#7 Gestohlen

Aiden war also sein Name. Und er war ein Mann. Ein wirklich sehr großer, muskulöser und gutaussender Mann mit schwarzen Haaren, die im Licht einen wunderschönen dunkelblauen Schimmer hatten. Und anders als bei mir war seine Haut braungebrannt und makellos. Nur seine Augen waren fast identisch geblieben. Denn die Pupillen waren nicht mehr wie bei einer Katze, sondern nun wie bei einem Menschen. Ich wusste nicht was beeindruckender war. Aiden als Drache oder Aiden als Mensch. Sie waren dafür gemacht angehimmelt und verehrt zu werden.

Doch er hatte mich nackt gesehen und ich hatte ihn ebenso nackt gesehen. Noch nie hatte ich einen Mann berührt und dann sowas. Ich konnte ihn kaum ansehen. Wie sollte ich mich denn jetzt nur verhalten? Aiden beobachtete mich und ich war mir dessen sehr wohl bewusst. Mein Gesicht färbte sich sofort rot. Es war besser sich auf das Essen zu konzentrieren, aber wollte er mir etwa dabei zusehen? So konnte ich nicht essen.

»Muss ich alleine essen?« fragte ich etwas zu bissig. Doch er setzte sich einfach zu mir, nahm seine Serviette legte sie über seine Hose und begann zu essen. Und ich tat es ihm gleich. Nicht sicher, ob ich dies richtig tat. Das Geschirr war so zart und fein gestaltet. Und ein riesiger Drache aß davon. Nichts davon war ansatzweise normal. Dieses prunkvolle Zimmer überstieg selbst die wildesten Vorstellung. Ich hatte diese Materialien noch nie gesehen, geschweige den berührt. Wo war ich nur? Was war hier los? War ich hier sicher? Und wie konnte ein Drache auch ein Mensch sein!? Aiden war zwar ein großer Mann, aber der Drache war nun mal gigantisch. Wo war der Rest hin!?

Mein Kopf rauchte von all den unbeantwortet Fragen. So wie die Nase vom Drachen als wir noch im Vulkan waren. »Schmeckt es dir nicht?« fragte mich Aiden. Ich konnte ihn immer noch kaum ansehen. Zum einen, weil er so wunderschön war und zum Anderen, weil ich alles davon gesehen und teilweise berührt hatte. »Es ist bei weitem das Beste was ich je gegessen habe« antwortete ich ihm wahrheitsgetreu. »Wieso isst du dann wie ein Spatz?« Ich seufzte laut auf. »Du verhälst dich, als wenn das alles hier ganz normal wäre.« Aiden legte sein Besteck zur Seite. »Ist es dass denn nicht?«

»Wie kannst du das Fragen? Ich esse mit einem Drachen zu Mittag. Von so feinem Geschirr, dass ich angst habe es zu zerbrechen. Dabei bist du viel stärker als ich. Du hast beim Trinken aus deiner Tasse selbst den kleinen Finger gestreckt gehalten. Du bist das also gewohnt. Und dieses Zimmer, dieser Palast, was du da trägst... Ich verstehe nicht was hier los ist. Wer bist du und was tue ich hier? Warum hat mich noch keiner wieder mitgenommen? Oh Himmel!!! Ist das etwa meine Henkersmahlzeit?«

Aidens magmafarbende Augen wurden groß und sein Blick wurde anschließend sofort wütend. Er legte seine Hand auf meine und machte mich damit völlig bewegungsunfähig. »Was wurde dir angetan?« fragte er mit so dunkler und donnernden Stimme, dass ich eine Gänsehaut bekam. »Wieso antwortest du mir nicht. Ist das... werde ich...« Der Drache stand so zornig auf, dass sein Stuhl nach hinten kippte, ein lautes Scheppern verursachte und mich ängstlich zusammenzucken ließ.

