#18 Verlangen

Ich floh aus Kendras Zimmer und flog durch den Himmel. Victor diese rothaarige Nervensäge hatte nicht ganz Unrecht. Es war schwer den Trieben nicht nachzugeben. Vor allem zum Frühlingsanfang war es uns Drachen fast unmöglich. Doch ich musste es. Kendra war noch zu schwach und ich war kaum bei Sinnen, als sie die Wachen über Nacht nicht da haben wollte.

Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als mich mit ihr zu paaren. Ihr Geruch war betörend und ihren Körper auf dem Bett liegen zu sehen hatte mich fast einen Fehler machen lassen. Dabei standen die Wachen noch vor ihrem Zimmer. Ich durfte nicht solche riskanten Sachen machen, wie in ihr Zimmer fliegen. Doch sie hatte sich mir geöffnet und mir etwas aus ihrer Vergangenheit erzählt. Ich wollte für sie da sein.

Ihre Lippen auf meinen und ihr Körper unter mir drangen meine unschuldige Absichten allerdings völlig in den Hintergrund. Als die Sonne unterging da kehrte ich erst zum Palast zurück. Leider meinte es das Glück nicht gut mit mir, denn Victor lief mir über den Weg. Und sobald er den Mund aufmachte und das erste Wort seine Lippen verließ, da krachte meine Hand auch schon in sein Gesicht. »Was zur Hölle... Ich habe doch nur ihren Namen gesagt!!!« fuhr er mich sofort an.

»Reiz mich nicht!« antwortete ich durch zusammengebissene Zähne. »Was hast du für ein Problem!? Man könnte meinen, du hättest Streit mit ihr.« Ich knurrte ihn an und seine Mundwinkel zuckten belustigt nach oben. »Ahh... das Gegenteil ist der Fall. Ich verstehe.« antwortete dieser Hornochse ernsthaft. »Letzte Warnung!« ringte ich mir ab, obwohl ich ihn lieber wieder geschlagen hätte. Victor blieb still und nickte nur.

Er folgte mir wie selbstverständlich in mein Zimmer. Dort goss er uns braune Flüssigkeit in die Gläser und reichte mir eines davon. Im seinem war nur ein Tropfen, meines hingegen war Randvoll. Ich trank die Flüssigkeit mit einem Zug aus und knallte das Glas laut auf den Tisch, sodass es in tausende von Teilen zersprang. »Was kann ich für dich tun?« fragte mich Victor und ich verzog angwiedert das Gesicht. »Du kannst verschwinden!«

Zu meiner Erleichterung verschwand Victor. Kein Wunder. Immerhin hätte ich ihm auch nicht helfen können. Ich nahm die Flasche mit der klaren braunen Flüssigkeit und legte mich damit auf mein Bett. Und dann nahm ich Schluck für Schluck, bis sie leer war. Die Flüssigkeit zeigte zum Glück ihre Wirkung und ich schlief ruhig ein. Nur für wie lange würde es anhalten? Als ich wach wurde da stand Elena vor mir. »Ich werde dir helfen« sagte sie leise. Sie setzte sich auf mein Bett und sah mir tief in die Augen.

Ich wusste, dass es ein Fehler war. Doch wegschicken konnte ich sie auch nicht. Vielleicht konnte sie mir wirklich helfen. Schließlich musste ich alles versuchen, um Kendra nicht zu verletzten. Und ich würde sie verletzten. So viel war mir klar. Was war also das geringere Risiko für sie? Mich auf Elenas Angebot einzulassen oder Kendra noch heute zu verletzten, vielleicht sogar zu töten?

Sie kam näher und beugte sich dann über mich. »Was sagst du?« Ich nickte ihr zu und sie nahm mir die leere Flasche weg und stellte sie auf meinen Nachttisch ab. »Das ging einfacher als ich angenommen hatte. Gut für mich.« sagte sie mit einem Lächeln. Am liebsten hätte ich es ihr aus dem Gesicht geschlagen wie ihrem Bruder.

Wie gerne hätte ich ihr weh getan für diesen Spruch. Doch sie hatte recht. »Du darfst es ihr nicht sagen!« sagte ich also stattdessen. Ihr Lächeln wurde größer. »Wir Drachen halte doch zusammen!« antwortete sie fast schadenfroh. Dann beugte sie sich noch näher über mich. »Du wirst dich noch sehr lange an mich erinnern! « sagte diese Schlange doch ernsthaft.

