#27 Geduld

Ich war nach wie vor erstaunt über die Fähigkeiten von Alkim und Amitola, während ich mich um die Kleinen kümmerte. Lediglich Elena zog meine Aufmerksamkeit von den Jungen auf sich. Ungeduldig wechselte sie von einem Bein aufs andere. »Es sind gleich zwei', äußerte sie begeistert. »Ihr habt so viel Glück - eigentlich wir alle. Es gab schon lange keinen Nachwuchs mehr. Allerdings sind die neuesten Verpaarungen ja auch schon eine geraume Zeit her.«

Ihre zuvor spürbare Begeisterung schien einen Augenblick in Traurigkeit umzuschlagen, und ich fragte mich, ob sie sich vielleicht einsam fühlte. »Ich hatte so sehr gehofft, in diesem Jahr einen Partner zu haben. Nichts gegen euch, ich freue mich für euer Glück, aber ich möchte nicht wie so viele andere warten müssen. Mir reicht es jetzt schon, ich bin nicht besonders geduldig«, äußerte sie und blickte erneut auf die Babys, bevor sie seufzte. Anschließend platzierte sie sich, sicherlich zum zehnten Mal, in einem gewissen Abstand auf dem Bett neben mir.

»Ein grüner Drache steht kurz vor dem Erwachsenwerden, und die Aussichten für mich sind vielversprechend. Immerhin gibt es sonst nur weibliche Jungtiere. Dennoch sind die Wälder nicht gerade der Ort, an dem ich leben möchte. Die anderen Drachenmännchen sind jedoch deutlich älter als ich. Bisher bin ich ihnen aus dem Weg gegangen. Vielleicht sollte ich es jedoch wagen. Was denkst du darüber?« Erwartungsvoll sah sie mich an. »Ich habe damit keine Erfahrung, aber ein Kennenlernen klingt auf jeden Fall vielversprechend.«

Nachdenklich nickte sie zustimmend. Alkim nutzte diesen Moment, um mit dem Trinken aufzuhören, und Elena nahm ihn mir ab. Sanft strich sie ihm über den Rücken, und kurze Zeit später machte er sein Bäucherchen. »Ich beneide dich wirklich sehr, Kendra. Sie sind beide einfach bezaubernd. Dennoch frage ich mich, wie es dazu gekommen ist. Du bist hier, und das Chaos, das die Jungen mit ihrem Geschrei verursacht haben, ist nicht zu übersehen. So etwas geschieht nicht einfach von selbst.«

Erschrocken blickte ich sie an. »Bist du damit nicht vertraut?«, fragte ich. Elena schüttelte traurig den Kopf. »Nein, wir sind Drachen; wir können nicht zaubern.« Amitola hatte inzischen auch fertig getrunken und ein Bäucherchen gemacht. »Es muss etwas mit dir zu tun haben, Kendra. Anders kann ich es mir nicht erklären. Könnten deine Eltern vielleicht...« Ich schüttelte bereits den Kopf.

»Meine Eltern sind nur Menschen, genau wie meine Geschwister. Ich habe mich schon immer durch mein Aussehen von ihnen unterschieden. Möglicherweise ist mein Vater nicht mein leiblicher Vater. Zumindest hat er das oft angedeutet, und ich habe es spüren können. Doch ich weiß es nicht mit Sicherheit«, gestand ich bedauernd. »Es tut mir leid, Kendra. Ich war zu Beginn nicht gerade freundlich zu dir. Ich wünschte, ich könnte alles ungeschehen machen.« Sie legte tröstend kurz ihre Hand auf meine, und ich lächelte.

»Das gehört der Vergangenheit an. Nun sind wir Freundinnen.« Elenas Augen weiteten sich, und im Anschluss schimmerte ihr Blick. »Ja, das sind wir«, antwortete sie leise. In diesem Augenblick trat meine Zofe ein, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie eintreten durfte. Sie brachte Windeltücher und diverse andere Utensilien mit, die ich jetzt benötigen würde. »Sollen wir alles einmal durchsehen?«, fragte Elena.

Ich fühlte mich dankbar, da ich mit der Betreuung von Babys wenig Erfahrung hatte. Die Gegenstände, die mir präsentiert wurden, versetzten mich in Unruhe. In dieser Situation lernte ich Elena auf eine ganz neue Weise kennen - liebevoll, sanft und geduldig. Ich war mir sicher, dass sie eines Tages jemandem großes Glück bringen würde, denn sie hatte mich bereits überaus glücklich gemacht, indem sie meine Kinder mit so viel Herzlichkeit angenommen hatte. Daher war ich mir bereits jetzt bewusst, dass sie unsere Patentante werden sollte.