Aiden stellte sich vor mich und dann kniete er sich hin. »Du bist hier, weil ich es so will. Du bleibst hier, weil ich es so will. Und dir wird nichts geschehen, weil ich es so will. So einfach ist das. Ich werde nicht zulassen, dass man dich verletzt oder mitnimmt. Meinen Namen kennst du bereits. Mir gehört dieser Palast und ich bin der Kaiser dieses Reiches. Mein Wort ist Gesetz. Niemand würde es wagen sich mir zu widersetzen. Und wenn doch wird es Konsequenzen geben.«

Ich war in ein Märchen geraten. Oder ich hatte mir den Kopf angeschlagen als ich auf dem Boden des Vulkans aufkam. Vielleicht träumte ich aber auch gar nicht und war sogar tot. Ich fing laut und hysterisch zu lachen an. Das hier war nicht real! Das hier konnte gar nicht real sein! Ich stellte fragen, dabei war das alles gar nicht echt! Wie naiv ich doch manchmal war.

»Ein Drachenkönig der ausgerechnet MICH rettet und in sein Palast mitnimmt.« Ich lachte noch lauter.
»Na klar! Dabei ist das hier gar nicht real. Ich Wette, wenn ich dich Küsse, dann wirst du zu einem Frosch und das alles verwandelt sich in nichts. Wahrscheinlich bin ich gar nicht mehr am Leben und das hier ist das danach.«

Doch Aiden lachte nicht. Er presste stattdessen federleicht seine weichen Lippen auf meine und zog sich dann zurück. »Ich bin ein Drachenkaiser und kein König gar schleimiger Frosch und das ist sehr wohl real.« Ich riss meine Augen auf und legte meine Finger an meine Lippen. Dann stand ich auf und hielt eine Hand schützend vor mich. »Das muss aufhören!« Aiden legte seinen Kopf schräg und sofort war das Bild von ihm als Drachen in meinen Gedanken.

»Was muss aufhören?« fragte er mich abwartend und verwirrt. »Diese Körpernähe. Du bist kein Drache. Du bist ein Mann! Und was denkst du dir überhaupt dabei mir meinen ersten Kuss zu stehlen!« Seine Brauen trafen sich nachdenklich in der Mitte. »Aber du hast dich nackt an mich gedrückt. Du hast angefangen. Und der Kuss war praktisch eine Aufforderung zu beweisen wie echt das alles ist.« Mir blieb die Spucke weg. Was bildete er sich ein. Selbst als Kaiser hatte er nicht das Recht so mit mir umzugehen. Meinen erstens Kuss hatte ich mir so bestimmt nicht vorgestellt. Ich wollte gerade sprechen, da sprach er.

»Außerdem war es auch für mich mein erster Kuss. Wir sind quitt.« Quitt? Na ganz bestimmt nicht! Stehlen und schenken war doch ein großer Unterschied. Außerdem war er ein Kaiser und noch dazu ein so gutaussehender. Er hatte bestimmt schon ganz viele geküsst. Wie viele es wohl waren? Wie sie wohl aussahen? Sicher sahen sie so attraktiv und gut gekleidet aus wie er. Vom hohem Stand und nicht wie ein leerer, trister, farbloser Fleck in dieser so bunten Welt. Wieso machte mich dieser Gedankengang nur so furchtbar traurig. Ich wusste doch schon so lange, dass ich anders war. Und doch tat diese Wahrheit gerade jetzt schrecklich weh.

Ich schüttelte den Kopf, dann stand ich auf. Niemand würde sich je um mich kümmern. Nie! Schon gar nicht ein Kaiser. Ein Drachenkaiser. Was auch immer das hier war. Es sollte aufhören. Denn mehr konnte ich nicht ertragen. Ich schaute zum offenen Fenster und dann lief ich schnell darauf zu. Ich wollte noch einmal fliegen. Doch kurz bevor ich mich dadurch hinab stürzen konnte, da wurde ich aufgehalten. »Kendra...« Aidens Stimme war nicht wütend. Es war alles andere als das. Seine Stimme streichelte liebevoll meine Seele. Doch Tatsache war. Ich war es nicht wert.

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