07. Vegas, Baby!
♪ Sin City – AC/DC
Niall
Immer wieder starrte ich auf die Zeilen, welche ich Sienna gerade vorgelesen hatte.
„Der Prinz wurde eingebuchtet. Die Mafia ist wütend, die Sicherheitsvorkehrungen werden verstärkt."
Bei dem Prinzen handelte es sich um den Sohn des Drogenmoguls aus Kolumbien. Das war mir inzwischen hinlänglich bekannt. Er trat in allen Dingen die Nachfolge seines Vaters an. Doch wenn er im Gefängnis saß, bedeutete dies lebenslange Haft. Man würde sich dafür rächen wollen. An mir.
Ich konnte sehen, dass Alistair diese Mitteilung an alle seine Mitarbeiter geschickt hatte und wunderte mich deshalb nicht, dass es binnen der nächsten Sekunde hektisch an unsere Tür klopfte.
„Niall, Sienna! Seid ihr wach? Macht bitte auf!"
Liams Stimme hörte sich nicht gerade sanft an und so erhob ich mich und eilte zur Tür.
„Komm rein."
Anhand meines Gesichtsausdrucks musste er erkannt haben, dass ich bereits im Bilde war. Hinter ihm quetschte sich Sophia ins Zimmer und dann standen wir zu viert im Raum.
Ich legte einen Arm um Sienna, die noch immer zitterte und sich ganz nahe an mich drückte. Ihre Angst war deutlich zu spüren und ich sah es als meine Aufgabe, sie ein wenig zu beruhigen. Seit Anbeginn des Desasters hatte ich mir geschworen, mich nicht in Angst und Schrecken versetzen zu lassen. Sonst war unser Dasein nicht mehr lebenswert.
„Ihr habt Alistairs Nachricht gelesen." Es war mehr eine Feststellung als eine Frage von Liam, worauf Sienna und ich synchron nickten.
„Gut. Also hört zu. Regt euch nicht auf, wir sind auf der Hut. Ihr habt neue Ausweise mit neuen Namen. Alistair ist mit Kieran sicher in London gelandet, was bedeutet, dass die Mafia von diesem Schritt keine Ahnung hatte. Sie wissen nichts über Kierans Existenz, denn er taucht zum Glück in keinen Unterlagen auf. Ihr braucht euch wirklich keine Sorgen um euren Sohn zu machen."
„Ich weiß, dass er bei Alistair und Rosie in Sicherheit ist", erwiderte ich so ruhig wie möglich.
Dabei streichelte ich kurz über Siennas Rücken. Ihre Wangen glänzten noch immer durch die Nässe der Tränen, welche sie vor kurzer Zeit vergossen hatte. Langsam normalisierte sich ihre Atmung und als Sophia zu sprechen begann, hörte sie aufmerksam zu.
„Alistair möchte, dass wir wie geplant nach Las Vegas fahren. Allerdings hat er aus Sicherheitsgründen darauf bestanden, dass wir einen anderen Wagen nehmen. Mark kümmert sich gerade darum. Er besorgt ein großes Auto für uns, mit dem wir bequem reisen können."
Ich musste zugeben, dass das Netzwerk äußerst präzise arbeitete und sich außerdem durch eine sehr gute Organisation auszeichnete. Und wie immer behielt Alistair die Übersicht und traf die nötigen Vorsichtsmaßnahmen.
„Wir warten jetzt, bis Mark den Wagen aufgetrieben hat, dann fahren wir los", erklärte Liam.
„Aber wir sollten vorher frühstücken und vor allem das Packen nicht vergessen", warf Sophia lächelnd ein.
Noch immer hielt ich Sienna mit einem Arm umklammert, doch ich spürte, dass sie zusehends ruhiger wurde und nun auch den ersten Satz sprach.
„Von mir aus können wir gerne zusammen frühstücken. Niall und ich haben schon fast alles eingepackt."
„Fein, dann macht euch fertig und wir treffen uns dann bei uns in der Suite." Liam nickte uns zu, als er das von sich gab.
Wir beeilten uns und sprachen kaum ein Wort, als wir uns anzogen und die letzten Sachen in unseren beiden Koffer verstauten.
„Du ist so... gelassen, Niall."
Ihre blauen Augen blickten in meine.
„Es bringt nichts, wenn ich mich aufrege. Ich kann nicht ändern, was passiert. Und die Hauptsache ist jetzt erst einmal, dass Kieran in Sicherheit ist, oder nicht?"
