Kapitel 20
Nach Kunst am nächsten Tag brachte ich so schnell ich konnte meine Schultasche nach oben in unsere Hütte, bürstete mir meine Haare durch und lief dann wieder nach unten. Am Fuß der Leiter wartete Felix schon auf mich. „Gehen wir?", fragte er lächelnd.
Ich nickte und hatte das Gefühl ich würde gleich implodieren vor Glück. Wir liefen nach links und ließen die Lehrerbäume schnell hinter uns. Gute zwanzig Minuten später setzten wir uns nebeneinander auf den unteren Ast einer alten Eiche.
Aus der Nähe fiel mir erst auf, wie hübsch er eigentlich wirklich war. Die strubbeligen braunen Haare hingen ihm tief in die Stirn. Seine gelben Augen blickten mich so liebevoll an, dass mir wieder warm wurde. Sein Gesicht war ein wenig kantig mit feinen Zügen. Er war das, was meine alten Klassenkameraden wohl als „Lauch" betitelt hätten, aber das war mir gerade so egal wie es nur ging.
„Bleibst du in den Ferien eigentlich hier? Also nächste Woche.", fragte ich.
„Nein. Ich geh nach Hause zu meinen Pflegeeltern. Und du?"
„Ich geh auch heim, aber zu meinen richtigen Eltern."
„Sind die auch Wandler?"
„Nur mein Vater, aber meine Mutter weiß es."
„Ich hab meine richtigen Eltern nie kennen gelernt."
„Oh."
Schweigend saßen wir eine ganze Weile da, schließlich fragte ich: „Wie war eigentlich eure Lernexpedition?"
„Nicht sonderlich ereignisreich. Das einzige was wir gefunden haben, war ein Mauswandler, der war aber ganz zufrieden und wollte nichts von Menschen hören."
Ich lächelte. „Ist David eigentlich immer so übel, wie er sich uns gegenüber immer verhält?", fragte ich schließlich behutsam.
„Nein. Zu mir überhaupt nicht, aber ich glaube es liegt daran, dass Amelie ihn zurückgewiesen hat. Er hat viel Stolz weißt du. Kennst du sie eigentlich gut?"
„Geht so. Ich kenn sie ja grade mal nen Monat."
Er nickte. „Hast du Haustiere?"
„Ja, einen Kater. Tiger heißt der. Unkreativ. Ich weiß, aber glaub mir, der ist fetter als so mancher Sumoringer. Mit dem könntest du Straßen plattwalzen."
Er lachte. Es klang wie Musik in meinen Ohren.
Wir saßen noch ewig auf dem Ast. Irgendwann nahm Felix vorsichtig meine Hand, die neben mir auf dem Ast lag, in Seine. Ein Kribbeln breitete sich von meinem Arm durch meinen gesamten Körper aus. Als es schließlich langsam dunkel wurde seufzte ich.
„Ich glaub, wir müssen zurück, sonst verpassen wir das Abendessen."
Gemeinsam sprangen wir vom Ast und liefen Hand in Hand zurück zur Schule. Wenige Meter vor der Schule stoppte ich. „Ich glaube, wir sollten nacheinander zurück, oder?"
Widerwillig ließ er meine Hand los. „Ich denk mal, das wäre besser."
Und dann tat ich Etwas, das mir vor vier Wochen nicht mal im Traum eingefallen wäre. Ich umarmte ihn. Kurz und fest. Es fühlte ich so wunderbar an, wie er seine Hände auf meine Schultern legte.
Dann ließ ich ihn los und lief ohne ein weiteres Wort zum Abendessen. Wenige Minuten später folgte Felix. Er sah mich nicht an, sondern setzte sich ohne ein weiteres Wort zu David.
Natürlich fingen Amelie und Lotti sofort an mich auszuquetschen.
„Habt ihr euch geküsst?", fragte Lotti neugierig.
„Was, nein!?"
„Was habt ihr dann gemacht?", hakte Amelie nach.
Ich senkte meine Stimme: „Wir haben hinten im Wald auf einem Ast gesessen und uns unterhalten. Dann hat er irgendwann meine Hand genommen und – hey, hört auf zu kichern ihr Hühner."
„Tilda ist verlieeehieebt.", spotteten beide leise.
„Ihr seid doch nur neidisch."
„Vielleicht.", kicherte Lotti, „Vielleicht aber auch nicht. Du wirst es nie erfahren."
Die Herbstferien rückten näher. Die besonderen Ereignisse hielten sich in Grenzen. Ich schaffte es nicht mehr, mich mit Felix zu treffen. David klebte zu sehr an ihm.
Zeitweise machte das Gerücht die Runde, jemand wäre in Frau Ackerpelz' Büro eingebrochen, dieses verlief aber schnell im Sand.
Am Freitag bekamen wir unsere Noten für die Lernexpeditionen. In Geheimhaltung hatten wir eine 2, in Zusammenarbeit eine 1, in Verwandlungen eine 3, in Auftragserfüllung eine 2, vermutlich weil Benny einfach Kyona genommen hatte, und in Problemlösung eine 1. Gesamtnote also eine 2.
Amelies Gruppe hatte ebenfalls eine Zwei bekommen.
Am Nachmittag holte meine Mutter mich ab. Eine Woche würde ich zuhause bleiben. Amelie und Lotti blieben hier. Amelie um ihre Tarnung aufrecht zu erhalten und Lotti, weil sie ja praktisch hier wohnte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top