#24 Irrglaube
Meine Schuldgefühle waren nicht auszuhalten. Ich war so wütend gewesen. Doch hatte sie all das nicht verdient. »Ich bin ein Idiot!«, sagte ich, während ich mich Kendra langsam näherte. »Wirst du mir meine Worte und meinen Wutanfall verzeichen?«
Kendra ließ sich langsam sinken während sie nickte und mich anschließend ansah. »Darf ich?«, versuchte ich einen Satz zu bilden. Doch wusste ich nicht wie ich diesen beenden sollte. »Natürlich«, antwortete sie und dieses eine Wort ging mir durch und durch. Ich musste schlucken als ich nur noch einen Schritt von ihr entfernt war.
Ich küsste sie und nahm vorsichtig neben ihr Platz. Ich wollte sie nicht verletzen. Nun war mir aber klar wieso sie mir nicht um den Hals gefallen war, als sie mich endlich wieder sah. Kendra konnte nicht weg. Und das bedeutete, dass ich es auch nicht konnte. »Du darfst schon noch atmen Aiden.« Ich nickte einmal, denn ich traute mich nicht mich zu bewegen. Undenkbar, wenn ich nur eine falsche Bewegung tat.
»Und sprechen darfst du auch«, sagte Kendra, für meinen geschmackt, etwas zu vergnügt. Wieder nickte ich einmal. Ich schaute sie nicht an. Nur zu Boden und wieder schluckte ich. »Hat der starke Drachen, der Herrscher ohne Empathie etwa angst?« Mir entging nicht, dass Kendra mich neckte. »Ich habe noch niemals so eine angst verspürt wie jetzt«, gestand ich jedoch heiser.
»Und ich habe mich noch nie so sicher gefühlt wie jetzt.« Ihre sanfte Stimme breitete eine Wärme in mir aus und ich musste ihren Blick begegnen. Sie war so wunderschön anzusehen. Es kam mir unwirklich vor, dass sie noch bei mir war. Und so eine Dankbarkeit hatte ich noch nie verspürt. »Wirst du mir also helfen oder wirst du weiter schweigen und Statur spielen?« Meine Augen wurden groß und ich senkte beschämt den Kopf.
»Ich kann dir nicht helfen. Es könnte sogar schaden.« heftig schüttelte ich den Kopf, um im nächsten Moment wieder zu versteinern. Keine falsche Bewegung du Dummkopf! Kendra brach neben mir in einen lauten Lachanfall aus und selbst jetzt traute ich mich nicht zu ihr zu schauen. »Aiden, dass ist doch unsinn. Du musst doch einsehen...« »Sowas tun wir einfach nicht!«, unterbrach ich sie.
»Fein«, war alles was sie sagte. Dann stand sie auf und ging langsam zum Wasser. Meine Augen wurden bei jedem Schritt größer und als sie dann das Wasser trank, da bewegte ich mich. Langsam und völlig ruhig. Okay das war gelogen. Ich bewegte mich blitzschnell und panisch und hechelte als wäre ich die letzten Jahre nur mit meinen menschlichen Beinen gerannt.
»Du kannst doch nicht einfach...« Doch Kendra unterbrach mich dieses Mal seelenruhig und gelassen. »Trinken? Essen? Überleben?« Mein Herz raste wie niemals zuvor. Wie konnte sie nur so ruhig bleiben? »Du, du weißt, du weißt genau, was ich meine«, stotterte ich mir ab. So weit war es schon gekommen, dass ich keinen vernünftigen Satz hervor brachte. Kendra schlenderte langsam zu mir zurück. Und auch wenn ich am durchdrehen war, entging mir nicht wie sie sich bewegte.
Sie hypnotisierte mich während ihr Duft mich benebelte. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich über meine Miene. Wahrscheinlich sah ich reichlich dümmlich aus, aber das war mir egal. Kendra gehörte mir und ich war sehr stolz darauf. Meine Nase richtete sich immer weiter Richtung Deckenhöhle und mein Hals wurde immer länger. Es fehlte nur ein bisschen bis ich mir wie ein Gorilla auf die Brust geschlagen hätte.
»Ich weiß zwar nicht was in deinem Kopf vorgeht, aber du siehst nicht mehr so ängstlich, gar zufrieden aus.« Ich nickte mit meiner uneleganten Fratze. »Du gehörst mir, mir ganz alleine!« Kendra kicherte süß, legte sich neben mich und blickte mir tief in die Augen. »Gehörst du dann auch mir? Mir ganz alleine?« Zufrieden nickte ich wieder. Nur um dann den Kopf zu schütteln und wieder panisch zu werden.
»Oh oh« war alles was ich von mir geben konnte. Ich hatte gewusst, dass ich das vermasseln würde. Doch Kendra wollte mir ja nicht glauben. Ich sprang auf und entfernte mich von ihr. Ich erstarrte auf der Stelle und eine tiefe Trauer fand mich sofort. »Komm zurück zu mir, Aiden.« Was verlangte sie denn da!? Ich richtete meinen Blick zu Kendra und da passierte es.