Trotz allem gab es noch ein ungelöstes Thema zwischen uns. Aufgrund meines Handelns war sie ja schließlich in den Kerker gekommen. Ich hatte so viel, was ich ihr zu verdanken hatte. Als ich jedoch ansprach, was uns belastete, winkte Elena schnell ab und wollte nicht weiter darüber reden. Also machten wir uns auf die Suche nach Aiden und fanden ihn mit Victor im Sitzungssaal. Bei unserem Erscheinen verstummten sie sofort, was mir ein mulmiges Gefühl bereitete, doch ich bemühte mich, nichts davon zu zeigen.

»Ich habe dich wirklich vermisst«, flüsterte Aiden leise, als er mir einen sanften Kuss gab. Dabei bemerkte ich, dass Victor sich zu Elena begeben hatte und sie leise miteinander sprachen. Als ich jedoch sah, dass Elenas Gesicht eine blasse Farbe annahm, wurde ich neugierig. »Wir haben wirklich zwei tolle Exemplare geschaffen, oder?«, lenkte Aiden mich ab. »Ja, das stimmt, auch wenn ich weiß, dass es nicht ganz normal ist. Und was die Beiden da flüstern, wirkt alles andere als gut. Was ist hier eigentlich los?«

»Es ist einfach schrecklich. Völlig schrecklich«, sagte Elena fassungslos. »Das ist absoluter Unsinn. Das ist machbar.« Ich wandte meinen Blick zu Aiden, der nervös mit den Zähnen knirschte. »Unsere Hochzeit findet morgen statt«, verkündete er schließlich. Meine Augen weiteten sich. »Morgen!?« Auch ich spürte, wie mir der Farbverlust ins Gesicht stieg. Die Ereignisse hatten sich doch sehr schnell entwickelt. »Wir müssen zum Ältesten. Je schneller wir verheiratet sind, desto schneller können wir aufbrechen«, versuchte Aiden weiter zu erklären.

»Was Aiden dir mitteilen möchte, ist, dass er sich nichts sehnlicher wünscht, als keinen Tag mehr von dir getrennt zu sein. Offiziell ist die einzige Möglichkeit, dies durch die Heirat zu erreichen, damit ihr ein Zimmer teilen könnt, unabhängig davon, ob ihr Kinder habt oder nicht. Jetzt, da das geklärt ist, wie sieht es mit der Patenschaft aus?«, fragte Victor in einem schnellen Ton. Aiden hingegen reagierte verärgert und schnaufte: »Glaubst du wirklich, dass ich nach so einem Unsinn, den du gerade von dir gegeben hast, zustimmen werde?«

»Warum sollen wir den Ältesten aufsuchen?«, fragte ich als Erstes. »Vielleicht kann er uns mehr über dich und unsere Kinder erzählen. Er verlässt sein Zuhause nicht, daher bleibt uns nichts anderes übrig, als zu ihm zu gehen.« Einerseits verspürte ich den Wunsch, mehr zu erfahren, andererseits hatte ich Angst davor. »Wird er also nicht zu unserer Hochzeit kommen? Muss er dem nicht zustimmen?« Aiden schüttelte den Kopf. »Ich bin der Anführer der Drachen. Warum sollte er also zustimmen müssen?«

Ich stellte jedoch eine Gegenfrage: »Sollte er dann nicht sogar erst recht erscheinen?« Aiden überlegte kurz, bevor er erneut schnaubte. »Sie hat recht. Wie kann er es wagen, nicht zu kommen?!« empörte er sich und steigerte sich immer weiter in seinen Unmut hinein. Elena und Victor hielten jeweils ein Baby im Arm, während ich versuchte, meine Nerven zu bewahren, da morgen unsere Hochzeit anstand. Der heutige Tag war schließlich bereits ein einziges Chaos.

»Ist ihm denn überhaupt schon bekannt, dass wir heiraten?«, fragte ich nachdenklich. Aiden hielt in seinem Umherlaufen inne und betrachtete mich aufmerksam. »Wie könnte er das wissen? Schließlich war er nicht hier«, erwiderte er. Mein Geduldsspiel neigte sich dem Ende zu. »Sollten wir ihn und die Anderen dann nicht einladen? Oder wie verhält sich das hier? Ich fühle mich, als säße ich auf glühenden Kohlen.« Aiden seufzte zufrieden. »Glühende Kohlen wären jetzt tatsächlich genau das Richtige.«

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