Sie nickte und seufzte. „Ja, da hast du recht. Das ist das Wichtigste."
„Liam und Sophia werden uns schon an den Ort unserer Bestimmung bringen."
„Den wir noch immer nicht kennen", vollendete Sienna meine vorangegangene Bemerkung.
„Ich wünschte, wir wüssten, wohin die Reise geht", setzte sie noch hinzu.
Alistair hielt es in dieser Beziehung wie immer. Er würde es uns mitteilen, wenn er es für richtig hielt. Ich hatte keine Ahnung, ob Liam und Sophia im Moment das genaue Ziel kannten, ging jedoch davon aus. Eines wussten sie jedoch nicht: Die exakte Route, die zu unserem neuen Heimatort führte. Wir konnten überall landen und die Angabe 'im Norden' hörte sich sehr vage an. Seattle, Minnesota und selbst Maine kamen in Frage. Ebenso Kanada. Toronto war eine Stadt, die mich brennend interessiert hätte aber auch Montreal, Ottawa oder Vancouver fand ich durchaus ansprechend, auch wenn die klimatischen Verhältnisse dort vollkommen anders aussahen, als im sonnigen Süd-Kalifornien. Der Mensch gewöhnte sich jedoch an vieles, vor allem, wenn er keine andere Wahl hatte.
Bevor ich meinen Koffer endgültig schloss, entnahm ich diesem meine Waffe. Sofort schaute Sienna auf, sprach jedoch keinen Ton. Die Munition für die Pistole befand sich in meinen Rucksack, der als Handgepäck diente und ich steckte diese samt Halfter mit hinein.
„Ich wäre dann soweit", erklärte ich, worauf Sienna mit einem „Ich auch", antwortete.
Gemeinsam verließen wir unsere Suite, um dann bei Liam und Sophia an die Tür zu klopfen.
Das Frühstück ließen wir uns vom Zimmerservice liefern und während wir zum letzten Mal die Köstlichkeiten in Marks Hotel genossen, führten wir ein Gespräch.
„Las Vegas haben wir von hier aus in gut vier Stunden erreicht", begann Liam seine Ausführungen. „Dort bleiben wir zwei Tage. Bevor wir abreisen, teilt Alistair uns das nächste Ziel mit."
„Wisst ihr, was das kuriose an dieser Situation ist?", warf Sienna ein.
„Was denn?" Wir schauten alle zu ihr.
„Dass ich schon immer mal nach Las Vegas wollte. Allerdings hatte ich mir die Umstände anders vorgestellt."
„Das haben wir wohl alle", seufzte Sophia.
„In welchem Hotel werden wir dort nächtigen?", erkundigte ich mich.
„In einem der Besten, im Wynn." Liam grinste mich an. „Ich war schon einmal dort, die haben den coolsten Night Club der ganzen Stadt."
„Als ob uns das etwas nützen würde", sagte ich sarkastisch.
„Warum denn nicht? Ich habe gerade mit Alistair gesprochen und er hat nichts dagegen, wenn wir uns ins Nachtleben stürzen", entgegnete Liam sofort. „Denn man gelangt nur in diesen Club, wenn man vorher reserviert. Das habe ich bereits getan, damit uns ein Tisch sicher ist."
„Außerdem sind wir der Mafia einen großen Schritt voraus sind", stimmte Sophia ihm zu.
„Inwiefern?", kam es von Sienna.
„Nun, wir tauschen den Wagen, was ein ziemlicher cleverer Schachzug von Alistair ist", erklärte Liam grinsend.
In dieser Hinsicht musste ich ihm wirklich Recht geben. Die Mafia hatte in diesem Fall das Nachsehen. Und in einer pulsierenden Stadt wie Las Vegas, die niemals schlief und in welcher sich unzählige Menschen aufhielten, fielen wir sowieso nicht auf. Es mochte komisch klingen, doch ich begann mich auf den Abend zu freuen.
Ich war schon ewig nicht mehr in einem Club gewesen. Seit Kieran auf der Welt war, gingen wir eher selten aus. Und wenn, dann meistens zum Essen oder ins Kino. Mit Theresa und Patrick als Babysitter fühlten wir uns sicher und es hatte wirklich nie Probleme gegeben. Doch dies war nun eine vollkommen andere Situation. Kieran verweilte in London und warum sollten wir die Zeit nicht nutzen?
