#20 Verlust

Heute war der schönste Tag in meinem Leben und gleichzeitig war es auch der schlimmste. Er war sogar noch schlimmer als damals, als meine Eltern aus meinem Leben gerissen wurden. Kendras Herz schlug nicht mehr. Und meines fühlte sich so an, als wenn es auseinander brechen würde. Sie bewegte sich nicht und lag nur da.

So vieles hatte ich ihr zu sagen. So vieles wollte ich mit ihr noch erleben. Ein ganzes Leben. Ihr menschliches Leben wäre nie ausreichend gewesen, aber das hier!? Das hier war einfach zu wenig! Verzweiflung machte sich in mir breit. Denn wie sollte ich ohne sie weiter machen. Niemals könnte ich sie aus meinen Armen entlassen. Ihre Haut war noch blaser geworden und sie war so kalt. So furchtbar kalt. Ich musste sie warm halten.

Das erste und letzte Mal als ich so richtig geweint hatte war beim Verlust meiner Eltern. Heute weinte ich genauso wie an diesem Tag, wenn nicht sogar schlimmer. »Du darfst mich nicht verlassen.« Ich bettelte und flehte. »Kendra, Kendra, Kendra! Du musst aufwachen. Wach auf! Bitte! Ich kann ohne dich nicht existieren! Kendra! Ich liebe dich. Bitte mach die Augen auf!« Aber nichts geschah.

Sie war nicht mehr da. Meine kleine Schneeflocke die so hell für mich schien war erloschen. Und ich war nicht mehr ich. Ich würde nie wieder so sein wie ich war. Mein Dasein hatte keinen Sinn. Das alles hatte keinen Sinn. Ich legte sie vorsichtig auf meinem Bett ab und stand auf. Ich spürte den Kratzer an meinem Herzen nicht mehr, denn mein Herz war zerfallen. Ich war nicht mal mehr ein Schatten. Denn ohne mein Licht konnte ich nicht mal das sein.

Ich griff nach den Brieföffner und setzte mich wieder auf das Bett. Ich legte mich neben Kendra und hielt ihre kalte, leblose Hand. »Warte auf mich. Ich werde dich finden. Das verspreche ich dir!« Ich schaute den Brieföffner an und dann schloss ich die Augen. Es gab keine Zweifel, keinen anderen Weg. Keine wie sie. »Ich liebe dich bis über den Tod hinaus!« Ich richtete den Öffner mit der Spitze auf mich und dann stieß ich zu.

Dunkelheit, die erleuchtet wurde. Krach der darauf folgte. Und erneute Dunkelheit. Blitz, Donner, Dunkelheit. Blitz, Donner, Dunkelheit. Blitz, Donner, Dunkelheit. Ein regelmäßiger Rhythmus wie ein Herzschlag. Nur war es keiner. Regen, der wie Tränen tropfte. Regenwasser das floß wie Blut. Ein Unwetter war aufgezogen. Dabei stürmte es hier niemals. Schon gar nicht so heftig.

Ich bewege mich irritiert, denn eigentlich sollte ich tot sein. Nur war ich es nicht. Kendra die neben mir liegen solltewar verschwunden und nur ihr Blut auf meinem Bett war noch als Spur von ihr zu sehen. Mein Körper war verheilt oder war nie verletzt. Ich Begriff nicht was los war. War es ein Traum? Das Zimmer sah aus wie ich es zuletzt gesehen hatte. Doch sie war nicht hier.

Als ich aufsprang sah ich als erstes die Flasche auf dem Nachttisch, die leer war. Der Brieföffner lag nicht auf meinem Schreibttisch und ich war nackt. Mein Blick glitt durchs Zimmer und wieder zum Bett. Keine Kendra, nur Blut und etwas das darin funkelte. Ich hob den Brieföffner auf. Er war sauber, aber zu einem Winkel verbogen. Kein Blut war darauf zu erkennen. Die Fenster standen offen und das Unwetter wütete lauter.

Ich jaulte und schrie während ich mir Kleidung überwarf. Dann schaue ich durchs Fenster. Nichts! Meine Zimmertür knallte gegen die Wand, als ich sie aufgerissen hatte und zu ihrem Zimmer rannte. Davor blieb ich aprubt stehen. Atmenlos, verwirrt und ängstlich. Die Tür öffnete sich schwerfällig, weil ich befürchtete alles wäre Einbildung, aber alles lag an seinem Platz. Nur sie nicht. Wie konnte sie verschwunden sein?

Die ganze Nacht lief ich durch den Palast und anschließend durch das ganze Gelände. Immer mehr suchten mit mir. Sie blieb verschwunden. Alle redeten auf mich ein, aber ich war unfähigen eine Unterhaltung zu führen. Immer wieder wiederholte ich verschweifelt ihren Namen. Noch mehr als die Drachen losflogen und nach ihr suchten, während ich nicht imstande war mich zu verwandeln.

Der Weg in mein Zimmer schien mir endlos. Und als ich darin war, sah ich wieder ihr Blut auf meinem Bett. Der Anblick war kaum zu ertragen. Daher setzte ich mich an den Schreibtisch. Versuche zu verstehen was passiert war und wo sie sein könnte. Der Vulkan fiel mir ein. Doch sie würden darin suchen. Wenigstens das hatte ich verstanden und konnte nicken, als sie mich um Einlass baten.

Stunden vergingen und mir wurde klar, dass sie sie nicht finden konnten. Sonst wären sie zurück gekehrt. Niemand wollte mir diese schlechte Nachricht überbringen. Ich lief durch mein Zimmer. Hin und her während der Sturm immer noch wütete. Was passierte hier nur? Hunderte Male hatte ich versucht mich zu verwandeln. Ohne Erfolg. Nichts war so wie es sein sollte.

Das Bett fiel immer wieder in meinen Blickwinkel. Und ich wusste so könnte es nicht bleiben. Ich griff mir das kleinste Kissen und hielt es fest. Was ich tun sollte war klar, aber ich konnte es nicht über mich bringen sie vollständig auszulöschen. Vorsichtig setzte ich mich auf das Bett und legte das Kissen weg. Sie sollten nicht schlecht von Kendra denken. Und wenn das jemand entdecken würde, dann wüssten sie das sie die Nacht bei mir war.

Wieder versuchte ich mich zu verwandeln, aber es passierte nichts. Niemals hatte ich mich nicht verwandeln können. Ich spitze meine Ohren, aber der Donner überschatte alles. Ich konnte nichts hören. Nichts. Was war los mit mir. Was war los mit dem Wetter? Wo war sie? Sie konnte doch nicht einfach verschwunden sein!

Ein anderer Gedanke kam mir. Was wäre, wenn Elena und Victor dahinter steckten? Vielleicht taten sie nur überrascht als ich sie wegen Kendra ins Visier nahm. Vielleicht war das alles ihr Plan. So wie sie Kendra zu mir geschickt hatten. War es das? Was wenn sie nicht zurück kamen? Oder schlimmer. Was wen nur einer von ihnen zurück kam und mich erpresste damit ich eine Verbindung einging, die ich nicht wollte? Victor war außerdem an Kendra interessiert. Alles passte zusammen.

Sie könnten sie gefangen halten und sie hätten mich im Griff. Kendra war wichtig für mich. Das musste jedem nach heute in meinem Palast klar sein. Und ich wusste, dass sie lebte. Ich hatte meine Deckung fallen lassen. Ich hatte ihnen eine Chance geboten und sie haben sie ergriffen. Das war die einzige Erklärung. Und mit dieser Erkenntnis war ich nun zum ersten Mal in meinem Leben völlig Hilflos.

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