Zwanzig
Ungeduldig tippte ich mit dem Fuß auf den Boden. War ja klar, dass ich nicht mit rein gedurft hatte. Fenris und Brian besprachen bestimmt gerade ein super wichtiges Wolfsgeheimnis. Und ich wollte unbedingt wissen, was für eins. Falls ich es noch nicht erwähnt hatte, ich liebte Geheimnisse fast genauso sehr wie Funkelsachen. Vorsichtig pirschte ich mich an die Tür und drückte mein Ohr dagegen. Genau in diesem Moment ging die Tür auf und ein genervter Brian stand vor mir. Blitzschnell richtete ich mich auf und trat einen Schritt zurück. Unschuldig sah ich auf in sein verärgertes Gesicht. Hinter Brian tauchte Fenris auf.
"Elvira gut, dass du noch da bist. Brian wollte dich gerade suchen gehen."
Aus Brians Gesichtsausdruck entnahm ich, dass das alles andere als die Wahrheit war.
"Komm doch mal rein", forderte Fenris mich auf.
Ich sah Brian erwartungsvoll an. Brummend trat er einen Schritt zur Seite und knallte die Tür zu sobald ich drinnen war.
"Wie du siehst, haben wir Post bekommen."
Zur Erklärung hob Fenris den Brief.
"Unser Cousin Arnold hat ein unglückliches Händchen dafür ständig in Schwierigkeiten zu stecken."
"Ihr würdet euch super verstehen", warf Brian ein.
Ich schoss wütende Blicke in seine Richtung. Fenris räusperte sich und setzte so unserer kleinen Auseinandersetzung somit ein Ende.
"Jedenfalls bittet seine Mutter um Hilfe und Brian geht dort hin, um die Lage zu entschärfen. Du sollst ihn begleiten."
Es dauerte etwas bis mir klar wurde, dass der letzte Satz an mich gerichtet war.
"Ich?", fragte ich ungläubig quickend und riss die Augen auf.
"Die Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit", murmelte Brian grimmig.
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Einerseits würde ich, wenn ich weg war kein Auge mehr auf meinen Clan werfen können. Sie wären also vollständig der Gnade der Wölfe ausgeliefert. Andererseits wollte meine Mutter ja, dass ich in Brians Nähe war, um ihn zu verführen. Ach man. Der Versuch meine Mutter zu verstehen, brachte mir nichts als Kopfschmerzen.
"Elvira ich geb dir mein Wort, dass deinem Clan in meiner Abwesenheit nichts geschehen wird."
Erstaunlicherweise glaubte ich Fenris sogar.
"Warum soll sie mitkommen? Sie wird keine Hilfe sein, sondern eine Last", mischte sich Brian diesmal lautstark ein.
"Hey!"
Empörung machte sich in mir breit. So unnütz wie er mich darstellte war ich nun wirklich nicht.
"Außerdem nimmst du Juno mit", verkündete Fenris und ignorierte Brians Verärgerung und meine Streitlust einfach. Laut aufstöhnend protestierte Brian.
"Wenn Juno mitkommt, wird sich auch Rey anschließen und das ist eindeutig zu viel des Guten."
Fenris zuckte nur mit den Schultern.
"Zum Teufel nein, ich werde keine zwei Kinder und einen Tollpatsch mitnehmen", polterte Brian los.
Moment mal, war ich jetzt der Tollpatsch in der Gleichung. Pah! Und da hatte ich mich gerade gefreut, dass er nun einen anderen Grund hatte sich aufzuregen.
"Warum kommt Juno mit?", fragte ich in die Runde und versuchte die Wogen zu glätten.
Brian beachtete mich nicht sondern versuchte weiterhin Fenris mit bösen Blicken umzustimmen. Zum Glück fühlte fühlte sich Fenris berufen mir zu antworten.
"Juno macht ihre Ausbildung bei uns im Rudel aber ihre Familie kommt aus dem Rudel zu dem ihr unterwegs sein werdet. Es ist eine gute Gelegenheit sie zu besuchen."
Das verstand ich ja noch. Aber warum musste dann das Wölfchen auch mitkommen? Als ich die Frage laut stellte, drehte sich Brian um und verdrehte die Augen über so viel Unwissenheit.