Kaum hatten wir das Frühstück beendet, klopfte es auch schon an der Tür. Sofort erkannten wir Marks Stimme.
„Hey, Leute, euer neuer Wagen ist da. Ihr könnte jetzt abdüsen."
Fast gleichzeitig sprangen wir auf. Liam und Sophia griffen direkt nach ihren Koffern, während Sienna und ich das Gepäck aus unserer Suite holten. Wir trafen uns draußen, auf dem großen Parkplatz vor dem Hotel. Als ich den Wagen sah, fiel meine Kinnlade abrupt nach unten. Vor uns stand ein silberner Hummer.
„Der ist ja mal gar nicht auffällig", kam es sarkastisch von mir.
„Iwo, in Las Vegas sowieso nicht, da fährt jeder Zweite so ein Ding", meinte Mark lachend. „Unter seiner Haube steckt ein 6,0 Liter großer V8-Benziner mit 325 PS und einem maximalen Drehmoment von 493 Newtonmetern. Das reicht gerade so, um die drei Tonnen schwere Schrankwand ausreichend zu beschleunigen. Und wenn ihr schneller als 70 Meilen fahrt, rächt er sich mit einem exorbitanten Spritverbrauch."
„Komm schon, das Auto ist geil!"
Liam stieg als erster ein und klemmte sich sofort hinter das Steuer.
„Wir wechseln aber ab mit fahren, oder?", fragte ich sofort.
Die 325 PS Kiste wollte ich mir keineswegs entgehen lassen.
„Das tun wir."
Ich hatte beschlossen, diesen Trip nicht als eine Flucht zu sehen, sondern eine längere Reise, die uns letztendlich zu unserem neuen Zuhause führen würde. Und es war mir egal, wohin es ging. Sienna hingegen tat sich ein wenig schwer damit, dies so zu sehen. Ständig drehte sie sich auf der Rückbank um und schaute nach hinten.
„Keine Sorge, wir werden nicht erfolgt", meinte Sophia, der nicht entgangen war, wie nervös meine Frau auf dem Sitz umher rutschte.
Doch Sienna ließ sich nicht so leicht beruhigen. „Woher wollt ihr das so genau wissen?"
„Weil wir das schon längst bemerkt hätten", lautete Liams Antwort. „Immerhin sind wir gerade auf die Interstate aufgefahren, ohne dass uns jemand gefolgt ist. Dabei waren jede Menge Autos neben und auch hinter uns. Alle sind woanders abgebogen. Wenn man so lange wie Sophia und ich in diesem Beruf ist, bekommt man einen Blick dafür."
„So, wie an dem Tag, als ihr in der Wüste gelandet seid?", konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen. Da ich jedoch dabei lachte, wussten die beiden, dass ich nur Spaß machte und stimmten mit ein. Selbst Sienna konnte sich unserem Heiterkeitsausbruch nicht entziehen, was mir einige Emotionen entlockte. Das Lachen unterstrich ihr hübsches Gesicht um ein Vielfaches, ihre Augen begannen zu leuchten und die Töne, die aus ihrem Mund kamen, erklangen wie Musik in meinen Ohren. Sie war ein Geschenk und ich würde immer auf sie aufpassen, darauf achten, dass ihr nichts geschah. Dies war einer der Gründe, warum ich eine Pistole bei mir trug. Denn sollte die Mafia uns jemals zu nahe kommen, würde ich meine Frau ganz sicher verteidigen.
Auf der Hälfte der Streckte nach Las Vegas legten wir eine Pause im Mojave National Preserve Schutzgebiet ein, durch welches unsere Route führte. Dort verspeisten wir die Sandwiches, die Mark eigens für uns zubereitet und eingepackt hatte. Ebenso vernichteten den Vorrat an diversen antialkoholischen Getränken, zumindest teilweise. Obwohl heute der erste Oktober war, herrschte hier noch um die dreißig Grad Lufttemperatur. Doch wie lange würden wir diese Wärme noch genießen können?
„Hat Alistair eigentlich gesagt, ob wir warme Kleidung brauchen?", erkundigte ich mich und warf eine leere Cola Dose gekonnt in den Mülleimer, der sich einige Meter entfernt befand.
„Zu gegebener Zeit werden wir einkaufen gehen", erwiderte Sophia nur. „Liam und ich brauchen ja auch etwas, das uns wärmt."
Damit musste ich mich wohl oder übel zufrieden geben.
