32. Was soll ich nur tun?
„Hay, Kazutora bist du das?", hörte er eine Stimme die er wohl unter tausenden heraushören würde. Instinktiv biss er sich fest auf die Lippe um nicht direkt loszuheulen. Ihre Stimme zu hören wühlte alte verblasste Gefühle hervor...Gefühle, die er schon lange versuchte zu vergessen.
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„Was willst du?", murrte Kazutora und bemühte sich seine weinerliche Stimme zu unterdrücken. Weiterhin blickte er auf das Wasser unter sich in dem sich sein finsterer Blick spiegelte.
„Eigentlich will ich mich schon lange entschuldigen, aber du hast auf keine meiner Nachrichten oder Anrufe reagiert.", murmelte sie zögerlich. Erst jetzt hob Kazutora seinen Kopf und blickte sie kalt an. Der Wind wehte seine Haare zur Seite, dass Aiko in beide seiner gelben Augen sehen konnte. Sie strahlten eine unheimliche Kälte und Hass aus, das Aiko erschrocken einen Schritt zurück wich.
„Wenn es dir so leid tut, dann hättest du auch einfach vorbei kommen können, aber dafür war ich dir wohl nicht wichtig genug", knurrte er und wollte gerade gehen. Fest schloss sich Aiko's Hand um seinen Arm.
„Bitte Kazutora, versteh doch, ich konnte nicht wegen Hanma. Er hat gesagt ich soll mich von dir fern halten", bat sie ihn mit weinerlicher Stimme. Kazutora merkte, dass es ihr wichtig war, aber dennoch konnte er nicht. Sein Kopf verstand es, aber sein Herz ließ es nicht zu. Er bis seine Zähne zusammen und blickte zu ihr herunter.
„Dann geh doch zurück zu diesem Hurensohn! Schon mal gemerkt, dass der Wixxer dich nur benutzt! Aber nein ich bin der schlimme, ich versteh schon, auf mir kann man ja rumtreten, weil ich so ein armseliges Würstchen bin. Ja ich hab Shinichiro gerötet, ja ich hab Baji abgestochen! Nichts davon war mit Absicht! Diese Taten verfolgen mich jeden Tag, ich leide jeden Tag! Verdammte scheiße ich habe daraus gelernt, trotzdem sieht mich immer noch jeder mit diesem Blick aus Hass und Verachtung an! Ich dachte du wärst anders Aiko, ich hab dir vertraut, aber du bist genau wie alle anderen! Wegen dir hätte ich fast das wichtigste in meinem Leben verloren! Mir ging es Wochenlang beschissen, verstehst du das überhaupt?!", schrie er wütend und bemühte sich dabei nicht loszuheulen. Mit eiskalten Blick starrte er auf die Braunhaadige herab und blickte in ihre glasigen Augen. Tränen liefen ihr über die Wange und sie schluchzte leise, während sie weiter fest seinen Arm umklammert hielt.
Kazutora's Blick besänftigte sich etwas. Er sah, dass sie lit, wegen ihm, wegen Hanma und auch wegen Kisaki, auch wenn ihr das gar nicht bewusst war.
Eigentlich sollte er toben vor Wut, sie wegschubsen und dann einfach gehen. Der Vize erinnerte sich an die Zeit, als er benutzt wurde. Alles was Kisaki sagte, hatte sich so sinnvoll und logisch angehört, dass er damals nichtmal eine Sekunde daran zweifelte.
Kazutora's Blick wurde mitfühlend. Er wollte sie immer noch beschützen, auch wenn sie so schlimme Sachen gesagt hatte. Seine Gefühle für sie waren immer noch da, das konnte er nicht leugnen. Am liebsten würde er sie in den Arm nehmen, ihr sagen, dass alles gut wäre und wie er für sie fühlt. Aber er konnte es nicht. Er traute sich nicht. Im Leben könnte er sich niemals verzeihen, wenn dem Mädchen wegen ihm etwas angetan werden würde.
Schweren Herzens zog er ruckartig seinen Arm weg und wollte sich gerade davon machen, doch er wurde erneut aufgehalten.
Fest klammerte sich das kleinere Mädchen von hinten an ihn und vergrub ihr Gesicht in seiner Jacke.
