Kapitel 16

Die Kunststunde über kam Amelie mir extrem abgelenkt vor. Wir hatten die Aufgabe bekommen, ein Bild in zweiter Gestalt zu malen. Sie starrte immer noch mit großen Hundeaugen auf ihr leeres Blatt, während ich versuchte mit meinen Ohrspitzen eine Landschaft zu malen.

Hier waren vor allem die Vogelwandler im Vorteil. Felix und Karlotta, eine Turmfalkenwandlerin, saßen glücklich mit den Pinseln in den Krallen auf ihren Tischen. Martin bemühte sich währenddessen, sein Papier nicht in Fetzen zu reißen. Was er da fabrizierte konnte man wohl nur als moderne Kunst betiteln.

Lotti stempelte mit ihren kleinen Pfoten und war von oben bis unten mit Farbe beschmiert. Benny versuchte irgendwie den Pinsel im Maul zu halten, als Wolf gar nicht so einfach. Unsere beiden Katzen verzichteten vollständig auf Pinsel und malten einfach mit ihren Schwanzspitzen. Besorgt sah ich zu Amelie.

Das war nur eine ganz normale Eule. Ich weiß nicht, wovor du Angst hast, aber bitte, vergiss es doch wenigstens für die nächsten zwei Stunden.

Ich konnte ihr Hirn förmlich rattern hören. Irgendwann nickte sie langsam.

Ja. Ja, ich denk das sollte ich wirklich.

Während ich darauf wartete, dass mein Hintergrund trocknete und ich endlich weitermalen konnte, beobachtete ich die anderen im Klassenzimmer ein wenig weiter. Amelie begann zögerlich mit einer Pfote zu malen.

Völlig am verzweifeln war Sonja. Malen in Pferdegestalt war wirklich schwer. Den Schweif über dem Papier hin und her schwingend versuchte sie wenigstens irgendwas zustande zu bringen. Buchensturm hatte offensichtlich versuch mit seinem Geweih zu malen. An einer Spitze hing ein Stück Papier, und es war so bunt, dass man ihn auf zehn Kilometer im Wald noch gesehen hätte.

Jetzt konnte ich auch verstehen, warum uns Ms. Maywood am Anfang der Stunde den Raum mit Plastikplanen und Zeitung hatte auslegen lassen. Sie lief als Mensch in einem ihr deutlich zu großem T-Shirt und einer Malerhose, beides inzwischen sehr bunt, durch die Reihen und gab mehr oder weniger hilfreiche Tipps.

Inzwischen war mir auch Ninas Zweitgestalt bekannt. Eine Zecke. Und als solche machte sie von uns allen eindeutig die beste Figur, indem sie immer wieder durch einen Farbklecks lief und feine Linien übers Papier zog.

David, der in seiner Dachsgestalt gelangweilt die Pfoten aufs Papier klatschte, wurde gerade von einem Steinbock angehimmelt. Ich kickte Amelie mit der Hinterpfote leicht in die Seite. Schau mal, da., kicherte ich. Gerade präsentierte das Steinbockmädchen David ein Bild, das so aussah, als hätte jemand in einen Topf Farbe geniest. Ich hörte sie sagen, es sei ein Portrait von ihm. Amelie und ich prusteten gleichzeitig los. Eine heitere Stimmung erfüllte den Raum.

Als wir eigentlich aus gehabt hätten gingen nur David, Felix, Peter und Victoria. Der Rest blieb da und malte weiter.

Karlottas Bild war eines der Schönsten, eine Landschaft mit Vögeln, Schafen und einem Fluss. Ninas Liniengemälde ergab auf einige Entfernung das Gesicht von Schatten. Schattens Bild war, naja, auch nicht schlecht. Sie hatte mit dunklen Farben eine Galaxie gemalt, allerdings hatte sie sich, um die Farben ineinander zu arbeiten mit vollem Körpereinsatz über ihr Papier gerollt. Jetzt war auch ihr, eigentlich getigertes Fell, schwarz, lila und blau.

Amelies kompletter Kopf war voller Farbe, ihr Papier dagegen noch fast leer.

