#2 Exemplar

Ich erwachte gerade aus meinem Winterschlaf und wollte mich strecken, als ich den süßen Duft wahrnahm. Einen Duft, den ich bisher noch nicht gerochen hatte. Das Magma blubberte vor sich hin und der heiße Dampf stieg in den Himmel. Ich schaute nach oben, um mich zu orientieren, wie spät es nun war. Aber etwas anderes fiel mir sofort vorher in die Augen. Es war ein Mensch, der vom Himmel fiel.

Schon wieder!? Ich stieß mich vom Boden ab und flog ihm entgegen, bis ich ihn mir mit meinen Vorderbeinen greifen konnte. Menschen waren so furchtbar dumme Geschöpfe. Immer wenn der Winter vorbei war, wurde ich auf diese schreckliche Weise geweckt. Das war die bestimmt schlechtes Art, um richtig wach zu werden. Kurz vor dem Boden ließ ich den Menschen los und landete dann anschließend auf dem harten Boden.

Der Mensch bewegte sich nicht und ich näherte mich ihm. Musste ich ihn doch sofort wieder rausfliegen? Ich hatte mir doch vorgenommen erst ein schönes, langes Bad im Magma zu nehmen. Immerhin war ich voller Lavastaub. So wollte ich wirklich nicht hinausfliegen. Ich schüttelte mich kurz, um wenigstens etwas von dem Staub zu entfernen. Dann senkte ich neugierig meinen Kopf zum Menschen.

Ich drehte ihn mit meiner Schnauze von der Rückenposition auf die Seite. Und ich war verwundert, denn der war ganz anders als die Menschen bisher. Zudem roch dieser aus der Nähe noch viel besser als zuvor in der Luft. Ich stubste ihn an, damit er wach wurde und er fing langsam an sich zu bewegen. Und meine Schnauze berührte ihn ganz automatisch noch einmal, um mehr des süßen Duftest aufzunehmen.

»Bin ich tot?« fragte eine sanfte Stimme, die jeden Teil meines Körpers restlich aus dem Winterschlaf erweckte. Dann öffnete der Mensch die Augen und blickte mich an. Ich wusste was nun kommen würde. Und bereitete mich innerlich schon einmal darauf vor, denn es war jedes Mal gleich. Entweder würde dieser wieder schlafen, weil er Ohnmächtig wurde oder aber er würde laut schreien. Mir war das Schlafen dabei wesentlich lieber.

Aber er drückte meine Schnauze nur weg. »Du bist aber ein aufdringlicher Drache! Du bist vielleicht größer als ich, aber das gibt dir noch lange kein Recht mir so nahe zu kommen! Ich bin doch kein Futter!« Die weißen, langen und offenen Haare ergossen sich dabei über den fast schneeweißen Oberkörper und die hellgrauen fast weißen Augen blickten mich wütend an. Ich konnte nicht weg sehen und war wie gebannt von der Erscheinung vor mir.

»Was ist? Wirst du dich denn gar nicht entschuldigen? Wenigstens den Kopf könntest du senken oder einen traurigen Hundeblick machen« Ich mich entschuldigen!? Wieso sollte ich das tun? Das hatte ich nicht nötig. Ich war größer, stärker und mächtiger als sie! Ich war außerdem endlich erwachsen und kein Jungtier mehr. Und schon gar nicht war ich ein Hund. Und der Mensch? Das Mädchen... War sie überhaupt schon eine Frau?

Ich würde sicher nicht zurück weichen. Stattdessen bewegte ich meine Schnauze wieder zu ihr hin und lies sie langsam zu ihrem Schoß sinken. Doch gerade als ich fast dort angekommen war, trat mich das Mädchen. Sie erwischte mich an der Nase was mich wiederrum zum Niesen brachte. Dabei stieg mir Rauch durch die Nase. »Mach das nicht nochmal! Ich warne dich! Ich bin nicht so schwach wie ich aussehe! Du kannst mich nicht fressen.«

Ich bewegte meine Schnauze etwas, aber sofort stand sie auf und baute sich vor mir auf. »Denk nicht mal dran!« Ich schnaubte, stieß mich vom Boden ab und flog auf die andere Seite des Vulkans. Dann streckte ich mich. Ich hatte sie gerettet und auf mein Bad verzichtet und so dankte sie es mir? Undankbarer Mensch. Als wenn ich sie fressen würde, so mager wie sie war. Mein Mund öffnete sich von alleine und ich spuckte Feuer.

Dann sprang ich ins heiße Magma. »NEIN!! DU WIRST DIR WEH TUN, DU DUMMES DING!« rief das Mädchen mir besorgt zu. Wer war denn hier dumm? Ich sicherlich nicht. Sah sie denn nicht, dass ich ein Drache war? Ein Drache, der sie noch dazu gerettet hatte. Jemand mit Manieren, immerhin hatte ich an ihr geschnuppert, bevor ich mit ihr sprach. Aber hatte sie das bei mir getan? Nein!

Ich tauchte ab und schwamm durch die warme Flüssigkeit. Man merkte, dass es Frühling war. Es gab wirklich nichts besseres als das heiße Magma im Sommer. Und sie dachte ich würde mir weh tun. Wie denn ohne Hitze!? Aber Menschen waren sowieso viel empfindlicher.

Immerhin fiel sie einfach vom Himmel. Und dümmer. Denn sie hatten keine Flügel. Aber vielleicht war ihr Gedächtnis auch nicht sonderlich gut. Ja, dass musste es sein. Anders konnte man dieses seltsame Verhalten doch nicht erklären. Und sie waren immer dreckig und stanken. Nun bis auf dieses Mädchen, dass so fein roch. Mhhh. Obwohl sie auch nicht sonderlich sauber aussah.

Ich sprang aus dem Magma und schüttelte mich. Dann setzte ich mich mit einem Meter Abstand zu ihr hin. »Ich danke dir übrigens. Das warst doch sicherlich du, der mich gerettet hat. Oder?« Ihre Stimme war wieder so sanft. Meine Ohren spitzen sich und mein Kopf neigte sich neugierig zur Seite. Sie hatte also doch Manieren. Ich nickte mit meiner Schnauze und auf ihrem Gesicht erschien ein Lächeln. Was für ein seltsames Exemplar!

Das müsste ich wohl genauer erforschen. Vielleicht konnte ich dann das Rätsel lösen warum sie meinen Vulkan aussuchten. Mit ihr könnte ich es sicherlich einge Zeit aushalten. Alleine vom Geruch. Und sie war bereits länger hier als alle Anderen vor ihr. Ob der süße Duft wohl bis zu meinem nächsten Winterschlaf hier bleiben würde? Nein, wahrscheinlich nicht.

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