Ich sank auf den Boden, da meine Beine von alleine nachgaben. »Kendra...«, flüsterte ich. Doch sie bewegte sich nicht. War selbst wie erstarrt. Risse taten sich auf und vermehrten sich. Bis sie tiefer wurden, aufplatzen und immer mehr Teile auf dem Gesteinsboden aufkamen. Ich erzitterte von der Intensität die mich deshalb einnahm. Dann kroch ich vorsichtig zurück zu Kendra.
Es war vorbei. Unsere Zeit war einfach so vorbei. Vor mehr als einem Jahr habe ich aus diesem Grund geheult. Und auch jetzt tat ich es. Nur war der Grund dafür ein ganz anderer. Denn jetzt begann eine Zeit zu viert. Ich musterte die zerbrochen Eierschalen und anschließend die Geschöpfe darin. Mein Herz war so warm geworden. Wärmer als das Bad im Magma am heißesten Sommertag.
»Ich habe sie nicht zerstört.«, sagte ich erleichtert. »Nein, du hast ihnen die nötige Wärme gegeben, die sie gebraucht haben, Aiden«, antwortete mir Kendra, die Mutter unserer Drachenbabies. Ich blicke diesen wundervollen weißen Drachen an, deren Verbundenheit eindeutig dem Wasser und der Kälte golt. Meine kleine Schneeflocke. »Du bist alles was ich nicht bin und alles was ich immer gebraucht habe«, gestand ich.
»Bist du glücklich? Ich weiß, dass es nicht das ist, was du dir gewünscht hast. Die Farbe...« Die Sorge in Kendras Stimme war nicht zu überhören. »Du hast recht, dass ist nicht das was ich mir gewünscht habe. Es ist so viel besser Kendra. Schau sie dir an. Sie sind einmalig und dabei sind sie zu zweit.« Kendra lächelte erleichtert, während sich unsere Kleinen zu ihr geschlichen haben und sich an sie kuschelten. Und auch ich suchte mir einen Platz bei den Dreien.
»Du bist mein Wunder und sie sind es auch.« Ich schaute zu den kleinen Wesen und konnte mich wie an Kendra einfach nicht satt sehen. Das sie sich nun zwischen uns platzierten, machte mich zum wahrscheinlich rührseeligsten Drachen aller Zeiten, aber es war mir gleich. Und als wir ihnen Namen passend zu ihrem Aussehen gaben, da war ich wahrscheinlich auch der stolzeste Drache.
Alkim für unseren Erstgeschlüpften und Amitola für unsere Zweitgeschlüpfte. Es gab keine Aufzeichnungen darüber, dass jemals mehr als ein Ei gelegt wurden war. Kendra musste sich einen sicheren Ort als Drache gesucht haben, nachdem sie erwacht war. Der Instinkt einer Drachenmutter suchte den perfekten Ort aus, um die Eier zu legen und sie zum Ausschlüpfen zu bringen. Und zwar sofort, wenn sie spürten, dass sie Nachwuchs erwarteten.
Es wunderte mich nicht wieso sie diesen Ort ausgewählt hatte. Bislang waren alle Drachen aus ihren Eiern geschlüpft. Doch die Dauer bis das passierte war unterschiedlich lang. Bei mir verging ein Tag. Da ich der mächtigste Drachen war dachte ich immer, es lege an der Stärke eines jeden. Doch was vorhin geschehen war, öffnete mir die Augen. Woher wusste Kendra, dass ich die Eier berühren musste? Das ich ihnen nichts anhaben konnte?
Die Drachenväter mussten sich von den Eiern fern halten. Von dem Ort an dem das Nest war auch. So wurde es an jeden Drachen weitergegeben. Ich konnte mich allerdings nicht daran halten, weil mein Instinkt mich zu Kendra drang. Schlüpften wir Drachen nur, wenn die Dracheneltern wieder zueinander fanden und das brühten gemeinsam übernahmen? War das ein Test? Ich wusste das meine Eltern sich sehr geliebt hatten, aber ich wusste nicht wie stark ihre Liebe tatsächlich war, wenn mein Vater es nicht einen Tag ohne meine Mutter aushielt.
Doch Kendras und meine Liebe war ebenso stark. Der Sturm draußen war vorbei. Und auch unsere stürmische und chaotische Zeit lag nun hinter uns. Die Sonne konnten wir zwar nicht sehen, aber der Regenbogen strahlte für uns. In Form von Kendras Wiedergeburt. In Form von Kendras Verwandlung. In Form von zwei kunterbunter Drachen. Die sich jediglich in der Augenfarbe und im Geschlecht unterschieden.
Meine Tochter schaute mich mit meinen magmafarbenen Augen an während mein Sohn, die hellgrauen fast weißen Augen seiner Mutter geerbt hatte, auf die er gerade blickte. Ein weißer und ein schwarzer Drachen, die zusammen Regenbogenbabies hervor brachten. »Sie sind tausend mal schöner, als die bunten Blumen in deinem Königreich«, sagte Kendra, als hätte sie meinen Gedanken aufgegriffen und weiter gesponnen.
»Du bist die erste deiner Art und damit die Anführerin der weißen Drachen. Zudem bist du meine zukünftige Gemahlin, denn nun müssen wir uns nicht mehr trennen. Es ist also unser Königreich und ich kann es kaum erwarten euch nach Hause zu bringen, um mit euch zusammen zu leben.«
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