Was genau hast du eigentlich..., fing ich gerade an, als sie ihren Kopf mit voller Wucht aufs Papier klatschte. Sie hob ihren Kopf wieder. Auf dem Blatt prangte jetzt ein Hundekopf und meine rechte Seite zierten rot-grüne Sprenkel.

Buchensturm hatte sich einfach kurzerhand selber zum Kunstwerk erklärt und sich noch ein paar mehr Zettel aufs Geweih gespießt. Lotti war gerade fröhlich dabei, ihn noch etwas bunter zu machen. Ms. Maywood ging mit einer kleinen Digitalkamera herum und machte Bilder.

Mein Gemälde war so gut wie fertig und dafür, dass ich es mit meinen Ohren gemalt hatte sah es gar nicht soo kacke aus. Nach und nach brachten wir alle unsere Bilder nach hinten ins Klassenzimmer zum Trocknen.

Ms. Maywood machte weitere Fotos von uns allen in Bunt. Ich posierte mit einer leicht rosa gefleckten Karlotta auf dem Kopf. Das beste Bild gaben aber Amelie und Benny als Wolf, wie sie beide mit farbigen Schnauzen nebeneinanderstanden.

Um halb fünf blickte unsere Lehrerin seufzend auf die Uhr. „So leid es mir tut, wir müssen langsam aufhören. Ich hoffe die Stunde hat euch wenigstens Spaß gemacht." Von allen Seiten ertönte ein mehrstimmiges Miauen, Schnauben und Bellen zurück. „Aufräumen tu ich alleine. Ihr seid da, glaub ich, keine große Hilfe. Geht ins Waschhaus und wascht euch in zweiter Gestalt. Eure Klamotten habt ihr ja schon vorher da deponiert."

Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Weg zum Waschhaus. Davor trennten wir uns. Die Jungs nach links, wir Mädchen nach rechts. Zum Glück waren die Türen so breit, dass sogar Martin mit seinem Bärenkörper durchpasste.

Nina schwamm als Zecke einmal durch eine kleine Pfütze und war sofort sauber. Sie verwandelte sich zurück, zog sich an und schrubbte Lotti die Farbe aus dem Fell. Sie verwandelte sich zurück und so weiter.

Die meisten von uns passten problemlos in die zahlreichen Waschbecken und konnten dort gewaschen werden. Die größeren wurden in die Gemeinschaftsdusche verfrachtet, die im Vergleich zu den Einzelduschen die deutlich bessere Wahl war.

Clara, das Fuchsmädchen, schrubbte mir die Farbe aus den Pinselohren und dem Fell. Danach machten wir uns gemeinsam über Amelie her, die deutlich farbiger war als manch anderer. Schatten und Johanna sträubten sich gegen das Wasser, aber irgendwann waren auch sie sauber. Unsere größte Herausforderung stand allerdings noch vor uns. Sonja.

Alle gemeinsam schrubbten wir der Haflingertute mit sanfter Gewalt die Farbe aus dem Fell, dem Schweif und der Mähne.

„Ich stell mir grade vor wie das wohl drüben bei den Jungs sein muss. Ob die wohl die ganze Farbe von Buchensturms Geweih kratzen?", kicherte Lotti. Ebenfalls lachend wuschen wir weiter.

Als wir schließlich fertig waren, liefen wir lachend und schwatzend zum Abendessen. Spät abends in der Hütte war ich so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Schatten und Nina waren noch mit zu uns gekommen und wir spielten Mensch-ärgere-dich-nicht, mit allen möglichen Zusatzregeln und Variationen. Nach fast drei Stunden, hier kam uns die Nachtruhe, beziehungsweise die Nichtexistenz derselben, entgegen, gewann schließlich Schatten.

Heute hatte ich keine Probleme damit einzuschlafen. Sobald ich mich zugedeckt hatte fielen mir die Augen zu.


(Ich find das immer komisch, dass die FF hier so gut wie keine Kommis bekommt. Also entweder mache ich alles halbwegs richtig, oder alles falsch XD)

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