Sechsundzwanzig
Die nächsten Tage waren überaus langweilig. Also jedenfalls die Zeit in der ich nicht von Fieber und unglaublichen Halsschmerzen gequält wurde. Unglaublicherweise schien der ekelhafte Trank sogar zu helfen. Oder es war einfach nur Zufall, dass es mir immer dann besser ging, wenn ich ihn getrunken hatte. Auf jeden Fall wollte ich nicht mehr nur rum liegen und stand irgendwann auf um die Kammer zu erkunden. Viel gab es nicht zu sehen. Zwei Betten ein Tisch, ein Stuhl. Mehr war nicht. Als ich aus dem Fenster schaute, konnte ich nur das Strohdach vom Pferdestall sehen. Also saß ich bald wieder auf dem Bett und überlegte, ob ich hier irgendwo Baden konnte. Denn nach fast einer Woche in denselben Klamotten, die auch noch durchgeschwitzt waren, roch ich nicht gerade wie das blühende Leben. Als Brian wieder kam, fragte ich ihn danach. Dieser nickte.
"Ich organisiere das. Aber lass dir von Juno helfen."
Ich war überrascht, dass er keine spöttische Bemerkung machte. Aber wahrscheinlich wollte er nicht, dass ich es mir anders überlegte. Immerhin war er es, der sich mit mir ein Zimmer teilte. Ich kramte in den Sachen von Sara und stellte fest, dass mir langsam die Wechselkleidung ausging. Aber wer hätte auch erwartet, dass ich in den ersten Tagen in einen Fluss fallen und daraufhin krank werden würde. Obwohl jetzt wo ich darüber nachdachte, hätte ich schon damit rechnen können. So ganz unrecht hatte Brian schließlich nicht, wenn er mich als Tollpatsch bezeichnete. Dann klopfte es und Juno betrat das Zimmer. Ich stand auf und legte mir die letzte Wechselkleidung, die ich hatte über den Arm. Anscheinend wusste Juno wo ich baden konnte. Denn sie führte mich zielsicher zu einem anderen Raum wo der Boden mit Steinen bedeckt war. Eine Wanne stand in der Mitte des Raumes mit dampfenden Wasser gefüllt. Juno half mir mich auszuziehen und ins Wasser zu setzten. Ich seufzte erleichtert und begann mich einzuseifen.
"Wann wollen wir weiter reisen?", fragte ich Juno.
Sie wollte anscheinend gerade gehen, drehte sich aber nun zu mir um.
"Erst in ein paar Tagen, wenn es dir besser geht."
Aus ihrem Tonfall war nicht rauszuhören ob sie das gut oder schlecht fand. Obwohl ich vermutete, dass wir ziemlich viel Zeit vergeudeten.
"Mir geht's schon viel besser. Eigentlich können wir auch schon früher aufbrechen."
Und das stimmte sogar. Das Schlimmste schien überstanden zu sein.
"Ich rede mal mit Rey und Brian", willigte Juno ein.
Dann verschwand sie und ich konnte in Ruhe meine Haare waschen. All zu lang blieb ich nicht im Wasser. Dazu war ich zu ungeduldig. Nachdem ich in die sauberen Sachen geschlüpft war, machte ich mich auf Erkundungstour. Es wunderte mich, dass mir bis jetzt niemand über den Weg gelaufen war. Aber vermutlich kamen nicht viele Reisende hier vorbei. Ein Rascheln lenkte meine Aufmerksamkeit zu den Balken über mir. Kurz meinte ich einen Schatten vorbei huschen zu sehen. Ich blieb stehen und lauschte aber es bewegte sich nichts mehr. Vermutlich hatte sich irgendein Tier dort oben versteckt. Ich ging weiter und war kurz vor der Treppe die nach unten in den Gastraum führte als etwas auf meinem Kopf landete. Kreischend schüttelte ich mich und tatsächlich fiel ein längliches Tier auf den Boden. Es rannte los und ich hechtete hinterher. Kurz bevor es die Treppe herunter rannte, sprang ich nach vorn und umfasste das Tier mit beiden Händen.
"Hab ich dich", knurrte ich lächelnd und drehte das zappelnde Etwas in meinen Händen vorsichtig um.
Ein Wieselkopf lugte unter meiner Hand hervor.
"Dir scheint es ja schon deutlich besser zu gehen, wenn du dir wilde Verfolgungsjagten erlauben kannst."