Die Seide ihres Nachtgewandes war so schwarz wie meine Seele sich in diesem Moment anfühlte. Dann bohrte sie ihre Krallen in meine Haut. Sie verlängerte ihre Nägel im meinem Brustkorb und der Schmerz wurde immer unerträglicher. Als sie schließlich an meinem Herzen ankam, da hinterließ sie einen Kratzer darauf und ließ dann von mir ab.

Sie stand von meinem Bett auf und wischte sich das Blut mit einem Handtuch aus dem Badezimmer ab. »Die Schmerzen solltest du die nächsten Tage spüren, aber ich bin nicht sicher ob es reicht, Aiden! Zumindest für heute sollte es dich aufhalten.« Ich konnte kaum atmen und dennoch wollte ich immer noch zu Kendra. Und das bedeutete, dass ich zur Zeit ihre größte Gefahr war.

»Du hast die Flasche mit dem umgekehrten Aphrodisiakum geleert, ich habe dein Herz verletzt und dennoch verlangt es dir nach ihr.« sagte sie besorgt und auch verletzt. »Aideen es war die letzte Flasche... morgen schon...« Ich unterbrach Elena aufgebracht und gleichzeitig schmerzerfüllt. »Dann solltet ihr euch gefasst machen, dass ihr mich vorher erledigt. Lieber sterbe ich, als ihr nur ein Haar zu krümmen! Sie ist alles für mich!«

»Das werden wir nicht und das weißt du genau. Wir halten uns an die Regeln. Also ist dich zu töten keine Option. Auch wenn Victor dir gerne eine reinhauen würde. Du hast Glück, dass er mich zu dir geschickt hat. Sonst wärst du schon heute zu Kendra gegangen.« Ich schloss die Augen. Sie hatte recht. Die braune Flüssigkeit hatte nicht sehr lange geholfen. Die Dosierung wurde mit jedem Tag mit Kendra hier höher und inzwischen war der Vorrat weit und breit in den Drachenreichen aufgebraucht.

»Ich lasse dich jetzt alleine.« Sie ging und schloss die Tür. Mein Herz tat mir höllisch weh, aber dennoch versuchte ich bereits mich zu bewegen, weil ich zu ihr wollte. Elena hatte ganze Arbeit geleistet, denn ich schaffte es nicht mich aufzusetzen. Ich blieb gequält liegen. Der letzte Part war es seine Liebe zu gestehen und ich bin ihn mit Kendra gegangen. Ich wusste was es für Konsequenzen hätte, dennoch konnte ich es nicht lassen. Das es jedoch so schnell gehen würde, damit hatte ich nicht gerechnet.

Ich hatte angenommen, sie würde meine Liebesbekundung nicht mit Worten erwiedern. Dabei spürte ich doch, dass sie auch etwas empfand. Nur wusste ich nicht, dass es so viel war und dass es so eine Wirkung auf mich haben würde. Ich war so dunkel und böse geworden durch meine Trauer und Wut. Und wie konnte man so jemanden lieben? Ich fühlte mich nun wie frisch geschlüpft durch sie. Ein Neuanfang. Nur konnte ich ihn nicht leben, da ich bei dem nächsten Schritt alles verlieren würde. »Ich werde nicht zulassen, dass ich dich verletzte kleine Schneeflocke.«

Ich schaute zu meinem Schreibtisch auf dem ein Brieföffner lag, der aus einer meiner Schuppen gemacht wurde. Dieser war mein Ziel für heute, denn morgen würde ich mir nehmen was ich brauchte. Und das durfte nicht passieren. Die Drachen würden mir nicht helfen. Noch waren die Schmerzen zu stark und ich zu schwach, aber schon sehr bald würde ich mir den Öffner greifen.

Wer hätte gedacht, dass mein Schicksal so aussehen würde. Doch hatte ich keine Angst und auch keine Zweifel. Ich wusste für wen ich es tat und ich war für jeden Augenblick mit Kendra zusammen dankbar und bereute die Begegnung mit ihr nicht. Noch heute morgen wollte ich mit ihr zusammen sein. Hätte ich gewusst, dass meine Worte unsere Zeit zusammen so schnell ein Ende setzen würden, dann hätte ich sie vielleicht nur gedacht wie sonst auch.

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