„Kazu, bitte geh nicht. Ich weiß, dass ich dir sehr weh getan habe, mit dem was ich gesagt habe. Es war aus einem Affekt gesagt und nicht so gemeint. Ich wünschte ich könnte das alles wieder gut machen. Du bedeutest mir viel, bitte ich brauche dich. Bitte, bitte verzeih mir, das wird nie wieder vorkommen, ich verspreche es dir", schluchzte sie verzweifelt und drückte ihr Gesicht noch mehr in seinen Rücken. Ihre Tränen liefen über seine schwarze Winterjacke und versickerten dort.
Am liebsten würde Kazutora mit heulen, aber er riss sich zusammen. Auch wenn es ihm schwerfiel löste er ihren festen Griff um ihn und schubste sie unsacht zur Seite.
„Wehe du nennst mich noch einmal so! Jetzt verschwinde oder du bist die nächste die ich umbringe, das kann ich anscheinend wohl am besten!", schrie er mit letzter Kraft auch wenn es ihn innerlich zerriss. Sein Herz schmerzte als er sah wie Aiko verzweifelt weinend auf die Knie ging. Am liebsten würde er ihr sagen, dass er ihr vergibt, sie umarmen und nie wieder loslassen. Aber dies alles war unmöglich für ihn, wegen ihm war sie jetzt schon in großer Gefahr, zu großer.
*Aiko, bitte, ich mache das alles nur zu deinem besten*, Schoss es ihm verzweifelt durch den Kopf. Mit stechender Brust drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und ließ die Braunhaarige erneut weinend zurück. Sie rief zwar schluchzend nach ihm, aber er blieb kalt. Sein Herz schmerzte. Ein Kloß in seinem Hals hinderte ihn daran vernünftig zu atmen. Erschrocken wischte er nun doch die kleine einzelne Träne weg die es schaffte sich ihrem Weg heraus zu bahnen.
Eine halbe Stunde später fand er sich auf dem Dach der alten Eishalle am Rande der Stadt wieder. Sein Lieblingsplatz. Der Platz an dem er immer war, wenn es ihm so richtig beschissen ging. Der Ort an dem er so laut schreien und alles zerstören konnte, ohne dass es jemand mitbekommen würde.
Doch im Moment war ihm weder nach Schreien noch nach Zerstörern zu mute. Er saß einfach nur am Rand, ließ die Füße in die Tiefe baumeln und schaute in den Himmel der sich immer mehr verdunkelte.
Seine Lippen waren schon blau vor Kälte, so lange saß er hier bewegungslos. In den Händen und Füßen hatte er schon längst kein Gefühl mehr. Stunden waren seit dem Vorfall verstrichen, Stunden in denen er einfach nur auf dem Dach des Gebäudes saß und nachdachte. Mal wieder war er an einem Punkt, an dem er absolut nicht weiter wusste. Er hatte Angst davor, dass Kisaki das Mädchen doch tötete und das obwohl er versuchte sie so
schlecht zu behandeln und kein Interesse zu zeigen, wie es nur möglich war.
Der anstehende Kampf in drei Tagen ließ seine Gedanken zwiespalten. Unbedingt wollte er sich an Hanma und Kisaki rächen für alles was diese Bastarde ihm, Baji und Aiko angetan hatten. Allerdings hatte er auch wahnsinnigen schiss, es war immerhin Kisaki gegen den sie hier kämpfen würde und bei der durchtriebenen Ratte konnte man nie sichergehen, was als nächstes kommt.
„Hier steckst du also, war mir fast klar", vernahm er die Stimme seines besten Freundes, der sich gleich darauf neben ihn an den Rand setzte.
„Was machst du hier? Ich hab doch gesagt, dass ich allein sein will", murmelte Kazutora ohne ihn auch nur anzusehen.
„Wollte nur sicher gehen, dass du keine Scheiße baust", seufzte der Schwarzhaarige und lehnte sich etwas zurück, wobei er sich mit seinen Armen abstützte.
„Gehts dir denn wenigstens etwas besser?", hakte er nach, nachdem Kazutora auf die vorherige Aussage keine Reaktion zeigte.
Mit leerem Blick in die Tiefe schüttelte er schweigend den Kopf. Keisuke seufzte und schaute in den dunklen Himmel.
„Ich hab sie getroffen", flüstere der Vize fast schon nach einer Ewigkeit des Schweigens.
„Sie? Meinst du Aiko?"
