus meinem Gesicht strich, begann er zu lächeln.

„Ich liebe dich, Baby. Das werde ich immer tun, egal was passiert."

Sein Blick sprach Bände und sagte mir, dass er immer für mich da sein würde, ungeachtet der Tatsache, was noch alles auf uns zukommen konnte. Dinge, die nicht vorhersehbar waren zeichneten nun unseren gemeinsamen Weg. Ich schluckte kurz, als Niall mit seiner Hand über meine Wange streichelte.

„Ich vermisse Kieran so sehr", flüsterte ich mit Tränen in den Augen.

Selbst im schwachen Schein der kleinen Lampe konnte ich erkennen, dass auch Nialls Augen feucht wurden, als er mit rauer Stimme wisperte: „Ich auch."

Ein Seufzend entwich meiner Kehle und ich registrierte die feuchte Kleidung, die sich noch an meinem Körper befand. Wenn wir uns nicht erkälten wollten, sollten wir diese schleunigst ausziehen. Das Schlimme an der Geschichte war, dass wir sämtliche Koffer im Wagen zurückgelassen hatten und somit nichts Trockenes zum Anziehen parat hatten. Zum Glück war die Unterwäsche nicht nass geworden, doch gegen einen frischen BH und Slip hätte ich keine Einwände gehabt. Das musste jedoch bis morgen warten, da die Geschäfte bereits geschlossen hatten.

„Komm, lass uns duschen gehen", holte Nialls Stimme mich aus den Gedanken. „Sonst erkältest du dich noch, Baby."

Wie immer dachte er zuerst an mich, was ein kleines Lächeln auf meine Lippen zauberte. Schnell entledigte ich mich der Kleidung und warf diese achtlos über den großen Sessel, welcher in dem geschmackvoll eingerichteten Zimmer stand. Niall tat es mir gleich und nur wenige Minuten später verweilten wir gemeinsam unter der Dusche. Es tat gut, das warme Wasser zu spüren, welches mich innerlich wieder zu Kräften kommen ließ. Der heiße Strahl weckte meine Lebensgeister und ließ mich spüren, dass es sich zu kämpfen lohnte. Alleine für Kieran mussten wir dies tun. Wir durften ihn nicht enttäuschen, denn er brauchte uns.

Nach dem Duschen trockneten wir uns ab und hüllten uns in die weißen Bademäntel, welche vom Hotel zur Verfügung gestellt wurden. Sie fühlten sich weich und flauschig auf der Haut an. Zudem erfüllten sie ihren Zweck: Wir mussten unser nasse Kleidung nicht wieder anziehen. Da das Hotel einen Zimmerservice besaß, konnten wir sogar etwas zu Essen ordern. Bevor wir jedoch dazu kamen, in der Speisekarte zu stöbern, klopfte es an unserer Zimmertür.

„Wer ist da?", fragte Niall.

„Liam und Sophia", meldete sich Liams Stimme.

Sofort öffnete Niall die Tür, um unsere Freunde hineinzulassen, die sogleich das Zimmer betraten. Auch die waren nur mit Bademänteln bekleidet, was Niall einen lockeren Spruch entlockte.

„Hm, für eine Pyjama Party sind wir nicht ganz passend angezogen, aber wir können ja eine Bademantel Party daraus machen."

Wir lachten alle drei kurz auf, dann setzte Sophia sich auf das Bett und begann zu sprechen.

„Alistair hat uns eine Nachricht geschickt. Er wird gleich anrufen und möchte mit uns Vieren gemeinsam reden."

Wir warteten keine Minute, da meldete sich Liams Handy. Sofort nahm er den Anruf seines Vorgesetzten entgegen. Da es sich um eine Skypeunterhaltung handelte, konnten wir ihn sehen. Liam legte das Handy auf das Bett, damit das Display für alle gut zu sehen war.

„Hallo Alistair."

„Hallo ihr Vier. Was zur Hölle war da los?"

Liam erklärte kurz, was sich zugetragen hatte, was Alistair ein Schnaufen entlockte.

„Verdammt! Sie sind euch auf den Fersen! Wir müssen herausfinden, wie es dazu kam und wo die Schwachstelle liegt. Das ist nicht lustig!"

„Ich will nicht hoffen, dass es an den Handys liegt", ließ Liam verlauten.

„Nein, die habe ich überprüfen lassen, nachdem du mir die erste Nachricht geschickt hast", entgegnete Alistair.

Seine Aussage erleichterte mich ein wenig aber trotzdem musste es der Mafia irgendwie gelungen sein, uns ausfindig zu machen.

„Fakt ist", fuhr Alistair fort, „dass wir etwas unternehmen müssen."

Seine entschlossene Stimme unterstrich seinen Gesichtsausdruck, der Bände sprach. Wie schlimm es jedoch werden sollte, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt.

„Sienna." Als ich meinen Namen hörte wusste ich, dass Alistair mir etwas Unangenehmes sagen würde.

„Es tut mir leid aber es geht nicht anders."

Meine Kehle fühlte sich trocken an, als ich krächzend die Worte „Was geht nicht anders?", hervorbrachte.

„Ich muss dich und Niall trennen. Du wirst alleine mit Sophia weiterreisen und Niall mit Liam. Ich kann es nicht riskieren, dass ihr beiden nun in der Schusslinie steht. Das ist zu gefährlich, zumal wir noch nicht wissen, wo sich die Schwachstelle befindet."

Es fühlte sich an wie mein Todesurteil. In dieser Situation von Niall getrennt zu werden, ließ mich innerlich zusammenbrechen.

„Ab wann?", würgte ich unter Tränen hervor.

„Morgen."

Uns blieb noch eine verdammte Nacht und vielleicht würde es die letzte unseres Lebens sein.

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Ihr könnt es rot im Kalender anstreichen: Das Kapitel endet nicht wirklich mit einem Cliffhanger. Aber ich denke, das ist an dieser Stelle auch nicht nötig, da noch viele Fragen offen sind.

Ab jetzt gibt es wieder regelmäßige Updates, das nächste Kapitel wird vermutlich am Donnerstag kommen.

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen und habt euch inzwischen von den 20 Fakten über mich erholt.

LG, Ambi xxx

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