16. Dunkelheit?
„Baji warte", vernahm der schwarzhaarige Junge ein leises Flüstern von seinem Rücken, welches kaum hörbar war.
„Was ist?", fragte er beunruhigt und sah über seine Schulter in das traurige Gesicht von Kazutora. Betroffen schaute dieser zu Boden und machte trotz seines hohen Alkoholintus einen klaren Eindruck.
„Hey, was hast du?", fragte Baji erschrocken nach und wollte ihn fast absetzen, doch der andere krallte sich in den Kragen von Baji's Jacke.
„Nein, bitte", flüsterte er, worauf Keisuke ihn wieder weiter hochhievte.
„Baji, würde es dir was ausmachen wenn ich mit zu dir komme? Ich hab Angst vor zuhause. Ich war einen Monat weg ohne etwas zu sagen, mein Vater prügelt mich bestimmt tot", flüsterte er und begann etwas zu zittern, was Baji merkte. Erschrocken schnappte dieser nach Luft und blickte wieder in die grüngelben Augen seines besten Freundes. Am liebsten hätte er sofort zugesagt und ihn für immer bei sich behalten, nur leider war ihm dies nicht möglich.
„Es tut mir leid, aber das geht nicht, meine Mutter würde dich hochkant wieder rausschmeißen. Sie schiebt immer noch dir die Schuld in die Schuhe für alles was passiert ist.", murmelte er betroffen. Er fühlte sich scheiße dabei seinen besten Freund mit der harten Wahrheit zu konfrontieren und im Stich zu lassen.
„Verstehe", murmelte Kazutora und legte seinen Kopf auf Baji's Schultern ab. Natürlich schmerzte es ihn, aber er wollte sich nie im Leben über Baji's Mutter stellen. Der schwarzblonde Junge weiß warum die sonst so liebevolle, fürsorgliche Frau so auf ihn reagierte und konnte es mit ganzem Herzen nachvollziehen. Für ihn war es schon ein Wunder gewesen, dass Mikey ihm verziehen hatte. Er könnte niemals jemandem vorwerfen wenn er ihm jemand nicht vergeben würde. Er wusste selber besser als jeder andere was für großen Dreck er am Stecken hatte und das schlimmste war, dass er Baji immer mit hinein gezogen hatte.
Den restlichen Weg schwiegen die beiden Jungen. Beide wollten den jeweils anderen nicht noch mehr verletzten als ohnehin schon.
Wenig später kamen sie vor Kazutora's Haus an. Langsam glitt der Vize von Baji's Rücken und wäre fast durch seinen Alkoholgehalt und vor lauter Angst vor seinem Vater zusammengebrochen.
„Hey, komm so schlimm wird's schon nicht", versuchte Baji zuversichtlich zu wirken und schenkte seinem Kumpel ein leichtes Lächeln. Doch dieser seufzte nur und taumelte zu seinem Haus ohne sich wirklich zu verabschieden. Natürlich konnte er sich erahnen, dass es schlimm wird, wie schlimm konnte er noch nicht genau sagen, aber glücklich wird er danach bestimmt nicht sein.
Leise sperrte er die Tür mit dem Ersatzschlüssel, der im Blumentopf versteckt war auf und schlich ins dunkle Haus. Doch kaum war die Tür im Schloss, taumelte er zur Seite und stieß eine Vase um, die neben ihm auf der Kommode am Eingang stand.
Klirrend zerschellte das Keramik auf dem hölzernen Fußboden.
*Verdammt!*, keuchte er erschrocken auf.
Schnell sammelte er die Blumen auf und taumelte in die Küche um ihnen ein neues Gefäß und neues Wasser zu geben. Behutsam stellte er die neue Vase auf die Kommode und machte sich daran im Dunkeln die Scherben aufzusammeln.
„Was machst du da?!", unterbrach ihn eine tiefe Stimme die seinen ganzen Körper erzittern ließ. Im nächsten Moment wurde er an den Haaren auf die Beine gezogen. Ein ziehender Schmerz der nicht nachließ, ließ ihn leise aufschreien. Schnell biss er sich auf die Lippe, damit ihm dieser Laut nicht erneut entfleuchte. Sofort schmeckte er den ihm nur allzu bekannten, metallernen Geschmack in seinem Mund. Keuchend sah er geradewegs in die strengen Augen seines Vaters.
„Ich...ich wollte das hier nur wegmachen", stammelte er und hielt ihm mit zitternden Händen die Glasscherben hin. Unsanft schlug der Mann sie ihm mit einem missgünstigen Blick aus der Hand. Kazutora zischte auf als eine der Glasscherben ihn an der Hand verletzte und sofort warmes Blut aus dieser Wunde austrat.