Kazutora nickte schweigend.
„Was ist passiert?"
Kazutora zögerte kurz und blickte schuldbewusst weg.
„Sie wollte sich entschuldigen, aber ich hab es nicht angenommen und gesagt sie soll mich für immer in Ruhe lassen, weil ich sie sonst umbringe", erklärte er mit gebrochener Stimme. Sofort bekam er von Baji die Antwort in Form von einer gewaltigen Schelle, die ihn zur Seite umhaute.
Er protestiere nicht gegen den Schlag, er wusste dass dies absolut gerechtfertigt war.
„Sag mal spinnst du eigentlich? Wie kannst du sowas nur sagen? Kazutora verdammt du liebst sie doch noch immer, steh doch endlich dazu!", schrie Baji ihn mit vor Wut aufgerissenen Augen an.
„Was denkst du warum ich das mache...ich will sie doch nur beschützen. Ich liebe sie wirklich, das will ich nicht verneinen, aber dass Hanma bei ihr ist und das alles nur ein Plan von Kisaki ist, mich wieder auf ihre Seite zu ziehen, macht mich einfach nur fertig. Ich will, dass es ihr gut geht, ihr Wohl steht über meinem und deswegen muss ich sie auf diese Art beschützen", erklärte der schwarzblonde während er weiterhin bewegungslos auf dem Dach lag und in den Himmel starrte.
„Ach Kazutora", seufzte Baji, den die Situation natürlich auch nicht kalt ließ. Selbst er wüsste nicht was er machen sollte. Für Aiko's Wohlergehen und Gesundheit wäre es definitiv besser wenn die beiden wirklich keinen Kontakt mehr hätten. Doch Baji machte sich natürlich auch Sorgen um Kazutora, der seine eigenen Gefühle runterschlucken und verdrängen wollte, damit es ihr gut geht. Keisuke hatte schon mal gesehen, auf was das hinausläuft, wenn Kazutora seine Gefühle versucht zu verdrängen. Auf keinen Fall wollte er, dass sein bester Freund sich so kaputt machte.
„Ich muss langsam nach Hause", murmelte Kazutora, der natürlich noch die Worte seines Vaters von heute Morgen im Kopf hatte. Langsam setzt er sich auf und hievte sich auf seine Beine, die mehr Eisklumpen als allem anderen ähnelten.
„Warte, ich fahr dich", bot Baji an und lief seinem besten Freund nach.
Unten angekommen schob Baji sein Motorrad aus einem kleinen Unterschlupf an der Halle. Lächelnd hielt er es Kazutora hin, der ihn nur verwirrt anschaute.
„Ich weiß doch wie sehr du es vermisst", lächelte Baji.
„Danach geht es dir bestimmt besser"
Perplex nahm Kazutora den Lenker an und schwang sich auf den vorderen Sitz. Baji nahm hinter ihm Platz und schlung seine kräftigen Arme um Kazutora's dünnen Körper. Dieser startete den Motor und fuhr augenblicklich los.
Es war eindeutige viel zu lange her, dass er gefahren war. Dieses Gefühl war eins, dass er jeden Tag gebrauchen könnte. Das Gefühl der Leichtigkeit und der unbegrenzten Freiheit. Auf der Landstraße gab Kazutora richtig Gas und missachtete dabei auch definitiv die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit. Das alles war ihm gerade scheiß egal. Es gab nur Baji und ihn. Seine Gedanken galten nur Gutem und obwohl seine Hände gerade drohten abzufrieren, war ihm in seinem inneren so unglaublich warm.
Enttäuscht seufzte Kazutora auf, als sie vor seinem Haus ankamen. Er gab das Motorrad Baji zurück. Beim Anblick des Hauses vor ihm bekam er sofort weiche Knie. Am liebsten wäre er weggerannt doch Baji stellte sich ihm in den Weg.
„Jetzt geh endlich. Ich verspreche dir, ich warte eine halbe Stunde. Bis dahin will ich eine Antwort, dass es dir gut geht, wenn ich diese nicht oder nicht rechtzeitig bekomme, dann komm ich persönlich rein ok?", befahl er dem Kleineren schon fast den er zu seinem Haus schubste.