Sienna blickte schweigsam in Richtung Straße und spielte mit ihren langen Haaren. Langsam pirschte ich mich von hinten an sie heran und umfasste ihren schlanken Körper. Sie legte ihren Kopf ein wenig zurück, so dass ich ihre Wange küssen konnte.
„An was denkst du, Baby?", wisperte ich.
„Kieran. Hast du Alistair gefragt, wann wir mit ihm skypen dürfen?"
„Nein, und ich denke er wird mir das schon sagen, wenn es nötig werden sollte. Vermutlich verarbeitet Kieran erstmal alle neuen Eindrücke, bevor ihm auffällt, dass wir im Moment für ihn unerreichbar sind."
„Das kann gut möglich sein."
Sanft legten sich ihre Hände auf meine und ihre Finger spielten mit meinem Ehering.
„Du sollst eines wissen, Niall. Ich habe es nie bereut, mich für dich entschieden zu haben, und egal, was noch alles passieren wird, ich bin an deiner Seite."
„Ich weiß, Baby."
Meine Lippen berührten kurz ihre Schläfe und gleichzeitig spürte ich das leichte Zittern, welches von ihrem Körper ausging.
„Hab keine Angst, ich bin bei dir", wisperte ich. „Zusammen schaffen wir das."
Der leichte Druck ihrer Hand diente als Bestätigung, dass sie mir vertraute.
„Komm, lass uns zum Auto gehen", flüsterte ich.
Liam und Sophia warten bereits auf uns und so stiegen wir ohne Umschweife in den Hummer, dessen Motor wirklich beeindruckend dröhnte. Jetzt war ich an der Reihe zu fahren, was ich wirklich genoss.
Pünktlich trafen wir in Las Vegas ein, doch der sogenannte Strip, die lange Straße, an der sich ein Hotel nach dem anderen aneinander reihte, war total verstopft. Dies gab uns jedoch die Gelegenheit, jedes dieser einzigartigen Gebäude zu betrachten. Zahlreiche Hotels verschrieben sich einer Thematik. Man erblickte eine große Pyramide, ein Schloss, den Eifelturm und den Triumphbogen im Kleinformat, sowie ein Hotel mit einem großen Teich davor, fast schon ein See. Wasserfontänen schossen galant daraus hervor. Direkt daneben befand sich ein anderes Hotel, das mit einem speienden Vulkan als Attraktion aufwarten konnte. Natürlich produzierte dieser keine echte Lava, alles war gekünstelt, wirkte aber nicht so. Und dann tauchte endlich das Wynn vor unseren Augen auf. Mit seiner halbrunden, gebogenen Form und den unzähligen Panoramafenstern sowie der gepflegten Einfahrt, benötigte es keine Thematik, um hervorzustechen. Das Wynn stand für sich, wie der pompöse Schriftzug, welcher ganz oben am Gebäude prangte.
Natürlich wurde unser Wagen durch einen Bediensteten geparkt, darum brauchten wir uns nicht zu kümmern. Der Weg bis zur Rezeption erstreckte sich durch die Spielhalle, welches jedes Hotel besaß. Zumindest hatte Liam uns das alles erklärt. Man wollte die Menschen damit anlocken und manche ließen sich tatsächlich verführen, wenn sie die Spielhölle zwangsweise durchlaufen mussten, um zu ihrer Bleibe zu gelangen. Im Wynn stank es nur so vor Reichtum und Luxus.
Nachdem wir eingecheckt hatten, fuhren wir mit dem Aufzug in den fünfundzwanzigsten Stock, welcher eine nette Aussicht über die Stadt und besonders auf den Strip garantierte.
„Abends, wenn alles beleuchtet ist, wirkt das nochmal viel toller", sagte Liam.
„Das kann ich mir vorstellen." Zum ersten Mal an diesem Tag leuchteten Siennas Augen richtig begeistert auf.
Liam und Sophia belegten direkt das Doppelzimmer neben uns, was ziemlich praktisch war. Beide Räume gehörten zur Kategorie Deluxe Panoramic und boten einen wirklich tollen Ausblick. Ich wollte gar nicht wissen, was der Spaß hier kostete und manchmal bekam ich echt ein schlechtes Gewissen, wenn ich daran dachte, dass die Regierung für unsere überaus luxuriöse Reise aufkam. Nicht nur, dass sie unsere Leben schützten, nein, sie machten auch alles so angenehm wie möglich. Und vermutlich würde unser neues Heim ebenso ansprechend wie das alte in Oceanside sein.