„Hör auf rumzuheulen, da hätten wir mit so einer Missgeburt wie dir eher den Grund zu. Du bist einen Monat weg ohne etwas zu sagen, deine Mutter war krank vor Sorge um dich. Und jetzt kommst du hier mit einer Alkoholfahne an, die man durch drei Straßen riecht und verwüstest unser Haus", knurrte er.
„Als ob es dich interessiert wenn Mutter sich Sorgen macht", zischte sein Sohn, wahrscheinlich nur dank des Alkohl's denn sonst hätte er sich solch eine Aussage niemals getraut. Doch sofort bekam er eine Antwort in Form eines Schlags in die Magengrube. Augenblicklich bereute er seine Aussage.
*Verdammter Alkohol*, schrie er sein Inneres in Gedanken an und bereute sofort so viel getrunken zu haben. Würde ihn sein Vater nicht immer noch festhalten wäre er bestimmt umgefallen. Sein Magen zog sich zusammen und er merkte wie er kurz davor stand sich zu übergeben, bloß wenn das geschehen würde, könnte er wahrscheinlich mit seinem Leben abschließen.
„Hör mir mal zu, du unnützer Unrat, nur dass du Bescheid weißt, ich wollte schon immer, dass deine Mutter dich nicht bekommt. Doch ich konnte diese sture Ziege nicht davon abbringen. Ich habe alles mögliche getan um zu verhindern, dass du geboren wurdest, aber deine Mutter hielt so an dir fest. Und dann kommst du doch und du wurdest noch missratener als ich es befürchtet hatte."
Tränen traten dem Jungen in die Augen, er hatte schon immer das Gefühl, dass sein Vater ihn nicht grade mochte, aber dass er ihn nie bekommen wollte, gab ihm den Rest. So viele Sachen schon zu ihm gesagt wurden, so traf ihn diese Tatsache am meisten.
„Warum nur, was hab ich dir denn getan? Ich hab doch immer versucht ein guter Sohn zu sein, aber du hast mich nie anerkannt. Was hab ich falsch gemacht, sag es mir?", schluchzte er während seine Tränen sich immer mehr häuften und in Strömen über seine Wangen liefen.
„Der größte Fehler ist, dass du am Leben bist.", raunte er ihm ins Ohr, worauf sein Sohn zusammen zuckte.
„Und wenn ich dir noch was sagen darf, Kazutora. Ich bin froh, dass dein Leben so beschissen verlaufen ist wie bisher. Am besten wäre es gewesen wenn du auf ewig im Gefängnis geblieben wärst. Ich will nicht der Vater eines niederen Mörders sein", knurrte er und schlug ihn erneut in den Magen.
Egal wie sehr er versuchte es zu unterdrücken, diesmal konnte er es nicht mehr halten und erbrach sich direkt auf das Hemd seines Vaters. Sofort wich dieser angewidert zurück. Und pfefferte ihn auf den Boden. Stöhnend und husten lag er dort und entledigte sich nun endgültig seines Mageninhaltes.
„Du wiederliches Stück Dreck!", fluchte der Vater und zog angeekelt sein Hemd aus. Unsanft schmiss er es auf den Boden und schritt auf seinen Sohn zu der immer noch in mitten seines Erbrochenen lag.
Er packte den Jungen so fest am Haarschopf, dass es ihn schmerzte. Viel fester als vorhin. Schreiend wurde er hinter dem großen Mann hergeschliffen bis ins Wohnzimmer. Mit Wut warf er seinen Sohn auf den Holztisch des Wohnzimmers, dass dieser schon bedrohlich knackte. Sein Vater stand mit angehobenen Fuß über ihm und trat ihm erneut kräftig in den Magen.
Kazutora heulte und schrie so laut, dass man es bestimmt ein paar Häuser weitergehört haben muss.
*Warum nur? Warum nur ich?*, heulte er in Gedanken.
Immer wieder trat dieses Monster auf seinen Magen, seinen Brustkorb und sein Gesicht ein. Ihm blieb nichts anderes übrig als es zuzulassen. Im Leben würde er sich nicht trauen gegen seinen Vater vorzugehen und selbst wenn er wollte, dann wäre er in seinem jetzigen Zustand nicht dazu in der Lage. Er spürte seinen Körper schon kaum mehr, als der Tisch auf einmal unter ihm nachgab und die Tischplatte in zwei Teile brach. Die Spitzen, scharfen Holzspitzen die dabei entstanden bohrten sich tief in den Brustkorb und die Hüften des 15 jährigen. Lauthals schrie er mit letzter Kraft, als sein Vater ihn ruckartig heraushievte, wodurch sich seine Wunden nur noch vergrößerten.