Zögerlich nickte Kazutora und machte sich mit schweren Schritten zu dem Haus. Langsam öffnete er und lurrte durch den Spalt der Haustür. Aus dem Wohnzimmer erleuchtete spärliches Licht einen Teil des Flures. Zögerlich ging er hinein, zog seine Schuhe und Jacke aus, hing diese sorgfältig auf und schlich vorsichtig zum Wohnzimmer.
„Vater...du wolltest mit mir reden", sprach er den Schwarzhaarigen Mann an, der in seinem braunen Ledersessel saß. Als dieser seinen Sohn erblickte ließ er sein Buch, welches er in der Hand sinken und klappte es geräuschvoll zu. Sein Sohn zuckte kurz zusammen bei diesem Geräusch und wich instinktiv zurück.
Der Mann machte eine einladende Handbewegung zu dem Sofa gegenüber und gab Kazutora dadurch zu verstehen, dass er sich setzen sollte.
Zögerlich ging er der Geste seines Vaters nach und ließ diesen dabei nicht aus den Augen.
„Es tut mir Leid, Kazutora"
Verwirrt hob der angesprochene seinen Kopf und sah seinen strengen Vater erstaunt an.
*Hat er sich wirklich gerade bei mir entschuldigt?*, fragte der Schwarzblonde sich selber und traute der Ehrlichkeit dieser Worte nicht. Er blieb stumm und wartete auf das kommende.
„In der Zeit, in der Keisuke hier war habe ich nachgedacht. Es war falsch dich so zu behandeln, dafür möchte ich mich aufrichtig bei dir entschuldigen.", sprach er ruhig aus während er seinen Sohn direkt in die Augen blickte."
Kazutora wusste, dass es irgendeinen Haken geben musste, sein Vater war viel zu Stolz, so einen Fehler zuzugeben.
„Aber ich unterstütze dein Gang da sein in keinster weise, deswegen erwarte ich im Gegenzug, dass du diese Gruppe verlässt und deine Schule zu Ende machst.", stellte er seine Bedingung auf.
Kazutora stockte innerlich er wollte seine Freunde auf keinen Fall wieder verlassen. Ihm war mehr als klar, dass mehr hinter dieser Aussage stecken musste, aber damit hatte er weniger gerechnet.
„Vater, bitte das sind meine Freunde und...", doch weiter kam er nicht da die Faust die sein Vater auf den Tisch schlug ihn unterbrach. Ängstlich zuckte er bei dem lauten Geräusch zusammen.
„Das nennst du Freunde? Das sind gemeingefährliche Schläger und euer Anführer ist der schlimmste von allen. Bestimmt haben sie dich damals dazu angestiftet den Jungen in dem Motorradladen zu töten.", rief sein Vater laut auf und sah ihn dabei eindringlich an.
„Versteh doch, dass is deine letzte Möglichkeit mir zu zeigen, dass du anders bist als die, besser bist als die, also mach deine Schule und mach mich stolz damit verstanden?"
Kazutora blickte betreten zu Boden. Ein leises „ja Vater", entfuhr seiner Kehle. Dieser lächelte daraufhin zufrieden.
„Wusste ich doch, dass du nicht eine komplette Enttäuschung bist", grinste er selbstsicher.
Einerseits machte es den Jungen glücklich, dass sein Vater sowas sagte, aber dass er Bedingungen aufstellen musste um seinen eigenen Sohn nicht zu verprügeln, leuchtete dem Jungen nicht wirklich ein. Noch mehr kotzte es ihn an, dass er wieder in die Schule musste, auch wenn er früher eigentlich recht gut war.
Aber das schlimmste von allem war die Sache mit Toman. Lieber würde er sterben als seine Freunde zuverlassen.
Doch das konnte er seinem Vater natürlich unter keinen Umständen sagen, er würde ihm sofort eine verpassen. Kazurora musste also verdammt aufpassen bei dem Kampf gegen Wallhalla, dass er nicht zu sehr zugerichtet wird, sonst würde sein Vater sofort Verdacht schöpfen.
Niemals könnte er seine Freunde verlassen, egal was passiert! Irgendwie würde er das alles schon hinbekommen oder?
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Na was sagt ihr zu der Bedingung? Wie würdet ihr euch verhalten?
Was glaubt ihr wie es mit Kazutora und Aiko weiter geht? Werden sie sich jemals wieder sehen?
Wünsche euch noch allen einen schönen Abend ^^
(2336 Wörter)
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