Da es gerade früher Nachmittag war, beschlossen wir zu viert über den Strip zu bummeln. Hand in Hand liefen Sienna und ich vor Liam und Sophia her. Auf Außenstehende wirkten wir sicher wie zwei gut befreundete Paare, die gemeinsam einen Trip nach Las Vegas begangen hatten. Mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und Wachsamkeit machte ich mich auf den Weg, die Stadt der Sünden zu erkunden.
Es war interessant, sich die unterschiedlichen Hotels von innen anzusehen. Am meisten beeindruckte mich das Venetian, eine Nachbildung der Lagunenstadt Venedig. Dort gab es sogar einen Wasserkanal der durch zahlreiche Gondeln bevölkert wurde. Gegen das entsprechende Entgelt konnte man sich von dem Gondoliere herumfahren lassen. Wir verzichteten jedoch darauf und marschierten stattdessen weiter.
„Es gibt hier zwei Outlets, da können wir Klamotten kaufen", ließ Sophia plötzlich einfließen.
Sofort war Sienna Feuer und Flamme. „Wann gehen wir hin?" lautete ihre Frage, die sie direkt in die Runde schmiss.
„Ich würde sagen, sofort."
Liam und ich wurden gar nicht gefragt, die beiden Frauen hatten das einfach unter sich ausgemacht. Aber sie waren ja schon immer extrem gut miteinander klar gekommen. Es freute mich, dass sich dies selbst nach drei Jahren nicht geändert hatte.
Nachdem unser Shopping Trip beschlossene Sache war, gingen wir zum Hotel zurück und holten den Wagen, um zum Outlet zu kutschieren, welches sich fast schon außerhalb der Stadt befand. In der Tat fielen wir mit dem silbernen Hummer gar nicht auf, denn hier gab es sogar die Stretch-Version dieses Autotyps, die hin und wieder vor den Hotels parkte.
Im Outlet angekommen, stürzten sich die beiden Frauen sogleich auf die Designer Marken, welche dort zu stark herabgesetzten Preisen angeboten wurden. Aufgrund des warmen Wetters waren wir echt versucht, kurze Klamotten zu kaufen, doch Liam und Sophia hielten uns erfolgreich davon ab.
„Ihr habt gehört, dass es Richtung Norden für euch geht. Also solltet ihr warme Kleidung kaufen", riet Liam.
„Du meinst, dicke Pullover und Sweatjacken?" Siennas verzweifelter Blick ließ mich wissen, dass es nun wirklich in andere Breitengrade ging.
„Ähm ja, und auch Socken und Boots und auch noch dickere Jacken, so etwas wie Parkas."
Als Sophia das aussprach, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Bestimmt würden wir nach Seattle gebracht werden. Dort war es oftmals kalt und regnerisch, also machten die Boots durchaus Sinn.
Es dauerte eine ganze Weile, bis jeder seine Einkäufe beisammen hatte und da Sienna auch noch Kleidung für Kieran mitnahm, schaffte wir es gerade so, kurz bevor unser Mägen auf dem Boden schleiften, das Outlet Center zu verlassen. Glücklicherweise befand sich in der Nähe ein Steakhouse, in das wir einkehrten, um unseren Hunger zu stillen.
„Ich freue mich schon so auf den Night Club", ließ Sophia verlauten, bevor sie ein Stück von ihrem Steak abschnitt.
„Da bist du nicht die Einzige", meinte ich grinsend.
„Hast du als angehender Priester auch die Clubs in London unsicher gemacht?", wollte Liam wissen, worauf ich nur trocken antwortete: „Ich habe damals alles mitgenommen, was nur ging."
„Inklusive den Black Room in einem Swinger Club", setzte Sienna mit einem vielsagenden Lächeln hinzu.
„Das war meine beste Idee überhaupt", gestand ich freimütig, „sonst hätten wir uns niemals kennengelernt, Baby."
Zur Unterstreichung meiner Aussage küsste ich sie auf die Nasenspitze, was ihr ein Lachen entlockte. Insgeheim hoffte ich, dass sie ihre Fröhlichkeit bald wieder zurückgewinnen würde. Spätestens dann, wenn wir uns am neuen Heimatort befinden würden.
Wie schon im Outlet Center zückte Liam auch im Steakhouse seine Kreditkarte.
