Sechs
"Versuch das nochmal und es wird nicht mehr so gemütlich für doch sein."
Seine Stimme war eisig. Tja seine Drohung war mir herzlich egal. War er blöd oder dachte er, ich wüsste nicht, dass es so oder so nicht angenehm für mich werden würde.
"Also warum habt ihr Rey entführt?"
Aha jetzt ging das Verhör also los.
"Hast du überhaupt die Berechtigung, mich hier allein auszufragen oder musst du nicht erst deinen sogenannten Alpha um Erlaubnis bitten", schoss ich zurück.
Angriff ist die beste Verteidigung. Außerdem wusste ich über die Rangverteilung in den Wolfsrudeln Bescheid und fand es schon immer rückständig. Ich mein, die brauchen sowas wie Befehlshaber damit im Rudel Ordnung war. Und da behaupte noch einer die Vögel wären verrückt.
"Erstens bin ich selbst Alpha und zweitens ist Rey mein Neffe. Also ja ich denke ich habe das Recht dich auszufragen. Und nun zurück zu meiner Frage. Warum. Habt. Ihr. Rey. Entführt?", stieß er zwischen zusammen gebissenden Zähnen hervor.
Oje noch einer der von dem kleinen Wölfchen besessen war. Als ob meine Mutter nicht gereicht hätte.
"Mein Clan braucht keinen Grund. Sie tun verrückte Sachen, weil sie es können", erwiderte ich schnell.
Da ich spürte, dass sich seine Geduld langsam dem Ende neigte. Ein ungläubiges Schnauben ertönte. War ja klar, dass wenn ich mal die Wahrheit sagte, mir nicht geglaubt wurde. Die Hallentür wurde geöffnet und Licht flutete herein, sodass ich für einen Moment geblendet wurde. Dann trat jemand herein und warf einen Schatten. Trotzdem konnte ich nicht erkennen, wer vor uns stand.
"Brian, hat dir nie einer gesagt, dass man Mädchen auch seine Liebe gestehen kann ohne sie gleich zu überfallen", ertönte die spöttische Stimme einer Frau.
"Sara lange nicht gesehen. Deiner spitzen Zunge hat es auf jedenfall nicht geschadet", erwiderte Brian, der Gestaltenwandler der auf mir saß.
Er lockerte etwas seinen Griff um meinen Nacken. Dadurch konnte ich den Kopf leicht heben und das Paar, das vor uns stand ansehen.
"Hallo Bruder. Schön dich zu sehen. Auch wenn deine Begrüßung ungewöhnlich ist", wandte sich der, wahrscheinlich auch Wolfswandler, vor mir an Brian. In seinen Augen glitzerte der Schalk bis sein Blick auf mich fiel.
"Wer ist das?"
Sein Blick verhärtete sich.
"Ist das auch eine der Vogelwandlerinnen die meinen Sohn entführt haben?"
Oh verflixt, der Vater des Wölfchens? Meine Lage wurde immer aussichtsloser.
"Ihr Sohn? Ich glaub nicht, dass ich ihn kenne. Ich wusste nicht mal, dass hier überhaupt jemand entführt wurde", sagte ich freundlich und möglichst sachlich.
Verleumdung war jetzt das einzige was mir übrig blieb. Vielleicht kam ich dann heil aus dieser ganzen Sache wieder raus.
"Wie wäre es, wenn wir das in Ruhe klären und dann äh wird sich das Missverständniss bestimmt aufklären", murmelte ich.
Ich spürte wie sich Brian über mich beugte.
"Was für ein Missverständnis? Ihr nennt uns keinen Grund für die Entführung? Gut, dann gehen wir vom Schlimmsten aus. Ihr wolltet unseren Clan durch die Entführung schwächen und das bedeutet ihr habt uns herausgefordert."
Seine Stimme klang ernst und wütend. Ich ließ resigniert den Kopf auf den Steinboden sinken. Das war mir alles von Anfang an klar gewesen. Danke Ma, wenn du auch mal ab und zu rational denken würdest, hätten wir jetzt ein riesen Problem weniger.
"Dad was ist los?", ertönte eine Stimme von draußen.
Ich schloss die Augen, alles abstreiten. Abstreiten und Verleumden. Wiederholte ich das Mantra in meinem Kopf. Dann hörte ich Schritte, die näher kamen.
"Wer ist das?", fragte eine Stimme.
Brian packte mein Haar und zog meinen Kopf nach oben. Vorsichtig blinzelte ich und sah, den mir nicht unbekannten Jungen, vor mir an.
"Kennst du sie?", wandte sich sein Vater an ihn.
Er verschränkte die Arme und sah mich mit undurchdringlichem Blick an. Ich starrte zurück. Er konnte sich nicht beherrschen und knurrte leise, eine Warnung an mich, die mir nur ein Grinsen ins Gesicht zauberte.
"Ja ich kenn sie", knurrte er.
Mein Grinsen verschwand.
"Tja schön für dich. Ich dich aber dich nicht. Tut mir wirklich leid aber dein Gesicht kommt mir nicht bekannt vor", fauchte ich und hielt den Atem an.
Wenn er jetzt sagen würde, dass er mich kenne, wäre ich automatisch mitschuldig. Das kleine Detail, dass ich ihn befreit hatte würde er unter den Tisch fallen lassen. Da war ich mir sicher. Jedenfalls würde ich das an seiner Stelle so machen und mein Clan auch. Und vermutlich auch ein Großteil des Gestaltenwandlervolkes. Sein nachdenklicher Blick traf mich und ich schaute ihn finster an als Warnung, dass er aufpassen sollte was er sagte. Er drehte sich zu seinem Vater.
"Ja ich kenn sie, sie ist diejenige die mich befreit hat", sagte er laut und deutlich.
Verblüfft sah sein Vater ihn an. Dann wanderte sein Blick zu mir. Brian erhob sich und zog mich dabei mit sich. Ein Schnaufen entfuhr mir bei dem überraschenden Positionswechsel. Als ich das Knacken meiner Gelenke hörte, verzog ich das Gesicht. Und nein ich bin nicht unsportlich, auf mir sitzt nur nicht jeden Tag ein knapp neunzig Kilo schwerer Gestaltenwandler. Seine Hand hatte sich aber nach wie vor um meine Handgelenke geschlossen. Dadurch, dass ich stand, konnte ich die Menge der Gestaltenwandler sehen, die sich gebildet hatte.
"Fenris dann sollten wir das Gespräch vielleicht woanders fortführen", sagte nun auch die Frau, Sara.
Mir war gar nicht wohl dabei mit vier offenbar mächtigen Wolfswandler in einem Raum zu sein. Tja da war er wieder, mein gesunder Menschenverstand. Wo zum Teufel war er als ich vorhin beschlossen hatte, dass meine Schätze wichtiger waren als das Risiko. Brian schob mich unsanft vorwärts und hielt dabei meine Handgelenke umklammert, so dass ich wusste, er rechnete mit Gegenwehr. Ich musste zugeben seine Sorge war berechtigt. Würde sich auch nur der Hauch einer Chance auftun, dem Dilemma zu entfliehen, würde ich sie nutzen. Dummerweise würde das nicht so schnell gehen. Ein entscheidender Nachteil war meine nicht vorhandene Verwandlungsmöglichkeit. Eine Schwäche von der sie aber noch nichts wussten. Mein einziger Vorteil momentan. Während wir den Flur durchquerten und die Treppe hinauf gingen, sah ich aus dem Augenwinkel wie dieser Fenris alles ganz genau betrachtete, zu genau fast als würde er etwas planen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top