Unsanft wurde er mitgezogen und ins Badezimmer, was sich nur ein paar Räume weiter befand geworfen. Schnell zog sein Vater den Schlüssel von der Innenseite der Türe ab, schloss diese und sperrte sie von außen ab. Tränenüberströmt warf sich Kazutora gegen die hölzerne Tür die ihn gefangen hielt.
„Vater, lass mich raus!", schrie er verzweifelt und prügelte mit dumpfen Geräuschen auf die schwere Tür ein.
„Halt's Maul oder ich schmeiß dich raus auf die Straße!", drohte er an. Kazutora rutschte schluchzend an der Türe herunter. Er zog seine Knie an sich und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Er wusste nicht mehr weiter, alles schmerzte sowohl körperlich als auch seelisch. Grade war wieder einer dieser Momente, in denen er am Ende war. Einer dieser Momente wo er nicht mehr wollte und nicht mehr konnte. Weinend zog er sein Messer aus der Tasche, welches er für den Fall der Fälle immer bei sich hatte. Vorsichtig zog er seine Jacke, sein Tshirt und seine Hose aus, jetzt stand er nur noch in Boxershort da. Er stellte sich vor den Spiegel und betrachtete nun in dem spärlichen Licht seine Narben an seinem ganzen Körper. Jede einzelne steht für seine innere Verzweiflung oder jemanden anderen der ihm diese verpasst hatte. Am liebsten würde er das gläserne Gestell vor sich kaputt schlagen, um sich nicht mehr betrachten zu müssen. Er hasste seinen Anblick, er hasste seine Schwäche, aber er konnte nicht anders. Verzweifelt saß er mit ausgefahrener Klinge am Rand der Badewanne. Er konnte einfach nicht mehr! Entschlossen zog er mit der scharfen Seite über die Unterseite seines Armes. Sofort lief das Blut in Strömen aus der tiefen Wunde aus und färbte die weiße Wanne unterhalb seiner Füße rot.
Fest biss er die Zähne zusammen um so seinen qualvollen Schrei zu unterdrücken. Schnell zog er immer und immer wieder über die Unterseite seines linken Armes. Es war fast wie ein Wahn. Jeder Schnitt kam schneller und ging immer tiefer in sein Fleisch. Das Gefühl befreite ihn, doch gleichzeitig fühlte er sich so schlecht dabei. Am liebsten würde er aufhören, doch es war wie ein Wahn, wie der Wahn eines wahnsinnigen, der ihn immer mehr Antrieb. Sein ganzer Arm war inzwischen triefend vor roter Flüssigkeit, die unaufhörlich in die Badewanne tropfte. Kazutora wurde schon richtig übel, von dem Verlust seiner lebenswichtigen Flüssigkeit.
Schluchzend warf er das Messer in die andere Ecke des Zimmers, als er sich endlich von seinem inneren Wahn losgerissen hatte.
„Warum mach ich das immer?", schluchzte er verzweifelt und sah auf seinen Arm. Tränen tropften auf seine tiefen blutenden Wunden und vermischten sich mit dem roten Blut. Kazutora fühlte sich so unglaublich leer, einsam und allein. Er fühlte sich wie ein Fehler, den es gar nicht geben dürfte. Tief versuchte er ein und auszuatmen um sich so etwas zu beruhigen.
Nach ein paar Minuten hatte er es geschafft seine Atmung etwas zu normalisieren. Langsam stand er vorsichtig auf, der Gefahr bewusst jeden Moment zusammen zu brechen. Vorsichtig öffnete er den Badschrank und tastete in dem obersten Fach herum. Er zog eine Verbandrolle heraus. Mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck legte er sich den Verband um seinen Arm.
Seufzend wischte er sich die restlichen Tränen aus den Augenwinkel. Inzwischen könnte er gar nicht mehr heulen, selbst wenn er wollen würde, er hatte schon so viele Tränen vergossen, wie sein ganzes Leben wahrscheinlich nicht.
Der Junge nahm sich eines der Handtücher aus dem Regal und legte sich auf den kleinen Badeteppich. Als Kissen schob er seine Klamotten auf einen Haufen und legte seinen Kopf darauf ab. Verzweifelt versuchte er eine Position zu finden in der sein Körper nicht vor Schmerzen brannte. Irgendwann aber überkam ihn die Erschöpfung und er schlief auf Grund dessen ein.
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Hay ihr lieben mal wieder ein neues Kapitel von mir :) ich hoffe es gefällt euch, auch wenn es etwas brutal war
(Sry Kazu😢)
Wünsche euch allen ein schönes Wochenende ^^
Freue mich über Feedback :)
(1914 Wörter)
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