Mein Kopf fuhr hoch und ich sah Brian am Fuß der Treppe stehen. Der sarkastische Kommentar war natürlich von ihm gekommen.
"Es hat mich erschreckt", sagte ich anklagend und hielt wie zum Beweis das Wiesel hoch.
"Ach Edward, du sollst unsere Gäste in Ruhe lassen. Wie oft hab ich dir das schon gesagt."
Verblüfft sah ich zu der winzigen Frau, die hinter Brian stand und die ich erst jetzt bemerkte. Sie trat hervor und sah mich entschuldigend an.
"Tut mir leid, mein Sohn liebt es andere zu erschrecken. Ich hoffe sie sind nicht all zu verärgert."
"Äh, nein gar nicht", murmelte ich und sah das Wiesel genauer an.
Es schien als würde es mir zu zwinkern. Ich ließ es vorsichtig los und sofort huschte es davon. Ich richtete mich peinlich berührt auf. Brian schien sich das Grinsen kaum verkneifen zu können. Die Frau kam die Treppe hoch und reichte mir die Hand.
"Ich bin Jocelyn und du musst Elvira sein. Geht's dir denn schon besser?"
"Ich fühl mich top fit", versicherte ich ihr.
"Ja ihr Gefährte hat mir schon erzählt, dass ihr morgen weiter reisen wollt."
Mein Blick schoss zu Brian.
"Gefährte?", fragte ich entsetzt.
Brian sah nicht minder erschrocken aus.
"Oh, ich nahm an, dass ihr den Bund habt. Weil er sich doch so rührend um sie gekümmert hat", erklärte Jocelyn und seufzte bedauernd.
"Äh nein, wir sind nicht zusammen", meinte ich.
Und wir sind auch keinen Bund eingegangen oder waren Gefährten oder sonst irgendeine Art in der ein Gestaltenwandlerpaare zusammen sein konnten, ergänzte ich im Stillen.
"Sie wollen sich doch bestimmt stärken jetzt wo sie fast über den Berg sind. Die letzte Mahlzeit unserer Gäste geht auf's Haus", verkündete sie fröhlich und ging voran.
Fragend sah ich Brian an. Dieser zuckte nur mit den Schultern und folgte ihr schließlich. Ich schloss mich ihm an. Der Gastraum war überraschend gut besucht. Anscheinend war er auch inoffizieller Treffpunkt des Dorfes. Jedenfalls glaubte ich nicht, dass der Großteil der Leute Fremde waren. Brian suchte sich einen Tischen der Ecke aus und ich setzte mich neben ihn. Jocelyn verschwand um unser Essen zu machen. Ich wandte mich zu Brian.
"Es gibt Wieselwandler? Verdammt, warum wusste ich das nicht? Gibt es etwa auch Kaninchen?"
Brians leicht belustigter Blick sagte mir, dass er von den Wieselwandlern gewusst hatte.
"Also wenn es Kaninchenwandler gibt, habe ich noch nie davon gehört", beantwortete er meine Frage.
Er lehnte sich zurück und ließ träge den Blick schweifen.
"Bist du sicher, dass du morgen weiterreisen kannst?"
Sein Blick kehrte zu mir zurück.
"Was denn Wölfchen? Vertraust du etwa meiner Urteilskraft nicht?", kam mein spöttischer Kommentar dazu.
Sein Blick sagte mir, dass dem so war.
"Mir geht's gut", versicherte ich ihm und verdrehte die Augen.
Typisch, dass er mir nicht glaubte. Plötzlich war Jocelyn wieder da und tischte uns das Essen auf. Brian bedankte sich und trat mich unter dem Tisch als ich vergaß es ebenfalls zu tun, weil ich mir schon den Mund mit diesem super leckerem Essen voll stopfte. Ich blitzte ihn wütend an, schluckte aber runter, bedankte mich auch und schob ein Lob fürs Essen hinterher. Jocelyn strahlte, was ich schon gar nicht mehr mit bekam, weil ich nach den letzten Tagen in denen ich mich nur von Suppe ernährt hatte wie ausgehungert war. Brian, wie sollte es anders sein, beobachtete mich leicht belustigt. Pah, nur weil ich kein reiner Fleischfresser war, hieß das nicht, dass ich nicht ab und zu auch Bedürfniss nach etwas Deftigem verspürte.
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