"Weil er in sie verknallt ist."
Dass du Trottel musste Brian nicht aussprechen um es deutlich zu machen. Mein Verstand weigerte sich das Gehörte zu glauben. Das lebensfrohe Wölfchen und die beherrschte unnahbare Juno? Na ja eigentlich sollte mich nichts mehr wundern. Immerhin hatte meine Mutter eine Schwäche für jüngere Wölfchen entdeckt. Fenris jedenfalls schien es nicht zu kümmern, dass sein Sohn uns begleiten würde.
"Wann brechen wir denn auf?", kam ich auf den Punkt.
Denn das wir aufbrechen würden war klar. Erstens war Fenris der Alpha und zweitens sein Bruder. Letzteres war wahrscheinlich sogar ausschlaggebend um Brian zu überzeugen. Fenris wandte sich mir zu.
"Am besten so schnell wie möglich. Würdest du Juno und Rey schon mal informieren?", bat Fenris mich.
Ich nickte automatisch. Erleichterung machte sich in mir breit. Ich hatte mir schon überlegt wie ich mich unauffällig aus der Affäre ziehen konnte um die beiden Brüder in Ruhe streiten zu lassen. Ich spürte Brians brennenden Blick im Nacken aber er sagte zum Glück nichts.
Rey und Juno fand ich auf dem Übungsplatz. Nachdem ich den beiden Bescheid gesagt hatte und sie versprochen hatten zu packen, musste ich noch eine Sache erledigen. Mir graute es davor. Aber was getan werden musste, musste getan werden. Mein Gang war fest als ich zur Kerkertür ging. Ich schob den Riegel auf und zog die Tür auf. Wie sollte es anders sein, schlug mir Lärm entgegen sobald ich einen Fuß ins Gewölbe setzte. Ich stieg die Treppe hinab. Einzelne Fackeln säumten meinen Weg. Die Elektronik war hier unter der Erde nicht vorhanden. Generell war die ganze Burg etwas rückständig. Aber meinem Clan gefiel das so. Allerdings war ich mir sicher, dass die Wölfe hier einiges ändern würden. Als ich zu der Zelle meines Clans kam, traute ich meinen Augen nicht. Mehrere Grüppchen hatten sich gebildet und sie spielten... Ja keine Ahnung was sie spielten. Bei meinem Clan wusste man ja nie. Aber sie hatten Würfel und Becher, was mich irgendwie froh sein ließ, nicht mehr in der Zelle zu hocken. Gegenseitiges Angekeife und Beschuldigungen von Betrug drangen an mein Ohr und vermischten sich. Meine Mutter entdeckte mich fast sofort, sprang auf und hechtete an zu den Gitterstäben der Zelle.
"Mein Kind ist hier. Sag mir wie läuft es mit unserem Plan?"
Ravina, die beste Freundin meiner Mutter trat neben sie und sah eher belustigt meiner Mutter und mir zu.
"Dein Plan", korrigierte ich meine Mutter.
Das interessierte sie nicht wirklich. Sie war eher auf Ergebnisse konzentriert.
"Ich arbeite noch dran", ließ ich mich endlich dazu herab zu antworten. Sichtlich enttäuscht rümpfte meine Mutter die Nase.
"Wie schwer kann es schon sein einen Wolf zu verführen. Die sind doch praktisch an ihre primitiven Bedürfnisse gebunden. Essen, Trinken, Schlafen, Paaren."
Ich schnaubte spöttisch. Na klar. So sind sie ja auch zum gefürchtesten Rudel der Wandler aufgestiegen.
"Eigentlich bin ich nur hier, um euch zu sagen, dass ich für eine Weile nicht hier sein werde."
Diesmal war es an meiner Mutter spöttisch zu Schnauben.
"Töchterchen du bist so gut wie nie hier. Ich verkümmere schon vor Einsamkeit in diesem Loch."
"Ma, ich meine nicht den Kerker sondern die Burg. Ich reise mit Brian zu einem Verwandten von ihm der in Schwierigkeiten steckt."
Kurz war es still. Ich überlegte gerade ob bei meiner Ma das Risiko eines Schlaganfalls bestand als sie anfing zu schreien.
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