„Keine Sorge, Niall. Sobald du wieder an dein Geld kannst, werde ich dir die Rechnung präsentieren", zog er mich auf.
Im Moment konnte ich weder eine Kreditkarte, noch eine normale Bankkarte verwenden. Alistair hatte sämtliche Konten beschlagnahmen lassen. Das Geld würde zu einer Bank an unserem neuen Bestimmungsort transferiert werden und dort auch unter meinem neuen Namen zur Verfügung stehen. Ich hatte noch hundert Dollar Bargeld einstecken und bei Sienna sah es nicht viel besser aus. Damit mussten wir bis zu unserem Eintreffen in der neuen Heimat auskommen, deshalb war es gut, dass Liam und Sophia uns im Auftrag der Regierung quasi aushielten.
„Das nächste Mal bin ich dann wieder dran mit bezahlen", erklärte Sophia.
„Ja, morgen darfst du deine Kreditkarte auspacken, Darling. Aber heute spiele ich den Gentleman. Das gilt auch für alles, was wir im Club auf den Kopf hauen."
Das taten wir in der Nacht wirklich ohne Reue und Gewissensbisse. Die Cocktails im XS, dem Nummer eins Club in den USA, schmeckten einfach bombastisch. Ich konnte nicht genug davon bekommen. Ebenso faszinierte mich die Atmosphäre des Establishments. Dieses besaß sogar einen Pool, in dem das Baden erlaubt war. In einem Night Club, mitten in Las Vegas. Aufregender und kurioser hätte unsere Reise gar nicht sein können. Selbst Sienna ließ sich von der guten Stimmung anstecken und zog mich auf die Tanzfläche, wo wir uns den Rhythmen hingaben. Der Alkohol bewirkte, dass wir uns immer mehr entspannten. Trotzdem blieb ich in meinem Innersten wachsam.
Niemand, den ich nicht kannte, sollte Sienna zu nahe kommen, obwohl alles darauf hindeutete, dass wir uns momentan in Sicherheit befanden.
Liam und Sophia hatten beileibe nicht so sehr dem Alkohol zugesprochen wie wir beide, vor allem Sophia nicht. Dennoch amüsierten sich die zwei prächtig. Hin und wieder beobachtete ich, wie Liam sich mit einem der Security Leuten unterhielt, die grundsätzlich in jedem Club anzutreffen waren. Es würde mich nicht wundern, wenn er sogar Einsicht in die Gästeliste erhalten hätte, denn ehrlich gesagt traute ich Liam in dieser Hinsicht eine Menge zu. Kompetenz zählte durchaus zu seinen Stärken.
Vielleicht zeigten Sophia und er sich deshalb so entspannt. Weil sie ziemlich genau vorhersagen konnten, dass uns hier keine Gefahr drohte.
Lächelnd umfasste ich Siennas Taille, um sie ganz nahe an mich heranzuziehen. Ihre Hände legten sich in meinen Nacken und begannen mit meinen Haaren zu spielen.
„Baby, wenn du nach oben gehen möchtest, dann musst du es nur sagen", raunte ich ihr ins Ohr.
„Ach weißt du, ein Black Room wäre jetzt echt nicht schlecht", flüsterte sie mit anzüglicher Stimme. Prompt wanderte eine Gänsehaut über meinen kompletten Körper. Sie hatte mich gerade eiskalt erwischt, denn nun konnte ich an nichts anderes mehr denken.
Gerade als ich den Vorschlag machen wollte, Liam und Sophia Bescheid zu geben, dass wir uns aufs Zimmer zurückziehen würden, brach ein Tumult am Eingang des Clubs aus. Genau dort, wo Liam und der Sicherheitsbeamte gestanden hatten. Von beiden war nichts mehr zu sehen, doch Sophia stand plötzlich atemlos vor uns. Die Sätze, die sie sprach, bewirkten, dass mein Puls blitzartig nach oben schnellte.
„Liam hat mir gerade eine Nachricht per Handy geschickte. Draußen, vor dem Hotel gab es eine Schießerei."
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Es war ja klar, dass ich euch mit einem neuen Cliffhanger beglücke, oder?
Danke für die 7 k reads, das ist krass und vor allem für die wundervollen Kommentare, die ihr mir immer zukommen lasst! Das ist ein großer Ansporn für mich.
Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen und freue mich schon auf euer Feedback!
LG, Ambi xxx
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